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19/05 Menschenrechte;Norm
AsylG 1991 §16 Abs1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Sauberer und die Hofräte Dr. Robl, Dr. Rosenmayr, Dr. Pelant und Dr. Sulzbacher als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Bauernfeind, über die Beschwerde des D in 2544 L, geboren am 1. Mai 1970, vertreten durch Dr. Gernot Gruböck und Dr. Stephan Gruböck, Rechtsanwälte in 2500 Baden, Beethovengasse 4-6, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Niederösterreich vom 5. Juni 1997, Zl. Fr-4851/96, betreffend Ausweisung, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem zitierten, im Instanzenzug ergangenen Bescheid wies die belangte Behörde den Beschwerdeführer, einen türkischen Staatsangehörigen, gemäß § 17 Abs. 1 des Fremdengesetzes - FrG, BGBl. Nr. 838/1992, aus dem Bundesgebiet aus.
Diese Maßnahme begründete sie im Wesentlichen wie folgt: Dem Beschwerdeführer sei von der österreichischen Botschaft in Ankara ein bis zum 15. Jänner 1995 gültiger Touristensichtvermerk erteilt worden. Er verfüge über keine andere Aufenthaltsberechtigung. Seit 16. Jänner 1995 halte er sich nicht rechtmäßig im Bundesgebiet auf. Nach der zwingenden Bestimmung des § 17 Abs. 1 FrG sei bei einem rechtswidrigen Aufenthalt die Ausweisung zu verfügen.
Die beabsichtigte Maßnahme stelle einen Eingriff in sein Privat- und Familienleben dar, weil seine Ehegattin in Österreich aufhältig und beschäftigt sei und der Beschwerdeführer die beiden minderjährigen Kinder zu beaufsichtigen habe. Dennoch sei die Ausweisung in bezug auf § 19 FrG gerechtfertigt, da diese im Interesse der in Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten öffentlichen Ordnung, insbesondere eines geordneten Fremdenwesens, dringend geboten sei. Der Beschwerdeführer halte sich nach Ablauf seines Touristensichtvermerkes bereits mehr als zwei Jahre illegal in Österreich auf und verstoße daher bewusst und beharrlich gegen österreichische Rechtsvorschriften. Es könne nicht hingenommen werden, dass sich jemand den dauernden Aufenthalt auf diese Art und Weise verschaffe und die österreichischen Behörden vor vollendete Tatsachen stelle. Das erfolgreiche Unterlaufen der für die Einreise und den Aufenthalt von Fremden in Österreich bestehenden Rechtsvorschriften bedeute eine ungerechtfertigte Bevorzugung gegenüber anderen Menschen, die sich gesetzeskonform verhielten und sich vom Ausland aus um eine Berechtigung zum Aufenthalt in Österreich bemühten. Die Ausweisung sei in solchen Fällen erforderlich, um einen Zustand herzustellen, der bestünde, wenn sich der Fremde gesetzestreu verhalten hätte.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, Verletzung von Verfahrensvorschriften sowie inhaltliche Rechtswidrigkeit geltend machende Beschwerde mit dem Begehren, ihn aufzuheben.
Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor und beantragte, die Beschwerde als unbegründet abzuweisen. Auf die Erstattung einer Gegenschrift wurde verzichtet.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Gemäß § 17 Abs. 1 FrG sind Fremde mit Bescheid auszuweisen, wenn sie sich nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhalten; hiebei ist auf § 19 FrG Bedacht zu nehmen. Nach letzterer Vorschrift ist die Erlassung einer Ausweisung nur zulässig, wenn dies zur Erreichung der in Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist.
Die Beschwerde bringt konkret gegen die Auffassung der belangten Behörde, dass sich der Beschwerdeführer seit Ablauf des ihm erteilten Touristensichtvermerks nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhalte, nichts vor. Auf dem Boden der unbestrittenen Feststellungen im angefochtenen Bescheid hegt der Gerichtshof gegen die darauf gestützte Ansicht der belangten Behörde, dass im Beschwerdefall die Voraussetzung des § 17 Abs. 1 erster Halbsatz FrG gegeben sei, keinen Einwand.
Was die Verletzung von Verfahrensvorschriften betrifft, geht der Verweis auf § 16 Abs. 1 Asylgesetz 1991 insofern ins Leere, als im gegenständlichen Verfahren diese Vorschrift - weil es sich nicht um ein Asylverfahren handelte - nicht anzuwenden war. Was die Manuduktionspflicht der Behörde nach § 13a AVG anbelangt, so bezieht sich diese auf die zur Vornahme von Verfahrenshandlungen nötigen Anleitungen und auf die Belehrung über die mit diesen Handlungen oder Unterlassungen unmittelbar verbundenen Rechtsfolgen, aber nicht darauf, ob und welches materielle Vorbringen die Partei zur Wahrung ihrer Rechte zu erstatten hat (vgl. das hg. Erkenntnis vom 26. Mai 2000, Zl. 2000/06/0047).
Der Beschwerdeführer gab an, bei der sachlich und örtlich zuständigen Behörde einen Antrag auf Erteilung einer Bewilligung nach dem Aufenthaltsgesetz gestellt zu haben. Dieses Verfahren sei nach wie vor nicht rechtskräftig abgeschlossen, sodass er nicht illegal in Österreich aufhältig sei. Der Beschwerdeführer sei auch mit einem gültigen Touristensichtvermerk nach Österreich eingereist, sodass die belangte Behörde zu Unrecht eine Gefährdung der öffentliche Ruhe, Ordnung und Sicherheit annehme.
Damit zeigt der Beschwerdeführer keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides auf, weil ihm im Grund des § 6 Abs. 3 zweiter Satz des Aufenthaltsgesetzes nur ein rechtzeitiger Verlängerungsantrag ein Recht auf weiteren Aufenthalt und auf Ausweisungsschutz (vgl. § 17 Abs. 4 FrG) hätte verschaffen können, nicht aber ein vom Inland aus gestellter Antrag auf erstmalige Erteilung einer Bewilligung nach dem Aufenthaltsgesetz (AufG). Da der Beschwerdeführer über keine Aufenthaltsbewilligung verfügt hat, handelte es sich im vorliegenden Fall nicht um einen Verlängerungsantrag im Sinne des § 6 Abs. 3 AufG.
Der Beschwerdeführer bekämpft den angefochtenen Bescheid im Grund des § 19 FrG, indem er darauf hinweist, dass die Ausweisung einen unzulässigen Eingriff in sein Privat- und Familienleben darstelle. Ein solcher Eingriff sei nur insoweit statthaft, als er eine Maßnahme darstellt, die in einer demokratischen Gesellschaft für die nationale Sicherheit, die öffentliche Ruhe und Ordnung, das wirtschaftliche Wohl des Landes, die Verteidigung der Ordnung und zur Verhinderung von strafbaren Handlungen, zum Schutz der Gesundheit und der Moral oder zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer notwendig sei. Zudem habe der Beschwerdeführer während der Dauer seines Aufenthaltes weder gerichtlich noch verwaltungsbehördlich strafbare Tatbestände verwirklicht. Weiters müsse der Beschwerdeführer die Obsorge seiner beiden minderjährigen Kinder im Alter von eineinhalb und zweieinhalb Jahren übernehmen, da seine Ehegattin berufstätig sei und sonst niemand auf die beiden Kinder aufpassen könne.
Zu Recht nahm die belangte Behörde angesichts des Aufenthalts der Ehegattin und der Kinder des Beschwerdeführers in Österreich einen mit der Ausweisung verbundenen relevanten Eingriff in sein Familienleben an. Doch kann ihrer Ansicht, dass die Ausweisung im Grund des § 19 Fremdengesetz gerechtfertigt sei, nicht mit Erfolg entgegengetreten werden. Einerseits hielt sich nämlich der am 17. Dezember 1994 am Flughafen Wien-Schwechat nach Österreich eingereiste Beschwerdeführer bis zum maßgeblichen Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides nur etwas mehr als zwei Jahre im Bundesgebiet auf, weshalb von einer nennenswerten Integration im Inland noch keine Rede sein kann. Andererseits kommt den für die Einreise und den Aufenthalt von Fremden getroffenen Regelungen und deren Befolgung durch die Normadressaten aus der Sicht des Schutzes und der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung (Art. 8 Abs. 2 EMRK) ein hoher Stellenwert zu (vgl. das hg. Erkenntnis vom 16. Juni 2000, Zl. 97/21/0178). Gegen dieses öffentliche Interesse hat der Beschwerdeführer dadurch massiv verstoßen, dass er nach Ablauf des Touristensichtvermerkes nicht ausgereist ist. Die Ausweisung ist somit im öffentlichen Interesse, nämlich zur Aufrechterhaltung eines geordneten Fremdenwesens, im Sinne des § 19 FrG dringend geboten.
Da somit dem angefochtenen Bescheid die behauptete Rechtswidrigkeit nicht anhaftet, war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
Wien, am 20. März 2001
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2001:1997210465.X00Im RIS seit
20.06.2001