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10/07 Verwaltungsgerichtshof;Norm
AVG §62 Abs1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Waldner und die Hofräte Dr. Graf und Dr. Pallitsch als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Lenhart, über die Beschwerde des H in A, vertreten durch Dr. Thomas Praxmarer, Rechtsanwalt in Innsbruck, Bürgerstraße 19/1, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Tirol vom 11. April 2000, Zl. IIb2-3-7-1-514/2, betreffend Wiedereinsetzung in den vorigen Stand und Antrag auf Bescheidzustellung in Angelegenheit Befristung der Lenkberechtigung, den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Auf einem mit "Führerscheinantrag an die Bezirkshauptmannschaft Innsbruck" überschriebenen Formular hat der Beschwerdeführer am 17. Jänner 2000 einen darin enthaltenen "Antrag" auf "Austausch" seines "FS gem. KFG 1947/KFG/1967" der Klasse "B" unterschrieben. Dieses Formular enthält den behördlichen Vermerk "Befristung der Lenkberechtigung für die Klassen/Unterklassen" "B" "vom 30. 3. 1956 bis zum 28. 12. 2001" und sodann den mit dem Datum 17. Jänner 2000 und der Unterschrift des Beschwerdeführers versehenen Text:
"Ich habe den mir mündlich verkündeten Bescheid über die Befristung der Lenkberechtigung zur Kenntnis genommen und den Führerschein übernommen. Ich habe die Eintragung der Blutgruppe in meinen Führerschein gelesen und für richtig befunden."
Der im Jahre 1956 ausgestellte Führerschein ist dem Antragsformular beigeschlossen. Der Namen des Leiters der Amtshandlung und dessen eigenhändige Unterschrift fehlen auf diesem Formular.
Mit dem am 31. Jänner 2001 bei der Bezirkshauptmannschaft Innsbruck eingelangten Antrag vom 28. Jänner 2001 begehrte der Beschwerdeführer, "die Behörde wolle einen Bescheid ausfertigen", und begründete dies damit, dass der "neue Führerschein" unzulässigerweise befristet worden sei. In eventu beantragte der Beschwerdeführer die Ausfolgung des einbehaltenen "bisherigen Führerschein(es)".
Mit Bescheid vom 4. Februar 2000 entschied die Bezirkshauptmannschaft Innsbruck "über das Ansuchen" des Beschwerdeführers "auf schriftliche Ausfertigung eines mündlich verkündeten Bescheides gemäß § 62 Abs. 3 AVG wie folgt: Der Antrag wird als verspätet zurückgewiesen." In der Begründung wurde ausgeführt, mit mündlich verkündetem Bescheid vom 17. Jänner 2000 sei die Lenkberechtigung des Beschwerdeführers bis 28. Dezember 2001 auf Grund eines amtsärztlichen Gutachtens befristet worden. Der mündlich verkündete Bescheid sei entsprechend § 62 Abs. 4 AVG protokolliert und vom Beschwerdeführer persönlich unterschrieben worden. Ein solcher Antrag sei jedoch spätestens drei Tage nach der Verkündung des Bescheides zu stellen.
Mit Eingabe an die Bezirkshauptmannschaft Innsbruck vom 16. Februar 2000 beantragte der Beschwerdeführer die "Bewilligung der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Frist zur Antragstellung gemäss § 62 Abs. 3 AVG zur Ausfertigung eines mündlich verkündeten Bescheides bezogen auf den mündlich verkündeten Bescheid vom 17. 1. 2000". Gleichzeitig wurde der Antrag gestellt, "den mündlich verkündeten Bescheid vom 17. 1. 2000, (...) schriftlich auszufolgen und dem Vertreter des Einschreiters bzw. dem Einschreiter zuzustellen". "Vorsorglich" wurde in diesem Schriftsatz gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Innsbruck vom 4. Februar 2000 Berufung erhoben. Eine Protokollierung des mündlich verkündeten Bescheides existiere nicht. Bei gehöriger Protokollierung sei nicht nur der Umstand der Verkündung eines mündlichen Bescheides und der Inhalt des Bescheides, sondern auch die Rechtsmittelbelehrung festzuhalten. Die Zurückweisung des Antrages auf schriftliche Ausfertigung des Bescheides sei daher rechtswidrig. "Vorsorglich" wurde auch ein Antrag nach dem "Auskunftspflichtgesetz" gestellt.
Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid wurde "1. der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand, 2. der Antrag gemäß § 62 Abs. 3 AVG 1991 und 3. die Berufung gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Innsbruck vom 04. 02. 2000" als unbegründet abgewiesen. Der mündlich verkündete Bescheid sei rechtsgültig zustande gekommen. Durch die Unterschrift des Beschwerdeführers sei bestätigt worden, dass ihm der Inhalt als solcher zu Bewusstsein gekommen sei. Die im Führerscheinantragsformular vorgenommene Protokollierung sei ausreichend. Die Beurkundung sei grundsätzlich kein wesentliches Formerfordernis eines mündlich verkündeten Bescheides, sondern habe diesen lediglich zu beweisen. Eine fehlende Beurkundung könne zu Beweisschwierigkeiten führen, bewirke jedoch keinen "Nichtbescheid". Der Antrag auf Ausfolgung des mündlich verkündeten Bescheides sei verspätet gestellt worden; die Zurückweisung dieses Antrages durch die Behörde erster Instanz sei daher zu Recht erfolgt. Es liege kein Wiedereinsetzungsgrund im Sinne des § 71 AVG vor. Der Antragsteller habe selbst erst am 26. Jänner 2000 Akteneinsicht genommen.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die nach Ablehnung ihrer Behandlung mit Beschluss des Verfassungsgerichtshofes vom 4. Oktober 2000, B 908/00, an den Verwaltungsgerichtshof gemäß Art. 144 Abs. 3 B-VG abgetretene Beschwerde. Vor dem Verwaltungsgerichtshof erachtet sich der Beschwerdeführer durch den angefochtenen Bescheid "in seinem Recht auf ordnungsgemäße Verkündung eines mündlichen Bescheides und auf Beurkundung eines mündlichen Bescheides ebenso wie in seinem Recht auf Akteneinsicht für verletzt". Er macht Rechtswidrigkeit des Inhaltes geltend und trägt vor, dass die fehlende Beurkundung eines mündlich verkündeten Bescheides jedenfalls zum Vorliegen eines "Nichtbescheides" führe. Weiters gehe die belangte Behörde zu Unrecht davon aus, dass in der unterlassenen Beurkundung und Protokollierung einer Rechtsmittelbelehrung kein unvorhergesehenes und unabwendbares Ereignis liege, das die Bewilligung einer Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Frist zur Beantragung einer schriftlichen Bescheidausfertigung rechtfertige.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde kostenpflichtig abzuweisen.
Die Beschwerde erweist sich aus folgenden Gründen als unzulässig:
Der Beschwerdeführer geht - wie noch näher auszuführen sein wird zutreffend - davon aus, dass von der Bezirkshauptmannschaft Innsbruck am 17. Jänner 2000 kein mündlicher verkündeter Bescheid über die "Befristung der Lenkerberechtigung" des Beschwerdeführers erlassen worden sei.
Gemäß § 24 Abs. 1 Z. 2 Führerscheingesetz (FSG) ist Besitzern einer Lenkberechtigung, bei denen die Voraussetzungen für die Erteilung der Lenkberechtigung (§ 3 Abs. 1 Z. 2 bis 4) nicht mehr gegeben sind, von der Behörde entsprechend den Erfordernissen der Verkehrssicherheit die Gültigkeit der Lenkberechtigung durch Bedingungen, Befristungen oder zeitliche, örtliche oder sachliche Beschränkungen einzuschränken. Diese Einschränkungen sind gemäß § 13 Abs. 2 in den Führerschein einzutragen.
Gemäß § 13 Abs. 1 erster Satz leg. cit. hat die Behörde dem Bewerber über die von ihr erteilte Lenkberechtigung eine Bestätigung, den Führerschein, auszustellen. Gemäß Abs. 2 dieses Paragraphen ist in den Führerschein jede gemäß § 8 Abs. 3 Z. 2 oder 3 ausgesprochene Bedingung, Befristung oder Beschränkung der Lenkberechtigung sowie die Vorschreibung etwaiger Auflagen einzutragen.
Gemäß § 40 Abs. 1 leg. cit. bleiben Lenkberechtigungen, die auf Grund der vor dem Inkrafttreten dieses Bundesgesetzes in Geltung gestandenen Bestimmungen erteilt worden sind, im Falle des Umtausches eines Führerscheines unberührt.
Unstrittig ist im Beschwerdefall, dass der Beschwerdeführer am 17. Jänner 2000 den von der Bezirkshauptmannschaft Innsbruck (neu) ausgestellten, bis 28. Dezember 2001 befristeten Führerschein übernommen hat. Entgegen der von den Behörden vertretenen Rechtsansicht vertritt der Beschwerdeführer aber die Auffassung, dass kein mündlich verkündeter Bescheid über die Befristung der Lenkberechtigung erlassen worden ist.
Über die Entziehung und die Einschränkung der Gültigkeit der Lenkberechtigung nach dem FSG ist in einem gemäß § 62 Abs. 1 AVG schriftlich oder mündlich zu erlassenden Bescheid zu entscheiden.
Gemäß § 62 Abs. 2 AVG ist der Inhalt und die Verkündung eines mündlichen Bescheides, wenn die Verkündung bei einer mündlichen Verhandlung erfolgt, am Schluss der Verhandlungsschrift, in anderen Fällen in einer besonderen Niederschrift zu beurkunden.
In ständiger Rechtsprechung geht der Verwaltungsgerichtshof davon aus, dass die Erlassung eines mündlichen Bescheides einer Beurkundung sowohl des Bescheidinhaltes als auch der Tatsache seiner Verkündung in Form einer Niederschrift bedarf, widrigenfalls von einer Bescheiderlassung nicht gesprochen werden kann. Eine Unterlassung dieser Beurkundung hat zur Folge, dass ein Bescheid nicht existent wird (vgl. hiezu die hg. Erkenntnisse vom 22. Februar 1991, Zl. 90/12/0166, vom 29. September 1992, Zl. 91/09/0186, und vom 14. Jänner 1993, Zl. 92/09/0291).
Im Beschwerdefall fehlt es an einer Beurkundung im Sinne des § 62 Abs.2 AVG. Der Beschwerdeführer bestätigte zwar mit seiner Unterschrift, einen "mündlich verkündeten Bescheid über die Befristung der Lenkberechtigung zur Kenntnis genommen und den Führerschein übernommen" zu haben, die Beurkundung eines solchen Bescheides, und zwar über dessen Inhalt und dessen Verkündung, ist aber nicht erfolgt. (Bemerkt wird, dass es auch an der Benennung des Leiters der Amtshandlung und an einer eigenhändigen Unterschrift des die Amtshandlung leitenden Organs auf dem von der belangten Behörde als Niederschrift bezeichneten Formular, somit an den im § 14 Abs. 2 Z. 2 und 3 AVG genannten Inhaltserfordernissen für eine Niederschrift fehlt.)
Im Beschwerdefall liegt daher weder ein schriftlicher noch ein mündlicher Bescheid über eine Einschränkung der Gültigkeit der Lenkberechtigung durch Befristung gemäß § 62 Abs. 1 AVG vor. Der Beschwerdeführer ist daher weiterhin im Besitz einer (uneingeschränkten) Lenkberechtigung. Die Befristung der Lenkberechtigung ist mit Bescheid auszusprechen.
Für den Beschwerdefall bedeutet dies nun, dass mangels Vorliegens eines mündlich verkündeten Bescheides - wovon, wie bereits oben erwähnt, auch der Beschwerdeführer ausgeht - die Behörde einem auf § 62 Abs. 3 AVG gestützten Antrag auf Zustellung eines solchen Bescheides nicht nachkommen kann. Durch den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Innsbruck vom 4. Februar 2000, mit welchem der Antrag des Beschwerdeführers "auf schriftliche Ausfertigung eines mündlich verkündeten Bescheides gemäß § 62 Abs. 3 AVG" als "verspätet zurückgewiesen" worden ist, konnte der Beschwerdeführer daher in keinem Recht verletzt werden.
Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist eine auf Art. 131 Abs. 1 Z. 1 B-VG gestützte Beschwerde nur dann zulässig, wenn zumindest die Möglichkeit besteht, dass der Beschwerdeführer durch den angefochtenen Bescheid - im Rahmen des von ihm geltend gemachten Beschwerdepunktes - in einem gesetzlich normierten subjektiven Recht verletzt wurde (vgl. z. B. den hg. Beschluss eines verstärkten Senates vom 2. Juli 1981, Slg. Nr. 10511/A).
Weiters ist davon auszugehen, dass bei Prüfung des angefochtenen Bescheides dem Beschwerdepunkt im Sinne des § 28 Abs. 1 Z. 4 VwGG entscheidende Bedeutung zukommt, weil der Verwaltungsgerichtshof nach der Anordnung des § 41 Abs. 1 VwGG nicht zu prüfen hat, ob irgendein subjektives Recht des Beschwerdeführers, sondern nur ob jenes verletzt wurde, dessen Verletzung er behauptet. Durch den Beschwerdepunkt wird der Prozessgegenstand und der Rahmen abgesteckt, an den der Verwaltungsgerichtshof bei der Prüfung des angefochtenen Bescheides gebunden ist (vgl. hiezu etwa das hg. Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 19. September 1984, Slg. Nr. 11525/A).
Da im Beschwerdefall kein mündlich verkündeter Bescheid vorliegt, scheidet eine Rechtsverletzungsmöglichkeit des Beschwerdeführers durch die Zurückweisung seines Antrages auf schriftliche Ausfertigung eines mündlich verkündeten Bescheides gemäß § 62 Abs. 3 AVG und die Abweisung seiner Berufung gegen diesen Zurückweisungsbescheid sowie seines Wiedereinsetzungsantrages gegen die Versäumung der Frist auf schriftliche Ausfertigung eines mündlich verkündeten Bescheides aus.
Die Beschwerde war daher aus diesen Gründen gemäß § 34 Abs. 1 und 3 VwGG zurückzuweisen.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff, insbes. § 51 VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
Wien, am 20. März 2001
Schlagworte
Mangel der Berechtigung zur Erhebung der Beschwerde mangelnde subjektive Rechtsverletzung Parteienrechte und Beschwerdelegitimation Verwaltungsverfahren Mangelnde Rechtsverletzung Beschwerdelegitimation verneint keineBESCHWERDELEGITIMATIONEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2001:2000110285.X00Im RIS seit
02.07.2001