D12 265162-3/2009/3E
ERKENNTNIS
Der Asylgerichtshof hat durch den Richter Mag. Auttrit als Einzelrichter über die Beschwerde des K.A., geb. 00.00.1990, StA. Ukraine gegen den Bescheid des Bundesasylamtes vom 28.01.2009, FZ. 08 06.955-1-BAE, zu Recht erkannt:
Der Beschwerde wird gemäß § 41 Abs. 3 AsylG idgF stattgegeben und der bekämpfte Bescheid behoben.
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e:
I. Verfahrensgang und Sachverhalt:
1. Der Beschwerdeführer, ein ukrainischer Staatsangehöriger, reiste am 23.08.2004 illegal in das österreichische Bundesgebiet ein und stellte am 24.08.2004 durch den Vater und gesetzlichen Vertreter einen Asylantrag, zu dem er am 30.08.2004, 01.09.2004 und 22.06.2005 niederschriftlich einvernommen wurde.
2. Der Beschwerdeführer hat hierbei im Wesentlichen vorgebracht, er sei mit seinem Vater mitgekommen, warum dieser die Ukraine verlassen habe wisse er nicht so genau, er wisse nur, dass seine Mutter gestorben sei und sein Vater gesagt habe, dass das, was auf der Sterbeurkunde stünde nicht stimme, sondern dass sie umgebracht worden sei. Ihr Vater hätte auch erzählt, dass man sie bedrohe und sie deshalb weg müssten. Das Haus sei abgebrannt, persönlichen Kontakt zu den Bedrohern habe er nicht gehabt, es sei alles über seinen Vater gelaufen. Man würde von seinem Vater Geld fordern, warum wisse er nicht.
3. Das Bundesasylamt wies den Asylantrag mit dem angefochtenen Bescheid vom 12.10.2005 gemäß § 7 AsylG ab und stellte fest, dass die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung in die Ukraine gemäß § 8 Abs. 1 AsylG zulässig ist und sprach gemäß § 8 Abs. 2 AsylG die Ausweisung aus dem österreichischen Bundesgebiet in die Ukraine aus. In der rechtlichen Beurteilung wird darauf hingewiesen, dass im gegenständlichen Fall ein Familienverfahren gemäß § 10 AsylG vorliege und das Vorbringen des Antragstellers bzw. der gesamten Familie im Familienverfahren im Rahmen der Beweiswürdigung überprüft worden sei.
4. Dagegen richtet sich die fristgerecht eingebrachte Berufung vom 21.10.2005 (in einem einheitlichen Schriftsatz für die gesamte Familie) mit welcher der Bescheid seinem Umfang nach wegen Rechtswidrigkeit seines Inhalts und Rechtswidrigkeit in Folge Verletzung von Verfahrensvorschriften angefochten wird. In der Berufung wird unter anderem geltend gemacht, dass dem Berufungswerber die angeblichen Widersprüche nicht vorgehalten
worden seien und daher das Parteiengehör verletzt worden sei, hätte man Parteiengehör gewährt, hätte der Berufungswerber seine Angaben ergänzen können und alle Beweismittel vorlegen bzw. Beweismittel bezeichnen können und wäre die Behörde damit zu einem anderen, nämlich einem Antrag stattgebenden Bescheid, gelangt. Zur Rechtswidrigkeit des Inhaltes wird in der Berufung ausgeführt, dass der Berufungsweber bereits Verfolgungen ausgesetzt war und dass ihm Verfolgung drohe. Die Auffassung der belangten Behörde, es handle sich bei der ihm drohenden Verfolgung um keine Verfolgungshandlung im Sinne der Konvention sei daher unhaltbar, auch für den Fall einer Abschiebung sei der Berufungswerber von einer asylrelevanten Verfolgung bedroht, da er sofort verhaftet würde und Gefahr liefe unmenschlicher Behandlung oder Strafe oder gar der Todesstrafe unterworfen zu werden oder Opfer extralegaler Tötung zu werden. Der Berufungswerber würde auch versuchen seine
Personaldokumente als auch weitere Beweismittel bei zu schaffen und ersuche daher um Einräumung einer First von vier Wochen. Mit Eingabe vom 04.11.2005, bei der Berufungsbehörde eingelangt am 08.11.2005 erfolgte die Vollmachtsbekanntgabe und die Berufung auf § 10 Abs. 1
AVG.
5. Die Berufung wurde vom Unabhängigen Bundesasylsenat zur Zl:
265.160/0-IX/25/05 am 23.11.2005 gem. § 7, 8 Abs 1 und 8 Abs 2 AsylG abgewiesen.
6. Dagegen wurde rechtzeitig eine Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof erhoben. Die Behandlung dieser Beschwerde wurde vom Verwaltungsgerichtshof mit Schriftsatz vom 21.03.2007 abgelehnt.
7. Am 07.08.2008 brachte der Beschwerdeführer neuerlich einen Antrag auf internationalen Schutz im Sinne des § 2 Abs 1 Z 13 AsylG 2005 ein.
8. Mit 27.08.2008 wurde das Asylverfahren des Antragstellers gemäß § 28 Absatz 1 AsylG zugelassen und das Verfahren in der Außenstelle Eisenstadt des Bundesasylamtes weitergeführt. Der Bescheid vom 18.11.2008 wurde dem Beschwerdeführer am 20.11.2008 zugestellt. Dass der Zurückweisungstatbestand erst nach Zulassung des Verfahrens neu hervorgetreten ist, sodass eine Rechtfertigung dahingehend bestünde eine Zurückweisungsentscheidung auch außerhalb des Zulassungsverfahrens zu treffen, ist dem Akt nicht zu entnehmen.
9. Mit Bescheid des Bundesasylamtes, Erstaufnahmestelle Eisenstadt, vom 18.11.2008, FZ. 08 06.955-BAE, wurde der Antrag des Beschwerdeführers gemäß § 68 Abs. 1 AVG wegen entschiedener Sache zurückgewiesen.
10. Gegen diesen Bescheid richtet sich die fristgerecht am 03.12.2008 eingebrachte Beschwerde. In seiner Beschwerde führte der Beschwerdeführer aus, mit dem Bescheid vom 18.11.2008 wurde der Asylantrag des Beschwerdeführers wegen entschiedener Sache zu Unrecht zurückgewiesen. Eine zurückweisende Entscheidung nach Zulassung des Verfahrens sei nicht ohne Weiteres möglich. Diesbezüglich verweist der Beschwerdeführer auf den Entscheidung des Asylgerichtshofes zur Zl. E3 216281-3/2008 vom 08.09.2008.
Auch habe sich die Erstbehörde mit dem Vorbringen der Beschwerdeführer in Hinblick auf den Refoulementschutz überhaupt nicht auseinandergesetzt, weshalb sich gegenüber dem Vorbescheid der wesentliche Sachverhalt geändert hat, weshalb auch keine entschiedene Sache iSd § 68 Abs. 1 AVG vorliegen kann.
11. Der Bescheid des Bundesasylamtes wurde vom Asylgerichtshof mit Erkenntnis vom 21.01.2009 gem. § 66 Abs 4 AVG behoben.
12. Mit Bescheid des Bundesasylamtes, Erstaufnahmestelle Eisenstadt, vom 28.01.2009, FZ. 08 06.957-1-BAE, wurde der Antrag des Beschwerdeführers gemäß § 68 Abs. 1 AVG wegen entschiedener Sache zurückgewiesen. Begründet wurde dies mit der jüngsten Entscheidung des VwGH zur Zl. 2006/20/0624 vom 25.11.2008, wonach auch nach Zulassung des Verfahrens gemäß § 28 Abs 1 AsylG 2005 eine zurückweisende Entscheidung gemäß § 68 AVG zulässig sei. Weiters verweist das Bundesasylamt auf das Erkenntnis des Asylgerichtshofes zur Zl. E10 250.440-2/2008-3E, vom 13.10.2008, wonach die Prüfung des Refoulementverbotes gemäß § 8 AsylG 2005 bei abweisenden Entscheidungen durch die Fremdenbehörde zu erfolgen hat. Nur in jenem Ausnahmefall, in dem der Asylantrag abgewiesen wurde bzw. der Status des Asylberechtigten aberkannt wurde soll aus Gründen der Verfahrensbeschleunigung und Verfahrenskonzentration hierzu die Asylbehörde sachlich zuständig sein. Das Bundesasylamt begründet die Nichtvornahme einer zwingend vorgesehen Ausweisungsprüfung gemäß §10 AsylG 2005 damit, dass dem Beschwerdeführer mit Bescheid der BPD Wien ein Abschiebeaufschub bis zum 10.03.2009 gewährt wurde. Eine tatsächliche Abschiebung sei aufgrund des Gesundheitszustandes und des Ergebnisses eines amtsärztlichen Gutachtens derzeit nicht möglich.
13. Gegen diesen Bescheid richtet sich die fristgerecht am 11.02.2009 eingebrachte Beschwerde. In ihrer Beschwerde führte der Beschwerdeführer aus, mit dem Bescheid vom 28.01.2009 wurde der Asylantrag des Beschwerdeführers wegen entschiedener Sache zu Unrecht zurückgewiesen. Seit dem rechtskräftigen Vorbescheid habe sich seine gesundheitliche Situation als auch das familiäre Umfeld im Heimatland vollkommen verändert. Der Beschwerdeführer wäre bei einer momentanen Rückkehr in sein Heimatland im Unterschied zum 29.11.2005 (rechtskräftige Entscheidung im Erstverfahren) vollkommen auf sich allein gestellt. Ohne familiäre Unterstützung - die Großmutter starb, mit dem Vater bestehe seit April 2008 kein Kontakt mehr - der Beschwerdeführer wäre nicht in der Lage seine Existenz zu sichern, zumal psychische Krankheiten vorliegen würden. Es bestehe jedenfalls ein reales Risiko, das er in seinem Heimatstaat aufgrund des Entzuges von Unterkunft, Unterhalt und Sozialleistungen nicht überleben könne.
Auch habe sich die Erstbehörde mit dem Vorbringen des Beschwerdeführers in Hinblick auf den Refoulementschutz überhaupt nicht auseinandergesetzt, weshalb sich gegenüber dem Vorbescheid der wesentliche Sachverhalt geändert hat, weshalb auch keine entschiedene Sache iSd § 68 Abs. 1 AVG vorliegen kann. Bezüglich der Unzulässigkeit der Nichtauseinandersetzung der Erstbehörde mit § 8 AsylG 2005 wird auf die Entscheidungen des Asylgerichtshofes vom 24.07.2008 zur Zl. C10 316.913-3/2008/3E sowie A3 267.529-2/2008 vom 16.09.2008 verwiesen.
Weiters wird moniert, dass die erstinstanzliche Behörde von einer Ausweisung mit der Argumentation, dass der Beschwerdeführer aufgrund des Abschiebeaufschubes bis zum 10.03.2009 zum Aufenthalt in Österreich berechtigt sei, Abstand genommen habe.
Gemäß § 10 Abs 1 AsylG 2005 sei jedoch zwingend mit jeder Zurückweisung des Antrages auf internationalen Schutz eine Ausweisungsentscheidung zu verbinden. Hätte die Behörde dies durchgeführt, wäre sie zur Erkenntnis gekommen, dass nach Art 8 EMRK eine Ausweisung unzulässig sei, da der Beschwerdeführer bereits in Österreich gut integriert sei.
Weiter wird die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung gemäß § 37 Abs 1 AsylG 2005 beantragt.
II. Der Asylgerichtshof hat erwogen:
Gemäß dem Asylgerichtshof-Einrichtungsgesetz, BGBl. I Nr. 4/2008, wurde der Asylgerichtshof - bei gleichzeitigem Außerkrafttreten des Bundesgesetzes über den unabhängigen Bundesasylsenat - eingerichtet und treten die dort getroffenen Änderungen des Asylgesetzes mit 01.07.2008 in Kraft; folglich ist das AsylG 2005 ab diesem Zeitpunkt in der Fassung BGBl. I Nr. 4/2008 anzuwenden.
1. Zuständigkeit des erkennenden Einzelrichters
Gem. § 61 Absatz 3 entscheidet der Asylgerichtshof durch Einzelrichter über Beschwerden gegen
1. zurückweisende Bescheide
a) wegen Drittstaatssicherheit
b) wegen Zuständigkeit eines anderen Staates gemäß § 5;
c) wegen entschiedener Sache gemäß § 68 Absatz 1 AVG, und
2. die mit diesen Entscheidungen verbundene Ausweisung.
Gemäß § 22 Absatz 1 ergehen Entscheidungen des Asylgerichtshofes in der Sache selbst in Form eines Erkenntnisses, alle anderen in Form eines Beschlusses.
2. Anzuwendendes Verfahrensrecht
Gemäß § 23 AsylGHG sind, soweit sich aus dem Asylgesetz 2005, BGBl. I Nr. 100, nicht anderes ergibt, auf das Verfahren vor dem Asylgerichtshof die Bestimmungen des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991 - AVG, BGBl. Nr. 51, mit der Maßgabe sinngemäß anzuwenden, dass an die Stelle des Begriffs "Berufung" der Begriff "Beschwerde" tritt.
Gemäß § 66 Abs. 4 AVG hat das erkennende Gericht, sofern die Beschwerde nicht als unzulässig oder verspätet zurückzuweisen ist, immer in der Sache selbst zu entscheiden. Es ist berechtigt, im Spruch und in der Begründung seine Anschauung an die Stelle jener der Unterbehörde zu setzen und demgemäß den angefochtenen Bescheid nach jeder Richtung abzuändern.
Gem. § 75 (1) des Asylgesetzes 2005, BGBl I Nr. 4/2008 (AsylG 2005) sind alle am 31. Dezember 2005 anhängigen Verfahren nach den Bestimmungen des Asylgesetzes 1997 zu Ende zu führen. § 44 AsylG 1997 gilt. Die §§ 24, 26, 54 bis 57 und 60 dieses Bundesgesetzes sind auf diese Verfahren anzuwenden. § 27 ist auf diese Verfahren mit der Maßgabe anzuwenden, dass das Bundesasylamt oder der Asylgerichtshof zur Erlassung einer Ausweisung zuständig ist und der Sachverhalt, der zur Einleitung des Ausweisungsverfahrens führen würde, nach dem 31. Dezember 2005 verwirklicht wurde. § 57 Abs. 5 und 6 ist auf diese Verfahren mit der Maßgabe anzuwenden, dass nur Sachverhalte, die nach dem 31. Dezember 2005 verwirklicht wurden, zur Anwendung dieser Bestimmungen führen.
Im gegenständlichen Fall wurde der Antrag auf internationalen Schutz am 07.08.2008 gestellt, weshalb das AsylG 2005 zur Anwendung gelangt.
3. Zu den Entscheidungsgründen:
Gemäß § 68 Abs. 1 AVG sind Anbringen von Beteiligten, die außer den Fällen der §§ 69 und 71 die Abänderung eines der Berufung nicht oder nicht mehr unterliegenden Bescheides begehren, wenn die Behörde nicht Anlass zu einer Verfügung gemäß den Absätzen 2 bis 4 findet, wegen entschiedener Sache zurückzuweisen.
"Sache" des Berufungsverfahrens ist regelmäßig die Angelegenheit, die den Inhalt des Spruches des Bescheides der Unterinstanz gebildet hat, soweit dieser angefochten wurde (VwSlg 7548A/1969; VfSlg 7240/1973; VwGH 08.10.1996, 94/04/0248; Walter-Thienel, Verwaltungsverfahrensgesetze2, 1265 mwH).
Im vorliegenden Fall ist Sache des Berufungsverfahrens die Frage der Rechtmäßigkeit der Zurückweisung des zweiten Asylantrages wegen entschiedener Sache. Die Rechtsmittelbehörde darf nur über die Frage entscheiden, ob die Zurückweisung (wegen entschiedener Sache) durch die Vorinstanz zu Recht erfolgt ist und hat dementsprechend entweder - im Falle des Vorliegens entschiedener Sache - das Rechtsmittel abzuweisen oder - im Falle der Unrichtigkeit dieser Auffassung - den bekämpften Bescheid ersatzlos mit der Konsequenz zu beheben, dass die erstinstanzliche Behörde in Bindung an die Auffassung der Rechtsmittelbehörde den gestellten Antrag jedenfalls nicht neuerlich wegen entschiedener Sache zurückweisen darf. Es ist der Rechtsmittelbehörde aber verwehrt, über den Antrag selbst meritorisch zu entscheiden (VwSlg 2066A/1951; VwGH 30.05.1995, 93/08/0207; Walter-Thienel, Verwaltungsverfahrensgesetze2, 1433 mwH).
Entschiedene Sache liegt vor, wenn sich gegenüber dem früheren Bescheid weder die Rechtslage noch der wesentliche Sachverhalt geändert haben (VwGH 21.03.1985, 83/06/0023, und andere). Aus § 68 AVG ergibt sich, dass Bescheide mit Eintritt ihrer Unanfechtbarkeit auch prinzipiell unwiderrufbar werden, sofern nicht anderes ausdrücklich normiert ist. Über die mit einem rechtswirksamen Bescheid erledigte Sache darf nicht neuerlich entschieden werden. Nur eine wesentliche Änderung des Sachverhaltes - nicht bloß von Nebenumständen - kann zu einer neuerlichen Entscheidung führen (vgl. z. B. VwGH 27.09.2000, Zl. 98/12/0057; siehe weiters die bei Walter/Thienel, Die österreichischen Verwaltungsverfahrensgesetze, Bd. I, 2. Aufl. 1998, E 80 zu § 68 AVG wiedergegebene Judikatur).Es ist Sache der Partei, die in einer rechtskräftig entschiedenen Angelegenheit eine neuerliche Sachentscheidung begehrt, dieses Begehren zu begründen (VwGH 08.09.1977, 2609/76).
Gemäß § 41 Abs. 3 AsylG ist in einem Verfahren über eine Beschwerde gegen eine zurückweisende Entscheidung und die damit verbundene Ausweisung § 66 Abs. 2 AVG nicht anzuwenden. Ist der Beschwerde gegen die Entscheidung des Bundesasylamtes im Zulassungsverfahren statt zu geben, ist das Verfahren zugelassen. Der Beschwerde gegen die Entscheidung im Zulassungsverfahren ist auch statt zu geben, wenn der vorliegende Sachverhalt so mangelhaft ist, dass die Durchführung oder Wiederholung einer mündlichen Verhandlung unvermeidlich erscheint.
Der Beschwerdeführer gibt im neuerlichen Asylantrag folgendes als Antragsgrund an: "Mein Vater suchte für uns im Jahre 2004 um politisches Asyl an. Die richtigen Gründe, warum mein Vater die Heimat verließ sind mir unbekannt. Ich kann nur vermuten, dass er Schulden hatte. Meiner Meinung nach glaube ich, dass das der Grund war warum wir die Heimat verlassen mussten."
Dies entspricht in etwa auch dem im Erstantrag vorgebrachten Asylgründen. Der Asylgerichtshof teilt daher im Ergebnis die Beurteilung der belangten Behörde. Da dieses Vorbringen bereits im Rahmen der ersten Asylantragstellung erstattet wurde und daraus kein neuer entscheidungsrelevanter Sachverhalt ableitbar ist, erweist sich das Vorbringen des Beschwerdeführers vom bereits in Rechtskraft ergangenen ursprünglichen inhaltlichen Bescheid des Unabhängigen Bundesasylsenates vom 23.11.2005, GZ. 265.162/0-IX/25/05, mit umfasst. Die Rechtsansicht des Bundesasylamtes, es habe sich der wesentliche Sachverhalt zu den Fluchtgründen seit der rechtskräftigen Entscheidung über den ersten Asylantrag nicht geändert und es liege somit entschiedene Sache zur Entscheidung gemäß § 7 AsylG 1997 vor, kann vor diesem Hintergrund nicht als rechtswidrig erkannt werden.
Anders sieht es jedoch hinsichtlich der Nichtvornahme einer Refoulementprüfung gemäß § 8 AsylG 2005, sowie der Nichtvornahme einer Ausweisungprüfung gemäß § 10 AsylG 2005 aus.
Der Beschwerdeführer gibt im neuerlichen Asylantrag an, seit dem rechtskräftigen Vorbescheid habe sich seine gesundheitliche Situation als auch das familiäre Umfeld im Heimatland vollkommen verändert. Der Beschwerdeführer wäre bei einer momentanen Rückkehr in sein Heimatland im Unterschied zum 29.11.2005 (rechtskräftige Entscheidung im Erstverfahren) vollkommen auf sich allein gestellt. Ohne familiäre Unterstützung - die Großmutter starb, mit dem Vater bestehe seit April 2008 kein Kontakt mehr - der Beschwerdeführer wäre nicht in der Lage seine Existenz zu sichern, zumal psychische Krankheiten vorliegen würden. Es bestehe jedenfalls ein reales Risiko, dass er in seinem Heimatstaat aufgrund des Entzuges von Unterkunft, Unterhalt und Sozialleistungen nicht überleben könne. Gemäß § 10 Abs 1 AsylG 2005 sei zwingend mit jeder Zurückweisung des Antrages auf internationalen Schutz eine Ausweisungsentscheidung zu verbinden. Hätte die Behörde dies durchgeführt, wäre sie zur Erkenntnis gekommen, dass nach Art 8 EMRK eine Ausweisung unzulässig sei, da der Beschwerdeführer bereits in Österreich gut integriert sei.
Das Bundesasylamt begründet die Nichtvornahme einer zwingend vorgesehen Ausweisungsprüfung gemäß §10 AsylG 2005 damit, dass dem Beschwerdeführer mit Bescheid der BPD Wien ein Abschiebeaufschub bis zum 10.03.2009 gewährt wurde. Eine tatsächliche Abschiebung sei aufgrund des Gesundheitszustandes und des Ergebnisses eines amtsärztlichen Gutachtens derzeit nicht möglich.
Zur Nichtdurchführung der Prüfung einer Ausweisung wird folgendes festgestellt:
§ 10 Abs. 1, 3 und Abs. 4 lauten:
"(1) Eine Entscheidung nach diesem Bundesgesetz ist mit einer Ausweisung zu verbinden, wenn
1. der Antrag auf internationalen Schutz zurückgewiesen wird;
2. der Antrag auf internationalen Schutz sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wird;
3. einem Fremden der Status des Asylberechtigten aberkannt wird, ohne dass es zur Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten kommt oder
4. einem Fremden der Status des subsidiär Schutzberechtigten aberkannt wird.
(2) Ausweisungen nach Abs 1 sind unzulässig, wenn
1. dem Fremden im Einzelfall ein nicht auf dieses Bundesgesetz gestütztes Aufenthaltsrecht zukommt oder
2. diese eine Verletzung von Art 8 EMRK darstellen würde.
...
(4) Eine Ausweisung, die mit einer Entscheidung gemäß Abs. 1 Z 1 verbunden ist, gilt stets auch als Feststellung der Zulässigkeit der Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung in den betreffenden Staat. Besteht eine durchsetzbare Ausweisung, hat der Fremde unverzüglich auszureisen."
Gemäß § 10 Abs. 1 Z 1 AsylG 2005 ist eine Entscheidung nach diesem Bundesgesetz mit einer Ausweisung zu verbinden, wenn der Antrag auf internationalen Schutz zurückgewiesen wird. Den erläuternden Bemerkungen zur Regierungsvorlage des Asylgesetzes 2005 ist zu entnehmen, dass dies auch dann gelten soll, wenn diese Zurückweisung des Antrages - wie im vorliegenden Fall - wegen entschiedener Sache, sohin gem. § 68 Abs. 1 AVG erfolgt (s. die Erläuterungen zu § 37 AsylG 2005, 952 Bgl. Nr. 22.GP, 55).
Gemäß § 10 Abs. 2 AsylG 2005 sind Ausweisungen nach Abs. 1 lediglich dann unzulässig, wenn erstens dem Fremden im Einzelfall ein nicht auf dieses Bundesgesetz gestütztes Aufenthaltsrecht zukommt oder zweitens diese eine Verletzung von Art. 8 EMRK darstellen würden.
Zu prüfen ist ob eine der beiden Ausnahmen vorliegt.
Das Bundesasylamt geht davon aus, das die Erteilung eines Abschiebeaufschubes durch die Fremdenpolizeibehörde bis zum 10.03.2009, der Erteilung eines Aufenthaltsrechtes gleichzuhalten ist welches eine Prüfung der Ausweisung unzulässig machen würde.
Dies ist jedoch nicht der Fall, in verfassungskonformer Auslegung ist unter einem Aufenthaltsrecht nicht die befristete Aufschiebung der Abschiebung zu subsumieren, (der Aufenthalt der Person in Österreich wird trotz aufrechter Ausweisungsentscheidung nur vorübergehend geduldet) sondern etwa ein Aufenthaltsrecht bzgl. der Erteilung eines Visums oder der Erteilung einer Aufenthaltsberechtigung nach der Niederlassungsgesetz (vgl. Feßl Holzschuster, Asylgesetz 2005 Kommentar, S 341).
Das Bundesasylamt hat es daher in rechtswidriger Weise unterlassen eine Ausweisungsprüfung vorzunehmen und es damit auch unterlassen eine Prüfung ob eine Verletzung von Art. 8 EMRK vorliegt vorzunehmen, dies wird im fortgesetzten Verfahren nachzuholen sein.
Da jedoch gemäß § 10 Abs 4 eine Ausweisung, die mit einer Entscheidung gemäß § 10 Abs. 1 Z 1 AsylG 2005 verbunden ist, stets auch als Feststellung der Zulässigkeit der Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung in den betreffenden Staat gilt, ist damit auch eine solche Überprüfung verbunden.
Der Asylgerichtshof geht in Übereinstimmung mit den österreichischen Höchstgerichten und dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte davon aus, dass bei einer Ausweisung Art. 3 EMRK beachtlich ist (vgl. VfGH v. 06.03.2008, Zl. B 2400/07-9, und die darin wiedergegebene Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte; vom 29.09.2007, B 328/07 und B 1150/07; VfSlg. 13.837/1994, 14.119/1995 und 14.998/1997).
Dem Verweis des Bundesasylamtes auf die Entscheidung des AsylGH zur Zl. E10 250.440-2/2008-3E, vom 13.10.2008, wonach die Prüfung des Refoulementverbotes gemäß § 8 AsylG 2005 bei abweisenden Entscheidungen durch die Fremdenbehörde zu erfolgen hat - nur in jenem Ausnahmefall, in dem der Asylantrag abgewiesen wurde bzw. der Status des Asylberechtigten aberkannt wurde soll aus Gründen der Verfahrensbeschleunigung und Verfahrenskonzentration hierzu die Asylbehörde sachlich zuständig sein - kann nicht gefolgt werden und geht dieser ins Leere, da keine vergleichbare Sachlage vorliegt, da ja keine Ausweisungsüberprüfung und somit gemäß Art 10 Abs 1 Z 4 auch keine Feststellung der Zulässigkeit der Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung in den betreffenden Staat vorgenommen wurde.
Es wäre somit zu prüfen, ob der Beschwerdeführerin wirklich die Lebensgrundlage bei einer Rückkehr in ihr Heimatland entzogen wäre, bzw. welche Behandlungsmöglichkeiten der Beschwerdeführerin konkret bzgl. der von ihr behaupteten psychischen Erkrankung zur Verfügung stünden.
Demnach hätte das Bundesasylamt über den nunmehrigen zweiten Asylantrag in der Sache zu entscheiden gehabt und erweist sich die Zurückweisung wegen entschiedener Sache als rechtswidrig.
Es war daher der Beschwerde Folge zu geben und der angefochtene Bescheid ersatzlos zu beheben. Eine inhaltliche Entscheidung über den Asylantrag ist dem Asylgerichtshof verwehrt, weil er als Beschwerdeinstanz an die Grenzen der vom Bundesasylamt entschiedenen Verwaltungssache gebunden ist (vgl. VwSlg 11237A).
Gemäß § 41 Abs. 3 AsylG ist in einem Verfahren über eine Beschwerde gegen eine zurückweisende Entscheidung und die damit verbundene Ausweisung § 66 Abs. 2 AVG nicht anzuwenden. Ist der Beschwerde gegen die Entscheidung des Bundesasylamtes im Zulassungsverfahren statt zu geben, ist das Verfahren zugelassen. Der vorliegende Sachverhalt hat sich im Sinne des § 41 Abs. 3 letzter Satz AsylG 2005 als mangelhaft erwiesen, weshalb der Beschwerde spruchgemäß stattzugeben war
Die Erstbehörde wird im fortgesetzten Verfahren den Antrag auf internationalen Schutz zu entscheiden haben, auch wenn aufgrund der nicht vorhandenen Angaben des Beschwerdeführers zu eigenen Asylgründen mit einem negativen Ausgang zur Erlangung des Status des Asylberechtigten zu rechnen ist. Weiters wird das Bundesasylamt auf die in der Beschwerde angegebenen geänderten Bedingungen zum Refoulementschutz einzugehen haben, sowie eine Ausweisungsprüfung mit allen für und gegen eine Verletzung von Art. 8 EMRK sprechenden Argumenten durchzuführen haben. Die Ergebnisse wird sie im fortgesetzten Verfahren den Feststellungen zu Grunde zu legen haben und dem Beschwerdeführer im Rahmen einer weiteren Einvernahme gemäß § 45 Abs. 3 AVG vorzuhalten haben und ihm die Möglichkeit zu geben, dazu Stellung zu nehmen, sowie seine Ermittlungsergebnisse einem neuerlichen Bescheid zugrunde legen müssen.
Wird gegen einen mit einer zurückweisenden Entscheidung über einen Antrag auf internationalen Schutz verbundene Ausweisung Beschwerde ergriffen, hat der Asylgerichtshof dieser binnen einer Woche ab Vorlage der Beschwerde durch Beschluss die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, wenn anzunehmen ist, dass eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in den Staat, in den die Ausweisung lautet, eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde (§ 37 Abs. 1 AsylG 2005).
Da das Bundesasylamt keine Ausweisungsentscheidung verfügt hat, bis zum 10.03.2009 noch ein Durchführungsaufschub besteht und somit für den Beschwerdeführer keine Gefahr besteht, einen oben angeführten Rechtsnachteil zu erleiden und innerhalb dieses Zeitraumes spruchgemäß entschieden wurde, konnte die Prüfung der aufschiebenden Wirkung der Beschwerdevorlage entfallen.
Gemäß § 41 Abs. 4 AsylG 2005 konnte von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung abgesehen werden.
Es war somit spruchgemäß zu entscheiden.