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40/01 Verwaltungsverfahren;Norm
AVG §21;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Waldner und die Hofräte Dr. Graf, Dr. Gall, Dr. Pallitsch und Dr. Schick als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Lenhart, über die Beschwerde des P in W, vertreten durch Dr. Klaus Burka, Rechtsanwalt in 1050 Wien, Hamburgerstraße 10, gegen den Bescheid des Bundesministers für Landesverteidigung vom 13. Oktober 2000, Zl. 810.400/1-2.7/00, betreffend Zurückweisung einer Berufung in Angelegenheit Befreiung von der Verpflichtung zur Leistung des Grundwehrdienstes, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Bescheid vom 1. März 2000 wies das Militärkommando Salzburg gemäß § 36a Abs. 1 Z. 2 Wehrgesetz 1990 den Antrag des Beschwerdeführers vom 7. Dezember 1999 auf befristete Befreiung von der Verpflichtung zur Leistung des Grundwehrdienstes ab.
Dieser Bescheid wurde dem Beschwerdeführer (nach erfolglosen Zustellversuchen am 6. und 7. März 2000) durch postamtliche Hinterlegung am 7. März 2000 zugestellt. Nach dem Inhalt des Rückscheines war der 7. März 2000 der erste Tag der Abholfrist. Am 9. März 2000 holte der Beschwerdeführer die Sendung beim Postamt ab.
Mit Telefax vom 23. März 2000 erhob er Berufung gegen den Bescheid vom 1. März 2000.
Nachdem das Militärkommando Salzburg den Beschwerdeführer vom Ergebnis der Beweisaufnahme (betreffend die Bescheidzustellung und das Datum der Erhebung der Berufung) verständigt hatte, versandte es die Berufungsvorentscheidung vom 12. Mai 2000, mit der die Berufung wegen Versäumung der Berufungsfrist zurückgewiesen wurde. Nach erfolglosen Zustellversuchen am 16. und 17. Mai 2000 gelangte die die Berufungsvorentscheidung enthaltende Sendung (entgegen dem auf dem Rückschein befindlichen Vermerk) nicht an das Zustellpostamt 1105 zurück und wurde dort auch nicht zur Abholung bereitgehalten. Aus diesem Grund blieb der Versuch, die Sendung am 19. Mai 2000 (durch eine Postbevollmächtigte des Beschwerdeführers) abzuholen, erfolglos.
Mit Schreiben vom 29. Mai 2000 legte das Militärkommando Salzburg die Berufung der belangten Behörde vor.
Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung des Beschwerdeführers gegen den Bescheid des Militärkommandos Salzburg vom 1. März 2000 wegen Versäumung der Berufungsfrist zurück.
In der Begründung dieses Bescheides wird nach Wiedergabe des Verfahrensverlaufes ausgeführt, die Berufungsvorentscheidung sei aufgrund eines fehlerhaften Zustellvorganges nicht rechtswirksam geworden. Mangels Erlassung der Berufungsvorentscheidung innerhalb der zweimonatigen Frist des § 64a Abs. 1 AVG sei der Akt der belangten Behörde übermittelt worden, die damit für die Entscheidung über die Berufung zuständig geworden sei. In der Sache sei im Hinblick auf die Zustellung des Bescheides (durch Hinterlegung) am 7. März 2000 davon auszugehen, dass die Berufungsfrist am 21. März 2000 geendet habe. Die am 23. März 2000 erhobene Berufung sei daher verspätet.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.
Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und beantragt in ihrer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Für den vorliegenden Beschwerdefall sind folgende
Bestimmungen des AVG von Bedeutung:
"§ 63. ...
(5) Die Berufung ist von der Partei binnen zwei Wochen bei der Behörde einzubringen, die den Bescheid in erster Instanz erlassen hat. Die Frist beginnt für jede Partei mit der an sie erfolgten Zustellung der schriftlichen Ausfertigung des Bescheides, im Fall bloß mündlicher Verkündung mit dieser. Wird eine Berufung innerhalb dieser Frist bei der Berufungsbehörde eingebracht, so gilt dies als rechtzeitige Einbringung; die Berufungsbehörde hat die bei ihr eingebrachte Berufung unverzüglich an die Behörde erster Instanz weiterzuleiten.
...
§ 64a. (1) Die Behörde kann die Berufung binnen zwei Monaten nach Einlangen bei der Behörde erster Instanz durch Berufungsvorentscheidung erledigen. Sie kann die Berufung nach Vornahme notwendiger Ergänzungen des Ermittlungsverfahrens als unzulässig oder verspätet zurückzuweisen, den Bescheid aufheben oder nach jeder Richtung abändern.
(2) Jede Partei kann binnen zwei Wochen nach Zustellung der Berufungsvorentscheidung bei der Behörde den Antrag stellen, dass die Berufung der Berufungsbehörde zur Entscheidung vorgelegt wird (Vorlageantrag).
(3) Mit Einlangen des Vorlageantrages tritt die Berufungsvorentscheidung außer Kraft. Die Behörde hat die Parteien vom Außerkrafttreten der Berufungsvorentscheidung zu verständigen. Verspätete oder unzulässige Vorlageanträge sind von ihr zurückzuweisen.
...
§ 66. ...
(4) Außer dem in Abs. 2 erwähnten Fall hat die Berufungsbehörde, sofern die Berufung nicht als unzulässig oder verspätet zurückzuweisen ist, immer in der Sache selbst zu entscheiden. Sie ist berechtigt, sowohl im Spruch als auch hinsichtlich der Begründung (§ 60) ihre Anschauung an die Stelle jener der Unterbehörde zu setzen und demgemäß den angefochtenen Bescheid nach jeder Richtung abzuändern."
Weiters sind folgende Bestimmungen des Zustellgesetzes zu
beachten:
"Hinterlegung
§ 17. (1) Kann die Sendung an der Abgabestelle nicht zugestellt werden und hat der Zusteller Grund zur Annahme, dass sich der Empfänger oder ein Vertreter im Sinne des § 13 Abs. 3 regelmäßig an der Abgabestelle aufhält, so ist das Schriftstück im Falle der Zustellung durch die Post beim zuständigen Postamt, in allen anderen Fällen aber beim zuständigen Gemeindeamt oder bei der Behörde, wenn sie sich in derselben Gemeinde befindet, zu hinterlegen.
...
(3) Die hinterlegte Sendung ist mindestens zwei Wochen zur Abholung bereitzuhalten. Der Lauf dieser Frist beginnt mit dem Tag, an dem die Sendung erstmals zur Abholung bereitgehalten wird. Hinterlegte Sendungen gelten mit dem ersten Tag dieser Frist als zugestellt. Sie gelten nicht als zugestellt, wenn sich ergibt, dass der Empfänger oder dessen Vertreter im Sinne des § 13 Abs. 3 wegen Abwesenheit von der Abgabestelle nicht rechtzeitig vom Zustellvorgang Kenntnis erlangen konnte, doch wird die Zustellung an dem der Rückkehr an die Abgabestelle folgenden Tag innerhalb der Abholfrist wirksam, an dem die hinterlegte Sendung behoben werden könnte.
..."
Der Beschwerdeführer hält den angefochtenen Bescheid allein deshalb für rechtswidrig, weil die belangte Behörde aufgrund der Berufungsvorentscheidung des Militärkommandos Salzburg vom 12. Mai 2000 nicht hätte tätig werden dürfen. Die belangte Behörde hätte erst dann tätig werden können, wenn der Beschwerdeführer einen Vorlageantrag gemäß § 64a Abs. 2 AVG gestellt hätte. Die Frist für die Stellung dieses Antrages habe aber noch nicht zu laufen begonnen. Außerdem habe die Behörde über eine Sache entschieden, die nicht Gegenstand des Berufungsverfahrens sei. Gegenstand der von der belangten Behörde zu treffenden Entscheidung wäre der Spruch der Berufungsvorentscheidung vom 12. Mai 2000 gewesen, nicht aber der Spruch des Bescheides vom 1. März 2000.
Dem Beschwerdeführer ist zu erwidern, dass die der Beschwerde zugrunde liegende Auffassung, die Berufungsvorentscheidung vom 12. Mai 2000 sei erlassen worden, verfehlt ist. Die Erlassung eines schriftlichen Bescheides hat dessen Zustellung (oder Ausfolgung gemäß § 24 Zustellgesetz) zur Voraussetzung. Erst wenn eine rechtswirksame Zustellung vorliegt, ist der Bescheid erlassen (siehe dazu Walter/Mayer, Verwaltungsverfahrensrecht7 (1999) Rz 427 und die dort zitierte hg. Rechtsprechung). Eine rechtswirksame Zustellung der Berufungsvorentscheidung liegt allerdings im Beschwerdefall nicht vor, weil die wesentliche Voraussetzung für eine wirksame Zustellung durch Hinterlegung, nämlich die Hinterlegung beim zuständigen Postamt (§ 17 Abs. 1 Zustellgesetz), nicht erfolgt ist. Mangels Hinterlegung und Bereithaltung zur Abholung konnte die in § 17 Abs. 3 dritter Satz Zustellgesetz normierte Zustellwirkung der Hinterlegung nicht eintreten. Daraus folgt, dass die in § 64a Abs. 1 AVG enthaltene Frist für die Erlassung einer Berufungsvorentscheidung ungenützt verstrichen ist. Die belangte Behörde hatte daher über die Berufung zu entscheiden, ohne dass es eines Vorlageantrages des Beschwerdeführers bedurft hätte.
Die Auffassung des Beschwerdeführers, die belangte Behörde habe über eine Angelegenheit entschieden, die nicht Sache des Berufungsverfahrens gewesen sei, ist - abgesehen davon, dass die Berufungsvorentscheidung gar nicht wirksam erlassen wurde - auch deshalb verfehlt, weil im Falle der wirksamen Erlassung der Berufungsvorentscheidung diese gemäß § 64a Abs. 3 AVG mit dem Einlangen des Vorlageantrages außer Kraft getreten wäre. Eine Berufungsvorentscheidung kann daher von der Berufungsbehörde nicht bestätigt, aufgehoben oder abgeändert werden.
Die belangte Behörde hatte als Berufungsbehörde gemäß § 66 Abs. 4 AVG auch die Rechtzeitigkeit der Berufung zu prüfen. Umstände, aus denen sich die Rechtzeitigkeit der Berufung ergeben könnte, hat der Beschwerdeführer im Verwaltungsverfahren (und auch in der Beschwerde) nicht behauptet und liegen nach der Aktenlage auch nicht vor. Da die Berufung (mit Telefax vom 23. März 2000) erst nach Ablauf der zweiwöchigen Berufungsfrist eingebracht wurde, hat die belangte Behörde mit Recht die Berufung gemäß § 66 Abs. 4 AVG als verspätet zurückgewiesen, sodass sie auf eine inhaltliche Prüfung des Berufungsvorbringens zu den wirtschaftlichen Interessen des Beschwerdeführers im Sinne des § 36a Abs. 1 Z. 2 Wehrgesetz 1990 nicht einzugehen hatte.
Aus den dargelegten Erwägungen war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
Wien, am 20. März 2001
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2001:2000110336.X00Im RIS seit
18.07.2001Zuletzt aktualisiert am
07.08.2013