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44 Zivildienst;Norm
ZDG 1986 §2 Abs1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Waldner und die Hofräte Dr. Graf, Dr. Gall, Dr. Pallitsch und Dr. Schick als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Lenhart, über die Beschwerde des D in T, vertreten durch Dr. Clement Achammer, Mag. Martin Mennel, Dr. Rainer Welte, Mag. Clemens Achammer und Dr. Thomas Kaufmann, Rechtsanwälte in 6800 Feldkirch, Schloßgraben 10, gegen den Bescheid des Zivildienstrates beim Bundesministerium für Inneres vom 17. März 1999, Zl. 193007/6-ZDR/99, betreffend Aufhebung der Zivildienstpflicht, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Bescheid vom 3. Jänner 1995 stellte der Bundesminister für Inneres gemäß § 5 Abs. 4 des Zivildienstgesetzes (ZDG) fest, dass die Zivildiensterklärung des Beschwerdeführers vom 7. April 1994 den gesetzlichen Anforderungen des § 2 Abs. 1 ZDG entspreche und der Beschwerdeführer mit diesem Tag gemäß § 2 Abs. 2 ZDG zivildienstpflichtig sei. In der Folge leistete der Beschwerdeführer seinen ordentlichen Zivildienst in der Zeit vom 5. Februar bis zum 31. Dezember 1996.
In einem an den Zivildienstrat gerichteten, am 19. Jänner 1999 zur Post gegebenen Schreiben teilte der Beschwerdeführer mit, dass er seit dem 13. Jänner 1997 bei der Bundesgendarmerie als Vertragsbediensteter beschäftigt sei und somit einem Wachkörper des Bundes angehöre. Als Beweismittel lege er eine Kopie des Dienstvertrages bei (nach dem vorgelegten Dienstvertrag ist der Beschwerdeführer seit dem 13. Jänner 1997 beim Landesgendarmeriekommando für Vorarlberg in der Kriminalabteilung - Lichtbildstelle in Gisingen als Vertragsbediensteter I d beschäftigt). Im Herbst 2000 wolle er in die Gendarmerieschule eintreten und diese absolvieren. Voraussetzung für den Eintritt in die Gendarmerieschule sei der abgeleistete Präsenzdienst beim Bundesheer, welchen er nun nachholen wolle. Er weise daraufhin, dass er den ordentlichen Zivildienst in der Zeit vom 5. Februar 1996 bis 31. Dezember 1996 abgeleistet habe und aus diesem Grund den Präsenzdienst in der Dauer von nur vier Monaten leisten müsse. Er bitte den Zivildienstrat um Aufhebung der Zivildienstpflicht und um weitere Veranlassung, um den Präsenzdienst in der Dauer von vier Monaten im Frühjahr 2000 beim Militärkommando für Vorarlberg antreten und in weiterer Folge sein berufliches Ziel erreichen zu können.
Mit Bescheid vom 17. März 1999 gab der Zivildienstrat dem Antrag des Beschwerdeführers vom 19. Jänner 1999 auf Aufhebung seiner Zivildienstpflicht gemäß § 6 Abs. 3 Z. 2 ZDG nicht statt. Begründend führte der Zivildienstrat nach Wiedergabe des Verwaltungsgeschehens und der maßgeblichen Rechtsvorschriften aus, die Aufhebungsgründe des § 6 Abs. 3 ZDG bezögen sich auf Personen, die Straftaten im Zusammenhang mit Waffen begangen (Z. 1) oder die einem Waffenverbot zuwidergehandelt hätten (Z. 3) sowie auf solche, welche Waffen - zwar im Rahmen der Gesetze, aber unter Umständen auch über die Fälle der Notwehr und Nothilfe hinaus - zu gebrauchen hätten (Z. 2). Einem "Wachkörper" gehöre nur an, wer für den (auch) bewaffneten Schutz der Bevölkerung zuständig sei, nicht aber Personen, die im Rahmen der Exekutive mit Verwaltungsaufgaben oder technischen Hilfsdiensten betraut seien. Nach dem vorgelegten Dienstvertrag, der Auskunft der Dienstbehörde und den eigenen Angaben des Beschwerdeführers sei dieser in der Lichtbildstelle der Kriminalabteilung des Landesgendarmeriekommandos für Vorarlberg mit Fotogrammetrie beschäftigt. Er verrichte somit technische Dienste, gehöre aber keinem (bewaffneten) Wachkörper an. Da der Besuch der Gendarmerieschule und damit der Übertritt zu einem Wachkörper des Bundes nur geplant sei, aber noch keine fixe Zusage für den Besuch dieser Schule vorliege, könne auch daraus die Zugehörigkeit zu einem Wachkörper nicht begründet werden. Somit lägen die Voraussetzungen für einen Widerruf der Zivildienstpflicht gemäß § 6 Abs. 3 Z. 2 ZDG nicht vor.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde. Der Beschwerdeführer erachtet sich durch den angefochtenen Bescheid "in seinem Recht auf Aufhebung der Zivildienstpflicht gemäß § 6 Abs 3 Z 2 ZDG verletzt".
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat über die Beschwerde erwogen:
Durch die Zivildienstgesetz-Novelle 1991, BGBl. Nr. 675, wurden die §§ 5, 5a und 6 ZDG neu gefasst. In § 5 Abs. 4 war vorgesehen, dass der Bundesminister für Inneres, wenn eine Zivildiensterklärung Mängel im Sinne des Abs. 5 aufweist, wodurch sie nicht rechtswirksam werden kann, diese Mängel im Feststellungsbescheid einzeln anzuführen habe. Als solcher Mangel galt u.a. (Z. 3) das Vorliegen von Tatsachen gemäß § 5a Abs. 1 ZDG. Gemäß § 5a Abs. 1 Z. 2 ZDG galt als Tatsache im Sinne des § 5 Abs. 5 Z. 3 die Zugehörigkeit des Zivildienstwerbers zu einem Wachkörper des Bundes oder einer Gemeinde zum Zeitpunkt der Abgabe seiner Zivildiensterklärung. § 6 lautete (auszugsweise):
"§ 6. (1) Der Zivildienstpflichtige kann dem Bundesminister für Inneres gegenüber schriftlich erklären oder mündlich zu Protokoll geben, dass er die Erfüllung der Wehrpflicht nicht mehr aus den im § 2 Abs. 1 genannten Gewissensgründen verweigere. Eine solche Erklärung ist nicht zulässig, wenn
1. der Zivildienstpflichtige seinen ordentlichen Zivildienst noch nicht abgeleistet hat und seit Eintritt der Rechtswirksamkeit der Erklärung nach § 2 Abs. 1 noch kein Jahr verstrichen ist oder
2. der in Z. 1 genannte Zeitraum zwar verstrichen, der Zivildienstpflichtige jedoch im Besitze eines rechtskräftigen Zuweisungsbescheides zur Ableistung des Zivildienstes ist oder einen solchen Dienst gerade leistet.
(2) Der Bundesminister für Inneres hat mit Bescheid festzustellen, ob eine rechtsgültige Erklärung vorliegt.
(3) Werden dem Zivildienstrat über den Zivildienstpflichtigen Tatsachen gemäß § 5a Abs. 1 bekannt, so hat er den gemäß § 2 Abs. 1 rechtskräftig gewordenen Bescheid zu widerrufen.
(4) Mit Rechtskraft der in Abs. 2 und 3 genannten Bescheide unterliegt der Betreffende der Wehrpflicht im Sinne des Wehrgesetzes. ...
..."
In den Gesetzesmaterialien (RV, 249 BlgNR 18. GP, 20) ist davon die Rede, dass für den Widerruf von "Amts wegen" nun das Kollegialorgan Zivildienstrat zuständig sei. In den Erläuterungen zu § 6 ist weiters davon die Rede, dass die für einen "amtswegigen Widerruf" maßgeblichen Tatsachen, darunter die Zugehörigkeit zu einem Wachkörper des Bundes oder einer Gemeinde, bereits im Gesetz (§ 5a Abs. 1) detailliert angegeben seien.
Durch die Zivildienstgesetz-Novelle 1994, BGBl. Nr. 187, wurden die §§ 5a und 6 ZDG neuerlich geändert. Gemäß § 5a Abs. 1 Z. 2 ist nunmehr das Recht, eine Zivildiensterklärung abzugeben, ausgeschlossen, wenn der Wehrpflichtige einem Wachkörper (Art. 78 B-VG) angehört. § 6 Abs. 1 bis 4 ZDG lauteten in der Fassung dieser Novelle (auszugsweise):
"§ 6. (1) Der Zivildienstpflichtige kann die Zivildiensterklärung widerrufen. Hiezu muss er ausdrücklich erklären, dass er die Erfüllung der Wehrpflicht nicht mehr aus den im § 2 Abs. 1 genannten Gründen verweigere. Die Widerrufserklärung ist schriftlich oder mündlich beim Bundesminister für Inneres oder beim Militärkommando einzubringen. Das Recht, die Widerrufserklärung abzugeben, ist zwei Wochen nach Zustellung eines Zuweisungsbescheides ausgeschlossen. ...
(2) Mit Einbringung einer Widerrufserklärung gemäß Abs. 1 erlischt die Zivildienstpflicht. Der Bundesminister für Inneres hat mit Bescheid festzustellen, ob die Zivildienstpflicht erloschen ist.
(3) Der Zivildienstrat hat die Zivildienstpflicht aufzuheben, wenn ein Zivildienstpflichtiger
...
2. einem Wachkörper des Bundes oder einer Gemeinde angehört oder
...
(4) Mit Einbringung einer Widerrufserklärung (Abs. 2) und mit Aufhebung der Zivildienstpflicht (Abs. 3) unterliegt der Betreffende der Wehrpflicht im Sinne des Wehrgesetzes. ..."
Die Regierungsvorlage einer ZDG-Novelle 1994, 1467 BlgNR
18. GP, lautet (auszugsweise):
"Zu Art. II Z. 8 (§ 6 Abs. 1 bis 4):
Abs. 1 entspricht inhaltlich der bisherigen Fassung, wobei jedoch eine liberalere Regelung sowie die zusätzliche Möglichkeit der Einbringung einer solchen Erklärung beim Militärkommando vorgesehen ist. Der Einsatz im Zivildienst war jedoch sicherzustellen, sodass ein Widerruf nach Zustellung des Zuweisungsbescheides auszunehmen war.
Abs. 2 entspricht inhaltlich der bisherigen Rechtslage.
In Abs. 3 werden die Gründe für die Aufhebung der Zivildienstpflicht durch den Zivildienstrat dahingehend erweitert, dass ein Verstoß gegen das Verbot, Faustfeuerwaffen zu erwerben oder zu besitzen oder Schusswaffen zu führen, grundsätzlich gleichfalls zur Aufhebung der Zivildienstpflicht führen soll.
In Abs. 4 war eine Zitatanpassung vorzunehmen."
Durch die ZDG-Novelle 1996, BGBl. Nr. 788, wurde § 6 Abs. 1 ZDG neu gefasst. § 6 Abs. 1 bis 4 lauten seitdem (auszugsweise) wie folgt:
"§ 6. (1) Der Zivildienstpflichtige kann die Zivildiensterklärung widerrufen. Hiezu muss er erklären, dass er die Erfüllung der Wehrpflicht nicht mehr aus den im § 2 Abs. 1 genannten Gründen verweigere. Die Widerrufserklärung ist schriftlich oder mündlich beim Bundesminister für Inneres oder beim Militärkommando einzubringen. Das Recht, die Widerrufserklärung abzugeben, ist zwei Wochen nach Zustellung eines Zuweisungsbescheides sowie nach vollständiger Ableistung des ordentlichen Zivildienstes ausgeschlossen.
2) Mit Einbringung einer Widerrufserklärung gemäß Abs. 1 erlischt die Zivildienstpflicht. Der Bundesminister für Inneres hat mit Bescheid festzustellen, ob die Zivildienstpflicht erloschen ist.
(3) Der Zivildienstrat hat die Zivildienstpflicht aufzuheben, wenn ein Zivildienstpflichtiger
...
2. einem Wachkörper des Bundes oder einer Gemeinde angehört oder
...
(4) Mit Einbringung einer Widerrufserklärung (Abs. 2) und mit Aufhebung der Zivildienstpflicht (Abs. 3) unterliegt der Betreffende der Wehrpflicht im Sinne des Wehrgesetzes. ..."
Die Regierungsvorlage einer ZDG-Novelle 1996, 458 BlgNR
20. GP, führt zur Änderung des § 6 Abs. 1 ZDG Folgendes aus:
"Zu Art. I Z. 8 (§ 6 Abs. 1):
Analog zur Zivildiensterklärung soll auch die Erklärung gemäß § 6 Abs. 1 vom Erfordernis der Ausdrücklichkeit befreit werden.
Für Zivildienstpflichtige, die ihren ordentlichen Zivildienst zur Gänze geleistet haben, soll keine Möglichkeit zur Abgabe einer Widerrufserklärung bestehen. Die für solche Fälle bisher vorgesehene Dauer der Ausbildung von vier Monaten wird als nicht ausreichend empfunden; ein Grundrechtsanspruch auf Rückwechsel in den Wehrdienst besteht nicht. In jenen Fällen, in denen vor Abgabe der Widerrufserklärung der ordentliche Zivildienst nicht zur Gänze geleistet wurde, kann es zwar weiterhin zu einer so kurzen Ausbildungsdauer kommen (§ 6 Abs. 5), doch werde sich dabei im Hinblick auf § 2 Abs. 2 und § 14 um Ausnahmefälle handeln."
Wie sich aus der dargestellten Entstehungsgeschichte des § 6 ZDG ergibt, sieht diese Regelung zwei Möglichkeiten des Ausscheidens aus der Zivildienstpflicht vor. Einerseits kommt ein Widerruf der Zivildiensterklärung (vor der Novelle BGBl. Nr. 187/1994: der Erklärung, die Erfüllung der Wehrpflicht nicht mehr aus den im § 2 Abs. 1 genannten Gewissensgründen zu verweigern) in Frage, andererseits eine Aufhebung der Zivildienstpflicht durch den Zivildienstrat, und zwar, wie die erwähnten Gesetzesmaterialien unmissverständlich zeigen, von Amts wegen (vor der Novelle BGBl. Nr. 187/1994: ein Widerruf des gemäß § 2 Abs. 1 rechtskräftig gewordenen Bescheides). Von sich aus kann der Zivildienstpflichtige nur die Zivildiensterklärung widerrufen, hingegen hat der Zivildienstrat bei Vorliegen der im § 6 Abs. 3 Z. 1 bis 3 genannten Voraussetzungen von Amts wegen die Zivildienstpflicht aufzuheben. Es handelt sich dabei um Fallkonstellationen, in denen nach den Vorstellungen des Gesetzgebers eine Unvereinbarkeit mit dem Inhalt der Zivildiensterklärung vorliegt. Eine Aufhebung der Zivildienstpflicht durch den Zivildienstrat, die sich als staatlicher Eingriff in eine vom Betroffenen erreichte Rechtsposition (Zivildienstpflicht anstelle von Wehrpflicht) darstellt, auf Antrag eines Zivildienstpflichtigen ist nach der Konzeption des ZDG unzulässig.
Die belangte Behörde hätte den Antrag des Beschwerdeführers auf Aufhebung der Zivildienstpflicht - dass nicht bloß eine Anregung in Richtung auf Aufhebung der Zivildienstpflicht vorlag, ergibt sich implizit auch aus der Formulierung des Beschwerdepunktes - als unzulässig zurückzuweisen gehabt. Indem sie den Antrag des Beschwerdeführers, wie sich aus ihrer Begründung, die auf das Nichtvorliegen der in § 6 Abs. 3 Z. 2 ZDG umschriebenen Voraussetzungen abstellt, ergibt, in der Sache abwies, wurde der Beschwerdeführer jedoch in dem von ihm ausschließlich als Beschwerdepunkt geltenden gemachten Recht auf Aufhebung der Zivildienstpflicht nicht in Rechten verletzt.
Der Verwaltungsgerichtshof übersieht nicht, dass der Beschwerdeführer, der seinen ordentlichen Zivildienst bereits vollständig abgeleistet hat, infolge der Neufassung des § 6 Abs. 1 ZDG durch die Novelle 1996 am Widerruf seiner Zivildiensterklärung gehindert ist, weshalb er, wie seine im Verwaltungsverfahren und in der Beschwerde geschilderten Berufsvorstellungen zeigen, ein wirtschaftliches Interesse an der Aufhebung der Zivildienstpflicht haben mag. Der Ausschluss der Möglichkeit des Widerrufs der Zivildiensterklärung nach vollständiger Ableistung des ordentlichen Zivildienstes durch § 6 Abs. 1 ZDG hat aber keine Änderung des § 6 Abs. 3 ZDG mit sich gebracht, dem gemäß die Aufhebung der Zivildienstpflicht, wie dargestellt, nur von Amts wegen vorgesehen ist.
Aus diesen Erwägungen war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen, ohne dass auf die Frage eingegangen zu werden brauchte, ob der Beschwerdeführer, wie er vermeint, Angehöriger des Wachkörpers Bundesgendarmerie ist.
Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
Wien, am 20. März 2001
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2001:1999110219.X00Im RIS seit
29.05.2001