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96 StraßenbauNorm
B-VG Art139 Abs1 / IndividualantragLeitsatz
Zurückweisung des Individualantrags eines Grundeigentümers aufAufhebung einer Trassenverordnung betreffend ein Autobahnteilstückangesichts der Möglichkeit der Bekämpfung des letztinstanzlichenBescheides im bereits anhängigen EnteignungsverfahrenSpruch
Der Antrag wird zurückgewiesen.
Begründung
Begründung:
I. 1. Der Bundesminister für Verkehr, Innovation und
Technologie erließ am 12. Mai 2005 die Verordnung betreffend die Bestimmung des Straßenverlaufes der A 5 Nord Autobahn, Abschnitt Eibesbrunn - Schrick, im Bereich der Gemeinden Großebersdorf, Wolkersdorf, Ulrichskirchen-Schleinbach, Hochleithen, Bad Pirawarth und Gaweinstal, BGBl. II 131/2005 aufgrund des §4 Abs1 des Bundesstraßengesetzes 1971 (BStG 1971), BGBl. 286, idF BGBl. I 95/2004, und des dritten Abschnittes des Umweltverträglichkeitsprüfungsgesetzes (UVP-G 2000), BGBl. 697/1993, idF BGBl. I 50/2002 und der Kundmachung BGBl. I 84/2004.
2. Mit dieser (nunmehr angefochtenen) Verordnung wird der oben beschriebene Straßenverlauf wie folgt bestimmt:
"Die neu herzustellende Straßentrasse beginnt, als Teil einer höchstrangigen Verkehrsverbindung zwischen Wien und Brünn/Tschechien, im Anschluss an den Knoten Eibesbrunn (S 1 Wiener Außenring Schnellstraße) auf dem Gebiet der Gemeinde Großebersdorf. Nördlich des Knotens verläuft die Trasse in einem Tunnel zwischen Eibesbrunn und Großebersdorf und folgt sodann der bestehenden Umfahrung Wolkersdorf. Ab der Anschlussstelle Wolkersdorf Nord verläuft die Trasse im Bereich der bestehenden Brünner Straße (Niederösterreichische Landesstraße B 7) durch den Hochleithenwald östlich von Kronberg und Traunfeld. Danach schwenkt die Trasse in einem großen Linksbogen aus der bestehenden B 7-Trasse heraus und umfährt in einer Rechtsbogenfolge Kollnbrunn und Gaweinstal im Westen. Nördlich von Gaweinsthal geht die Trasse in einem Linksbogen wieder in jene der bestehenden B 7 über und folgt dieser bis zur Anschlussstelle Schrick. Neben den genannten Anschlussstellen werden folgende Anschlussstellen festgelegt: Anschlussstelle Wolkersdorf Süd, Halbanschlussstelle Ulrichskirchen, Anschlussstelle Hochleithen, Halbanschlussstelle Gaweinstal Mitte und Halbanschlussstelle Gaweinstal Nord. Über deren Rampen wird die Verbindung zum untergeordneten Straßennetz hergestellt.
Im einzelnen ist der Verlauf der Trasse aus dem Verordnungsplan, (Blätter 1-9, Planzeichen A5/10-02 im Maßstab 1:2000) zu ersehen. Die Festlegung der Straßenachsen erfolgt auf Grundlage des von der Autobahnen- und Schnellstraßen-Finanzierungs-Aktiengesellschaft (ASFINAG) als Projektwerberin im März 2003 eingereichten Projektes.
Der vorgenannte Verordnungsplan, die Projektsunterlagen sowie die Beilagen 1 und 2 zum Erlass
Zl. BMVIT-312.505/0035-II/ST-ALG/2004, welche die schriftliche Darlegung der wesentlichen Entscheidungsgründe unter Berücksichtigung der Ergebnisse der Umweltverträglichkeitsprüfung und die daraus resultierenden Maßnahmen enthalten, liegen beim Bundesministerium für Verkehr, Innovation und Technologie, Sektion II, Abteilung ST3, Regierungsgebäude, 1010 Wien, Stubenring 1, beim Amt der Niederösterreichischen Landesregierung und in den Gemeindeämtern der Gemeinden Großebersdorf, Wolkersdorf, Ulrichskirchen-Schleinbach, Hochleithen, Bad Pirawarth und Gaweinstal zur öffentlichen Einsicht auf.
§15 Bundesstraßengesetz 1971 findet auf den vorangeführten Straßenabschnitt Anwendung. Die Grenzen des Bundesstraßenbaugebietes sind dem aufliegenden Verordnungsplan zu entnehmen."
3. Der Antragsteller beantragt die kostenpflichtige Aufhebung dieser Verordnung als gesetzwidrig.
3.1. Zu seiner Antragslegitimation bringt er vor, dass in seinem Eigentum stehende Grundstücke im Ausmaß von etwa 30.000 m² von der ASFINAG zum Bau der A 5 in Anspruch genommen werden sollen und ein diesbezügliches Enteignungsverfahren bereits eingeleitet sei. Gemäß dem letzten Absatz der Verordnung findet §15 Bundesstraßengesetz 1971 auf diesen Straßenabschnitt Anwendung, sodass er zur Antragstellung beim Verfassungsgerichtshof legitimiert sei.
3.2. Der Antrag wurde am 27. März 2007 eingebracht. Am 25. September 2007 erhob der Antragsteller Beschwerde nach Art144 B-VG gegen den Berufungsbescheid vom 7. September 2007 (protokolliert zu B1779/07), mit dem die Enteignung näher bezeichneter Grundstücke des Antragstellers verfügt wurde, die im Grundeinlöseplan und im Lageplan des Sachverständigen enthalten waren. Aus dem Verwaltungsakt zu diesem Verfahren ergibt sich, dass die ASFINAG bereits am 5. Juli 2006 den verfahrenseinleitenden Antrag auf Enteignung gestellt hat, über den in erster Instanz mit Bescheid vom 20. April 2007 entschieden wurde.
4. In der Sache selbst behauptet der Antragsteller im Wesentlichen, dass eine gesetzwidrige Umweltverträglichkeitsprüfung vorgenommen worden sei, wobei vor allem die Frage der Auswirkungen auf den angrenzenden Wald hinsichtlich der wesentlichsten Schadstoffe nicht ausreichend untersucht wurde, nachgewiesene Luftgrenzwertüberschreitungen ignoriert wurden, Untersuchungsrahmen und Verkehrsprognosen falsch seien, die Wirtschaftlichkeit nicht und die Alternativen ebenso wenig geprüft wurden. Darüber hinaus sei das Verfahren aufgrund einer mangelhaften Auflage eingeleitet worden.
5. Der Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie als zur Vertretung der angefochtenen Verordnung vor dem Verfassungsgerichtshof berufene Behörde legte die Verordnungsakten vor und erstattete eine Äußerung, in der er den Antragsbehauptungen entgegentritt und die Abweisung des Antrages begehrt. Auf ein ergänzendes Vorbringen des Antragstellers replizierte der Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie.
II. Der Antrag ist nicht zulässig.
1. Nach der mit dem Beschluss VfSlg. 8058/1977 beginnenden ständigen Rechtsprechung setzt die Antragslegitimation nach Art139 Abs1 (letzter Satz) B-VG voraus, dass durch die bekämpfte Bestimmung die (rechtlich geschützten) Interessen des Antragstellers nicht bloß potentiell, sondern aktuell beeinträchtigt werden müssen und dass der durch Art139 Abs1 B-VG dem Einzelnen eingeräumte Rechtsbehelf dazu bestimmt ist, Rechtsschutz gegen rechtswidrige generelle Normen nur insoweit zu gewähren, als ein anderer zumutbarer Weg hiefür nicht zur Verfügung steht (zB VfSlg. 11.684/1988, 14.297/1995, 15.349/1998, 16.345/2001 und 16.836/2003).
Ein solcher zumutbarer Weg besteht grundsätzlich dann, wenn ein gerichtliches oder verwaltungsbehördliches Verfahren anhängig ist, das dem von der generellen Rechtsnorm betroffenen letztlich Gelegenheit bietet, die Einleitung eines amtswegigen Normprüfungsverfahrens durch den Verfassungsgerichtshof anzuregen. Wie der Verfassungsgerichtshof in Zusammenhang mit nach Art139 und 140 B-VG gestellten Individualanträgen mehrfach ausgeführt hat, ist der Partei in einem solchen Fall nur bei Vorliegen besonderer, außergewöhnlicher Umstände das Recht auf Einbringung eines Verordnungs- oder Gesetzesprüfungsantrages eingeräumt; andernfalls gelangte man zu einer Doppelgleisigkeit des Rechtsschutzes, die mit dem Grundprinzip des Individualantrages als eines bloß subsidiären Rechtsbehelfes nicht im Einklang stünde (vgl. zB VfSlg. 8312/1978, 11.344/1987, 18.182/2007).
Der Verfassungsgerichtshof erachtet es seit seinem Erkenntnis VfSlg. 9823/1983 unter besonderen Umständen für unzumutbar, den Ausgang eines Enteignungsverfahrens abzuwarten, um gegen den letztinstanzlichen Enteignungsbescheid mit dem Argument der Gesetzwidrigkeit der diesem Bescheid zugrunde liegenden Trassenverordnung die Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts anzurufen (VfSlg. 15.098/1998, 16.031/2000), da bis zur Entscheidung über die Gesetzmäßigkeit der Trassenverordnung schon Baukosten in solcher Höhe aufgewendet werden, dass aus Wirtschaftlichkeitsüberlegungen eine andere, von der angefochtenen Trassenverordnung abweichende Trassenvariante nicht mehr in Frage kommt, wenn der Antragsteller zuvor einen Bescheid erwirken müsste, um zur Prüfung der Gesetzmäßigkeit der ihn rechtlich belastenden Verordnung zu gelangen.
Solche besonderen Umstände liegen im vorliegenden Fall nicht vor. Bereits zum Zeitpunkt der Einbringung des Antrages war - wie der Beschwerdeführer selbst betont - ein Enteignungsverfahren vor der Verwaltungsbehörde erster Instanz anhängig. Zum Zeitpunkt der Entscheidung über den Individualantrag war eine Beschwerde gegen den Berufungsbescheid im Enteignungsverfahren beim Verfassungsgerichtshof anhängig. Eine Verzögerung im oben angeführten Sinn, die zur Unzumutbarkeit des Beschreitens des Rechtsweges über die Bekämpfung des letztinstanzlichen Bescheides im Enteignungsverfahren im Verfahren nach Art144 B-VG führen würde, kann sich nicht ergeben. Der Antragsteller konnte vielmehr die Einleitung eines amtswegigen Verordnungsprüfungsverfahrens durch den Verfassungsgerichtshof in diesem Verfahren anregen (und hat dies auch getan).
Andere besondere Umstände, die das Recht auf Einbringung eines Verordnungsprüfungsantrages begründen könnten, sind bei der Prüfung der Zulässigkeit nicht hervorgekommen.
Der Antrag ist daher mangels Legitimation als unzulässig zurückzuweisen.
III. Dies konnte gemäß §19 Abs3 Z2 lite VfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung beschlossen werden.
Schlagworte
VfGH / Individualantrag, Straßenverwaltung,Straßenverlaufsfestlegung, Trassierungsverordnung, EnteignungEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:2009:V22.2007Zuletzt aktualisiert am
26.11.2010