TE OGH 2009/3/5 2Ob190/08t

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Veröffentlicht am 05.03.2009
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Dr. Baumann als Vorsitzenden und die Hofräte Dr. Veith, Dr. E. Solé, Dr. Schwarzenbacher und Dr. Nowotny als weitere Richter in der Verlassenschaftssache nach der am ***** verstorbenen Theresia H*****, geboren am *****, zuletzt wohnhaft gewesen in *****, über den Revisionsrekurs des Josef H*****, vertreten durch Dr. Karl Mandl, Rechtsanwalt in Altheim, gegen den Beschluss des Landesgerichts Ried im Innkreis vom 17. Juni 2008, GZ 6 R 70/08y-19, womit der Beschluss des Bezirksgerichts Mattighofen vom 24. Jänner 2008, GZ 3 A 280/07z-15, abgeändert wurde, den Beschluss

gefasst:

Spruch

Der Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.

Text

Begründung:

Mit einem als Notariatsakt errichteten Übergabsvertrag vom 14. 3. 1980 übergaben die Ehegatten Josef und Theresia H***** ihrem Sohn Josef H***** eine Liegenschaft, wobei als Gegenleistung des Übernehmers unter anderem die Verpflichtung zur Bezahlung aller Kosten eines ortsüblichen standesgemäßen Begräbnisses sowie der Anschaffung, Pflege und Erhaltung einer würdigen Grabstätte vereinbart wurde. Nachdem in der Folge zunächst Josef H***** und danach Theresia H***** verstorben waren, wurde im hier gegenständlichen Verlassenschaftsverfahren nach Theresia H***** dem Gerichtskommissär eine als Testament überschriebene eigenhändige letztwillige Verfügung der Erblasserin vom 30. 8. 1998 übergeben. Danach sollten die nach ihrem Ableben anfallenden Begräbnis-, Grabstätten- und Notarkosten „aus dem (Nachlass) bestehenden Sparguthaben beglichen werden". Den Rest des vorhandenen Sparguthabens sollten demnach die insgesamt sechs Kinder der Erblasserin zu gleichen Teilen erhalten.

Im gegenständlichen Verlassenschaftsverfahren meldete der Sozialhilfeverband B***** eine Forderung von 41.678,98 EUR aus dem Titel geleisteter Heimentgelte für die Erblasserin aus den letzten drei Jahren an. Mit Beschluss vom 24. 1. 2008 stellte das Erstgericht fest, die Verlassenschaft nach Theresia H***** bestehe aus Aktiva von 11.436,30 EUR und Passiva von 47.399,58 EUR und sei daher mit 35.963,28 EUR überschuldet. Weiters verteilte es gemäß § 154 Abs 2 Z 1 AußStrG in sinngemäßer Anwendung der §§ 46 f KO die Aktiva kridamäßig dergestalt, dass es als Massekosten dem Gerichtskommissär 1.085,36 EUR, sodann als Todfallskosten dem erblasserischen Sohn Josef H***** 5.720 EUR und den Rest dem Sozialhilfeverband B***** zur teilweisen Berechtigung der angemeldeten Forderung zuwies. Dagegen erhob der Sozialhilfeverband B***** Rekurs. Das Rekursgericht änderte den Beschluss des Erstgerichts dahingehend ab, dass es aussprach, die Berücksichtigung der Todfallskostenforderung von Josef H***** von 5.720 EUR habe ersatzlos zu entfallen.

In rechtlicher Hinsicht führte das Rekursgericht im Wesentlichen aus, die in der zitierten Verfügung vom 30. 8. 1998 von der Erblasserin vorgegebene Vorgangsweise, die Todfallskosten aus dem in den Nachlass fallenden Sparguthaben zu begleichen und das verbleibende Guthaben auf alle sechs Kinder der Erblasserin zu gleichen Teilen zu vergeben, regle im Wesentlichen bloß die Form der Begleichung dieser Kosten sowie die Aufteilung dieser künftigen Nachlassmasse unter den Kindern der Erblasserin. Gegen einen „Verzicht" auf die von Josef H***** im ursprünglichen Übergabsvertrag eingegangene Verpflichtung spreche einerseits die unterlassene konkrete Bezugnahme im „Testament vom 30. 8. 1998" auf Josef H***** bzw dessen Vertragspflicht. Andererseits stehe einer solchen Wertung auch der Umstand entgegen, dass im Zeitpunkt dieser von der Erblasserin getroffenen Verfügung für sie noch gar nicht zwingend absehbar gewesen sein habe können, ob die konkrete Höhe dieses Guthabens zur Zeit ihres Ablebens auch tatsächlich zur vollen Abdeckung der dann anfallenden Todfallskosten ausreichen würde. Der Erblasserin könne daher durch die besagte Erklärung kein eindeutig zum Ausdruck gebrachter Wille einer Entlassung des Sohnes Josef H***** von seiner ursprünglich übernommenen Verpflichtung zur Tragung der Todfallskosten unterstellt werden.

Das Rekursgericht ließ den Revisionsrekurs zu, weil in der von der Erblasserin nachträglich ausdrücklich verfügten Begleichung der Todfallskosten aus den angeführten Sparguthaben durchaus etwa ein Verzicht auf die von Josef H***** in einem früheren Übergabsvertrag übernommene Verpflichtung erblickt werden könne. Da das zusätzliche Erfordernis einer Annahme dieses Verzichts dann unter dem aktenkundigen Aspekt durchaus bejaht werden könne, dass die betreffende einen Verzicht enthaltende Verfügung sich gerade in der Verwahrung des eben durch diesen Verzicht Begünstigten befunden habe, würde sich unter diesen Prämissen die vom Rekursgericht getroffene Entscheidung als durchaus gravierende Fehlbeurteilung einer demnach im Sinn des § 62 Abs 1 AußStrG auch erheblichen Rechtsfrage darstellen. Eine bloße Einzelfallbezogenheit sei dabei deswegen nicht anzunehmen, weil die vertraglich übernommene Verpflichtung zur Tragung von Begräbniskosten durch einen Übernehmer geradezu einen Standardfall darstelle und weiters auch nachträgliche abändernde Vermögensverfügungen eines künftigen Erblassers zugunsten solcher Personen, die entsprechende Vertragspflichten eingegangen seien, in der alltäglichen Praxis durchaus gehäuft vorzufinden seien. Gegen den Beschluss des Rekursgerichts richtet sich der Revisionsrekurs des Josef H***** wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem Antrag, den Beschluss des Erstgerichts wiederherzustellen. Hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt. Der Sozialhilfeverband B***** beantragt in der Revisionsrekursbeantwortung, dem Revisionsrekurs nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs ist unzulässig.

Mit seiner Begründung für die Zulässigkeit des Revisionsrekurses zeigt das Rekursgericht keine erhebliche Rechtsfrage auf. Wie eine (rechtsgeschäftliche) Erklärung im Einzelfall aufzufassen ist, ist jeweils nur nach den besonderen Umständen des Einzelfalls zu beurteilen und stellt im Allgemeinen keine erhebliche Rechtsfrage dar. Lediglich grobe Auslegungsfehler und krasse Fehlbeurteilungen sind vom Obersten Gerichtshof aufzugreifen (RIS-Justiz RS0042555 [T2, T6, T11]). Dies gilt auch für die Auslegung eines Testaments (RIS-Justiz RS0042555 [T12]; vgl RS0042896; RS0043485). Nach ständiger oberstgerichtlicher Rechtsprechung ist bei der Beurteilung der Frage, ob ein konkludenter Verzicht vorliegt, besondere Zurückhaltung und Vorsicht geboten. Das Verhalten des Verzichtenden muss bei Überlegung aller Umstände des Falls den eindeutigen, zweifelsfreien, zwingenden Schluss zulassen, er habe ernstlich verzichten wollen (RIS-Justiz RS0014090 [T2]; RS0014420 [T1, T18]; RS0014146 [T2, T5]).

Dazu kommt, dass jene Erklärung, die der Revisionsrekurswerber als Verzichtserklärung der Erblasserin verstanden wissen will, sich in einer letztwilligen Verfügung vorgefunden hat. Bei Auslegung einer letztwilligen Verfügung gilt jedoch entgegen den Ausführungen des Revisionsrekurswerbers nicht die Vertrauenstheorie, die auf den objektiven Erklärungswert der Erklärung des Erklärenden abstellt, sondern die Willenstheorie, wonach es auf den wahren erblasserischen Willen zur Zeit der Verfügung ankommt (vgl nur Apathy in KBB2 § 565 Rz 4 mwN; RIS-Justiz RS0012367 [T2]; RS0012410; RS0012342; RS0012370 [T1, T2]; RS0012238 [T1, T2, T4]).

Nach diesen Grundsätzen ist die rechtliche Beurteilung des Rekursgerichts, eine Verzichtserklärung der Erblasserin liege hier nicht vor, im Ergebnis jedenfalls keine vom Obersten Gerichtshof aufzugreifende Fehlbeurteilung. Es ist etwa nur an die durchaus naheliegende Möglichkeit zu denken, dass die Erblasserin bei der Abfassung des „Testaments" vergessen hatte, dass der nunmehrige Revisionsrekurswerber bereits im damals schon 18 Jahre zurückliegenden Übergabsvertrag die Tragung der Todfallskosten übernommen hatte.

Wenn das Rekursgericht auf die Häufigkeit ähnlicher Sachverhalte verweist, ändert dies nichts daran, dass es stets um die Auslegung einer ganz konkreten Willenserklärung im Einzelfall geht. Auch der Revisionsrekurs zeigt keine (weitere) erhebliche Rechtsfrage auf, weshalb er zurückzuweisen war.

Anmerkung

E902502Ob190.08t-2

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:2009:0020OB00190.08T.0305.000

Zuletzt aktualisiert am

29.04.2009
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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