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41 Innere AngelegenheitenNorm
B-VG Art18 Abs1Leitsatz
Verstoß einer Entscheidung des Asylgerichtshofes über eine Beschwerdegegen die Zurückweisung des Antrags auf internationalen Schutz gegendas Willkürverbot des Gebots der Gleichbehandlung von Fremdenuntereinander und das Rechtsstaatsprinzip; rechtsstaatliches Gebotder Begründung gerichtlicher Entscheidungen; lediglich kursorischeVerweisung auf die Begründung des letztinstanzlichen Bescheides durchden AsylgerichtshofSpruch
Der Beschwerdeführer ist durch die angefochtene Entscheidung im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Gleichbehandlung von Fremden untereinander verletzt worden.
Die Entscheidung wird aufgehoben.
Der Bund (Bundeskanzler) ist schuldig, dem Beschwerdeführer zuhanden seines Rechtsvertreters die mit € 2.400,-- bestimmten Prozesskosten binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution zu erstatten.
Begründung
Entscheidungsgründe:
I. 1. Der Beschwerdeführer, ein Staatsangehöriger von Nigeria, stellte am 19. August 2008 einen Antrag auf internationalen Schutz und brachte in diesem vor, dass er Nigeria habe verlassen müssen, da er vom Vater seiner Braut, die moslemischen Glaubens sei, als Christ nicht akzeptiert würde. Deswegen sei er tätlich angegriffen worden und krankenhausreif geprügelt worden. Der Vater seiner Braut sei in Nigeria sehr bekannt und angesehen, eine Anzeige bei der Polizei hätte nichts gebracht.
2. Das Bundesasylamt (im Folgenden: BAA) wies den Asylantrag mit Bescheid vom 2. Oktober 2008 gemäß §§3 iVm 2 Abs1 Z13 Asylgesetz 2005 ab, wies den Antrag auf Zuerkennung subsidiären Schutzes gemäß §§8 iVm 2 Abs1 Z13 leg.cit. ab und wies den nunmehrigen Beschwerdeführer gemäß §10 Abs1 Z3 leg.cit. aus dem österreichischen Bundesgebiet nach Nigeria aus.
3. Die dagegen erhobene, durchaus ausführliche Beschwerde vom 16. Oktober 2008 hat der Asylgerichtshof (im Folgenden: AsylGH) mit dem angefochtenen Erkenntnis gemäß §§3 Abs1, 8 Abs1 Z1 und 10 Abs1 Asylgesetz 2005 als unbegründet abgewiesen. In der Begründung des Erkenntnisses wird zunächst in kürzester Form der Verfahrenshergang geschildert sowie bezüglich der Angaben des Beschwerdeführers vollinhaltlich auf den BAA-Bescheid verwiesen, eine genauere Bezeichnung der bezüglichen Teile des Bescheides erfolgt nicht.
Die folgenden rechtlichen Ausführungen lauten wie folgt (Hervorhebungen im Original):
"II. Der Asylgerichtshof hat erwogen:
Mit 1.7.2008 ist das Asylgerichtshofgesetz (AsylGHG) in Kraft getreten.
Gem. §23 AsylGHG sind, soweit sich aus dem Bundes-Verfassungsgesetz - B-VG, BGBl. Nr. 1/1930 dem Asylgesetz 2005 - AsylG 2005, BGBl. I Nr. 100, und dem Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985 - VwGG, BGBl. Nr. 10, nicht anderes ergibt, auf das Verfahren vor dem Asylgerichtshof die Bestimmungen des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991 - AVG, BGBl. Nr. 51, mit der Maßgabe sinngemäß anzuwenden, dass an die Stelle des Begriffs 'Berufung' der Begriff 'Beschwerde' tritt.
Mit 1.1.2006 ist das Asylgesetz 2005 (AsylG) in Kraft getreten.
§61 AsylG 2005 lautet wie folgt:
(1) Der Asylgerichtshof entscheidet in Senaten oder, soweit dies in Abs3 vorgesehen ist, durch Einzelrichter über
1. Beschwerden gegen Bescheide des Bundesasylamtes und
2. Beschwerden wegen Verletzung der Entscheidungspflicht des Bundesasylamtes.
(2) Beschwerden gemäß Abs1 Z2 sind beim Asylgerichtshof einzubringen. Im Fall der Verletzung der Entscheidungspflicht geht die Entscheidung auf den Asylgerichtshof über. Die Beschwerde ist abzuweisen, wenn die Verzögerung nicht auf ein überwiegendes Verschulden des Bundesasylamtes zurückzuführen ist.
(3) Der Asylgerichtshof entscheidet durch Einzelrichter über Beschwerden gegen
1. zurückweisende Bescheide
a)
wegen Drittstaatssicherheit gemäß §4;
b)
wegen Zuständigkeit eines anderen Staates gemäß §5
c)
wegen entschiedener Sache gemäß §68 Abs1 AVG, und
2. die mit diesen Entscheidungen verbundene Ausweisung
(4) Über die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung einer Beschwerde entscheidet der für die Behandlung der Beschwerde zuständige Einzelrichter oder Senatsvorsitzende.
Gem. §2 Abs1 Z13 AsylG ist im Sinne dieses Bundesgesetzes ein Antrag auf internationalen Schutz: das - auf welche Weise auch immer artikulierte - Ersuchen eines Fremden in Österreich, sich dem Schutz Österreichs unterstellen zu dürfen; der Antrag gilt als Antrag auf Zuerkennung des Status des Asylberechtigten und bei Nichtzuerkennung des Status des Asylberechtigten als Antrag auf Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten.
Gemäß §3 Abs1 AsylG 2005 ist einem Fremden, der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, soweit dieser Antrag nicht wegen Drittstaatsicherheit oder Zuständigkeit eines anderen Staates zurückzuweisen ist, der Status des Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn glaubhaft ist, dass ihm im Herkunftsstaat Verfolgung im Sinne des Art1 Abschnitt A Z2 Genfer Flüchtlingskonvention droht.
Gemäß §8 Abs1 AsylG 2005 ist der Status des subsidiär Schutzberechtigten einem Fremden zuzuerkennen,
1.
der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, wenn dieser in Bezug auf die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten abgewiesen wird oder
2.
dem der Status des Asylberechtigten aberkannt worden ist,
wenn eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat eine reale Gefahr einer Verletzung von Art2 EMRK, Art3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde.
Gemäß §10 Abs1 Z1 AsylG 2005 ist eine Entscheidung nach diesem Bundesgesetz mit einer Ausweisung zu verbinden, wenn der Antrag auf internationalen Schutz zurückgewiesen wird.
Gemäß §10 Abs2 AsylG 2005 sind Ausweisungen nach Abs1 unzulässig, wenn
1.
dem Fremden im Einzelfall ein nicht auf dieses Bundesgesetz gestütztes Aufenthaltsrecht zukommt oder
2.
diese eine Verletzung von Art8 EMRK darstellen würden.
Gemäß §10 Abs3 AsylG 2005 ist, wenn die Durchführung der Ausweisung aus Gründen, die in der Person des Asylwerbers liegen, eine Verletzung von Art3 EMRK darstellen würde und diese nicht von Dauer sind, gleichzeitig mit der Ausweisung auszusprechen, dass die Durchführung für die notwendige Zeit aufzuschieben ist.
Gemäß §10 Abs4 AsylG 2005 gilt eine Ausweisung, die mit einer Entscheidung gemäß Abs1 Z1 verbunden ist, stets auch als Feststellung der Zulässigkeit der Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung in den betreffenden Staat. Besteht eine durchsetzbare Ausweisung, hat der Fremde unverzüglich auszureisen.
Die vom Antragsteller im Rahmen des durchgeführten Verfahrens relevierten Umstände konnten nicht als Sachverhalt festgestellt werden, da den gesamten Aussagen des Antragstellers die Glaubwürdigkeit zu versagen war.
Da im gegenständlichen Verfahren die Aussage des Antragstellers die zentrale Erkenntnisquelle darstellt, müssen die Angaben des Antragstellers bei einer Gesamtbetrachtung auf ihre Glaubwürdigkeit überprüft werden.
Eine Aussage ist grundsätzlich dann als glaubhaft zu qualifizieren, wenn das Vorbringen des Asylwerbers hinreichend substantiiert ist; er sohin in der Lage ist, konkrete und detaillierte Angaben über von ihm relevierte Umstände bzw. seine Erlebnisse zu machen. Weiters muss das Vorbringen plausibel sein, d. h. mit überprüfbaren Tatsachen oder der allgemeinen Lebenserfahrung entspringenden Erkenntnissen übereinstimmen.
Hingegen scheinen erhebliche Zweifel am Wahrheitsgehalt einer Aussage angezeigt, wenn der Asylwerber den seiner Meinung nach seinen Antrag stützenden Sachverhalt bloß vage schildert oder sich auf Gemeinplätze beschränkt. Weiteres Erfordernis für den Wahrheitsgehalt einer Aussage ist, dass die Angaben in sich schlüssig sind; so darf sich der Antragsteller nicht in wesentlichen Passagen seiner Aussage widersprechen.
Diesen Anforderungen werden die Angaben des Asylwerbers nicht gerecht:
So fällt etwa sofort auf, dass der Asylwerber im Rahmen seiner Erstbefragung bei der Polizeiinspektion Traiskirchen Erstaufnahmestelle am 19.8.2008 angegeben hat, dass er "oft verprügelt" bzw. "öfter verprügelt" worden sei (AS. 21), während er hingegen bei seinen weiteren Einvernahmen vor dem Bundesasylamt behauptete, dass es nur einen gewalttätigen Übergriff auf ihn gegeben habe (AS. 79). Bereits an dieser Stelle entsteht der begründete Eindruck, dass die vom Asylwerber zu Protokoll gegebene Bedrohungssituation tatsächlich nicht mit der Wirklichkeit übereinstimmt, da nach menschlichem Ermessen undenkbar erscheint, dass sich eine Person darüber irren würde, ob sie nur einmal oder aber mehrmals misshandelt worden wäre. Die diesbezügliche Erklärung des Asylwerbers nach Vorhalt dieses enormen Widerspruches in seinen Angaben, nämlich, dass er die am 19.8.2008 vor der Polizeiinspektion Traiskirchen getätigte Aussage, wonach er oftmals verprügelt worden sei, nie gesagt habe, vermag nicht zu überzeugen und ist erkennbar eine bloße Ausrede, da an zwei verschiedenen Stellen des Protokolls davon die Rede ist, dass er "oft" bzw. "öfter" verprügelt worden sei. Ein Missverständnis bzw. ein Übersetzungsfehler kann daher ausgeschlossen werden, dies auch noch umso mehr, als das damalige Protokoll dem Asylwerber rückübersetzt worden ist und er keinerlei Beanstandungen vorgenommen hat.
In gleicher Weise divergieren die Angaben des Asylwerbers hinsichtlich des Zeitpunktes des behaupteten Übergriffes. So behauptete er am 28.8.2008, dass sich dieser Vorfall Ende des vorigen Monats - sohin Ende Juli 2008 - ereignet habe (AS. 35 oben), während er hingegen im Rahmen seiner weiteren Einvernahme behauptete, dass der Vorfall Anfang Juli gewesen wäre (AS. 79). Wenn man nun bedenkt, dass zum Zeitpunkt der Einvernahme des Asylwerbers am 28.8. der behauptete Vorfall, sohin nach der ersten Version etwa vier Wochen zurücklag, hingegen nach der späteren Version etwa acht Wochen, so erscheint erneut klar, dass der Asylwerber offensichtlich nur eine eingelernte Rahmengeschichte zu Protokoll gegeben hat, die entsprechenden Umstände jedoch niemals erlebt hat, da einer Person erinnerlich sein müsste, ob die Misshandlung erst vier Wochen oder bereits ca. acht Wochen zurückliegt. Dies gilt noch umso mehr, als der Asylwerber im Rahmen der letzten Einvernahme behauptet hat, dass seine Misshandlungen so gravierend gewesen seien, dass er sich eine Woche lang im Spital befunden habe. Derartige wohl äußerst einprägsame Umstände würde man vier Wochen später nicht zeitlich völlig falsch einordnen.
Schließlich fällt auch auf, dass der Asylwerber im Rahmen seiner Einvernahme vom 28.8. kein Wort davon erwähnt hat, dass er sich eine Woche lang im Spital befunden habe, was jedoch angesichts der Schwere der später behaupteten Verletzungen, die einen einwöchigen Spitalsaufenthalt notwendig gemacht hätten, nicht nachvollziehbar erscheint. Seine diesbezügliche Erklärung nach entsprechendem Vorhalt, dass ihm der einwöchige Spitalsaufenthalt bei seiner vorhergehenden Einvernahme "nicht eingefallen" sei, erscheint erneut als bloße Ausrede, da nicht vorstellbar ist, dass eine Person in einer solchen Situation dies einfach vergessen würde.
Bei einer abwägenden Gesamtbetrachtung jener Umstände, die für die Glaubwürdigkeit der behaupteten Bedrohungssituation sprechen - dies ist letztlich allein die Behauptung des Asylwerbers, dass seine Geschichte wahr ist - und jener Argumente, die gegen die Glaubwürdigkeit des Vorbringens sprechen, überwiegen die zuletzt genannten bei weitem, sodass es dem Asylwerber nicht gelungen ist, seine Angaben glaubhaft zu machen und ihm folglich auch kein Asyl gewährt werden konnte.
Auch die Behörde erster Instanz hat unter Darlegung umfassender Erwägungen in schlüssig nachvollziehbarer Weise ausgeführt, dass das zentrale Vorbringen des Antragstellers nicht der Wahrheit entspricht und hat hinsichtlich aller drei Spruchpunkte in der Begründung des Bescheides vom 2.10,2008, Zahl: 08 07.366-BAE die Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens, die bei der Beweiswürdigung maßgebenden Erwägungen und die darauf gestützte Beurteilung der Rechtsfrage klar und übersichtlich zusammengefasst. Der Asylgerichtshof schließt sich den diesbezüglichen Ausführungen des Bundesasylamtes im angefochtenen Bescheid an und erhebt diese zum Inhalt des gegenständlichen Erkenntnisses.
Sohin war spruchgemäß zu entscheiden.
..."
3. In der gegen diese Entscheidung gem. Art144a B-VG erhobenen Beschwerde wird die Verletzung verfassungsgesetzlich gewährleisteter Rechte (auf Gleichbehandlung von Fremden untereinander sowie gemäß Art2, 3, 6, 8, 13 und 14 EMRK) geltend gemacht, Literaturbeispiele und Berichte zitiert und die kostenpflichtige Aufhebung der angefochtenen Entscheidung beantragt.
4. Der Asylgerichtshof hat von der Erstattung einer Gegenschrift abgesehen und die Verwaltungsakten des Bundesasylamtes sowie die Gerichtsakten vorgelegt.
II. Der Verfassungsgerichtshof hat zur - zulässigen - Beschwerde erwogen:
1. Nach der mit VfSlg. 13.836/1994 beginnenden, nunmehr ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes (s. etwa VfSlg. 14.650/1996 und die dort angeführte Vorjudikatur; weiters VfSlg. 16.080/2001 und 17.026/2003) enthält ArtI Abs1 des Bundesverfassungsgesetzes zur Durchführung des Internationalen Übereinkommens über die Beseitigung aller Formen rassischer Diskriminierung, BGBl. 390/1973, das allgemeine, sowohl an die Gesetzgebung als auch an die Vollziehung gerichtete Verbot, sachlich nicht begründbare Unterscheidungen zwischen Fremden vorzunehmen. Diese Verfassungsbestimmung enthält ein - auch das Sachlichkeitsgebot einschließendes - Gebot der Gleichbehandlung von Fremden untereinander; deren Ungleichbehandlung ist also nur dann und insoweit zulässig, als hiefür ein vernünftiger Grund erkennbar und die Ungleichbehandlung nicht unverhältnismäßig ist. Eine Verletzung dieses Grundrechts liegt unter anderem vor, wenn die Behörde Willkür geübt hat.
Ein willkürliches Verhalten der Behörde, das in die Verfassungssphäre eingreift, liegt unter anderem in einer gehäuften Verkennung der Rechtslage, aber auch im Unterlassen jeglicher Ermittlungstätigkeit in einem entscheidenden Punkt oder dem Unterlassen eines ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahrens überhaupt, insbesondere in Verbindung mit einem Ignorieren des Parteivorbringens und einem leichtfertigen Abgehen vom Inhalt der Akten oder dem Außer-Acht-Lassen des konkreten Sachverhaltes (zB VfSlg. 15.451/1999, 15.743/2000, 16.354/2001, 16.383/2001).
Ein willkürliches Vorgehen liegt insbesondere dann vor, wenn die Behörde den Bescheid mit Ausführungen begründet, denen jeglicher Begründungswert fehlt (s. etwa VfSlg. 13.302/1992 mit weiteren Judikaturhinweisen, 14.421/1996, 15.743/2000). Für Entscheidungen des Asylgerichtshofes gelten sinngemäß dieselben verfassungsrechtlichen Schranken.
2. Derartige in die Verfassungssphäre reichende Fehler sind dem Asylgerichtshof unterlaufen:
2.1. Gemäß dem - aus dem Blickwinkel des Falles verfassungsrechtlich unbedenklichen - §23 AsylGHG sind auf das Verfahren vor dem Asylgerichtshof u.a. die Bestimmungen des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991 - AVG, BGBl. Nr. 51, mit der Maßgabe sinngemäß anzuwenden, dass an die Stelle des Begriffs "Berufung" der Begriff "Beschwerde" tritt. Nach §60 AVG sind in der Begründung eines Bescheides die Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens, die bei der Beweiswürdigung maßgebenden Erwägungen und die darauf gestützte Beurteilung der Rechtsfrage klar und übersichtlich zusammenzufassen.
Wie der Verfassungsgerichtshof bereits in seinen Erkenntnissen vom 7. November 2008, U67/08, und vom 3. Dezember 2008, U131/08, ausgeführt hat, ist der AsylGH - ungeachtet der sinngemäßen Anwendbarkeit des AVG - nicht als Berufungsbehörde eingerichtet. Anders als die Unabhängigen Verwaltungssenate und insbesondere noch der Unabhängige Bundesasylsenat ist der Asylgerichtshof nicht eine Verwaltungsbehörde, sondern ein Gericht; anders als die Bescheide jener Behörden unterliegen seine Entscheidungen nicht der nachprüfenden Kontrolle des Verwaltungsgerichtshofes.
Bereits aus diesen Unterschieden wird deutlich, dass die zu §67 iVm §60 AVG ergangene Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, wonach die Berufungsbehörde berechtigt ist, näher bezeichnete Teile des angefochtenen Bescheides zum Inhalt ihrer Entscheidung zu erheben, ohne sie wiederholen zu müssen (zB VwGH 4.10.1995, 95/01/0045; 24.11.1999, 99/01/0280; 8.3.1999, 98/01/0278; 25.3.1999, 98/20/0559; 30.11.2000, 2000/20/0356), auf Entscheidungen des Asylgerichtshofes nicht übertragbar ist.
Mag eine entsprechende Verweisung auf unterinstanzliche Bescheide in Bescheiden von Berufungsbehörden noch im Interesse der Verfahrensökonomie gelegen sein, so ist diese Begründungstechnik dann nicht mehr hinnehmbar, wenn die verweisende Entscheidung von einem (nicht im Instanzenzug übergeordneten) Gericht erlassen wird, welches überdies seinerseits nicht mehr der Kontrolle durch ein weiteres Gericht unterliegt.
2.2. Wenn der Asylgerichtshof die Begründung des bei ihm angefochtenen Bescheides im Wege der Verweisung zum Inhalt seiner eigenen Entscheidung macht, so kommt er nicht nur den Anforderungen des §60 AVG nicht nach, sondern entspricht er auch den rechtsstaatlichen Mindestanforderungen an die Begründung einer gerichtlichen Entscheidung nicht. Zwar ist es nicht unzulässig, Teile der Begründung der Bescheide der Verwaltungsbehörde wörtlich wiederzugeben. Es widerspricht aber grundlegenden rechtsstaatlichen Anforderungen an die Begründung von Entscheidungen eines (insoweit erstinstanzlich entscheidenden) Gerichts, wenn sich der Sachverhalt, Beweiswürdigung und rechtliche Beurteilung nicht aus der Gerichtsentscheidung selbst, sondern erst aus einer Zusammenschau mit der Begründung der Bescheide ergibt. Die für die bekämpfte Entscheidung maßgeblichen Erwägungen müssen aus der Begründung der Entscheidung hervorgehen, da nur auf diese Weise die rechtsstaatlich gebotene Kontrolle durch den Verfassungsgerichthof möglich ist (vgl. VfSlg. 17.901/2006, 18.000/2006).
2.3. In der angefochtenen Entscheidung hat der belangte Asylgerichtshof nicht selbst den Anforderungen des §60 AVG entsprochen, sondern zunächst nur die Begründung des Bundesasylamtes mit den Worten des §60 AVG qualifiziert und erklärt, dass er sich "den diesbezüglichen Ausführungen des Bundesasylamtes im angefochtenen Bescheid an[schließt] und ... diese zum Inhalt des gegenständlichen Erkenntnisses [erhebt]". Darüber hinaus wird nur auf das Vorbringen des Beschwerdeführers vor dem Bundesasylamt hinsichtlich der Glaubwürdigkeit des Beschwerdeführers eingegangen, eine Auseinandersetzung mit der Beschwerde an den AsylGH erfolgt nicht.
Die Begründung ist insgesamt mangels hinreichender Darstellung des Sachverhalts und angesichts dessen, dass sich die Wiedergabe der Begründung des Bescheides des Bundesasylamtes auf den zusammenfassenden letzten Satz beschränkt, nicht in einer Weise nachvollziehbar, dass dem Willkürverbot des Gebotes der Gleichbehandlung von Fremden untereinander und dem rechtsstaatlichen Gebot der Begründung gerichtlicher Entscheidungen entsprochen wäre.
3. Die angefochtene Entscheidung ist daher aufzuheben. Bei diesem Ergebnis war auf das weitere Vorbringen in der Beschwerde nicht mehr einzugehen.
III. Diese Entscheidung konnte gemäß §19 Abs4 erster Satz VfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung getroffen werden.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf §§88a iVm 88 VfGG. In den zugesprochenen Kosten ist Umsatzsteuer in der Höhe von € 400,-- enthalten.
Schlagworte
Asylgerichtshof, Asylrecht, Bescheidbegründung, Anwendbarkeit AVG,Verwaltungsverfahren, Berufung, RechtsstaatsprinzipEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:2009:U1125.2008Zuletzt aktualisiert am
03.04.2009