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L8 Boden- und VerkehrsrechtNorm
B-VG Art18 Abs2Leitsatz
Teilweise Aufhebung eines Bebauungsplanes wegen Widerspruchs zumOberösterreichischen Raumordnungsgesetz 1994 mangels Festlegung vonBaufluchtlinienSpruch
Der Bebauungsplan Nr. 12 "Hilfberg" der Marktgemeinde Mondsee, Beschluss des Gemeinderates der Marktgemeinde Mondsee vom 15. Dezember 2003, genehmigt mit Bescheid der Oberösterreichischen Landesregierung vom 26. Juli 2004, kundgemacht in der Zeit vom 2. August 2004 bis 18. August 2004 an der Gemeindeamtstafel, wird, soweit damit für die Grundstücke 12/3, EZ 634, KG Mondsee und 12/7 und 12/8, EZ 151, je KG Mondsee, die Art der Bebauung festgelegt wird, als gesetzwidrig aufgehoben.
Die Oberösterreichische Landesregierung ist zur unverzüglichen Kundmachung dieser Aufhebung im Landesgesetzblatt für Oberösterreich verpflichtet.
Begründung
Entscheidungsgründe:
I. 1. Beim Verfassungsgerichtshof ist ein zu B1750/06
protokolliertes Bescheidbeschwerdeverfahren anhängig, dem folgender Sachverhalt zugrunde liegt:
1.1. Mit Eingabe vom 28. Oktober 2005 beantragten die Beschwerdeführer die Bauplatzbewilligung für die Grundstücke 12/3, 12/7 und 12/8, je KG Mondsee unter gleichzeitiger Beigabe einer Vermessungsurkunde der DI K. & Partner KEG, da neben der Bauplatzbewilligung auch eine Änderung der Grundstücksgrenzen der vorgenannten Grundstücke beabsichtigt war.
Mit Bescheid des Bürgermeisters der Marktgemeinde Mondsee als Baubehörde erster Instanz vom 13. Februar 2006 wurde das Ansuchen der Beschwerdeführer auf Erteilung der Bauplatzbewilligung wegen Widerspruchs zum Bebauungsplan Nr. 12 "Hilfberg" abgewiesen.
Die dagegen erhobene Berufung wurde mit Bescheid des Gemeinderates der Marktgemeinde Mondsee vom 30. Mai 2006 abgewiesen.
Der von den Beschwerdeführern gegen diese Entscheidung erhobenen Vorstellung gab die Oberösterreichische Landesregierung mit Bescheid vom 25. August 2006 keine Folge.
1.2. Die gegen diesen Bescheid gerichtete, auf Art144 Abs1 B-VG gestützte Beschwerde behauptet die Verletzung des verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechtes auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz (Art2 StGG) sowie die Verletzung in Rechten wegen Anwendung einer gesetzwidrigen Verordnung (Bebauungsplan Nr. 12 "Hilfberg" der Marktgemeinde Mondsee vom 15. Dezember 2003).
2. Aus Anlass dieses Verfahrens beschloss der Verfassungsgerichtshof am 1. Oktober 2008, gemäß Art139 Abs1 B-VG die Gesetzmäßigkeit des Bebauungsplanes Nr. 12 "Hilfberg" der Marktgemeinde Mondsee, Beschluss des Gemeinderates der Marktgemeinde Mondsee vom 15. Dezember 2003, genehmigt mit Bescheid der Oberösterreichischen Landesregierung vom 26. Juli 2004, kundgemacht in der Zeit vom 2. August 2004 bis 18. August 2004 an der Gemeindeamtstafel, soweit damit für die Grundstücke 12/3, EZ 634, KG Mondsee, sowie 12/7 und 12/8, EZ 151, je KG Mondsee, die Art der Bebauung festgelegt wird, von Amts wegen zu prüfen.
2.1. Der Verfassungsgerichtshof nahm vorläufig an, dass die Beschwerde zu B1750/06 zulässig sei und dass er bei seiner Entscheidung darüber den in Prüfung gezogenen Bebauungsplan Nr. 12 "Hilfberg" anzuwenden hätte.
2.2. Seine Bedenken gegen den in Prüfung gezogenen Bebauungsplan formulierte der Verfassungsgerichtshof wie folgt:
"Der Verfassungsgerichtshof hegt gegen den in Prüfung genommenen Bebauungsplan im Hinblick auf die wiedergegebenen Gesetzesbestimmungen das Bedenken, dass dieser durch das Fehlen einer Ausweisung von Baufluchtlinien auf den Grundstücken 12/3, EZ 634, KG Mondsee und 12/7 und 12/8, EZ 151, je KG Mondsee mit Gesetzwidrigkeit belastet ist, weil dieser damit der gesetzlichen Anforderung, wonach Bebauungspläne Fluchtlinien auszuweisen haben, zu widersprechen scheint.
Zudem dürfte der Bebauungsplan dem Flächenwidmungsplan widersprechen, da auf diesen Grundstücken, welche sich laut dem Flächenwidmungsplan im 'Bauland - Wohngebiet' befinden, im Ergebnis eine Bebauung mit Hauptgebäuden zur Gänze ausgeschlossen scheint."
3. Der Gemeinderat der Marktgemeinde Mondsee und die Oberösterreichische Landesregierung haben von der Abgabe einer Äußerung abgesehen.
II. Zur Rechtslage:
§31 Abs1 und §32 Abs1 und 3 Oberösterreichisches Raumordnungsgesetz - OÖ ROG 1994, LGBl. 114/1993 idF 90/2001, lauten:
"§31
Bebauungsplan
(1) Jede Gemeinde hat in Durchführung der Aufgaben der örtlichen Raumordnung durch Verordnung Bebauungspläne zu erlassen, soweit dies zur Sicherung einer zweckmäßigen und geordneten Bebauung oder zur Erreichung eines möglichst wirksamen Umweltschutzes erforderlich ist. Bebauungspläne dürfen den Raumordnungsgrundsätzen, den Raumordnungsprogrammen, Verordnungen gemäß §11 Abs6 und dem Flächenwidmungsplan nicht widersprechen.
§32
Inhalt des Bebauungsplanes
(1) Der Bebauungsplan hat auszuweisen und festzulegen:
1. die genaue Abgrenzung des Planungsgebietes und die Darstellung seiner Lage im Gemeindegebiet;
2. die im Flächenwidmungsplan festgelegten Widmungen sowie die Darstellung von überörtlichen Planungen;
3. die Fluchtlinien (Abs3);
4. die Gebäudehöhe (Abs4);
5. den Verlauf und die Breite der Verkehrsflächen; nach Erfordernis auch die Angabe der Breite von Fahrbahnen und Gehsteigen;
6. die Art der Wasserversorgung, der Abwasserbeseitigung und der Energieversorgung;
7. bestehende Bauten und Anlagen.
...
(3) An Fluchtlinien sind zu unterscheiden:
1. Straßenfluchtlinien, das sind die Grenzen zwischen öffentlichen Verkehrsflächen und anderen Grundstücken;
2. Baufluchtlinien, das sind die Grenzen, über die gegen den Vorgarten, den Seitenabstand (Bauwich), den Hof oder den Garten (vordere, seitliche, innere Baufluchtlinie) mit dem Gebäude oder Gebäudeteilen nicht vorgerückt werden darf, sofern das Oö. Bautechnikgesetz nicht ausdrücklich etwas anderes bestimmt;
3. Grenzlinien, das sind die Grenzen zwischen Gebieten verschiedener Widmungen."
III. Der Verfassungsgerichtshof hat erwogen:
1. Zur Zulässigkeit:
Die vorläufige Annahme, dass die zu B1750/06 protokollierte Beschwerde zulässig sei und dass der Verfassungsgerichtshof bei seiner Entscheidung darüber die in Prüfung gezogene Verordnung anzuwenden hätte, treffen zu.
Da auch sonst keine Prozesshindernisse hervorgetreten sind, ist das Verordnungsprüfungsverfahren zulässig.
2. In der Sache:
Aus der unter Punkt II. zitierten Gesetzeslage ergibt sich, dass Bebauungspläne die in §32 Abs3 OÖ ROG 1994 näher geregelten Fluchtlinien auszuweisen haben und Flächenwidmungsplänen nicht widersprechen dürfen.
Der Verfassungsgerichtshof sieht sein Bedenken, dass der in Prüfung genommene Bebauungsplan mit Gesetzwidrigkeit belastet ist, bestätigt.
Durch das Fehlen von Baufluchtlinien (§32 Abs3 Z2 leg. cit.) - der Bebauungsplan bezeichnet die festgelegte bebaubare Fläche als "Baufenster" - auf den Grundstücken 12/3, EZ 634, KG Mondsee, sowie 12/7 und 12/8, EZ 151, je KG Mondsee, steht der Bebauungsplan im Widerspruch zur gesetzlichen Anforderung des §32 Abs1 Z3 OÖ ROG 1994, wonach Bebauungspläne die Fluchtlinien festzulegen haben.
Der Bebauungsplan widerspricht zudem dem Flächenwidmungsplan, da auf diesen Grundstücken, welche sich laut dem Flächenwidmungsplan im "Bauland - Wohngebiet" befinden, infolge gänzlichen Fehlens von Baufluchtlinien ("Baufenster"), im Ergebnis eine Bebauung mit Hauptgebäuden ausgeschlossen wird.
Einen Ausschluss jeglicher Bebauung auf den genannten Grundstücken hätte der Verordnungsgeber nicht durch Änderung des Bebauungsplanes, sondern - bei Zutreffen der gesetzlichen Voraussetzungen - nur durch eine Änderung des Flächenwidmungsplanes bewirken können.
3. Die Verpflichtung der Oberösterreichischen Landesregierung zur unverzüglichen Kundmachung der Aufhebung erfließt aus Art139 Abs5 erster Satz B-VG und §60 Abs2 VfGG.
Diese Entscheidung konnte gemäß §19 Abs4 erster Satz VfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung getroffen werden.
Schlagworte
Baurecht, Raumordnung, Bebauungsplan, FlächenwidmungsplanEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:2009:V449.2008Zuletzt aktualisiert am
26.11.2010