TE Vwgh Erkenntnis 2001/3/20 99/11/0081

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Veröffentlicht am 20.03.2001
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Index

43/01 Wehrrecht allgemein;

Norm

WehrG 1990 §15 Abs1;
WehrG 1990 §23 Abs2;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Waldner und die Hofräte Dr. Graf, Dr. Gall, Dr. Pallitsch und Dr. Schick als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Lenhart, über die Beschwerde des G P in W, vertreten durch Dr. Christine Kolbitsch, Dr. Heinrich Vana und Dr. Gabriele Vana-Kowarzik, Rechtsanwälte in 1020 Wien, Taborstraße 10/2, gegen den Bescheid des Militärkommandos Niederösterreich vom 25. Jänner 1999, Zl. N/71/16/01/86, betreffend Feststellung der Eignung zum Wehrdienst, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 15.000,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der am 7. August 1971 geborene Beschwerdeführer wurde anlässlich seiner ersten Stellung im Jahr 1989 für "Tauglich" erklärt. Mit Bescheid des Militärkommandos Niederösterreich vom 16. Dezember 1998 wurde von Amts wegen gemäß § 24 Abs. 8 des Wehrgesetzes 1990 (WG) eine neuerliche Stellung des Beschwerdeführers verfügt. In der Begründung wurde ausgeführt, der Beschwerdeführer habe mitgeteilt, dass bei ihm seit Durchführung der letzten Stellung Gesundheitsänderungen eingetreten seien, und zwar rezidivierende Psoriasis vulgaris - Schübe. Über diese Gesundheitseinschränkungen habe der Beschwerdeführer eine ärztliche Bestätigung von Dr. H.L., einem Facharzt für Haut- und Geschlechtskrankheiten, vom 26. November 1998 mit der Diagnose "rezidivierende Psoriasis vulgaris - Schübe" vorgelegt.

Am 25. Jänner 1999 fand eine neuerliche Stellung statt. Der Beschwerdeführer legte aus diesem Anlass ein ärztliches Attest eines Facharztes für Dermatologie (Dr. G.) vom 11. Jänner 1999 sowie einen Befund eines Facharztes für Laryngologie vom 19. Jänner 1999 (Dr. R.L.) vor. Dem ärztlichen Attest des Facharztes für Dermatologie zufolge bestehe beim Beschwerdeführer seit etwa 10 Jahren eine Psoriasis vulgaris, seit damals stehe er in fachärztlicher Behandlung. Derzeit, unter konsequenter Lokaltherapie, finde sich ein einigermaßen zufrieden stellender Lokalbefund. Der Beschwerdeführer sei jedoch dahingehend informiert worden, dass exogene Reize wie Schmutz, Tarnfarbe, Wolle eine Exazerbation der bestehenden Dermatose bewirken könnten. Zudem solle der Beschwerdeführer Diät halten, worüber er informiert worden sei. Unbedingt erforderlich seien täglich konsequente Hautpflege und jeden zweiten Tag ein rückfettendes Vollbad. Dem Befund des Facharztes für Laryngologie zufolge bestehe beim Beschwerdeführer eine Tubenfunktionsstörung sowie eine Hausstaubmilbenallergie. Auf beiden vorgelegten Unterlagen findet sich im Verwaltungsakt ein Stempel mit dem Wortlaut "Anlässlich der Stellungsuntersuchung am 25. Jan. 1999 bei der Befundung berücksichtigt".

Im Verwaltungsakt erliegt weiters die erwähnte ärztliche Bestätigung von Dr. H.L., demzufolge der Beschwerdeführer seit August 1997 wegen rezidivierender Psoriasis vulgaris-Schübe bei ihm in dermatologischer Behandlung stehe. Eine Befreiung vom Präsenzdienst sei aus dermatologischer Sicht zu befürworten, weil anzunehmen sei, dass durch starkes Schwitzen infolge des Tragens von Uniform, Helm, Stiefel etc. akute Exazerbationen auftreten würden.

Das im Verwaltungsakt erliegende Stellungsuntersuchungsergebnis vom 25. Jänner 1999 weist in der Rubrik "Diagnosen" die Eintragung "Psoriasis vulgaris" sowie in der Spalte "Gesundheitsprof. (Ist-Profil)" die Eintragung "Keine Ausnahme" auf. Auf dem Statusblatt finden sich im Feld "Diagnose:

(alle festgestellten Mängel sind aufzunehmen)" handschriftliche Eintragungen (offenbar des Untersuchungsarztes), denen zufolge Psoriasis vulgaris - Schübe (unter Stress auftretend) festzustellen seien, zuletzt im Sommer bzw. November 1998. Derzeitige Herde bestünden an den Unterschenkeln beiderseits, an den Ellbogen beiderseits sowie am Gesäß. Auch von einer Hausstaubmilbenallergie und einer Tubenfunktionsstörung ist die Rede.

Mit Beschluss der Stellungskommission bei der belangten Behörde vom 25. Jänner 1999 wurde die Eignung des Beschwerdeführers mit "Tauglich" festgestellt. Ihm wurde gemäß § 23 Abs. 6 WG eine entsprechende Bescheinigung ausgestellt.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die Beschwerde erwogen:

Gemäß § 15 Abs. 1 WG darf in das Bundesheer nur einberufen werden, wer u. a. die notwendige körperliche und geistige Eignung für eine im Bundesheer in Betracht kommende Verwendung besitzt. Demnach genügt die notwendige körperliche und geistige Eignung für eine im Bundesheer in Betracht kommende Verwendung. Dies setzt u. a. das erforderliche Mindestmaß an Kraftanstrengung und Beweglichkeit für eine zumindest eingeschränkte militärische Ausbildung zum Dienst mit der Waffe voraus (vgl. z. B. das hg. Erkenntnis vom 9. November 1999, Zl. 98/11/0308, mwN).

Ein auf "Tauglich" lautender Beschluss der Stellungskommission bedarf gemäß § 23 Abs. 2 letzter Satz WG der Zustimmung des Arztes. Die einem solchen Beschluss zu Grunde liegende Beurteilung muss erkennen lassen, aus welchem Grund der Arzt der Auffassung ist, der Stellungspflichtige besitze die notwendige körperliche und geistige Eignung im oben beschriebenen Sinn. Dies erfordert in Fällen, in denen Krankheitszustände oder Gebrechen festgestellt werden, welche die mögliche Kraftanstrengung und Beweglichkeit - aus welchen Gründen immer - beeinträchtigen, nachvollziehbare Ausführungen dazu, in welchem Ausmaß der Stellungspflichtige auf Grund seines festgestellten Gesundheitszustandes in der Kraftanstrengung und Beweglichkeit gehindert ist.

Eine derartige Begründung fehlt im vorliegenden Fall zur Gänze. Auf den vom Beschwerdeführer der belangten Behörde vorgelegten fachärztlichen Äußerungen findet sich, wie dargelegt, zwar der Vermerk "Anlässlich der Stellungsuntersuchung bei der Befundung berücksichtigt", wie und mit welchem Ergebnis diese Berücksichtigung erfolgte, von welchen Annahmen der ärztliche Sachverständige der Stellungskommission seinerseits ausging und auf Grund welcher Erwägungen er trotz der beim Beschwerdeführer gegebenen gesundheitlichen Einschränkungen zur Bejahung seiner Eignung zum Wehrdienst gelangte, ist aus den vorgelegten Unterlagen nicht nachvollziehbar. Aus ihnen kann auch nicht entnommen werden, aus welchen Erwägungen trotz der im Vordergrund stehenden dermatologischen Probleme des Beschwerdeführers eine Untersuchung durch einen Facharzt dieser Sparte offenbar für nicht erforderlich erachtet wurde (vgl. in diesem Zusammenhang § 23 Abs. 2 zweiter Satz WG). Der auf "Tauglich" lautende Beschluss der Stellungskommission beruht somit auf einer nicht nachvollziehbaren ärztlichen Beurteilung.

Aus den dargelegten Erwägungen war der angefochtene Bescheid wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. c VwGG aufzuheben.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Wien, am 20. März 2001

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2001:1999110081.X00

Im RIS seit

06.02.2002
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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