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10/07 Verwaltungsgerichtshof;Norm
ASGG §2 Abs1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Waldner und die Hofräte Dr. Graf, Dr. Gall, Dr. Pallitsch und Dr. Schick als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Lenhart, über die Beschwerde 1.) des Mag. M und 2.) der Mag. R, beide in G, beide vertreten durch Mag. Martin Divitschek und Mag. Wolfgang Sieder, Rechtsanwälte in 8530 Deutschlandsberg, Glashüttenstraße 4, gegen den Bundesminister für soziale Sicherheit und Generationen wegen Verletzung der Entscheidungspflicht in einer Angelegenheit nach dem IVF-Fonds-Gesetz, den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
Begründung
Mit am 15. Februar 2001 zur Post gegebenem Schriftsatz erhoben die Beschwerdeführer Säumnisbeschwerde gemäß Art. 132 B-VG wegen Verletzung der Entscheidungspflicht durch den Bundesminister für soziale Sicherheit und Generationen. Begründend führen die Beschwerdeführer aus, sie hätten sich zu einer sogenannten Invitro-Fertilisation bei S. entschlossen, welcher eine Vertragskrankenanstalt des Fonds zur Finanzierung der In-vitro-Fertilisation (IVF-Fonds) betreibe. Dieser habe bei dem beim Bundesminister für soziale Sicherheit und Generationen eingerichteten Fonds einen Antrag auf Übernahme der Kosten der beabsichtigten In-vitro-Fertilisation eingereicht. Mit Schreiben vom 17. Mai 2000 sei S. mitgeteilt worden, dass auf Grund des Bestehens einer privaten Krankenversicherung beim Erstbeschwerdeführer grundsätzlich kein Leistungsanspruch aus dem Fonds gegeben wäre, zumal die Voraussetzungen nach § 4 des IVF-Fonds-Gesetzes für beide am Versuch beteiligten Personen vorliegen müssten. Dessen ungeachtet sei zugesagt worden, zumindest die Kosten für den ersten IVF-Versuch aus dem Fonds zu finanzieren. Auf Grund dieser nur telefonischen Teilablehnung hätten die Beschwerdeführer mit Antrag vom 6. Juni 2000, eingereicht am selben Tag per Telefax, die Bescheidausfertigung gemäß § 6 des IVF-Fonds-Gesetzes beantragt und ersucht, der rechtsfreundlichen Vertretung der Beschwerdeführer den Bescheid bis längstens 30. Juni 2000 zukommen zu lassen. Ein solcher Bescheid sei bisher nicht erlassen worden.
Die im Beschwerdefall maßgeblichen Bestimmungen des IVF-Fonds-Gesetzes, BGBl. I Nr. 180/1999, lauten (auszugsweise;
Kursivschreibung nicht im Original):
"§ 2. (1) Beim Bundesministerium für Arbeit, Gesundheit und Soziales (nunmehr: soziale Sicherheit und Generationen) ist ein Fonds zur Mitfinanzierung der In-vitro-Fertilisation (im Folgenden kurz 'Fonds' genannt) einzurichten. Der Fonds hat Rechtspersönlichkeit und wird vom Bundesminister für Arbeit, Gesundheit und Soziales im Einvernehmen mit dem Bundesminister für Umwelt, Jugend und Familie (nunmehr: vom Bundesminister für soziale Sicherheit und Generationen) vertreten.
(2) Der Fonds hat bei Vorliegen der Voraussetzungen nach § 4 70 % der Kosten der In-vitro-Fertilisation zu tragen, wenn dieser in Vertragskrankenanstalten nach § 5 durchgeführt wird.
...
§ 4. (1) Anspruch auf Kostentragung nach § 2 Abs. 2 besteht für höchstens vier Versuche pro Paar und angestrebter Schwangerschaft in den Fällen von Sterilität tubaren Ursprungs bei der Frau oder in Fällen der Sterilität beim Mann, sofern
...
§ 6. (1) Über die Ablehnung der Kostentragung nach § 2 Abs. 2 hat der Fonds unter Anwendung des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991, BGBl. Nr. 51, einen Bescheid zu erlassen, wenn der(die) Anspruchswerber(in) dies ausdrücklich verlangt.
(2) Streitigkeiten über die Ablehnung einer Kostentragung nach § 2 Abs. 2 gelten als Sozialrechtssachen im Sinne des § 65 des Arbeits- und Sozialgerichtsgesetzes, BGBl. Nr. 104/1985."
Die §§ 65 und 67 des Arbeits- und Sozialgerichtsgesetzes (ASGG) lauten (auszugsweise):
"§ 65. (1) Sozialrechtssachen sind Rechtsstreitigkeiten über
1. den Bestand, den Umfang oder das Ruhen eines Anspruchs auf Versicherungs- oder Pflegegeldleistungen, soweit hiebei nicht die Versicherungszugehörigkeit, die Versicherungszuständigkeit, die Leistungszugehörigkeit oder die Leistungszuständigkeit in Frage stehen ...;
...
4. den Bestand von Versicherungszeiten der Pensionsversicherung ..., soweit diese Rechtsstreitigkeiten nicht Teil einer Rechtsstreitigkeit nach Z 1 sind ...;
5. die Kostenersatzpflicht eines Versicherungsträgers beziehungsweise eines Versicherten in einem Verfahren in Leistungssachen ...;
...
6. Ansprüche auf Sonderunterstützung nach dem Sonderunterstützungsgesetz ...;
7. Ansprüche auf Insolvenz-Ausfallgeld oder einen Vorschuss auf dieses nach dem Insolvenz-Entgeltsicherungsgesetz ...;
8. Ansprüche auf Sonderruhegeld nach dem Nachtschwerarbeitsgesetz (NSchG) ..., auf Karenzgeld, auf Teilzeitbeihilfe, auf Zuschuss von Karenzgeld oder zur Teilzeitbeihilfe und auf Wiedereinstellungsbeihilfe nach dem Karenzgeldgesetz ... und auf Teilzeitbeihilfe nach dem BSVG oder dem GSVG.
...
§ 67. (1) In einer Leistungssache nach § 65 Abs. 1 Z 1, 4 und 6 bis 8 sowie über die Kostenersatzpflicht eines Versicherungsträgers nach § 65 Abs. 1 Z 5 darf - vorbehaltlich des § 68 - vom Versicherten eine Klage nur erhoben werden, wenn der Versicherungsträger
1.
darüber bereits mit Bescheid entschieden hat oder
2.
den Bescheid nicht innerhalb von sechs Monaten - handelt es sich um Leistungen aus der Krankenversicherung nicht innerhalb von drei Monaten - erlassen hat.
a) nach dem Eingang des Antrages auf Erlassung eines Bescheides, wenn ein solcher nur auf ausdrückliches Verlangen zu erlassen ist (§ 367 Abs. 1 Z 2 ASVG);
b) sonst nach dem Eingang des Antrages auf Zuerkennung der Leistung bzw. auf Feststellung von Versicherungszeiten der Pensionsversicherung.
..."
Gemäß § 6 Abs. 2 des IVF-Fonds-Gesetzes gelten Streitigkeiten über die Ablehnung einer Kostentragung nach § 2 Abs. 2 als Sozialrechtssachen im Sinne des § 65 ASGG. Diese Streitigkeiten werden damit Leistungssachen nach § 65 Abs. 1 ASGG gleichgestellt, wobei der Fonds an die Stelle des Versicherungsträgers tritt. Es ist daher davon auszugehen, dass für diese Streitigkeiten bei Nichterlassung des Bescheides (hier: nach § 6 Abs. 1 des IVF-Fonds-Gesetzes) die Säumnisklage nach § 67 Abs. 1 Z. 2 (hier: lit. a) ASGG zulässig ist. Auch dabei handelt es sich um eine Sozialrechtssache, die gemäß § 2 Abs. 1 ASGG vor die ordentlichen Gerichte gehört. Die Säumnisbeschwerde gemäß § 27 VwGG ist in einem solchen Fall unzulässig.
Die Beschwerde war demnach, weil ihr der Mangel der Berechtigung zur Erhebung der Beschwerde entgegensteht, ohne weiteres Verfahren in nicht öffentlicher Sitzung im vorliegenden Fall durch einen gemäß § 12 Abs. 3 VwGG gebildeten Senat, mit Beschluss zurückzuweisen.
Wien, am 20. März 2001
Schlagworte
Verletzung der Entscheidungspflicht Allgemein Behördliche Angelegenheiten Verletzung der Entscheidungspflicht Diverses Zurückweisung - EinstellungEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2001:2001110074.X00Im RIS seit
08.06.2001