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10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);Norm
B-VG Art7 Abs1;Beachte
Serie (erledigt im gleichen Sinn):2009/15/0019 E 22. April 2009 2009/15/0077 E 28. Mai 2009 2009/15/0049 E 22. April 2009 2009/15/0020 E 22. April 2009Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Hargassner und die Hofräte Dr. Sulyok, Dr. Zorn, Dr. Büsser und Mag. Novak als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Zaunbauer, über die Beschwerde des H S in S, vertreten durch Vöcklatal Wirtschaftsprüfungs- und Steuerberatungs GmbH in 4870 Vöcklamarkt, Hauptstraße 16, gegen den Bescheid des unabhängigen Finanzsenates, Außenstelle Linz, vom 25. November 2008, GZ RV/1237-L/08, betreffend Einkommensteuer 2007, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Begründung
Aus der Beschwerde und der vorgelegten Kopie des angefochtenen Bescheides ergibt sich folgender Sachverhalt:
Der Beschwerdeführer ist Gesellschafter-Geschäftsführer einer GmbH, an welcher er zu mehr als 25% beteiligt ist.
Für das Streitjahr 2007 ermittelte der Beschwerdeführer den Gewinn aus der Tätigkeit als Geschäftsführer unter Inanspruchnahme der Basispauschalierung nach § 17 Abs. 1 EStG 1988. Er errechnete die Einkünfte aus selbständiger Arbeit (30.054,48 EUR), indem er von seinen Betriebseinnahmen (42.000 EUR) pauschale Betriebsausgaben von 6% (2.520 EUR) und zusätzlich Sozialversicherungsbeiträge (9.425,52 EUR) in Abzug brachte.
Gegen den auf der Basis der Einkommensteuererklärung ergangenen Einkommensteuerbescheid brachte der Beschwerdeführer Berufung ein und begehrte die Berücksichtigung des Freibetrages für investierte Gewinne gemäß § 10 EStG 1988 in Höhe von
2.542 EUR. Zur Begründung führte er aus, die Geltendmachung dieses Freibetrages müsse auch neben der Anwendung von Pauschalierungen möglich sein. Wortlaut, Systematik und Sinn des § 10 EStG 1988 ließen erkennen, dass der Freibetrag Investitionen in bestimmte Sach- oder Finanzanlagen unter Einhaltung einer Mindestbehaltefrist von vier Jahren auslösen solle. Eine Abgeltung durch eine Pauschalierung von Betriebsausgaben sei mit diesem Gesetzeszweck nicht zu vereinbaren. Eine Erstreckung von Betriebsausgabenpauschalierungen (Teilpauschalierungen) auf den Freibetrag würde den vom Gesetz angestrebten Investitionsanreiz vernichten.
Das Sachlichkeitsgebot des Art. 7 B-VG zwinge zur Erfassung der tatsächlichen Aufwendungen und Ausgaben auch im Fall von Pauschalierungen. Durchschnittsbetrachtungen und Typisierungen seien zulässig. Das Ziel, den tatsächlichen Verhältnissen möglichst nahe zu kommen, gelte für jede Pauschalierung von Betriebsausgaben. Einer solchen lebensnahen Pauschalierung entziehe sich der Freibetrag für investierte Gewinne. Die Entscheidung des Steuerpflichtigen, den Freibetrag geltend zu machen, hänge insbesondere von der ertragsteuerlichen Gesamtsituation, der Finanzlage und dem Investitionsverhalten ab. Es sei sinnwidrig und sachlich nicht zu rechtfertigen, Steuerpflichtige aufgrund einer Betriebsausgabenpauschalierung von der Investitionsbegünstigung eines Freibetrages für investierte Gewinne auszuschließen.
Der Berufung schloss der Beschwerdeführer ein Verzeichnis von Wertpapieren gemäß § 10 Abs. 7 Z. 2 EStG 1988 an, aus welchem sich Anschaffungskosten von 2.542 EUR ergeben.
Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung als unbegründet ab. Strittig sei die Rechtsfrage, ob der Freibetrag für investierte Gewinne von einem im Wege der Basispauschalierung iSd § 17 Abs. 1 bis 3 EStG 1988 ermittelten Gewinn in Abzug gebracht werden könne.
Aus dem ersten Satz des § 17 Abs. 1 EStG 1988 ergebe sich, dass der Gesetzgeber die Basispauschalierung als Möglichkeit der Gewinnermittlung gemäß § 4 Abs. 3 EStG 1988 mit Pauschalierung der Betriebsausgaben anbiete. Der vorletzte Satz des § 17 Abs. 1 EStG 1988 lasse neben dem Betriebsausgabenpauschale von 12% bzw. 6 % nur die Absetzung der dort taxativ aufgezählten Ausgaben als Betriebsausgaben zu. Der Freibetrag für investierte Gewinne falle nicht unter die dort aufgezählten Ausgabenkategorien.
Für den Beschwerdefall sei entscheidend, ob der nach § 10 EStG 1988 von der Einkommensteuer freigestellte Freibetrag für investierte Gewinne als sonstige Betriebsausgabe iSd § 17 Abs. 1 EStG 1988 anzusehen sei.
§ 4 Abs. 3 EStG 1988 regle, dass der Überschuss der Betriebseinnahmen über die Betriebsausgaben als Gewinn angesetzt werden dürfe. Zu den Betriebsausgaben zählten nach § 4 Abs. 4 Z. 4, 8 und 10 EStG 1988 auch der Forschungsfreibetrag und der Bildungsfreibetrag.
Im Rahmen der Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 3 EStG 1988 seien somit nicht nur tatsächliche Ausgaben als Betriebsausgaben gewinnmindernd abzusetzen, sondern auch die durch den Gesetzgeber als steuerliche Begünstigung anerkannten Freibeträge, wie Bildungsfreibetrag und Forschungsfreibetrag, aber auch Lehrlingsfreibetrag gemäß § 124b Z. 31 EStG 1988. Die genannten rein rechnerischen Größen seien als "fiktive" Betriebsausgaben ebenfalls Betriebsausgaben iSd § 4 Abs. 3 EStG 1988 und folglich auch des § 17 Abs. 1 EStG 1988.
Es bleibe die Frage, ob auch der Freibetrag für investierte Gewinne eine derartige fiktive Betriebsausgabe darstelle. Die Begünstigungsbestimmung des § 10 EStG 1988 spreche im ersten Absatz von der Möglichkeit, einen Freibetrag bis zu 10% des Gewinnes gewinnmindernd geltend zu machen. Aus der Formulierung des § 10 EStG 1988 ergebe sich, dass zunächst der vorläufige Gewinn zu ermitteln sei. Von diesem Zwischenwert könnten über Antrag noch maximal 10% abgezogen werden. Diese letzte Abzugspost stelle funktionell ebenfalls eine "fiktive" Betriebsausgabe dar (Hinweis auf Hofstätter/Reichel, EStG 1988, § 10 Tz 2).
Das Betriebsausgabenpauschale in Höhe von 12% bzw. 6% der Umsätze nach § 17 Abs. 1 EStG 1988 übersteige meist die Erfahrungswerte und wirke wie eine Steuerbegünstigung (Hinweis auf Doralt, EStG6, §17 Tz 5). Eine Investition in körperliche Wirtschaftsgüter, deren Anschaffung die Realwirtschaft fördern würde, liege im Falle des Beschwerdeführers nicht vor, der die von der Berufsgruppe der Gesellschafter-Geschäftsführer regelmäßig gewählte Variante der Anschaffung von Wertpapieren gewählt habe.
Erachte der Einnahmen-Ausgaben-Rechner die Gewinnermittlung durch Basispauschalierung nach § 17 EStG 1988 gesamthaft als für ihn günstiger, habe er die Wahl, diese Sonderform der Einnahmen-Ausgaben-Rechnung in Anspruch zu nehmen. Mache der Steuerpflichtige von einem derartigen Wahlrecht Gebrauch, müsse er auch Nachteile in Kauf nehmen, die mit diesem System verbunden seien. Zu diesen Nachteilen gehöre, dass neben den taxativ aufgezählten Betriebsausgaben und dem Betriebsausgabenpauschale weitere Betriebsausgaben nicht geltend gemacht werden könnten. Ein derartiger Nachteil sei bei einer Gesamtschau in Ansehung der Vorteile der Basispauschalierung verfassungsrechtlich unbedenklich (Hinweis auf das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 3. März 1987, G 170/86, betreffend den Ausschluss des Einnahmen-Ausgaben-Rechners vom Verlustabzug, der dadurch sachlich gerechtfertigt sei, dass jederzeit freiwillig auf die Gewinnermittlung durch Betriebsvermögensvergleich übergegangen werden könne).
Der Beschwerdeführer hätte bei (normaler) Ermittlung seines Gewinnes nach § 4 Abs. 3 EStG 1988, also bei Verzicht auf die Basispauschalierung, den Freibetrag für investierte Gewinne geltend machen können. Die vom Beschwerdeführer angestrebte kumulative Beanspruchung von Begünstigungen - Basispauschalierung und Freibetrag für investierte Gewinne - wäre nach Ansicht der belangten Behörde mit dem das Einkommensteuerrecht beherrschenden Grundsatz der Besteuerung nach der persönlichen Leistungsfähigkeit nicht mehr vereinbar.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die Beschwerde.
Der Beschwerdeführer bringt vor, der Freibetrag für investierte Gewinne nach § 10 EStG 1988 stelle eine Investitionsbegünstigung dar. Er wirke daher als "fiktive" Betriebsausgabe. Echte Betriebsausgaben iSd § 4 Abs. 4 EStG 1988 minderten den Gewinn zwingend; ein Wahlrecht sei mit einer Betriebsausgabe iSd § 4 Abs. 4 erster Satz EStG nicht zu vereinbaren. § 4 Abs. 4 Z. 4, 4a und 4b EStG begünstigten - wie Investitionsbegünstigungen - ein bestimmtes Verhalten des Steuerpflichtigen durch fiktive Betriebsausgaben und somit durch eine "Ertragsteuerverschonung=Steuersubvention"; es lägen aber insoweit "echte" Betriebsausgaben nicht vor.
Bei der Gewinnermittlung durch § 4 Abs. 3 EStG 1988 werde der Gewinn als Überschuss der Betriebseinnahmen über die Werbungskosten definiert. Das bedeute, die Betriebsausausgaben nach § 4 Abs. 4 EStG 1988 seien bereits abgesetzt, bevor für die Bemessung des Freibetrages für investierte Gewinne "das relative Maximum in Höhe von 10% des Gewinnes nach § 10 Abs. 1 erster Satz EStG 1988 zu ermitteln ist".
Nach Ansicht des Beschwerdeführers würden Betriebsausgabenpauschalien nur "echte" Betriebsausgaben abgelten, nicht aber "fiktive" Betriebsausgaben.
Wenn der Gesetzgeber den Freibetrag als Betriebsausgabe ansehen würde, hätte er ihn im übrigen in die Regelung des § 4 EStG 1988, der einen Katalog von "echten" und "fiktiven" Betriebsausgaben enthalte, aufgenommen. Tatsächlich befinde sich die Regelung aber in § 10 des EStG 1988.
Betriebsausgabenpauschalien verfolgten den Zweck, den tatsächlichen Aufwand durch eine vereinfachte Form der Ermittlung zu erheben. Investitionsbegünstigungen zielten hingegen auf die Förderung bestimmter Investitionen. Die (nicht vorhersehbare) Entscheidung des Steuerpflichtigen, eine Investitionsbegünstigung zu nutzen oder nicht zu nutzen, stehe einer Pauschalierung als Betriebsausgabe entgegen. Zudem sei der Freibetrag in Relation zum Betriebsausgabenpauschale nach § 17 EStG 1988 von 6% oder 12% der Umsatzerlöse von zu großem Gewicht, um darin enthalten zu sein.
Der Investitionsanreiz würde durch eine Pauschalierung vernichtet. Es sei auch eine Kontrolle der vierjährigen Mindestbehaltedauer des § 10 EStG 1988 nicht möglich.
Der Beschwerdeführer sieht auch den Gleichheitssatz nach Art 7. B-VG verletzt, indem er zwei Steuerpflichtige vergleicht, die jeweils einen durch Basispauschalierung nach § 17 EStG ermittelten Gewinn von 180.000 Euro erzielen. Werde angenommen, dass nur einer von diesen beiden Investitionen iSd § 10 EStG 1988 tätigt, sei es nach Ansicht des Beschwerdeführers sachwidrig anzunehmen, bei dem einen enthalte das Betriebsausgabenpauschale den Freibetrag nach § 10 EStG 1988, bei dem anderen hingegen nicht. Zu beachten sei auch, dass das Betriebsausgabenpauschale nicht mit der Einführung des Freibetrages für investierte Gewinne ab der Veranlagung 2007 erhöht worden sei.
Der Verwaltungsgerichtshof hat über die Beschwerde erwogen:
Abs. 1 des mit BGBl. I. Nr. 101/2006, eingeführten § 10 EStG 1988 (idF BGBl. I. Nr. 24/2007) lautet:
"Natürliche Personen, die den Gewinn eines Betriebes gemäß § 4 Abs. 3 ermitteln, können bei der Anschaffung oder Herstellung von abnutzbaren körperlichen Anlagegütern oder von Wertpapieren gemäß § 14 Abs. 7 Z. 4 einen Freibetrag für investierte Gewinne bis zu 10 % des Gewinnes, ausgenommen Übergangsgewinne (§ 4 Abs 10) und Veräußerungsgewinne (§ 24), höchstens jedoch 100 000 Euro gewinnmindernd geltend machen. Der Höchstbetrag von 100 000 Euro steht jedem Steuerpflichtigen im Kalenderjahr nur einmal zu. Der Freibetrag für investierte Gewinne kann nur im Jahr der Anschaffung oder Herstellung der Wirtschaftsgüter geltend gemacht werden und ist mit den Anschaffungs- oder Herstellungskosten begrenzt. Die Absetzung für Abnutzung (§§ 7 und 8) wird dadurch nicht berührt."
§ 17 Abs. 1 EStG 1988, zuletzt geändert durch BGBl. I. Nr. 100/2006, lautet:
"Bei den Einkünften aus einer Tätigkeit im Sinne des § 22 oder des § 23 können die Betriebsausgaben im Rahmen der Gewinnermittlung gemäß § 4 Abs. 3 mit einem Durchschnittssatz ermittelt werden. Der Durchschnittssatz beträgt
- bei freiberuflichen oder gewerblichen Einkünften aus einer kaufmännischen oder technischen Beratung, einer Tätigkeit im Sinne des § 22 Z. 2 sowie aus einer schriftstellerischen, vortragenden, wissenschaftlichen, unterrichtenden oder erzieherischen Tätigkeit 6%, höchstens jedoch 13.200 EUR, - sonst 12%, höchstens jedoch
26.400 EUR, der Umsätze im Sinne des § 125 Abs. 1 der Bundesabgabenordnung. Daneben dürfen nur folgende Ausgaben als Betriebsausgaben abgesetzt werden: Ausgaben für den Eingang an Waren, Rohstoffen, Halberzeugnissen, Hilfsstoffen und Zutaten, die nach ihrer Art und ihrem betrieblichen Zweck in ein Wareneingangsbuch (§ 128 BAO) einzutragen sind oder einzutragen wären, sowie Ausgaben für Löhne (einschließlich Lohnnebenkosten) und für Fremdlöhne, soweit diese unmittelbar in Leistungen eingehen, die den Betriebsgegenstand des Unternehmens bilden, weiters Beiträge im Sinne des § 4 Abs. 4 Z. 1.
§ 4 Abs. 3 vorletzter Satz ist anzuwenden."
Das oben dargestellte Beschwerdevorbringen zeigt, wie nachstehend ausgeführt, keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides auf:
1. Aus dem ersten Satz des § 17 Abs. 1 EStG 1988 ergibt sich, dass der Gesetzgeber die Basispauschalierung als Möglichkeit der Gewinnermittlung gemäß § 4 Abs. 3 EStG 1988 mit Pauschalierung der Betriebsausgaben ansieht. Das Betriebsausgabenpauschale lässt den Charakter der Gewinnermittlung durch Einnahmen-Ausgaben-Rechnung unberührt. Das in § 10 Abs. 1 EStG 1988 normierte Erfordernis einer Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 3 EStG ist sohin erfüllt (vgl. Beiser, SWK 2006, S 905):
2. § 1 des Energieförderungsgesetzes 1979, BGBl. 567/1979, hat bestimmten Unternehmen das Recht eingeräumt, zu Lasten des Gewinnes bestimmter Wirtschaftsjahre steuerfreie Rücklagen im Ausmaß von bis zu 50% des Gewinnes (vor Bildung der Gewerbesteuerrückstellung und nach Abzug aller anderen Betriebsausgaben) zu bilden. Im Hinblick auf jene Rücklage hat der Verwaltungsgerichtshof im Erkenntnis vom 22. Oktober 1996, 96/14/0017, VwSlg. 7135/F, ausgesprochen, die Bildung unversteuerter Rücklagen führe zu "fiktiven" Betriebsausgaben. Auch "fiktive" Betriebsausgaben führen zur Minderung des Gewinnes.
Auch in Zusammenhang mit dem Lehrlingsfreibetrag nach § 124b Z. 31 EStG 1988 hat der Verwaltungsgerichtshof von "fiktiven" Betriebsausgaben gesprochen (vgl. beispielsweise das hg Erkenntnis vom 27. Februar 2008, 2004/13/0157).
Der in Rede stehenden Regelung des § 10 EStG 1988 ist zu entnehmen, dass der Freibetrag für investierte Gewinne den Jahresgewinn eines Einnahmen-Ausgaben-Rechners mindert. Der Freibetrag stellt daher ohne Zweifel eine Betriebsausgabe dar, und zwar eine "fiktive" Betriebsausgabe (ebenso Doralt/Heinrich, EStG12, §10 Tz 16). Der Freibetrag mindert nämlich den Gewinn, unabhängig davon führen die tatsächlich aufgewendeten Anschaffungs- oder Herstellungskosten der begünstigten Wirtschaftsgüter (spätestens in nachfolgenden Wirtschaftsjahren) zu steuerlichen Auswirkungen.
Entgegen der Ansicht des Beschwerdeführers steht es dem Betriebsausgabencharakter des Freibetrages für investierte Gewinne nicht entgegen, dass die Regelung betreffend diesen Freibetrag nicht Teil des § 4 EStG 1988 ist. Regelungen über Betriebsausgaben finden sich im EStG 1988 insbesondere in den §§ 4 bis 14. Auch die Regelung betreffend den Lehrlingsfreibetrag in § 124b Z. 31 EStG 1988 hat Betriebsausgaben geschaffen.
Ob der Freibetrag für investierte Gewinne eine Investitionsbegünstigung darstellt (vgl. Beiser, SWK 2008, S 692) oder eine Form der Sparförderung oder Eigenkapitalförderung (vgl. Atzmüller, SWK 2008 S 859, und SWK 2006, S 863), ist im gegebenen Zusammenhang nicht von Bedeutung. Er stellt jedenfalls eine rechnerische Größe dar, die der Gesetzgeber als Betriebsausgabe anerkennt.
3. Der Abs. 1 des § 9 EStG 1972 (Investitionsrücklage) hat u. a. normiert:
"Wird der Gewinn auf Grund ordnungsmäßiger Buchführung gemäß § 4 Abs. 1 oder § 5 ermittelt, so können steuerfreie Rücklagen im Ausmaß bis zu 25 v. H. des Gewinnes vor Bildung der Gewerbesteuerrückstellung und nach Abzug aller anderen Betriebsausgaben gebildet werden."
In Abs. 3 des § 9 EStG 1972 ist u.a. festgelegt gewesen:
"Steuerpflichtige, die ihren Gewinn gemäß § 4 Abs 3 ermitteln, können in der Steuererklärung beantragen, dass ein Betrag bis zu 25 v. H. des Gewinnes steuerfrei bleibt."
Auch die Stammfassung des EStG 1988 enthielt in § 9 vergleichbare Regelungen über eine Investitionsrücklage. Durch das Steuerreformgesetz 1993, BGBl. 818, wurde die Investitionsrücklage für Wirtschaftsjahre, die nach dem 31. Dezember 1993 enden, beseitigt.
Das hg. Erkenntnis vom 6. Februar 1990, 89/14/0069, ist zu § 9 EStG 1972 ergangen. Der Verwaltungsgerichtshof hat in diesem Erkenntnis in bezug auf die Gewinnermittlung durch Einnahmen-Ausgaben-Rechnung ausgesprochen, der steuerfreie Betrag gemäß § 9 Abs. 3 EStG 1972 stelle eine Betriebsausgabe im Sinne des § 4 Abs. 4 EStG 1972 dar. Es sei mit einer globalen, schätzungsweisen Inanspruchnahme von Betriebsausgaben unvereinbar, daneben noch eine einzelne Betriebsausgabe, wie eben den steuerfreien Betrag gemäß § 9 Abs. 3 EStG 1972, gesondert geltend zu machen.
Im selben Erkenntnis ist der Verwaltungsgerichtshof auch auf eine durch Verordnung geregelte Betriebsausgabenpauschalierung, nämlich die Verordnung über die Aufstellung von Durchschnittssätzen für die Ermittlung des Gewinnes bei nichtbuchführenden Gewerbetreibenden BGBl. Nr. 475/76 eingegangen. Diese Verordnung führte in ihrem § 2 aus:
"Neben den mittels eines Durchschnittssatzes (§ 1) berechneten Betriebsausgaben sind bei der Gewinnermittlung noch nachstehende Posten - ausgenommen Aufwendungen für betriebsfremde Zwecke (Entnahmen, § 4 Abs. 1 Einkommensteuergesetz 1972) als Betriebsausgaben zu berücksichtigen: …
7. Steuerfreier Betrag nach § 9 Abs. 3 Einkommensteuergesetz 1972 …"
Der Verwaltungsgerichtshof hat im Erkenntnis 89/14/0069 zu Recht erkannt, diese Verordnung habe keine globale Abgeltung der Betriebsausgaben zum Ziel, sondern nur eine Abgeltung jener Betriebsausgaben, die nach dem Willen des Bundesministers für Finanzen (Verordnungsgebers) nicht gesondert geltend gemacht werden können. Der steuerfreie Betrag nach § 9 Abs. 3 EStG 1972 sei gesondert angeführt. Im anderen Fall einer globalen Abgeltung von Betriebsausgaben sei die Geltendmachung dieses steuerfreien Betrages ausgeschlossen. Allerdings bleibe es dem Steuerpflichtigen unbenommen, den steuerfreien Betrag unter Nachweis sämtlicher Betriebsausgaben in Anspruch zu nehmen.
In diesem Sinn führen auch Quantschnigg/Schuch, Einkommensteuerhandbuch, § 9 Tz 2, aus, dass die Pauschalierung der Betriebsausgaben der zusätzlichen Berücksichtigung des steuerfreien Betrages nach § 9 Abs. 3 EStG 1988 entgegensteht. Demgegenüber verweisen sie zur Betriebsausgabenpauschalierung für nichtbuchführende Gewerbetreibende BGBl. 55/1990 darauf, dass hier anderes gelte, weil diese Verordnung (in deren § 2 Z. 6) bei den - neben den mittels Durchschnittssatz berücksichtigten Betriebsausgaben - zusätzlich anzusetzenden Betriebsausgaben den steuerfreien Betrag nach § 9 Abs. 3 EStG 1988 ausdrücklich anführe.
4. Aus dem Vorstehenden ergibt sich:
Es hängt ausschließlich vom Inhalt der jeweiligen Pauschalierungsregelung ab, ob ein durch Pauschalierung ermitteltes Ergebnis noch um bestimmte Kategorien von Betriebsausgaben gemindert werden darf. Dabei kommt der Unterscheidung zwischen "fiktiven" und "nicht fiktiven" Betriebsausgaben keine Bedeutung zu. Genauso wenig kommt dem Umstand Bedeutung zu, ob, wie dies insbesondere bei Investitionsbegünstigungen der Fall ist, dem Steuerpflichtigen die Geltendmachung der Betriebsausgabe zur Wahl gestellt ist.
Eine Begünstigungsregelung, welche die über tatsächlich getätigte Aufwendungen hinausgehende Minderung des steuerlichen Gewinnes eines Betriebes zum Inhalt hat, legt "fiktive" Betriebsausgaben fest. Das gilt auch dann, wenn das Gesetz das Ausmaß der Begünstigung mit einem Prozentsatz des "Gewinnes" beschränkt. Eine solche Formulierung - sie ist auch Teil der Regelungen betreffend die Investitionsrücklage nach § 9 EStG 1972 und EStG 1988 sowie der Rücklage nach dem Energieförderungsgesetz 1979 gewesen - ist dahingehend zu verstehen, dass der Prozentsatz auf einen "vorläufigen" Gewinn anzuwenden ist, der anschließend noch um die "fiktive" Betriebsausgabe gekürzt wird.
5. Für die im Beschwerdefall in Anspruch genommene Basispauschalierung nach § 17 Abs. 1 EStG 1988 gilt: Die Betriebsausgaben werden mit 6% oder 12% der Umsätze ermittelt. Welche Kategorien von Betriebsausgaben (einschließlich "fiktive" Betriebsausgaben) bei der Gewinnermittlung zusätzlich in Abzug gebracht werden dürfen, legt das Gesetz im dritten Satz des § 17 Abs. 1 EStG 1988 fest; diese taxative Aufzählung enthält den Freibetrag für investierte Gewinne nicht.
Damit ist das Schicksal der Beschwerde bereits entschieden.
6. Soweit der Beschwerdeführer vorbringt, Investitionsbegünstigungen zielten auf die Förderung bestimmter Investitionen, die nicht vorhersehbare Entscheidung des Steuerpflichtigen für eine Investitionsbegünstigung stehe einer Pauschalierung, welche Betriebsausgaben zwar vereinfacht, aber im wesentlichen in ihrer tatsächlichen Höhe erfassen wolle, entgegen, ist zunächst darauf hinzuweisen, dass auch bei anderen Kategorien von Betriebsausgaben nicht vorhersehbar ist, ob und in welcher Höhe sie (insbesondere im Rahmen einer Einnahmen-Ausgaben-Rechnung) in einem konkreten Jahr anfallen.
Entgegen dem Beschwerdevorbringen ist es auch durchaus möglich, dass 10% des nach § 17 Abs. 1 EStG 1988 ermittelten Gewinnes in 6% oder 12% des Umsatzes im Sinne dieser Bestimmung Deckung finden.
Wesentlich ist allerdings ein anderer Umstand: Es normiert die jeweilige Pauschalierungsregelung, ob deren Inanspruchnahme und die Geltendmachung des Freibetrages für investierte Gewinne nebeneinander möglich sind.
Der Umstand, dass bei der Pauschalierung nach § 17 Abs. 1 EStG 1988 die Geltendmachung des in Rede stehenden Freibetrages nicht möglich ist, steht dem vom Gesetzgeber mit diesem Freibetrag verfolgten Zweck nicht entgegen, ist doch kein Steuerpflichtiger gehalten, die Pauschalierung in Anspruch zu nehmen. Der mit dem Freibetrag verfolgte Investitionsanreiz (samt der Mindestbehaltedauer für entsprechend getätigte Investitionen) ist gesichert, weil der Steuerpflichtige seine Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 3 EStG 1988 unter Erfassung der tatsächlichen Ausgaben führen kann. Solcherart kommt auch keine Bedeutung dem Umstand zu, dass die Einführung des Freibetrages für investierte Gewinne durch § 10 EStG 1988 idF BGBl. I. Nr. 101/2006 nicht mit einer Erhöhung des Betriebsausgabenpauschales nach § 17 Abs. 1 EStG 1988 Hand in Hand gegangen ist.
7. Das in der Beschwerde formulierte Vergleichspaar vermag aus der Sicht des Gleichheitssatzes Bedenken nicht hervorzurufen und veranlasst den Verwaltungsgerichtshof daher nicht zu einer Antragstellung nach Art. 140 Abs. 1 B-VG. Will von zwei zu vergleichenden Steuerpflichtigen bloß einer Investitionen iSd § 10 EStG 1988 tätigen und den Freibetrag nach dieser Bestimmung geltend machen, steht es ihm frei, den Gewinn unter Ansatz der tatsächlich angefallenen Betriebsausgaben zu ermitteln. Der Beschwerdeführer vermag nicht aufzuzeigen, aus welchen Gründen es von Verfassungs wegen geboten sein sollte, dass die Betriebsausgabenpauschalierung nach § 17 Abs. 1 EStG 1988 und der Freibetrag nach § 10 leg. cit. kumuliert werden können.
8. Ergänzend sei darauf hingewiesen, dass grundsätzlich jede Pauschalierungsregelung zwangsläufig Elemente einer Begünstigung enthält (vgl. Doralt, EStG12, § 17 Tz. 5; Renner, SWK 2008,
S 517). Grundsätzlich entscheidet der Steuerpflichtige für jeden Veranlagungszeitraum, ob sich die Gewinnermittlung nach allgemeinen Grundsätzen einerseits oder eine ihm offen stehende Pauschalierung andererseits als günstiger erweist. In diesem Sinne hat der Verwaltungsgerichtshof etwa im Erkenntnis vom 27. Februar 2003, 99/15/0143, zur
Pauschalierung nach § 17 EStG 1988 dargelegt:
"Nach allgemeiner Erfahrung nehmen Steuerpflichtige, denen die Möglichkeit der Pauschalierung offen steht, dennoch eine Gewinnermittlung nach allgemeinen Grundsätzen vor und entscheiden sich nach Ablauf eines Jahres - innerhalb der vom Gesetz vorgegebenen Schranken -, ob sie von der Pauschalierung Gebrauch machen oder nicht. Solcherart ist es geradezu vom Zweck der Pauschalierungsregelungen umfasst, dem Steuerpflichtigen die Möglichkeit zu bieten, die jeweils steuerlich günstigere Variante zu wählen."
Atzmüller merkt in SWK 2008 S 859 an, es sei zwar nicht primäres Ziel einer Pauschalierung, dem Steuerpflichtigen laufend die Wahlmöglichkeit zwischen alternativen Bemessungsgrundlagen zu eröffnen, räumt aber eine solche Möglichkeit ein. Auch vor diesem Hintergrund der begünstigenden Wirkung der Pauschalierung erscheint es erforderlich, dass die Pauschalierungsregelung festlegt, ob deren Inanspruchnahme mit der Geltendmachung zusätzlicher steuerlicher Begünstigungen kumuliert werden kann.
Differenzierungen durch einkommensteuerliche Ausnahmebestimmungen sind dann unter dem Aspekt des Gleichheitssatzes des Art. 7 Abs. 1 B-VG unbedenklich, wenn sie entweder unwesentlich oder - obgleich wesentlich - durch Unterschiede im Tatsächlichen sachlich gerechtfertigt sind (Ruppe,
Die Ausnahmebestimmungen des Einkommensteuergesetzes - Probleme der Rechtsanwendung und Rechtsfortbildung bei den "Steuerbegünstigungen" der österreichischen Einkommensteuer, Wien 1971, 172). Da die Erzielung von Einkünften stets mit einem bestimmten Ausmaß von Aufwendungen verbunden ist, und die Wahl zweier unterschiedlicher Prozentsätze in § 17 Abs. 1 EStG 1988 das Bemühen des Gesetzgebers, der tatsächlichen Höhe der Aufwendungen nahe zu kommen, erkennen lässt, sieht sich der Verwaltungsgerichtshof auch in dieser Hinsicht nicht zu einer Antragstellung nach Art 140 Abs. 1 B-VG veranlasst.
Da bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen lässt, dass die vom Beschwerdeführer behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war sie gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen. Wien, am 4. März 2009
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2009:2008150333.X00Im RIS seit
07.04.2009Zuletzt aktualisiert am
21.05.2013