TE UVS Burgenland 2008/12/21 B02/11/08006

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Veröffentlicht am 21.12.2008
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Spruch

Der Unabhängige Verwaltungssenat Burgenland entscheidet durch sein Mitglied Mag. Latzenhofer gemäß § 359a GewO 1994, BGBl. Nr. 194/1994, zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 59/2008, als Berufungsbehörde im Verfahren betreffend Betriebsanlagen über die Berufung vom 28.02.2008 des Herrn ***, geboren am ***, wohnhaft in ***, vertreten durch Herrn ***, Spartengeschäftsführer bei der Wirtschaftskammer Burgenland in Eisenstadt, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Neusiedl am See vom 07.02.2008, Zl. ND-BA-107-654/1-8, betreffend Vorschreibung eines Sanierungskonzepts hinsichtlich der Frühstückspension des Berufungswerbers am Standort *** Grundstücksnummer ***, KG ***, wie folgt zu Recht:

 

Gemäß § 66 Abs. 4 AVG, § 79 Abs. 3 GewO 1994 wird der Berufung stattgegeben und der angefochtene Bescheid ersatzlos aufgehoben.

Text

I. SACHVERHALT:

1. Der Berufungswerber ist Inhaber einer gewerblichen Betriebsanlage (Frühstückspension) an dem im Vorspruch bezeichneten Standort. Die gewerbebehördliche Grundgenehmigung wurde mit Ansuchen vom 24.04.1991 beantragt. Diesem Ansuchen lag keine Betriebsbeschreibung, sondern bloß eine ?Baubeschreibung? bei. In dieser Baubeschreibung wurde lediglich ausgeführt, dass die Errichtung von Gästezimmern (zwei Zimmer im Dachgeschoß, Gang, Stiegenhaus, WC und Dusche) geplant sei. Ferner wurde ausgeführt, dass Holztramdecken sowie Hohlziegelmauerwerk geplant sei, der Verputz innen grob und fein mit K.Z.M. vorgesehen sei und die Abwässerentsorgung sowie die Wasserversorgung und die Bereitstellung des elektrischen Lichtes über das Ortsnetz erfolgen sollte. Die lichte Raumhöhe im Dachgeschoß wurde mit 2,40 m angegeben. Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wurde auf die Planunterlagen verwiesen.

 

2. Am 03.06.1991 führte die Bezirkshauptmannschaft Neusiedl am See eine Augenscheinsverhandlung über das Genehmigungsansuchen am Ort der Betriebsanlage durch. Aufgrund der Planunterlagen bzw. der Feststellung eines gewerbetechnischen Amtssachverständigen stellte die Bezirkshauptmannschaft folgenden Befund hinsichtlich der Betriebsanlage fest:

 

?Zur Betriebsanlage gehören im Erdgeschoß folgende Räumlichkeiten:

 

1 Frühstücksraum sowie eine Küche zur Frühstückszubereitung. Erreichbar ist der Frühstücksraum über eine Diele, einen Vorraum und dem Stiegenhaus.

 

Zur Beheizung der Räumlichkeiten sowie zur Warmwasserzubereitung sind im Keller des Gebäudes ein Erdgasheizkessel mit einer Nennleistung von 25 kW sowie zwei Warmwasserboiler mit einer Nennleistung von 7,6 und 9 kW. In einem zweiten Kellerraum befindet sich ein Heizkessel der Type TKU mit einer Brennstoffleistung von 70.000 kcal/h. Der dazugehörige Öltank befindet sich unmittelbar neben dem Heizraum in einem eigens dafür ausgebildeten Tankraum. Der Tank selbst weist eine Entlüftungsöffnung ins Freie sowie einen Füllstandsanzeiger auf. Das Ende des Füllstutzens befindet sich noch innerhalb des Tankraumes. Im Bereich des Zugangs zum Tankraum befindet sich ein bis in Bodennähe reichender Riß an der Tankraumwand. Der Tankinhalt beträgt laut Typenschild 13.000 l. Eine Tankraumlüftung ist durch ein ins Freie führendes Fenster gegeben.

 

Zur Betriebsanlage gehören weiters folgende Räumlichkeiten im Obergeschoß: 9 Zweibettzimmer und 1 Dreibettzimmer. Sämtliche Zimmer sind mit WC, Dusche bzw. Bad ausgestattet. Im Dachgeschoß befinden sich 2 Zweibettzimmer sowie 1 Waschraum mit Dusche und WC.

 

Sämtliche Sanitärräume mit Ausnahme jenes im Dachgeschoß sowie ein Sanitärraum im Obergeschoß werden mechanisch entlüftet.

 

Für die in den Gängen und Zimmern verlegten Bodenbeläge sowie Vorhänge konnte zum Zeitpunkt der Augenscheinsverhandlung der Nachweis über die schwere Brennbarkeit (B1) und die schwache Qualmbildung (Q1) nicht erbracht werden.

 

Vom Keller beginnend bis zum Dachgeschoß und in weiterer Folge bis zum offenen Dachraum ist keine Brandabschnittsbildung gegeben.?

 

Der gewerbetechnische Amtssachverständige stellte fest, dass gegen die Erteilung der gewerbebehördlichen Genehmigung bei plan- und befundgemäßer Ausführung sowie bei Einhaltung nachstehender Auflagen keine Einwände bestünden:

 

1. Die gesamte E-Installation ist in Abständen von höchstens 4 Jahren auf den ordnungsgemäßen Zustand überprüfen zu lassen. Die erstmalige Überprüfung ist im Jahre 1991 durchführen zu lassen.

 

2. Die in den Gängen und Zimmern verlegten Bodenbeläge und Vorhänge sind im Falle des Nichterbringens des vorgenannten Nachweises gegen schwer brennbare und schwach qualmende auszutauschen.

 

3. die Heizungsanlage ist jährlich von einem befugten Fachmann auf den betriebssicheren Zustand nachweislich überprüfen zu lassen.

 

4. In den beiden nicht mechanisch entlüfteten Sanitärräumen ist eine Absauganlage, welche direkt ins Freie führt, zu installieren.

 

5. Bei den Zugängen zum Stiegenhaus ist im jeden Geschoß eine netzunabhängige Orientierungsleuchte, welche bei Stromausfall selbständig in Betrieb geht, anzubringen.

 

6. Die in Betrieb befindlichen Feuerlöscher sind wiederkehrend alle zwei Jahre nachweislich (Prüfplakette) auf den ordnungsgemäßen Zustand überprüfen zu lassen. Zusätzlich sind im Erdgeschoß und im Dachgeschoß je ein Handfeuerlöscher, Füllgewicht a 6 kg der Brandklassen AB bereit zu halten.

 

Bezüglich des errichteten Öllagerraumes sowie des Aufstellungsraumes des Ölheizkessels brachte der Genehmigungswerber in der Verhandlung vor, dass die Heizung sowie Warmwasseraufbereitung nur mittels Erdgas erfolgt und die Ölheizung infolge eines Umbaues (zusätzlicher Gastraum im Keller) stillgelegt worden ist, und ein zusätzlicher Erdgaszentralheizungskessel im Aufstellungsraum der beiden Erdgasboiler situiert werden soll. Diesbezüglich werde der Berufungswerber um die Erteilung der gewerbebehördlichen Genehmigung einkommen. (vgl. die Niederschrift über die erwähnte Verhandlung, die von allen Verhandlungsteilnehmern, einschließlich dem Berufungswerber unterfertigt wurde).

 

3. Der für das Genehmigungsverfahren zuständige Referent der Bezirkshauptmannschaft besprach das Problem der nachträglichen Auflagen betreffend Brandabschnittsbildung, brandhemmende Vorhänge und Teppiche mit dem Bezirkshauptmann. Vereinbart wurde, dass diese Frage Tagesordnungspunkt der nächsten Bezirkshauptleute-Konferenz sein solle. Auf Weisung des Bezirkshauptmanns wurde mit der Erledigung des Genehmigungsansuchens bis dahin zugewartet (vgl. Aktenvermerk vom 15.07.1991).

 

In der Folge kam es zu einer persönlichen Vorsprache des Berufungswerbers beim Bezirkshauptmann. In dieser wurde vereinbart, den Genehmigungsbescheid mit Ausnahme der umstrittenen Auflagen zu erlassen. Diesbezüglich hätte der Berufungswerber einen entsprechenden Ausbauplan, der die Verwirklichung dieser Auflagen binnen der nächsten zwei Jahre vorsieht, der Bezirkshauptmannschaft vorzulegen (vgl. Aktenvermerk vom 23.07.1991).

 

4. Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Neusiedl am See vom 02.08.1991, Zl. XII-H-60/1-1991, wurde gemäß § 74 Abs. 2, § 77 und § 333 GewO 1973 i.V.m. § 27 Abs. 2 Arbeitnehmerschutzgesetz dem Berufungswerber die gewerbebehördliche Genehmigung zur Errichtung der Frühstückspension im Standort ***, nach Maßgabe der einen Bestandteil des Genehmigungsbescheides bildenden Einreichunterlagen und nach Maßgabe einer Betriebsbeschreibung, die den Text des Befundes der Augenscheinsverhandlung vom 03.06.1991 wiedergab sowie unter Vorschreibung der vom Amtssachverständigen bei dieser Verhandlung vorgeschlagenen Auflagen (mit Ausnahme der Auflage 2. betreffend den Austausch der verlegten Bodenbeläge und Vorhänge gegen schwer brennende und schwach qualmende) erteilt.

 

5. Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Neusiedl am See vom 31.10.2002 wurde gemäß § 81 Abs. 3 i.V.m. § 345 Abs. 8 Z. 8 GewO 1994 der Ersatz des im Genehmigungsbescheid genehmigten Erdgasheizkessels durch einen Gaskessel des Fabrikates ?ELCO Klöckner?, Typ ?Varion 28?, mit einer Heizleistung von 29,1 kW als Ersatz gleichartiger Maschinen, Geräte und Ausstattungen bescheidmäßig zur Kenntnis genommen.

 

Mit Schreiben des Berufungswerbers vom 27.11.2007 zeigte dieser gemäß § 81 Abs. 3 GewO 1994 der Bezirkshauptmannschaft an, dass im Bereich der Frühstückspension im Erdgeschoß zwei Fremdenzimmer in einen privat genutzten Bereich umfunktioniert worden seien und dass aus Fremdenzimmern im Erdgeschoß ein Frühstücksraum sowie aus dem Frühstücksraum im Oberschoß ein Fremdenzimmer gemacht worden sei. Im Sanitärbereich seien bei zwei Zimmern im Obergeschoß geringfügige Veränderungen vorgenommen worden. Für diese liege ein bereinigter Plan bei. Jedenfalls wurde der Anzeige der bereits genehmigte Plan für den Ausbau des Dachgeschoßes beigelegt. Da es sich bei der Frühstückspension um einen reinen Saisonbetrieb handle, sei die Ölheizungsanlage für den privaten Wohnbereich installiert worden und für die Warmwasserbereitung der Fremdenzimmer gebe es eine Gasheizung, die auch genehmigt worden sei. Die im angrenzenden Wohngebäude befindlichen Appartements würden als Privatzimmervermietung durch die Gattin des Berufungswerbers betrieben. Dies sei der Gemeinde gemeldet worden und werde auch eigenständig beworben. Bei Wiederbetrieb der Betriebsanlage würden ein Reinigungs- und ein Desinfektionsplan für die Küche und die Kühlschränke nach den Grundsätzen des HACCP erarbeitet werden. Diese Anzeige wurde von der Bezirkshauptmannschaft Neusiedl am See mit Bescheid vom 07.01.2008 gemäß § 81 Abs. 2 Z. 9, Abs. 3 i.V.m. § 345 Abs. 8 Z. 6 GewO 1994 bescheidmäßig zur Kenntnis genommen.

 

6. Am 28.01.2008 führte die Bezirkshauptmannschaft Neusiedl am See am Ort der Betriebsanlage des Berufungswerbers eine Überprüfungsverhandlung durch. Aufgrund der Besichtigung stellte der Verhandlungsleiter in brandschutztechnischer Sicht folgenden Befund über die Ausgestaltung der Betriebsanlage fest:

 

?Es bestehen ein Kellergeschoss, ein Erdgeschoss, ein Obergeschoss sowie ein Dachgeschoss. Im Kellergeschoss ist der Heizraum mit einer Ölzentralheizungsanlage untergebracht. Für die Heizraumtür liegt offensichtlich kein Nachweis der brandhemmenden Ausführung vor. Die Zugangstüren zum Weinkeller und zum ehemaligen Kellerstüberl sind ebenfalls nicht brandhemmend ausgeführt. Generell befindet sich im Gebäude keinerlei Brandabschnittsbildung.

Die einzelnen Geschosse werden über eine zentrale offene Stiege erschlossen. Im Erdgeschoss befinden sich zwei Frühstücksräume. Vom Gangbereich gelangt man zu den privat genützten Räumlichkeiten. Entgegen der planlichen Darstellung existiert im privat genutzten Teil des Erdgeschosses eine Verbindung zum rückwärtigen Gebäude. Weiters entspricht die Raumaufteilung nicht den tatsächlichen Gegebenheiten. Die Ausgangstüre vom Erdgeschoss ins Freie ist nicht in Fluchtrichtung aufschlagend ausgeführt. Auf Grund der Bettenanzahl von 20 müssten Ausgangstüren in Fluchtrichtung aufschlagend ausgeführt werden.

Im Obergeschoss sind acht Zwei-Bettzimmer sowie ein Bügelraum untergebracht. Sämtliche Zimmer im Obergeschoss verfügen über einen Balkon bzw. über ein straßenseitiges Fenster. Im Dachgeschoss befinden sich zwei Zwei-Bettzimmer. Vom Gang des Dachgeschosses führen zwei Türen in den Dachraum. Diese Türen sind offensichtlich nicht brandhemmend ausgeführt. Die maximale Fluchtweglänge ins Freie betrügt weniger als 40 m. Die Fluchtwegorientierungsbeleuchtung ist teilweise vorhanden.

Die in den Gängen und Zimmern verlegten Teppiche sind lt. Aussage des Betriebsinhabers schwer brennbar und schwach qualmend ausgeführt.?

 

Ferner stellte der Verhandlungsleiter im Beisein des Amtssachverständigen nach Hinweis auf § 79 Abs. 1 GewO 1994 fest, dass sich im Zuge der Verhandlung herausgestellt habe, dass die Vorschreibung konkreter Auflagen nicht zweckmäßig sei. Deshalb werde dem Betreiber bescheidmäßig die Vorlage eines Sanierungskonzeptes gemäß § 79 Abs. 3 GewO 1994 aufgetragen. In diesem Sanierungskonzept seien folgende Punkte zu beachten:

 

?-

Abtrennung des Privatbereiches von der Frühstückspension durch den Einbau einer Brandschutztüre

-

Abtrennung der Dachbodenräume zum Ganz bzw. Stiegenaufgang

-

Abtrennung des Kellergeschosses (Heizraum, Brennstofflagerraum, Abstellräume und Weinkeller)

-

Ausbildung der Unterbrandabschnitte Heizraum und Brennstofflagerraum durch den Einbau von brandhemmenden Türen

-

Die brandhemmende Ausführung der Türen ist durch die Vorlage eines Prüfberichtes oder einer Einzelbeurteilung einer akkreditierten Prüfstelle nachzuweisen.

-

Einbau von Einzelrauchmeldern (Homemelder) in allen Räumen des Beherbergungsbetriebes im Erdgeschoss, Obergeschoss und Dachgeschoss (ausgenommen Sanitär- und Nassräume) und jeweils mindestens 1 Melder in den Dachräumen

-

Im Erdgeschoss ist ein tragbarer Feuerlöscher geeignet für die Brandklassen A und B mit einer Füllmenge von 9 l anzuordnen.

-

Die tragbaren Feuerlöscher sind gemäß Kennzeichnungsverordnung zu kennzeichnen

-

Im ersten Obergeschoss ist am Ende der beiden Gänge zur Kennzeichnung der Richtungsänderung und zur Ausleuchtung der Fluchtwege jeweils eine weitere Fluchtwegorientierungsleuchte anzuordnen

-

Der Stiegenaufgang muss eine Mindestbeleuchtungsstärke am Zwischenpodest von einem Lux in 0,2 m Höhe erreichen.?

 

7. Mit Bescheid vom 07.02.2008, Zl. ND-BA-107-654/1-8, trug die Bezirkshauptmannschaft Neusiedl am See sodann unter Berufung auf § 79 Abs. 3 GewO 1994 dem Berufungswerber als Inhaber der Anlage auf, zur Erreichung des hinreichenden Interessenschutzes, insbesondere des Schutzes der Kunden, die die Betriebsanlage der Art des Betriebes gemäß aufsuchen, innerhalb einer Frist von einem Monat ab Zustellung dieses Bescheides der Bezirkshauptmannschaft Neusiedl am See ein Sanierungskonzept für die Anlage vorzulegen. In der Begründung des Bescheides wies die Bezirkshauptmannschaft nach Wiedergabe des § 79 Abs. 3 GewO 1994 auf das Ergebnis der Überprüfung der Betriebsanlage am 28.01.2007 hin und gab die in der Verhandlungsschrift von diesem Datum angeführten Vorgaben für das Sanierungskonzept als zum Schutz von Leben und Gesundheit der Kunden, die die Betriebsanlage der Art des Betriebes gemäß aufsuchen, erforderliche Maßnahmen wieder. Ferner führte die Bezirkshauptmannschaft aus, dass aufgrund des schlüssigen und nachvollziehbaren Gutachten des Brandschutzsachverständigen davon auszugehen sei, dass die gemäß § 74 Z. 2 GewO 1994 wahrzunehmenden Interessen trotz Einhaltung der im Genehmigungsbescheid vorgeschriebenen Auflagen nicht hinreichend geschützt seien. Dies gelte für den Schutz der Kunden, die die Betriebsanlage der Art des Betriebes gemäß aufsuchen. Ferner führte die Bezirkshauptmannschaft aus, dass die Vorschreibung von Auflagen, die zu einer völligen Umprojektierung oder auch nur zum Vorsehen neuer technischen Anlagen bzw. Ausstattungen führen müsste, nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes unzulässig sei (VwGH 8.10.1996, 94/04/0205). Die Betriebsbeschreibung sei einem ausdrücklich erklärten Willensakt des Konsenswerbers vorbehalten (VwGH 29.5.1990, 89/04/0222). Zur Sicherstellung des Schutzes der Kunden vor Rauchgasvergiftungen, Ersticken oder Verbrennen im Falle eines Brandes der Betriebsanlage seien verschiedene Maßnahmen, wie die Schaffung von Brandabschnitten durch den Einbau von Brandschutztüren oder der Einbau von Alarmierungsanlagen denkbar. Die Entscheidung darüber erfordere einen Willensakt des Anlageninhabers. Schon aus diesem Grunde käme die Vorschreibung von Auflagen nach § 79 Abs. 1 GewO 1994 nicht in Frage. Die Voraussetzungen für die Vorlage eines Sanierungskonzeptes seien daher gegeben, weshalb die Behörde die Vorlage eines Sanierungskonzeptes aufgetragen habe. Dies sei dem Berufungswerber wirtschaftlich zumutbar, da es sich um für einen Gastgewerbebetrieb zur Beherbergung von Gästen und Verabreichung von Speisen übliche Maßnahmen handle. Der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit sei somit beachtet worden. Die Einmonatsfrist für die Vorlage des Sanierungskonzeptes sei im Hinblick auf die Durchführung von Planungsarbeiten und die Einholung von Kostenvoranschlägen angemessen.

 

8. Nach einem erfolglosen Zustellversuch am 13.02.2008 wurde dieser Bescheid am selben Tag beim Postamt *** für den Berufungswerber hinterlegt. Zuvor hatte der Zusteller eine Verständigung von der Hinterlegung beim Postamt *** im Postkasten des Hauses des Berufungswerbers zurückgelassen. In dieser mit 13.02.2008 datierten Verständigung wurde darauf hingewiesen, dass die Hinterlegung die Wirkung der Zustellung habe. Ferner war in der Verständigung ein Textfeld angekreuzt, wonach das hinterlegte Schriftstück ?ab heute? (Nachmittag) beim Postamt *** abgeholt werden könne. Weiters war ein anderes Textfeld angekreuzt, wonach das hinterlegte Schriftstück ?ab morgen? beim Postamt *** abgeholt werden könne. Die Mutter des Berufungswerbers holte den Bescheid am 14.02.2008 vom Postamt *** ab.

 

9. In der am 28.02.2008 gegen den Bescheid eingebrachten, nunmehr zu entscheidenden Berufung beantragte der Berufungswerber die Aufhebung des angefochtenen Bescheides. Begründend führte der Berufungswerber im Wesentlichen aus, dass zu hinterfragen sei, auf welche Grundlagen sich die Forderung nach Abtrennung der Dachbodenräume und des Kellergeschosses gründe. Denn für die Unterteilung von Gebäuden in Brandabschnitte sehe die Bauverordnung bestimmte Längen (40 m) und Grundflächen (1.000 m²) vor. Auch die höchste Entfernung von Aufenthaltsräumen zu einem Ausgang ins Freie (40 m) sei in der Bauordnung festgelegt. Hingegen sei die Forderung nach der Abtrennung der Dachbodenräume und des Kellergeschosses offensichtlich den TRVB N 143, Punkt 6, entnommen. Diese würden aber nur für Beherbergungsstätten ab 15 Zimmer bzw. ab 30 Betten gelten und seien daher im konkreten Fall nicht anzuwenden. Darüber hinaus sei Voraussetzung für die Vorschreibung eines Sanierungskonzeptes, dass die Vorschreibung von anderen oder zusätzlichen Auflagen die genehmigte Betriebsanlage in ihrem Wesen verändern würde. Diese Voraussetzung treffe aber im gegenständlichen Fall nicht zu. Auch bei Umsetzung sämtlicher als zum Schutz von Leben und Gesundheit von Kunden von der Behörde als erforderlich angesehenen Maßnahmen, werde die Betriebsanlage ihrem Wesen nach nicht verändert. Weder werde die Eigenschaft der Betriebsanlage als Frühstückspension eingeschränkt, noch ausgeweitet oder sonst geändert.

 

Die einzelnen Sachverhaltsfeststellungen gründen auf den angeführten Beweismitteln. Aufgrund des festgestellten Sachverhaltes trifft der Unabhängige Verwaltungssenat Burgenland folgende

 

II: Rechtliche Beurteilung:

 

1. Für die Entscheidung waren folgende Rechtsvorschriften maßgeblich:

 

Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz (AVG), Stammfassung: BGBl. Nr. 51/1991, zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 5/2008, Gewerbeordnung 1994 BGBl. Nr. 314/1994 idF BGBl. I Nr. 84/2006 Zustellgesetz BGBl. Nr. 200/1982 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 582008

 

Im Einzelnen (neben den lediglich die Zuständigkeit des UVS als Berufungsbehörde begründenden § 66 Abs. 4 AVG und § 51 Abs. 1 VStG):

 

§ 7 Zustellgesetz:

Heilung von Zustellmängeln

§ 7. Unterlaufen im Verfahren der Zustellung Mängel, so gilt die Zustellung als in dem Zeitpunkt dennoch bewirkt, in dem das Dokument dem Empfänger tatsächlich zugekommen ist.

 

§ 17 Zustellgesetz:

Hinterlegung

§ 17. (1) Kann das Dokument an der Abgabestelle nicht zugestellt werden und hat der Zusteller Grund zur Annahme, daß sich der Empfänger oder ein Vertreter im Sinne des § 13 Abs. 3 regelmäßig an der Abgabestelle aufhält, so ist das Dokument im Falle der Zustellung durch den Zustelldienst bei seiner zuständigen Geschäftsstelle, in allen anderen Fällen aber beim zuständigen Gemeindeamt oder bei der Behörde, wenn sie sich in derselben Gemeinde befindet, zu hinterlegen.

(2) Von der Hinterlegung ist der Empfänger schriftlich zu verständigen. Die Verständigung ist in die für die Abgabestelle bestimmte Abgabeeinrichtung (Briefkasten, Hausbrieffach oder Briefeinwurf) einzulegen, an der Abgabestelle zurückzulassen oder, wenn dies nicht möglich ist, an der Eingangstüre (Wohnungs-, Haus-, Gartentüre) anzubringen. Sie hat den Ort der Hinterlegung zu bezeichnen, den Beginn und die Dauer der Abholfrist anzugeben sowie auf die Wirkung der Hinterlegung hinzuweisen.

(3) Das hinterlegte Dokument ist mindestens zwei Wochen zur Abholung bereitzuhalten. Der Lauf dieser Frist beginnt mit dem Tag, an dem das Dokument erstmals zur Abholung bereitgehalten wird. Hinterlegte Dokumente gelten mit dem ersten Tag dieser Frist als zugestellt. Sie gelten nicht als zugestellt, wenn sich ergibt, daß der Empfänger oder dessen Vertreter im Sinne des § 13 Abs. 3 wegen Abwesenheit von der Abgabestelle nicht rechtzeitig vom Zustellvorgang Kenntnis erlangen konnte, doch wird die Zustellung an dem der Rückkehr an die Abgabestelle folgenden Tag innerhalb der Abholfrist wirksam, an dem das hinterlegte Dokument behoben werden könnte.

(4) Die im Wege der Hinterlegung vorgenommene Zustellung ist auch dann gültig, wenn die im Abs. 2 genannte Verständigung beschädigt oder entfernt wurde.

 

§ 79 Abs. 1 und Abs. 3 GewO 1994:

?(1) Ergibt sich nach Genehmigung der Anlage, daß die gemäß § 74 Abs. 2 wahrzunehmenden Interessen trotz Einhaltung der im Genehmigungsbescheid vorgeschriebenen Auflagen nicht hinreichend geschützt sind, so hat die Behörde die nach dem Stand der Technik (§ 71a) und dem Stand der medizinischen und der sonst in Betracht kommenden Wissenschaften zur Erreichung dieses Schutzes erforderlichen anderen  oder zusätzlichen Auflagen (§ 77 Abs. 1) vorzuschreiben; die Auflagen haben gegebenenfalls auch die zur Erreichung dieses Schutzes erforderliche Beseitigung eingetretener Folgen von Auswirkungen der Anlage zu umfassen; die Behörde hat festzulegen, daß bestimmte Auflagen erst nach Ablauf einer angemessenen, höchstens drei Jahre, in besonders berücksichtigungswürdigen Fällen (zB bei Betriebsübernahmen) höchstens fünf Jahre, betragenden Frist eingehalten werden müssen, wenn der Inhaber der Betriebsanlage nachweist, daß ihm (zB wegen der mit der Übernahme des Betriebes verbundenen Kosten) die Einhaltung dieser Auflagen erst innerhalb dieser Frist wirtschaftlich zumutbar ist, und gegen die Fristeinräumung keine Bedenken vom Standpunkt des Schutzes der im § 74 Abs. 2 umschriebenen Interessen bestehen. Die Behörde hat solche Auflagen nicht vorzuschreiben, wenn sie unverhältnismäßig sind, vor allem wenn der mit der Erfüllung der Auflagen verbundene Aufwand außer Verhältnis zu dem mit den Auflagen angestrebten Erfolg steht. Dabei sind insbesondere Art, Menge und Gefährlichkeit der von der Anlage ausgehenden Emissionen und der von ihr verursachten Immissionen sowie die Nutzungsdauer und die technischen Besonderheiten der Anlage zu berücksichtigen.

(3) Könnte der hinreichende Schutz der gemäß § 74 Abs. 2 wahrzunehmenden Interessen nach Abs. 1 oder 2 nur durch die Vorschreibung solcher anderer oder zusätzlicher Auflagen erreicht werden, durch die die genehmigte Betriebsanlage in ihrem Wesen verändert würde, so hat die Behörde dem Inhaber der Anlage mit Bescheid aufzutragen, zur Erreichung des hinreichenden Interessenschutzes und der Begrenzung der Emissionen von Luftschadstoffen nach dem Stand der Technik innerhalb einer dem hiefür erforderlichen Zeitaufwand angemessenen Frist ein Sanierungskonzept für die Anlage zur Genehmigung vorzulegen; für dieses Sanierungskonzept ist der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit (Abs. 1) maßgebend. Im Bescheid, mit dem die Sanierung genehmigt wird, hat die Behörde, erforderlichenfalls unter Vorschreibung bestimmter Auflagen, eine dem Zeitaufwand für die vorgesehenen Sanierungsmaßnahmen entsprechende Frist zur Durchführung der Sanierung festzulegen. § 81 Abs. 1 ist auf diese Sanierung nicht anzuwenden.?

 

Zur Zulässigkeit der Berufung:

 

2. Der in Berufung gezogene Bescheid wurde am 13.02.2008 hinterlegt und bereits ab diesem Tag zur Abholung bereitgehalten, was zufolge § 17 Abs. 3 3. Satz Zustellgesetz an sich bewirken würde, dass die Wirkungen der Zustellung bereits mit 13.02.2008 eintreten würden und die erst am 28.02.2008, also einen Tag nach Ablauf der zweiwöchigen Berufungsfrist des § 63 Abs. 5 AVG eingebrachte Berufung als verspätet anzusehen wäre.

 

3. Im vorliegenden Fall wurden jedoch bei der Verständigung von der Hinterlegung Vorschriften des Zustellgesetzes nicht eingehalten und sind daher Mängel bei der Zustellung iSd § 7 Zustellgesetz unterlaufen:

 

Nach § 17 Abs. 2 letzter Satz Zustellgesetz ist in der Verständigung von der Hinterlegung Beginn und die Dauer der Abholfrist anzugeben. In der vorliegenden Verständigung von der Hinterlegung sind jedoch zwei unterschiedliche Angaben über den Beginn der Abholfrist angegeben. Nach dem Text dieses Schriftstückes ist das hinterlegte Dokument einerseits ab 13.02.2008 und andrerseits ab 14.02.2008 abzuholen. Denklogisch kann es aber nicht zwei verschiedene ?Beginndaten? der Abholfrist geben, da eine Frist nur einmal zu laufen beginnen kann. Die Verständigung stellt nicht klar, welches ?ab? nun tatsächlich als Beginn der Frist anzusehen ist. Es gibt keinen Hinweis, dass das frühere ?ab? das maßgebende sein soll. Deshalb sind beide ?ab? Angaben als gleichwertig anzusehen, da ?ab? jeweils für sich genommen in der Rechtssprache die Bedeutung des frühestmöglichen Termins hat.

 

Im Sinne einer am bundesverfassungsrechtlichen Gebot der Gewährung effektiven Rechtsschutzes ausgerichteten Auslegung muss die für den Fristenlauf entscheidende Angabe des Beginns der Abholfrist aber eindeutig erfolgen. Dies ist hier nicht geschehen. Mangels eindeutiger Angabe des Beginns der Abholfrist ist die Zustellung daher als mangelhaft anzusehen. Zufolge § 7 Zustellgesetz traten im vorliegenden Fall daher die Wirkungen der Zustellung erst mit dem Zeitpunkt ein, zu dem die Bescheidausfertigung dem Berufungswerber tatsächlich zugekommen ist. Dies war nach den Sachverhaltsfeststellungen jedenfalls nicht vor dem 14.02.2008, weshalb die am 28.02.2008 eingebrachte Berufung als rechtzeitig anzusehen ist.

 

Zur Begründetheit der Berufung:

 

4. Der Berufungswerber bekämpft den angefochtenen Bescheid zum einen mit der Begründung, dass die von der Behörde für notwendig gehaltene Brandabschnittsbildung technisch ? nach dem Stand der Technik ? nicht erforderlich sei. Zum anderen rügt er, dass die Voraussetzung für diese Vorschreibung eines Sanierungskonzeptes, nämlich, dass die Vorschreibung von Auflagen zur Gewährleistung der Schutzinteressen des § 74 Abs. 2 GewO 1994 das Wesen der Betriebsanlage verändern würde, nicht vorliegt.

 

Bereits mit letzterem Vorbringen ist der Berufungswerber im Recht:

 

5. Nach § 79 Abs. 3 GewO 1994 darf ein Sanierungskonzept nur vorgeschrieben werden, wenn die zum Schutz der Interessen gemäß § 74 Abs. 2 GewO 1994 erforderlichen Auflagen das Wesen der genehmigten Betriebsanlage verändern würden. Der Gesetzestext der GewO 1994 enthält weder eine Legaldefinition des unbestimmten Gesetzesbegriffs ?Veränderung des Wesens der Betriebsanlage? noch sind dem Gesetzestext sonst Anhaltspunkte dafür zu entnehmen, was das Wesen der Betriebsanlage verändern würde. Auch die Erläuterungen zu der im Rahmen der Gewerberechtsnovelle 1992, BGBl. 29/1993, durch einen Abänderungsantrag des Handelsausschusses eingeführten Bestimmung des § 79 Abs. 3 GewO 1994 geben keinen Aufschluss darüber, was als Veränderung des Wesens der Betriebsanlage anzusehen ist und welche Zielsetzungen der Gesetzgeber mit diesem Tatbestandselement verfolgt hat (vgl. AB 876 BlgNR, XVIII. GP).

 

6. Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes würde eine Auflage die genehmigte Betriebsanlage dann in ihrem Wesen ändern, wenn die Auflage in die Substanz des Verliehenen Rechtes ? in die Summe der im Rahmen der Gewerbeberechtigung zu verrichtenden Tätigkeiten ? eingreifen würde (VwSlg Nr. 6400/A, etwa im Fall des Verbots eines Nachtbetriebes für einen Nachtclub). Eine Veränderung des Wesens der Betriebsanlage liege dann vor, wenn in das ?Was der Gewerbeausübung und nicht in das Wie der Gewerbeausübung? eingegriffen werde, wenn etwa im Fall einer Diskothek durch das Ausmaß der Begrenzung der Musiklautstärke in das den allgemeinen Wertvorstellungen entsprechende Erscheinungsbild der Diskothek derart eingegriffen würde, dass die Diskothek überhaupt nicht mehr als solche oder nur in einer Form betrieben werden kann, in der sie nur mehr bestimmte bzw. andere Zielgruppen ansprechen kann (VwGH 26.06.2002, Zl. 2002/04/0037). In dem für den konkreten Fall besonders relevanten Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 15.10.2003, Zl. 2000/04/0193 betreffend Brandschutzvorkehrungen in einem Beherbergungsbetrieb, wurde die Reduktion der Bettenanzahl sowie der Umbau des Hauses als Auflage angesehen, die das Wesen der in der Form eines gastgewerblichen Beherbergungsbetriebes betriebenen Betriebsanlage verändern würde. Die zeitliche Beschränkung des Einsatzes eines Hubstaplers in einem Sägewerksbetrieb wurde als das Wesen der Anlage verändernde Auflage beurteilt (VwGH 18.11.1983, Zl. 82/04/0011). Im Fall der Vorschreibung einer Lüftungsanlage für eine Schlossereiwerkstätte wurde nicht ausgeschlossen, dass dies das Wesen der Betriebsanlage verändern könne (VwGH 18.04.1989, Zl. 87/04/0061). Eine Auflage, die ein einheitliches Genehmigungsansuchen aufteilen würde, wurde als Änderung des Wesens der Anlage beurteilt (VwGH 23.05.1989, Zl. 8/04/0318). Wenn in einem Sägewerksbetrieb die Abfahrt der Fahrzeuge ab 22.00 Uhr vorgesehen ist, wurde die in einer Auflage getroffene Anordnung, dass die Fahrzeuge vor 22.00 Uhr abfahren müssen sowie die Einschränkung des erlaubten Betriebs auf den Zeitraum Dezember bis April als Veränderung des Wesens der Anlage angesehen (VwGH 02.10.1989, Zl. 87/04/0046). Die Vorschreibung eines anderen Betriebsmittels, nämlich von ?Heizöl leicht? für eine als Öl befeuerte Warmwasserkesselanlage vorgesehene Heizung wurde als Veränderung des Wesens des zu genehmigenden Vorhabens qualifiziert (VwGH 08.10.1996, Zl. 94/04/0205). Die Beschränkung der Betriebszeiten eines Gemüsegroßhandels um 50 % durch Reduktion der vorgesehenen Zulieferbewegungen wurde als mögliche Veränderung des Wesens der Betriebsanlage gewertet (VwGH 12.11.1996, Zl. 94/04/0266). Hingegen wurde die Beschränkung der Musiklautstärke in der Tanzfläche eines Diskothekbetriebes auf einen Schalldruckpegel von 85 dB nicht als Eingriff in das Wesen der Betriebsanlage angesehen (VwGH 26.06.2002, Zl. 2000/04/0113). Andererseits wurde bauliche Veränderung der Zugangsmöglichkeiten zur Bar eines gastgewerblichen Betriebes als Eingriff in das Wesen der Betriebsanlage, also in die Substanz des verliehenen Rechtes angesehen (VwGH 21.12.2004, Zl. 2003/04/0094). Die Umstellung von Zweischichtbetrieb auf Einschichtbetrieb in einem Sägewerk wurde als Veränderung des Wesens der Betriebsanlage beurteilt (VwGH 28.03.2007, Zl. 2005/04/0185).

 

7. Zur Zielsetzung der Vorschreibung von Sanierungskonzepten nach § 79 Abs. 3 GewO 1994 hat der Verwaltungsgerichtshof ausgesprochen, dass gerade deshalb, weil die zur Erreichung des hinreichenden Interessensschutzes erforderlichen Auflagen das Wesen der Anlage verändern würden, die Behörde sich auf die Vorschreibung der Vorlage eines Sanierungskonzeptes zu beschränken habe, welches bloß das Ziel der Sanierung vorgebe. Durch welche tauglichen Maßnahmen dieses Ziel erreicht werden solle, liege im alleinigen Entscheidungsbereich des Betriebsinhabers und sei Bestandteil des Sanierungskonzeptes (VwGH 21.12.2004, Zl. 2003/04/0094, VwGH 18.10.2006, Zl. 2004/04/0206).

 

8. Die dargestellte, in der höchstgerichtlichen Rechtsprechung vorgenommene Umschreibung des Begriffs ?Veränderung des Wesens der Betriebsanlage? mit den Formulierungen ?Eingriff in die Substanz des Rechtes bzw. die Summe der im Rahmen der Gewerbeberechtigung zu verrichtenden Tätigkeiten? illustriert zwar den Gesetzesbegriff der ?Veränderung des Wesens der Betriebsanlage?, doch ist daraus alleine noch keine allgemein gültige Vorgabe für die Entscheidung zu gewinnen, unter welchen Umständen eine solche Veränderung des Wesens der Betriebsanlage vorliegt. Noch kann dieser Rechtsprechung eine Aussage darüber entnommen werden, welche Zielsetzung der Gesetzgeber damit verfolgt hat, Veränderungen des Wesens der Betriebsanlage einem Willensakt des Anlageninhabers vorzubehalten.

 

Vielmehr stellt sich die verwaltungsgerichtliche Rechtsprechung als Einzelfallbetrachtung dar. Auffallend ist jedoch, dass durchwegs solche Vorschreibungen als Veränderungen des Wesens der Betriebsanlage gewertet wurden, die unmittelbar die unternehmerischen Möglichkeiten Leistungen zu produzieren bzw. Umsatz zu erzielen berühren. Dies wird insbesondere im Fall der Diskothek deutlich, wenn der Verwaltungsgerichtshof darauf abstellt, ob die Diskothek noch als Diskothek betrieben werden kann bzw. durch die vorgeschriebene Art des Betriebes nur mehr bestimmte Kundengruppen in Betracht kommen.

 

9. Auch dem Schrifttum ist keine eindeutige Aussage über den Begriff der ?Veränderung des Wesens der Betriebsanlage? und der gesetzgeberischen Zielsetzung des Verbots solcher Wesensveränderungen durch behördliche Auflagen zu entnehmen:

 

So nehmen Grabler/Stolzlechner/Wendl, Gewerbeordnung² (2003), Rz 24 zu § 79, unter Bezugnahme auf die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes eine Veränderung des Wesens der Betriebsanlage dann an, wenn in die Substanz des verliehenen Rechtes eingegriffen wird (etwa durch erhebliche Reduktion der zulässigen Musiklautstärke einer Diskothek). Wogegen das Wesen der Betriebsanlage durch Vorschreibungen betreffend die Aufstellung von Anlagenteilen, Lärmkapselungen oder Betriebszeitenbeschränkungen nicht berührt werde (aaO. Rz 16 zu § 77 GewO). Hingegen wird die völlige Umprojektierung, die Errichtung neuer technischer Anlagen oder Ausstattungen oder die Vorschreibung der Art des eingesetzten Betriebsmittels bei einer Warmwasserkesselanlage als Änderung des Wesens der Betriebsanlage angesehen und ausgeführt, dass die Betriebsbeschreibung einem Willensakt des Konsenswerbers vorbehalten sei und durch Auflagen nicht geändert werden dürfe.

 

10. Ebenso knüpft Wendl, zulässige und unzulässige Auflagen, in Stolzlechner/Wendl/Bergthaler³ (2008) Handbuch der gewerblichen Betriebsanlage, Rz 334, die Grenzen der Zulässigkeit der Erteilung von Auflagen an die Veränderung des Wesens der Betriebsanlage und folgert aus dem Grundsatz der Antragbedürftigkeit des Genehmigungsverfahrens, dass Auflagen, die mit dem eingereichten Projekt als solches nichts zu tun haben, nicht erteilt werden dürfen. Auch dieser Autor führt unter Hinweis auf die Judikatur aus, dass Auflagen nicht zu einer völligen Umprojektierung führen dürften und keine neuen technischen Anlagen und Ausstattungen vorgeschrieben werden dürften (etwa eine mechanische Be- und Entlüftungsanlage). Auch hier wird ausgeführt, dass die Betriebsbeschreibung einem Willensakt des Konsensinhabers vorbehalten sei und durch Auflagen nicht geändert werden dürfe. Bei Grenzfragen sei die Erklärung des Konsenswerbers ein Indiz (unter Bezug auf VwGH 83/04/0011, wo die zeitliche Beschränkung eines Hubstaplereinsatzes vom Anlageninhaber als ruinös bewertet wurde).

 

Auch aus diesen Ausführungen lässt sich keine allgemein gültige Anleitung darüber, wann Veränderungen des Wesens der Betriebsanlage anzunehmen sind, ableiten. Auch die gesetzgeberische Zielsetzung, solche wesensverändernde Vorschreibungen auszuschließen bzw. die wesensverändernde Gestaltung der Anlage dem Willensakt des Anlageninhabers vorzubehalten, wird nicht erläutert.

 

11. Kinscher/Sedlak, GewO6, Randziffer 19 zu § 79, sehen die Grenze für die Veränderung des Wesens der Betriebsanlage in der dem Konsenswerber bzw. Konsensinhaber vorbehaltenen Betriebsbeschreibung. Eine Veränderung dieser Betriebsbeschreibung wäre nach diesen Autoren eine Veränderung des Wesens der Anlage (in diesem Sinne auch Kinscher/Paliege-Barfuß, GewO7, § 79 Anm 51, 53). Dies stellt auf den ersten Blick eine gut handhabbare Anleitung zur Auslegung des Tatbestandsmerkmales ?Veränderung des Wesens der Anlage? dar. Offen bleibt jedoch, welcher gesetzgeberischen Zielsetzung diese Gleichsetzung von Betriebsbeschreibung mit dem Wesen der Betriebsanlage dienen soll. Sohin bleibt auch die Ableitung dieses Auslegungsergebnisses offen.

 

Darüber hinaus erweist sich diese Ansicht auch bei näherer Betrachtung als nicht stringent:

 

Jede behördliche Vorschreibung verändert insofern den vom Konsenswerber bzw. Konsensinhaber vorgesehenen betrieblichen Ablauf, als zusätzliche Vorgaben zu beachten sind. Insoferne erfolgt mit jeder Auflage eine Abänderung des vorgesehenen Betriebs und sohin insgesamt ? inhaltlich ? betrachtet eine Modifikation der Betriebsbeschreibung, da diese nicht mehr allein für die Grenzen der rechtlichen Erlaubtheit des Betriebes maßgeblich ist. Wenn aber jede Vorschreibung in dieser Weise die Betriebsbeschreibung modifiziert, vermag das Kriterium der Modifikation der Betriebsbeschreibung keine taugliche Abgrenzung zwischen zulässigen, das Wesen der Betriebsanlage nicht berührenden und unzulässigen, das Wesen der Betriebsanlage verändernden Vorschreibungen zu liefern.

 

12. Berka, das neue Betriebsanlagenrecht ? materiell rechtliche Bestimmungen ? in Korinek (Herausgeber), Grundfragen der Gewerbeordnung in Einzelbeiträgen (1994), 257, 262, erklärt die Tatbestandsvoraussetzung der Änderung des Wesens der Anlage in § 79 Abs. 3 GewO 1994 damit, dass bei Änderungen, die weitgehende Bedeutung haben, die Mitwirkung des Anlageninhabers erforderlich sei. Ob die Behörde aber bei der Genehmigung des Sanierungskonzeptes an dieses in allen Einzelheiten gebunden ist, lässt dieser Autor offen. Für die Frage, wann eine Änderung des Wesens der Anlage vorliegt, soll in Grenzfällen die Erklärung des Anlageninhabers bedeutsam sein.

 

Dieser Ansicht kann insoferne beigepflichtet werden, als die Verknüpfung der Zulässigkeit der Vorschreibung eines Sanierungskonzeptes mit der Mitwirkung des Anlageninhabers durch Vorlage eines solchen Konzeptes evidentermaßen Inhalt der gesetzlichen Anordnung ist. Offen bleibt jedoch, welchen Zielsetzungen diese gesetzgeberische Anordnung dient und unter welchen Umständen diese Mitwirkung des Anlageninhabers als vom Gesetzgeber zwingend erforderlich angesehen wird, weil eben eine Veränderung des Wesens der Anlage nötig wäre.

 

13. Aichlreiter, das neue Betriebsanlagerecht ? verfahrensrechtliche Bestimmungen ? in Korinek, aaO, 281, 294 grenzt das Wesen der Anlage verändernde Auflagen von bloß projektsändernden Auflagen ab und plädiert für eine Einzelbeurteilung bei der Frage, unter welchen Umständen von einer Veränderung des Wesens der Anlage auszugehen ist (unter Hinweis auf Hauer, Der Nachbar im Baurecht (1993), 88 ff). Eine solche Einzelfallbeurteilung vermag naturgemäß ebenfalls keine allgemein gültige Leitlinie für die Beurteilung der Frage, wann eine Veränderung des Wesens der Anlage vorliegt, abzugeben. Auch dieser Autor lässt die Frage nach der vom Gesetzgeber mit dem Tatbestandsmerkmal verfolgten Zielsetzung offen.

 

14. Aus den dargelegten Meinungen bzw. der wiedergegebenen Rechtsprechung lässt sich kein klarer Schluss auf die dem Tatbestandsmerkmal der Veränderung des Wesens der Betriebsanlage zugrunde liegende Absicht des Gesetzgebers ziehen. Mangels anderer Grundlagen zur Auslegung des Tatbestandsmerkmals der Veränderung des Wesens der Betriebsanlage ist es aber notwendig, die hinter dieser Gesetzesbestimmung stehende Zwecksetzung, also den natürlichen Sinn des Gesetzes iS des § 7 ABGB zu erkennen.

 

Nach Ansicht des erkennenden Mitglieds liegt der Schlüssel zu dieser Erkenntnis zunächst in der Feststellung, dass das gewerbliche Betriebsanlagenrecht die anlagenrechtlichen Aspekte wirtschaftlicher Tätigkeit regelt. Für diese Regelung wirtschaftlicher Tätigkeit ist in verfassungskonformer Auslegung zu beachten, dass die Grundrechte der Freiheit des Eigentums nach Artikel 5 StGG und der Freiheit der Erwerbsausübung nach Artikel 6 StGG eine Rechts- und Wirtschaftsordnung konstituieren, die dadurch gekennzeichnet ist, dass die grundsätzliche Entscheidung über das ob und wie unternehmerischer Tätigkeit dem einzelnen ? privaten ? Unternehmer vorbehalten bleiben muss und die staatliche Verwaltung diese unternehmerischen Grundsatzentscheidungen nicht anstelle des Unternehmers treffen darf. Vor diesem Regelungshintergrund ist es nicht nur logisch richtig, sondern auch verfassungsrechtlich geboten, dass die betriebsanlagenrechtliche Ermächtigung der staatlichen Verwaltung zur Anordnung von Beschränkungen der Tätigkeit des Gewerbetreibenden dort ihre Grenze findet, wo solche staatlichen Vorschreibungen darauf hinauslaufen würden, dass die staatliche Verwaltungsbehörde bei einer gegebenen Mehrzahl von Möglichkeiten zur Erreichung der anlagenrechtlichen Schutzziele durch die Auswahl einer bestimmten Möglichkeit anstelle des Unternehmers die Grundsatzentscheidung über die Art der betrieblichen Struktur, insbesondere über Art und Ausmaß der Erzeugung der für den Markt vorgesehenen Leistungen treffen. Erst diese wirtschaftsverfassungsrechtlich begründete Notwendigkeit unternehmerische Grundsatzentscheidungen beim Unternehmer selbst zu belassen, erklärt zufriedenstellend, warum sowohl im Genehmigungsverfahren als auch im Sanierungsverfahren Grenzen für das Ausmaß behördlicher Vorschreibungen gesetzt werden bzw. die Mitwirkung des Unternehmers als unverzichtbar angesehen wird.

 

15. Denn die bloße Notwendigkeit der Heranziehung des Sachverstandes des Unternehmers kann das Mitwirkungsrecht des Unternehmers nicht rechtfertigen. Verfügt doch regelmäßig gerade der durchschnittliche, klein- und mittelbetriebliche Gewerbetreibende selbst über weniger technischen Sachverstand als die Behörde mit ihren Amtssachverständigen. Demnach liegt die ratio legis für die Begrenzung behördlicher Auflagen durch das Tatbestandsmerkmal der Veränderung des Wesens der Anlage nicht in der faktischen Notwendigkeit, das erforderliche Wissen des Unternehmers einfließen zu lassen, sondern in der rechtlichen Notwendigkeit, dem Unternehmer in den Grundsatzfragen der unternehmerischen Organisation das Letztentscheidungsrecht zu geben.

 

16. Diese ratio legis kann gleichermaßen für das Genehmigungs-, wie auch für das Verfahren zur Vorschreibung nachträglicher Auflagen bzw. das Sanierungsverfahren gelten, obgleich die Rechtsfolgen in beiden Fällen unterschiedlich sind. Während im Genehmigungsverfahren die Begrenzung zulässiger Auflagen durch die Veränderung des Wesens der Anlage bedeutet, dass der Konsenswerber sein Projekt entweder ändern oder auf die Genehmigung des Projektes endgültig verzichten muss, wird der Anlageninhaber Verfahren zur Vorschreibung nachträglicher Auflagen bzw. im Sanierungsverfahren insoweit besser gestellt, als die Nichtvorlage eines geeigneten Sanierungskonzeptes ? mit Ausnahme der Fälle des § 360 Abs. 4 Satz 1 GewO 1994 ? nicht zur Einstellung des Betriebes, sondern bloß zu Strafverfahren und Vollstreckungsmaßnahmen führen kann. Zudem gilt im Verfahren zur Vorschreibung nachträglicher Auflagen bzw. für das Sanierungskonzept der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, sodass eine unverhältnismäßige Sanierung bzw. Umgestaltung bestehender Betriebs rechtlich nicht erzwungen werden kann und der Betrieb dennoch weiter betrieben werden darf.

 

17. Diese Differenzierung muss nahe liegender Weise mit dem ebenfalls verfassungsrechtlich notwendigen Schutz des Vertrauens in wirtschaftliche Dispositionen gerechtfertigt werden. Während dem Konsenswerber, der noch keine Investitionen getroffen hat, der Verzicht auf den beabsichtigten Betrieb zugemutet werden kann, wenn die betriebsanlagenrechtlichen Schutzinteressen ohne Umgestaltung des Projektes nicht ausreichend geschützt sind, nimmt die Gewerbeordnung in jenen Fällen, in denen das erforderliche Schutzniveau nur durch unverhältnismäßige Umgestaltung des Betriebes erreicht werden könnte, im Interesse des Schutzes der bereits erfolgten wirtschaftlichen Dispositionen einen geringeren Schutzstandard hin.

 

18. Vor diesem Hintergrund erweist sich logisch schlüssig der Schutz der unternehmerischen Entscheidungsfreiheit als ratio legis des sowohl im Genehmigungs- wie auch im Sanierungsverfahren geltenden Verbots von Auflagen, die das Wesen der Betriebsanlage verändern. Die so verstandene ratio legis erlaubt die Präzisierung des unbestimmten Gesetzesbegriffes ?Veränderung des Wesens der Anlage?. Diese liegt dann vor, wenn die behördliche Auflagenvorschreibung darauf hinauslaufen würde, dass bei einer gegebenen Mehrzahl verschiedener Möglichkeiten betrieblicher Organisation die Behörde anstelle des Unternehmers die Entscheidung über die grundsätzlichen Fragen der betrieblichen Unternehmensstruktur treffen würde. Es geht daher nicht um bloße Beschränkungen eines bestehenden unternehmerischen betrieblichen Konzepts, wie dies etwa bei einer ? allgemein als zulässig anerkannten - nicht ausufernden Betriebszeitenbeschränkung der Fall ist, sondern um die Entscheidung darüber, mit welcher grundsätzlichen Betriebsstruktur die Leistungen des Unternehmens erzeugt werden sollen.

 

19. Diese Auslegung des Tatbestandsmerkmals der Veränderung des Wesens der Anlage steht auch im Einklang mit der Praxis des Verwaltungsgerichtshofes, wie dies insbesondere darin zum Ausdruck kommt, dass der Verwaltungsgerichtshof eine Veränderung des Wesens der Anlage dann annimmt, wenn der Betrieb nicht mehr als solcher, sondern nur mehr für bestimmte Kundengruppen geführt werden kann.

 

20. Was bei einem bestimmten Betrieb jene grundsätzlichen betrieblichen Strukturen sind, deren Abänderung eine Veränderung des Wesens der Anlage bedeuten würde und sohin dem Anlageninhaber vorbehalten sein muss, lässt sich konkret nur unter Berücksichtigung des jeweiligen Betriebes entscheiden. Doch verallgemeinert ausgedrückt sind jene betrieblichen Strukturen als für das Wesen der Anlage kennzeichnend anzusehen, die die Grundsatzentscheidung darüber beinhalten, welche Art von Leistungen, in welchem Ausmaß erzeugt werden kann. Die Klärung dieser Frage wird regelmäßig die Heranziehung von technischem bzw. betriebswirtschaftlichem Sachverstand erfordern. Doch wird (im Einklang mit dem Schrifttum) nahe liegender Weise ? wegen der erwähnten Zielsetzung der Gesetzesbestimmung ? auch der Erklärung des Anlageninhabers Bedeutung beizumessen sein. Mag diese Erklärung auch keine letztverbindliche Bedeutung zukommen, hätte es doch der Anlageninhaber ansonsten in der Hand, den für ihn regelmäßig günstigeren Tatbestand der Anwendbarkeit des Sanierungsverfahrens nach § 79 Abs. 3 GewO 1994 herbeizuführen.

 

21. Auch der im Schrifttum befürworteten Bedeutung der Betriebsbeschreibung kommt in diesem Zusammenhang Relevanz zu. Allerdings wird die Betriebsbeschreibung ? vor dem Hintergrund der oben herausgearbeiteten Zielsetzung des Gesetzgebers den Entscheidungsvorbehalt des Unternehmers betreffend die grundsätzlichen Fragen der betrieblichen Struktur zu gewährleisten ? nur in so ferne Anspruch darauf erheben können, das Wesen der Betriebsanlage festzulegen, als sie auch inhaltlich betrachtet Ausdruck der Grundsatzentscheidungen über die betriebliche Struktur ist. Hingegen kann eine Betriebsbeschreibung, die wie jene im vorliegenden Fall, im Wesentlichen aus der durch den Amtssachverständigen bei der Genehmigungsverhandlung festgestellten Befundung besteht, nicht in allen ihren Einzelheiten Anspruch darauf erheben, das Wesen der Betriebsanlage festzulegen. Soweit eine solche Betriebsbeschreibung lediglich technische Einzelheiten der Gestaltung des Betriebes beschreibt, ist sie einer modifizierenden Ergänzung durch Auflagen daher zugänglich.

 

22. Auf den konkreten Fall angewendet bedeutet dies folgendes:

 

Auch ohne besonderen betriebswirtschaftlichen Sachverstand leuchtet es ein, dass die Entscheidung über die grundsätzliche unternehmerische Struktur, also die Entscheidung über das ob und wie der Erbringung der Leistung des Unternehmens bei einer Frühstückspension in der Entscheidung über die Zurverfügungstellung von Gästezimmern in einer bestimmten Anzahl und der damit in Zusammenhang stehenden Nutzung von Räumlichkeiten besteht. Auf den Boden der Sachverhaltsfeststellungen der Bezirkshauptmannschaft über die zum hinreichenden Interessensschutz erforderlichen Maßnahmen werden diese Aspekte durch die von der Bezirkshauptmannschaft für erforderlich angesehenen Maßnahmen nicht berührt. Denn die vom Amtssachverständigen als erforderlich erachteten ? im Übrigen noch in der Verhandlung bloß mit Zweckmäßigkeit nicht mit der Unzulässigkeit der Vorschreibung konkreter Auflagen begründeten ? Maßnahmen bestehen im Wesentlichen aus der Herstellung von Abtrennungen zwischen Räumen und dem Einbau von Türen sowie ergänzenden Maßnahmen wie den Einbau von Rauchmeldern, Feuerlöschern und Fluchtwegorientierungsleuchten. Keine dieser Maßnahmen berührt die Anzahl der Zimmer der Frühstückspension, die für eine Beherbergung von Gästen zur Verfügung stehen. Noch wird in irgendeiner Weise die Nutzung von Räumlichkeiten für den Beherbergungsbetriebes beschränkt. Auch unter Berücksichtigung der Erklärung des Anlageninhabers kann daher im vorliegenden Fall ausgeschlossen werden, dass die Umsetzung der allenfalls brandschutztechnisch erforderlichen Maßnahmen das Wesen der als Frühstückspension geführten Betriebsanlage verändern würde.

 

23. Soweit die Bezirkshauptmannschaft das Tatbestandsmerkmal der Veränderung des Wesens der Betriebsanlage unter Hinweis auf die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes verwiesen hat, wonach die Betriebsbeschreibung einem ausdrücklich erklärten Willensakt des Konsenswerbers vorbehalten ist, verkennt sie, dass diesem Erkenntnis (89/04/0222) nicht ein auf das Tatbestandmerkmal der Veränderung des Wesens der Betriebsanlage Bezug habender Sachverhalt zugrunde lag, sondern ein Genehmigungsverfahren bei dem die Behörde einen Inhalt der Betriebsbeschreibung angenommen hatte, der nicht von einem Willensakt des Anlageninhabers bzw. Konsenswerbers gedeckt war. Dies ist ein ganz anderer Fall als der hier gegenständliche, wo zwar in der Betriebsbeschreibung festgehalten wird, dass keine Brandabschnittsbildung vorgesehen ist, dies jedoch nicht Ausdruck einer Grundsatzentscheidung über die betriebliche Struktur für die Erzeugung der Leistungen des Unternehmens war, sondern lediglich die vom Amtssachverständigen formulierte Befundung des Bestandes der Betriebsanlage (der in Wahrheit ein Mängelbehebungsauftrag zur Präzisierung der Betriebsbeschreibung hätte erfolgen müssen).

 

24. Auch hat der VwGH - entgegen der Begründung des Bescheides der Bezirkshauptmannschaft im Erkenntnis 94/04/0205 keineswegs jede Vorschreibung neuer technischer Ausstattungen als Veränderung des Wesens der Betriebsanlage beurteilt (dies würde ja im Ergebnis jede nicht betriebsbezogene Auflagenvorschreibung, etwa den von der Bezirkshauptmannschaft in anderen Verfahren regelmäßig angeordneten Einbau von Fettabscheidern, verunmöglichen). Vielmehr hat der Gerichtshof eine Veränderung des Wesens der Anlage durch die Vorschreibung eines anderen Betriebsmittels explizit mit der Begründung angenommen, dass das Wesen einer (gewerblichen) "Warmwasserkesselanlage" sich aber gerade durch die Art des eingesetzten Betriebsmittels bestimme. Auch für den VwGH kommt es daher darauf an, was die Anlage kennzeichnet und welche neue Ausstattung vorgeschrieben werden soll.

 

25. Die zitierte Judikatur zur Unzulässigkeit des Vorsehens neuer technischer Anlagen bzw. Ausstattungen ist daher sachverhaltsbezogen vor den diesen (oben referierten) Entscheidungen zugrunde liegenden Konstellationen zu sehen. Es ging dort um neue technische Einrichtungen, die eben im Zusammenhang mit den grundsätzlichen Fragen der betrieblichen Struktur standen. Dies ist bei der notwendigen Einziehung von Abtrennungen in einer Frühstückspension, welche die bestehenden Nutzungen nicht beeinträchtigen, nicht der Fall. Warum der Einbau von Brandschutztüren oder der Einbau von Alarmierungsanlagen vor dem Hintergrund der Zielsetzung des Schutzes der unternehmerischen Entscheidungsfreiheit über die Grundsatzfragen der betrieblichen Struktur einem Willensakt des Anlageninhabers vorbehalten soll, wird in der Begründung der Bezirkshauptmannschaft nicht erklärt. Selbstverständlich erfordert die Durchführung jeder baulichen Maßnahme und sohin letztendlich die Umsetzung jeder Auflage den diesbezüglichen Willensentschluss des Anlageninhabers. Doch ist der Willensentschluss des Anlageninhabers in hier relevantem Fall keiner, der das Wesen der Betriebsanlage berührt. Nur dies würde aber der Vorschreibung von Auflagen entgegenstehen.

 

26. Die Bezirkshauptmannschaft hat daher zu Unrecht angenommen, dass die Voraussetzungen für die Verpflichtung des Berufungswerbers zur Vorlage eines Sanierungskonzeptes gegeben waren. Selbst bei Umsetzung der von der Behörde als brandschutztechnisch erforderlich angesehenen Maßnahmen wäre der in dieser Weise erreichte Schutz der Interessen des § 74 Abs. 2 GewO 1994 ohne Veränderung der grundsätzlichen betrieblichen Struktur des ?Ob?, der Art und des Ausmaßes der Erzeugung der Leistungen des Unternehmens, sohin ohne Veränderung des Wesens der Anlage durchzuführen.

 

27. Bei dieser Sachlage musste auf das vom Berufungswerber ebenfalls gerügte Thema der fehlenden technischen Erforderlichkeit der brandschutztechnischen Vorgaben nicht eingegangen werden. Im Interesse der Verfahrensökonomie sei jedoch festgehalten, dass die Vorschreibung dieser und anderer gleichartiger Maßnahmen rechtskonform nur dann erfolgen kann, wenn der brandschutztechnische Sachverständige zuvor in nachvollziehbarer Weise dargelegt hat, aufgrund welcher Ausgestaltung der Betriebsanlage und aufgrund welcher daraus zu ziehender Schlüsse bestimmte Maßnahmen nach dem (zu erläuternden) Stand der Technik erforderlich sind. Dies ist bis jetzt nicht geschehen. Die bloße Formulierung von als notwendig angesehenen Maßnahmen ist kein nachvollziehbares Gutachten zu ihrer technischen Erforderlichkeit. Angemerkt sei jedoch auch, dass die Tatsache, dass die TRVB möglicherweise auf den Betrieb des Berufungswerbers nicht unmittelbar anwendbar sind, noch kein abschließendes Urteil über die technische Erforderlichkeit der brandschutztechnisch notwendigen Maßnahmen erlaubt. Sollten die TRVB allerdings tatsächlich mangels Betriebsgröße nicht anwendbar sein, müsste die technische Erforderlichkeit nach dem Stand der Wissenschaft und Technik mit eigenen Ausführungen in anderer Weise schlüssig dargelegt werden.

 

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Schlagworte
Veränderung des Wesens der Betriebsanlage
Zuletzt aktualisiert am
08.04.2009
Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
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