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L8 Boden- und VerkehrsrechtNorm
StGG Art5Leitsatz
Verletzung im Eigentumsrecht durch Heranziehung einesWohnungseigentümers zur Haftung für die - infolge einerWasserversorgung über eine eigene Abzweigleitung - primär vom Mietereines anderen Wohnungseigentümers geschuldeten Abwassergebühren; keinEinfluss der übrigen Wohnungseigentümer auf die Vermietung einesWohnungseigentumsobjektes; verfassungskonforme Auslegung derHaftungsregelung des Wiener Kanalräumungs- und Kanalgebührengesetzes1978 möglichRechtssatz
Soweit schlichte Miteigentümer eines Wohnhauses gemeinsam Wasserabnehmer sind, ergibt sich aus dieser Rechtsstellung auch ihre (solidarische - §7 Abs2 Wr WasserversorgungsG 1960) Primärhaftung für Wasser- und Kanalgebühren und insoweit auch die Tragung des Insolvenzrisikos für die jeweils anderen Miteigentümer. Dies gilt im Wesentlichen auch für das Wohnungseigentum, und zwar unabhängig davon, ob die Wohnungseigentümer ihre Objekte selbst bewohnen oder ob diese vermietet sind, soweit die Wasserversorgung über einen gemeinsamen Zähler erfolgt und die hausinterne Lastenverteilung der Wasser- und Abwassergebühren auf die Eigentümer der jeweiligen Wohnungseigentumsobjekte im Verhältnis ihrer Miteigentumsanteile, dh nach Maßgabe der Nutzwerte (vgl §7 ff iVm §32 WohnungseigentumsG 2002) vorgenommen wird.
Im Beschwerdefall wurde jedoch ein im Wohnungseigentum stehendes Objekt nicht aus der allgemeinen Anlage des Hauses, sondern im Wege einer eigenen Abzweigleitung mit eigenem Zähler mit Wasser versorgt und es sind weder die Wohnungseigentumsgemeinschaft noch der betreffende Wohnungseigentümer Wasserabnehmer und Primärschuldner der hier in Rede stehenden Gebühren, sondern dessen Mieter.
Den übrigen Wohnungseigentümern kommt auf die Vermietung eines Wohnungseigentumsobjektes weder rechtlich noch wirtschaftlich eine Ingerenz zu.
Ungeachtet seines mit dem ausschließlichen Nutzungsrecht an einem Wohnungseigentumsobjekt verbundenen Miteigentums am Gebäude ist die Rechtsstellung eines Wohnungseigentümers betreffend die Nutzung seines Wohnobjektes, insbesondere durch Vermietung, durch den Ausschluss eines Mitspracherechtes aller übrigen Wohnungseigentümer weitgehend der eines Alleineigentümers angenähert. Im hier relevanten Zusammenhang kann daher nicht mehr davon gesprochen werden, dass ein Wohnungseigentümer in einer für den hier zu beurteilenden Sachverhalt rechtlich bedeutsamen Verbindung mit dem Mieter eines anderen Wohnungseigentümers steht.
Selbst wenn man ein Erfordernis der Zustimmung aller Wohnungseigentümer zum Ausscheiden eines Wohnungseigentumsobjektes aus der Versorgung mit Wasser aus der allgemeinen Versorgungsanlage des Hauses und zur Herstellung einer weiteren Abzweigleitung samt Zähler unterstellt, so vermag auch ein solches Zustimmungserfordernis allein die Haftung nicht zu rechtfertigen.
Der Wortlaut des §23 Wr Kanalräumungs- und KanalgebührenG 1978 steht aber einer verfassungskonformen Interpretation, wonach dann, wenn ausnahmsweise der Mieter eines Wohnungseigentümers Wasserabnehmer und damit Gebührenschuldner ist, in teleologischer Reduktion des Wortlautes nur der vermietende Wohnungseigentümer als Haftender nach §23 leg cit in Betracht kommt, nicht entgegen.
Schlagworte
Kanalisation, Abgaben Kanalisation, Abgabenwesen, Gebühr, Zivilrecht,Haftung, Wohnungseigentum, Auslegung verfassungskonformeEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:2009:B66.2007Zuletzt aktualisiert am
26.11.2010