D6 308026-3/2008/3E
Im Namen der Republik
Der Asylgerichtshof hat durch den Richter Dr. CHVOSTA als Vorsitzenden und die Richterin Dr. AMANN als Beisitzerin über die Beschwerde der B.H., StA. Russische Föderation, gegen den Bescheid des Bundesasylamtes vom 16.11.2007, FZ. 06 12.147-BAT, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:
Der Beschwerde wird stattgegeben und B.H. gemäß §§ 3, 34 Asylgesetz 2005 der Status der Asylberechtigten zuerkannt. Gemäß § 3 Abs. 5 Asylgesetz 2005 wird festgestellt, dass B.H. damit kraft Gesetzes die Flüchtlingseigenschaft zukommt.
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :
I. Die minderjährige Beschwerdeführerin, eine russische Staatsangehörige der tschetschenischen Volksgruppe, ist Tochter des Beschwerdeführers zu D6 308023-3/2008. Ihre Mutter ist Beschwerdeführerin zu D6 308025-3/2008 und stellte als gesetzliche Vertreterin der Beschwerdeführerin am 11.11.2006 einen Antrag auf internationalen Schutz.
1. Mit Bescheid des Bundesasylamtes vom 29.11.2006, FZ. 06 12.147 EAST-Flh, wurde der Antrag auf internationalen Schutz - ohne in die Sache einzutreten - gemäß § 5 Abs. 1 Asylgesetz 2005, BGBl. I 100 (im Folgenden: AsylG 2005), als unzulässig zurückgewiesen und für die Prüfung des Antrages gemäß Art. 13 iVm Art. 16 Abs. 1 lit. e der Verordnung (EG) Nr. 343/2003 des Rates Polen für zuständig erklärt. In der dagegen erhobenen Berufung wurde auf die schwere Knochenkrankheit der minderjährigen Schwester der Beschwerdeführerin sowie auf die dringend erforderlichen medizinischen Behandlungen verwiesen.
Mit Bescheid des Unabhängigen Bundesasylsenates vom 15.12.2006 wurde der Berufung der Beschwerdeführerin gemäß § 41 Abs. 3 AsylG 2005 stattgegeben und der bekämpfte Bescheid im Hinblick auf das Fehlen gutachterlich untermauerter Feststellungen zur Krankheit der Schwester der Beschwerdeführerin und deren Behandelbarkeit in Polen behoben.
Mit Bescheid vom "16.11.2008" (richtig wohl: 16.11.2007), FZ. 06 12.147-BAT, wies das Bundeasylamt schließlich den Antrag gemäß § 3 Abs. 1 AsylG 2005 ab und erkannte der Beschwerdeführerin den Status des Asylberechtigten nicht zu. Gemäß § 8 Abs. 1 Z 1 AsylG 2005 wurde der Beschwerdeführerin der Status des subsidiär Schutzberechtigten jedoch zuerkannt und ihr gemäß § 8 Abs. 4 AsylG 2005 eine befristete Aufenthaltsberechtigung bis zum 16.11.2008 erteilt.
2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, fristgerecht (als Berufung) eingebrachte Beschwerde.
II. Der Asylgerichtshof hat erwogen:
1. Die Beschwerdeführerin ist die minderjährige, unverheiratete Tochter des Beschwerdeführers zu D6 308023-3/2008, dessen Beschwerde der Asylgerichtshof mit Erkenntnis vom heutigen Tag Folge gegeben und dem er den Status des Asylberechtigten zuerkannt hat.
2. Dies ergibt sich aus den Asylakten des Vaters der Beschwerdeführerin.
3. Rechtlich ergibt sich Folgendes:
3.1 Gemäß § 23 Abs. 1 Asylgerichtshofgesetz (Art. 1 BGBl. I 4/2008 idF BGBl. I 147/2008) sind - soweit sich aus dem AsylG 2005 nicht anderes ergibt - auf das Verfahren vor dem Asylgerichtshof die Bestimmungen des AVG mit der Maßgabe sinngemäß anzuwenden, dass an die Stelle des Begriffs "Berufung" der Begriff "Beschwerde" tritt.
3.2 Gemäß § 73 Abs. 1 AsylG 2005 ist das AsylG 2005 am 1.1.2006 in Kraft getreten; es ist gemäß § 75 Abs. 1 AsylG 2005 auf alle Verfahren anzuwenden, die - wie im vorliegenden Fall - am 31.12.2005 noch nicht anhängig waren.
Familienangehöriger ist gemäß § 2 Z 22 AsylG 2005, wer Elternteil eines minderjährigen Kindes, Ehegatte oder zum Zeitpunkt der Antragstellung unverheiratetes minderjähriges Kind eines Asylwerbers oder eines Fremden ist, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten oder des Asylberechtigten zuerkannt wurde, sofern die Familiengemeinschaft bei Ehegatten bereits im Herkunftsstaat bestanden hat.
Stellt ein Familienangehöriger iSd § 2 Z 22 AsylG 2005 von einem Fremden, dem der Status des Asylberechtigten zuerkannt wurde, einen Antrag auf internationalen Schutz gilt dieser gemäß § 34 Abs. 1 AsylG 2005 als Antrag auf Gewährung desselben Schutzes. Die Behörde hat gemäß § 34 Abs. 2 aufgrund eines Antrages eines Familienangehörigen eines Fremden, dem der Status des Asylberechtigten zuerkannt worden ist, dem Familienangehörigen mit Bescheid den Status eines Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn die Fortsetzung eines bestehenden Familienlebens iSd Art. 8 EMRK mit dem Familienangehörigen in einem anderen Staat nicht möglich ist.
Im vorliegenden Fall wurde dem Vater der minderjährigen Beschwerdeführerin gemäß § 3 Abs. 1 AsylG 2005 internationaler Schutz zuerkannt: Der Beschwerdeführerin ist daher nach § 34 Abs. 4 AsylG 2005 der gleiche Schutzumfang, d.h. nach dem AsylG 2005 nunmehr der Status des Asylberechtigten nach § 3 Abs. 1 AsylG 2005 zuzuerkennen. Hinweise darauf, dass der Beschwerdeführerin die Fortsetzung des bestehenden Familienlebens mit ihrem Vater in einem anderen Staat möglich wäre, sind im Verfahren nicht hervorgekommen.
4. Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.
Gemäß § 41 Abs. 7 AsylG 2005 iVm § 67d AVG konnte die Durchführung einer mündlichen Verhandlung entfallen, da der maßgebliche Sachverhalt aus der Aktenlage iVm der Beschwerde geklärt war.