TE Vwgh Erkenntnis 2001/3/20 99/11/0102

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Veröffentlicht am 20.03.2001
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Index

40/01 Verwaltungsverfahren;
43/01 Wehrrecht allgemein;
44 Zivildienst;

Norm

AVG §37;
WehrG 1990 §36a Abs3 idF 1996/788;
WehrG 1990 §36a Abs3 Z1 idF 1996/788;
ZDG 1986 §14 Abs1 idF 1996/788;
ZDG 1986 §14 Abs2 idF 1996/788;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Waldner und die Hofräte Dr. Graf, Dr. Gall, Dr. Pallitsch und Dr. Schick als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Lenhart, über die Beschwerde des J in G, vertreten durch Dr. Alexander Kragora, Rechtsanwalt in 1010 Wien,

An der Hülben 4, gegen den Bescheid des Bundesministers für Landesverteidigung vom 18. Februar 1999, Zl. 798.702/1-2.7/99, betreffend Aufschub des Antrittes des Grundwehrdienstes, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 15.000,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Schreiben vom 15. November 1998, eingelangt beim Militärkommando Wien am 10. Dezember 1998, ersuchte der Beschwerdeführer, seinen Einberufungsbefehl "zurückzustellen". Er arbeite "seit Juli d.J." in einem Biologie-Labor (bis September 1999) und wolle anschließend ein Doktorat an einer amerikanischen Universität machen (Dauer 4 bis 5 Jahre). In den nächsten 6 bis 7 Jahren werde er sich daher nicht längerfristig in Österreich aufhalten. Als seine Eltern nach Wien übersiedelten, habe er noch das College besucht, ebenso zu dem Zeitpunkt, als er "das erste Mal einen Einberufungsbefehl erhielt". Er habe unmittelbar nach dem Collegeabschluss die Beschäftigung im Labor aufgenommen.

Das Militärkommando Wien wies den als Antrag auf Aufschub des Antrittes des Grundwehrdienstes gewerteten Antrag des Beschwerdeführers mit Bescheid vom 14. Dezember 1998 gemäß § 36a Abs. 3 und Abs. 3a des Wehrgesetzes 1990 (WG) ab. Begründend wurde ausgeführt, bei der Beschäftigung des Beschwerdeführers in einem Biologie-Labor handle es sich weder um eine Schul- oder Hochschulausbildung noch eine sonstige Berufsvorbereitung im Sinne des WG. Sein beabsichtigtes Studium an einer amerikanischen Universität entspreche nicht den Voraussetzungen des § 36a Abs. 3 WG. Außerdem handle es sich hiebei um ein in der Zukunft liegendes Ereignis.

In der dagegen erhobenen Berufung bestritt der Beschwerdeführer, dass es sich bei seiner Labortätigkeit weder um eine Schul- oder Hochschulausbildung noch um eine sonstige Berufsvorbereitung handle. Er habe an einer amerikanischen Universität studiert und wolle ein Doktoratsstudium anschließen. Seine Labortätigkeit diene der Vorbereitung dieses Studiums. Er habe zu seinem Glück eine der wenigen, schlecht bezahlten Stellen im TIGR, einem der berühmtesten und führendsten Laboratorien für DNA-Forschung, erhalten. Dadurch sei es ihm möglich, für sein Studium und seine weitere berufliche Tätigkeit Erfahrungen zu sammeln, die für ihn von großem Vorteil seien. Zudem sei die Verfassung einer Dissertation ohne praktische Tätigkeit in seinem Bereich ausgeschlossen und daher seine Labortätigkeit notwendig. Erklärend werde beigefügt, dass amerikanische Dissertationen nur mit österreichischen Habilitationsschriften zu vergleichen seien. Es handle sich bei seiner Tätigkeit sehr wohl um eine Berufsvorbereitung, zudem um eine auf akademischen Niveau. § 36a Abs. 3 Z. 1 WG sei nicht zu entnehmen, dass die aufgezählten Ausbildungen einander ausschlössen.

Ohne nähere Ermittlungen zu pflegen und ohne dem Beschwerdeführer Parteiengehör einzuräumen, wies der Bundesminister für Landesverteidigung die Berufung des Beschwerdeführers mit Bescheid vom 18. Februar 1999 ab und bestätigte den angefochtenen Bescheid. Als Rechtsgrundlage wurden § 36a Abs. 3 und Abs. 3a sowie § 35 Abs. 1 WG angegeben. In der Begründung führte der Bundesminister für Landesverteidigung nach Wiedergabe des Ganges des Verwaltungsverfahrens und der einschlägigen Vorschriften aus, der Beschwerdeführer sei am 10. November 1997 der Stellung unterzogen und für tauglich befunden worden. Den Grundwehrdienst zum Einrückungstermin 4. Jänner 1999 habe der Beschwerdeführer "bis dato unentschuldigt nicht angetreten". Die Abweisung seines Antrages durch das Militärkommando Wien sei zu Recht erfolgt, weil es sich bei der beruflichen Tätigkeit des Beschwerdeführers um keine Berufsvorbereitung im Sinne des WG handle. Darüber hinaus vertrete die Berufungsbehörde die Ansicht, dass diese Frage insofern nicht erheblich sei, als der Beschwerdeführer nicht die Voraussetzungen im Sinne des § 36a Abs. 3 Z. 1 WG erfülle, weil er zu Beginn des Kalenderjahres seiner Stellung - am 1. Jänner 1997 - nicht in der von ihm im Juli 1998 begonnenen Tätigkeit und ab September 1999 in Aussicht genommenen Ausbildung, nämlich einem Doktoratsstudium an einer amerikanischen Universität, gestanden sei. Weiters erfülle der Beschwerdeführer auch nicht die Voraussetzungen des § 36a Abs. 3 Z. 2 WG. Da der Beschwerdeführer bei seiner Stellung am 10. November 1997 für tauglich befunden worden sei, habe im Zusammenhalt mit § 35 Abs. 1 WG seine Heranziehbarkeit zum Grundwehrdienst mit 11. Mai 1998 begonnen. Es bestehe derzeit keine rechtliche Möglichkeit, ihm den gewünschten Aufschub zu bewilligen, weil die Jahresfrist des § 36a Abs. 3 Z. 2 WG noch nicht abgelaufen sei und der Beschwerdeführer darüber hinaus bereits im Besitze eines Einberufungsbefehles für den 4. Jänner 1999 sei. Es sei aus diesem Grund auch nicht näher auf die von ihm aufgezeigten Nachteile im Falle der Leistung des Grundwehrdienstes zum jetzigen Zeitpunkt einzugehen. In Anbetracht dessen, dass der Beschwerdeführer durch den von ihm angefochtenen Bescheid von dem für die Entscheidung maßgebenden Sachverhalt Kenntnis gehabt habe und sein Berufungsvorbringen in der gegenständlichen Entscheidung volle Berücksichtigung gefunden habe, habe im Berufungsverfahren die Durchführung des Parteiengehörs unterbleiben können.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die Beschwerde erwogen:

Die maßgeblichen Bestimmungen des WG lauten in der im Beschwerdefall maßgeblichen Fassung der Novelle BGBl. Nr. 788/1996 (auszugsweise):

"§ 36a.

...

(3) Tauglichen Wehrpflichtigen ist, sofern militärische Interessen nicht entgegen stehen, der Antritt des Grundwehrdienstes aufzuschieben, wenn

1. sie in einer laufenden Schul- oder Hochschulausbildung oder sonstigen Berufsvorbereitung am Beginn jenes Kalenderjahres standen, in dem jene Stellung begann, bei der erstmals oder, im Falle einer zwischenzeitlich festgestellten vorübergehenden Untauglichkeit oder Untauglichkeit, neuerlich ihre Tauglichkeit festgestellt wurde, oder

2. a) sie nicht zu einem innerhalb eines Jahres nach ihrer jeweiligen Heranziehbarkeit zum Grundwehrdienst gelegenen Termin zu diesem Präsenzdienst einberufen wurden und

b) sie durch eine Unterbrechung einer bereits begonnenen Schul- oder Hochschulausbildung oder sonstigen Berufsvorbereitung einen bedeutenden Nachteil erleiden würden.

..."

§ 36a Abs. 3 geht auf Art. III Z. 3 der ZDG-Novelle 1996, BGBl. Nr. 788, zurück. Durch Art. I Z. 17 dieser Novelle wurde

§ 14 Abs. 1 des Zivildienstgesetzes (ZDG) wie folgt neu gefasst:

"§ 14. (1) Zivildienstpflichtigen, die zu dem in § 36a Abs. 3 WG genannten Zeitpunkt in Berufsvorbereitung, Schul- oder Hochschulausbildung stehen, ist - sofern Erfordernisse des Zivildienstes nicht entgegen stehen - auf deren Antrag der Antritt des ordentlichen Zivildienstes bis zum Abschluss der begonnenen Ausbildung oder Berufsvorbereitung, längstens jedoch bis zum Ablauf des 15. September des Kalenderjahres aufzuschieben, in dem die Zivildienstpflichtigen das 28. Lebensjahr vollenden. Im Falle der Einbringung einer Zivildiensterklärung nach vollständiger Ableistung des Grundwehrdienstes gilt als maßgeblicher Zeitpunkt jener des Entstehens der Zivildienstpflicht."

Im besonderen Teil der Regierungsvorlage eines Bundesgesetzes, mit dem das Zivildienstgesetz 1986 und das Wehrgesetz 1990 geändert werden sowie die ZDG-Novelle 1994 aufgehoben wird (ZDG-Novelle 1996), 458 BlgNR 20. GP, heißt es (auszugsweise):

"...

Zu Art. I Z 17 (§ 14):

Die Möglichkeit eines Aufschubes für Zwecke einer Berufsvorbereitung oder einer Schul- und Hochschulausbildung soll zwar - wie schon in der Regierungsvorlage 1995 vorgesehen - auf Zivildienstpflichtige beschränkt werden, die bereits zu dem in § 36a Abs. 3 WG genannten Zeitpunkt in Berufsvorbereitung oder Ausbildung gestanden sind. Härten für die Zivildienstpflichtigen sollen aber durch die Einräumung eines Rechtsanspruchs auf Zuweisung binnen Jahresfrist über Antrag des Zivildienstpflichtigen vermieden werden. Soweit eine solche Zuweisung aus Erfordernissen des Zivildienstes nicht möglich ist, soll den Zivildienstpflichtigen weiterhin die Möglichkeit eines Aufschubes offen stehen.

...

Zu Art. III:

.... . Im Übrigen sind im Hinblick auf die beabsichtigten Modifizierungen der Aufschubmöglichkeiten beim Zivildienstantritt gleichartige Bestimmungen für den Aufschub des Präsenzdienstantrittes vorgesehen. ..."

In der Regierungsvorlage eines Bundesgesetzes, mit dem das Zivildienstgesetz 1986 und das Wehrgesetz 1990 geändert werden (ZDG-Novelle 1995), 269 BlgNR 19. GP, waren hinsichtlich des Aufschubs des Antritts des Zivildienstes bzw. des Grundwehrdienstes folgende Neufassungen des § 14 Abs. 1 ZDG und der ersten beiden Sätze des § 36a Abs. 3 WG vorgesehen:

"§ 14. (1) Zivildienstpflichtigen, die zu dem in § 36a Abs. 3 WG genannten Zeitpunkt, in den Fällen des § 2 Abs. 2 zum Zeitpunkt des Wirksamwerdens der Zivildiensterklärung in Berufsvorbereitung, Schul- oder Hochschulausbildung stehen und durch eine Unterbrechung bedeutenden Nachteil erleiden würden, ist - sofern Erfordernisse des Zivildienstes nicht entgegenstehen - auf deren Antrag der Antritt des ordentlichen Zivildienstes bis zum Abschluss der begonnenen Ausbildung oder Berufsvorbereitung, längstens jedoch bis zum Ablauf des 30. September des Kalenderjahres aufzuschieben, in dem die Zivildienstpflichtigen das 28. Lebensjahr vollenden.

...

(§ 36a.)

... (3) Tauglichen Wehrpflichtigen, die zu dem nach Z 1 und

Z 2 maßgeblichen Zeitpunkt in einer laufenden Schul- oder Hochschulausbildung oder sonstigen Berufsvorbereitung standen und durch eine Unterbrechung dieser Ausbildungs- oder Vorbereitungszeit einen bedeutenden Nachteil erleiden würden, ist, sofern militärische Erfordernisse nicht entgegenstehen, auf ihren Antrag vom zuständigen Militärkommando der Antritt des Grundwehrdienstes aufzuschieben. Der maßgebliche Zeitpunkt ist

1. bei Wehrpflichtigen deren Tauglichkeit spätestens innerhalb eines Jahres nach dem Termin festgestellt wurde, zu dem sie sich erstmals einer Stellungskommission zu stellen hatten, der Beginn jenes Kalenderjahres, in das dieser Stellungstermin fällt, und

2. in allen übrigen Fällen der Beginn des Kalenderjahres, in dem die Tauglichkeit eines Wehrpflichtigen erstmals festgestellt wurde.

..."

Im besonderen Teil der Erläuterungen heißt es dazu

(auszugsweise):

"...

Zu Z 16 (§ 14):

Die Möglichkeit, einen Aufschub des Antrittes des ordentlichen Zivildienstes zu erwirken, soll künftig auf jene Zivildienstpflichtige beschränkt bleiben, die bereits zu dem in § 36a Abs. 3 genannten Zeitpunkt, in den in § 2 Abs. 2 genannten Fällen zum Zeitpunkt des Wirksamwerdens der Zivildiensterklärung, in Ausbildung oder Berufsvorbereitung gestanden sind. Eine nach diesem Zeitpunkt begonnene Ausbildung (z.B. Hochschulstudium nach abgelegter Reifeprüfung) begründet keinen Anspruch auf Aufschub.

...

Zu Art. II:

Zu Z 1 bis 3 (§ 36a Abs. 3 erster und zweiter Satz, ...):

Die erforderlichen Änderungen im Wehrgesetz 1990 im Zusammenhang mit dem Aufschub des Präsenzdienstantrittes sind im Hinblick auf die beabsichtigten Einschränkungen hinsichtlich der Aufschubmöglichkeiten beim Zivildienstantritt möglich. ..."

Eingangs ist festzuhalten, dass nach der nunmehr übereinstimmenden Auffassung des Beschwerdeführers und der belangten Behörde in ihrer Gegenschrift entgegen den Ausführungen des angefochtenen Bescheides nicht von einer wirksamen Zustellung des Einberufungsbefehles des Beschwerdeführers auszugehen ist.

Die belangte Behörde stützt die Abweisung des Aufschiebungsantrages im Wesentlichen auf den Umstand, dass der Beschwerdeführer die in § 36a Abs. 3 Z. 1 WG genannten Voraussetzungen eines Aufschubes nicht erfüllt. Sie folgert dies aus dem Umstand, dass der Beschwerdeführer zu Beginn des Kalenderjahres seiner Stellung, am 1. Jänner 1997, nicht in der von ihm im Juli 1998 begonnenen Tätigkeit und ab September 1999 in Aussicht genommenen Ausbildung, nämlich einem Doktoratsstudium an einer amerikanischen Universität, gestanden sei. Feststellungen, ob der Beschwerdeführer zu diesem Stichtag studiert habe, enthält der angefochtene Bescheid nicht. Der Beschwerdeführer bringt in der Beschwerde hiezu, in Übereinstimmung mit seinem Vorbringen bereits im Verwaltungsverfahren, vor, zum Stichtag an einer amerikanischen Universität studiert zu haben.

Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes kann § 36a Abs. 3 Z. 1 WG nur dahin verstanden werden, dass ein Aufschub nach dieser Gesetzesstelle nur bis zum Abschluss jener Ausbildung möglich ist, die in dem im Gesetz beschriebenen Zeitpunkt bereits begonnen worden ist. Dieses Ergebnis wird auch durch einen Vergleich des § 36a Abs. 3 Z. 1 WG mit § 14 Abs. 1 ZDG idF der ZDG-Novelle 1996 bestätigt, in dem dies deutlicher ("... bis zum Abschluss der begonnenen Ausbildung oder Berufsvorbereitung ...") zum Ausdruck kommt (vgl. das hg. Erkenntnis vom 11. April 2000, Zl. 2000/11/0072). Dementsprechend hat der Verwaltungsgerichtshof die Auffassung vertreten, dass ein Wehrpflichtiger, der am 1. Jänner des Stellungsjahres noch AHS-Schüler war und im Zeitpunkt der Entscheidung über den Aufschub an einer Universität studierte, sich nicht auf § 36a Abs. 3 Z. 1 WG berufen könne (vgl. das erwähnte hg. Erkenntnis vom 11. April 2000 sowie zum gleich gelagerten Fall nach § 14 Abs. 2 ZDG das hg. Erkenntnis vom 24. August 1999, Zl. 99/11/0082, hinsichtlich eines Antrags auf Aufschiebung des Antrittes des ordentlichen Zivildienstes). Diese Auslegung des § 36a Abs. 3 Z. 1 WG steht in Übereinstimmung mit den oben zitierten Ausführungen zur RV einer ZDG-Novelle 1995, die ausdrücklich auf die Fallkonstellation "Hochschulstudium nach abgelegter Reifeprüfung" Bezug nehmen und damit zum Ausdruck bringen, dass die Aufnahme eines Hochschulstudiums nicht als Fortsetzung einer mit Reifeprüfung abgeschlossenen Schulausbildung zu qualifizieren ist.

Abgesehen von der erwähnten Konstellation enthält die Regierungsvorlage jedoch keinen Hinweis darauf, welches Verständnis von einer "laufenden Schul- oder Hochschulausbildung oder sonstigen Berufsvorbereitung" § 36a Abs. 3 Z. 1 WG zu Grunde gelegt wurde.

Zunächst ist davon auszugehen, dass § 36a Abs. 3 Z. 1 WG mangels einer diesbezüglichen Einschränkung nicht nur Studien an österreichischen Hochschulen erfasst. Da dem Gesetzgeber bei Erlassung des § 36a Abs. 3 WG klar sein musste, dass Studien an ausländischen Hochschulen hinsichtlich ihrer Untergliederung in einzelne Abschnitte und Ausbildungsstufen nicht notwendig mit Studien an einer österreichischen Hochschule übereinstimmen, muss angenommen werden, dass in jedem Einzelfall zu beurteilen ist, ob eine vom Aufschubwerber ausgeübte Tätigkeit nach den maßgeblichen Studienvorschriften oder - als faktisch unumgängliche Voraussetzung für eine erfolgreiche Absolvierung einer weiteren Phase des Studiums - als integrierender Bestandteil des zum Stichtag bereits betriebenen Studiums angesehen werden kann. Trifft dies zu, so ist weiters davon auszugehen, dass der Aufschubwerber weiterhin in einer laufenden Hochschulausbildung im Sinne des § 36a Abs. 3 Z. 1 WG steht, und zwar selbst dann, wenn er auf Grund der bereits absolvierten Phasen des Studiums schon einen akademischen Grad erworben oder einen Ausbildungsstand erreicht hat, der ihm eine entsprechend qualifizierte Berufstätigkeit auch ohne Fortsetzung des Studiums ermöglichte. Die Behörde hat hiezu Ermittlungen zu pflegen, die ihr begründete Feststellungen über die Stellung der vom Aufschubwerber ausgeübten Tätigkeit im Gesamtrahmen seines Studiums erlauben. Sie wird dabei im Regelfall den Aufschubwerber aufzufordern haben, nähere Auskünfte zu erteilen, und eine allfällige unterlassene Mitwirkung an der Sachverhaltsfeststellung in ihre Beweiswürdigung einfließen lassen können.

Solche Ermittlungen hat die belangte Behörde im Beschwerdefall gänzlich unterlassen. Auf der Grundlage ihrer Feststellungen im angefochtenen Bescheid, die im Wesentlichen in der Übernahme des wenig aussagekräftigen Vorbringens des Beschwerdeführers im Verwaltungsverfahren bestehen, lässt sich aber nach dem Vorgesagten nicht beurteilen, ob die Labortätigkeit des Beschwerdeführers bei der gebotenen Gesamtbetrachtung als integrierender Bestandteil seines Studiums oder bloß als eine von seinem bisherigen Studium losgelöst zu wertende bezahlte Praxis, die ein für später geplantes Doktoratsstudium allenfalls erleichtert, zu werten ist. Zwar übersieht der Verwaltungsgerichtshof nicht, dass der Beschwerdeführer seinerseits weder im Verwaltungsverfahren noch in der Beschwerde Angaben macht, die eine diesbezügliche rechtliche Beurteilung ermöglichen, der Beschwerdeführer war aber ungeachtet der bereits erwähnten Mitwirkungsobliegenheit nicht gehalten, von sich aus (initiativ) darzulegen, dass er die Voraussetzungen des § 36a Abs. 3 Z. 1 WG erfüllt.

Der angefochtene Bescheid leidet daher an einem wesentlichen Feststellungs- und Begründungsmangel, weshalb er gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. b und c VwGG aufzuheben war.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Wien, am 20. März 2001

Schlagworte

Sachverhalt Sachverhaltsfeststellung Materielle Wahrheit Sachverhalt Sachverhaltsfeststellung Mitwirkungspflicht

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2001:1999110102.X00

Im RIS seit

29.05.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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