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66 SozialversicherungNorm
B-VG Art140 Abs1 / AllgLeitsatz
Zurückweisung des Individualantrags auf Aufhebung einer Bestimmung des GSVG betreffend Höhe der Beiträge in der Pensionsversicherung infolge Zumutbarkeit des Verwaltungsrechtsweges; Zurückweisung des Antrags auf Erteilung eines näher bezeichneten Auftrags an den Nationalrat wegen offenbarer Unzuständigkeit des VerfassungsgerichtshofesSpruch
Die Anträge werden zurückgewiesen.
Begründung
Begründung:
1.1. Gestützt auf Art140 B-VG begehrt die - anwaltlich vertretene - Einschreiterin mit näherer Begründung einerseits die Aufhebung der Z3 des §27 Abs1 GSVG idF des ASRÄG 1997, BGBl. Nr. 139, bis auf deren letzten Satz und andererseits, der Verfassungsgerichtshof möge "dem Nationalrat den Auftrag erteilen, in §27 Abs1 Z2 die Pflichtversicherten gemäß §2 Abs1 Z4 GSVG mit aufzunehmen."
1.2. Zur Zulässigkeit der Anträge wird ausgeführt, daß die Antragstellerin als selbständige Physiotherapeutin in Innsbruck tätig sei. Durch die mit dem ASRÄG 1997 erfolgte Anfügung einer Z4 an §2 Abs1 GSVG sei sie direkt in die Pflichtversicherung nach dem GSVG eingebunden worden. Unter einem sei durch die Neufassung des §27 Abs1 Z3 GSVG für die gemäß §2 Abs1 Z4 GSVG Pflichtversicherten eine - nach ihrer Ansicht gleichheitswidrige - Regelung der Beitragshöhe erfolgt. Es bestehe keine Möglichkeit, dagegen im Rahmen eines gerichtlichen Verfahrens vorzugehen.
2. §2 Z4 GSVG und die teilweise angefochtene Z3 des §27 Abs1 GSVG, beide Bestimmungen idF BGBl. Nr. 139/1997, lauten im Zusammenhang wie folgt:
"§2. (1) Auf Grund dieses Bundesgesetzes sind, soweit es sich um natürliche Personen handelt, in der Krankenversicherung und in der Pensionsversicherung nach Maßgabe der folgenden Bestimmungen pflichtversichert:
1. ...
...
4. selbständig erwerbstätige Personen, die auf Grund einer betrieblichen Tätigkeit Einkünfte im Sinne der §§22 Z1 bis 3 und 5 und (oder) 23 des Einkommensteuergesetzes 1988 (EStG 1988), BGBl. Nr. 400, erzielen, wenn auf Grund dieser betrieblichen Tätigkeit nicht bereits Pflichtversicherung nach diesem Bundesgesetz oder einem anderen Bundesgesetz in dem (den) entsprechenden Versicherungszweig(en) eingetreten ist. Wurden die Einkünfte als Gesellschafter erzielt, besteht die Pflichtversicherung dann nicht, wenn die Person Kommanditist einer Kommanditgesellschaft oder einer Kommandit-Erwerbsgesellschaft ist."
"§27. (1) Die Pflichtversicherten
1. gemäß §2 Abs1 Z1 bis 4 haben für die Dauer der
Pflichtversicherung als Beitrag in der Krankenversicherung 8,6 %,
2. gemäß §2 Abs1 Z1 bis 3 und §3 Abs3 haben für die Dauer
der Pflichtversicherung als Beitrag in der Pensionsversicherung
14,5 %,
3. gemäß §2 Abs1 Z4 haben für die Dauer der
Pflichtversicherung als Beitrag in der Pensionsversicherung im
Jahre
1998 ................... 15 %
1999 ................... 15,5 %
2000 ................... 16 %
2001 ................... 16,5 %
2002 ................... 17 %
2003 ................... 17,5 %
2004 ................... 18 %
2005 ................... 18,5 %
2006 ................... 19 %
2007 ................... 19,5 %
2008 ................... 20 %
2009 ................... 20,25 %
der Beitragsgrundlage (§25) zu leisten. Besteht eine Pflichtversicherung gemäß §2 Abs1 Z1 bis 3 bzw. §3 Abs3 und §2 Abs1 Z4, so ist der Beitragssatz gemäß §27 Abs1 Z2 anzuwenden. In diesem Fall ist als Mindestbeitragsgrundlage §25 Abs4 Z1 anzuwenden. Zahlungen, die von einer Einrichtung zur wirtschaftlichen Selbsthilfe auf Grund einer Vereinbarung mit dem Versicherungsträger geleistet werden, sind auf den Beitrag anzurechnen."
3. Die Anträge sind unzulässig.
3.1. Der Verfassungsgerichtshof hat seit dem Beschluß VfSlg. 8009/1977 in ständiger Rechtsprechung den Standpunkt vertreten, die Antragslegitimation nach Art140 Abs1 B-VG setze voraus, daß durch die bekämpfte Bestimmung die (rechtlich geschützten) Interessen des Antragstellers nicht bloß potentiell, sondern aktuell beeinträchtigt werden müssen und daß der durch Art140 Abs1 B-VG dem einzelnen eingeräumte Rechtsbehelf dazu bestimmt ist, Rechtsschutz gegen rechtswidrige generelle Normen nur insoweit zu gewähren, als ein anderer zumutbarer Weg hiefür nicht zur Verfügung steht (zB VfSlg. 11684/1988, 13871/1994).
Ein solcher Weg steht der Antragstellerin im vorliegenden Fall offen: Gemäß dem zufolge des §194 Abs1 GSVG anzuwendenden §410 Abs1 Z7 ASVG hat der Versicherungsträger in Verwaltungssachen, zu deren Behandlung er nach §409 ASVG berufen ist, dann einen Bescheid zu erlassen, wenn der Versicherte (oder der Dienstgeber) die Bescheiderteilung zur Feststellung der sich für ihn aus diesem Gesetz ergebenden Rechte und Pflichten verlangt. Da es sich bei der Verpflichtung zur Leistung von Beiträgen in bestimmter Höhe um eine solche Angelegenheit handelt, ist es der Antragstellerin möglich, einen bescheidmäßigen Abspruch über die Höhe dieser Beiträge in der Pensionsversicherung zu erwirken und in weiterer Folge - nach Durchlaufen des Instanzenzuges - ihre Bedenken gegen die Vorschrift des §27 Abs1 Z3 GSVG im Rahmen einer gemäß Art144 B-VG erhobenen Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof heranzutragen.
Der Antrag auf Aufhebung der Z3 des §27 Abs1 GSVG bis auf deren letzten Satz war daher wegen fehlender Legitimation zurückzuweisen.
3.2. Der Antrag, der Verfassungsgerichtshof möge dem Nationalrat einen näher bezeichneten Auftrag erteilen, war wegen offenkundiger Unzuständigkeit des Verfassungsgerichtshofes zurückzuweisen, da keine Verfassungsvorschrift dem Gerichtshof eine Kompetenz zu einem Tätigwerden iSd dieses Begehrens einräumt (vgl. zB VfGH 13.6.1988 G96/88).
4. Diese Beschlüsse konnten gemäß §19 Abs3 Z2 lite und a VerfGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung gefaßt werden.
Schlagworte
VfGH / Individualantrag, Sozialversicherung, Pensionsversicherung, Beiträge (Sozialversicherung), VfGH / ZuständigkeitEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:1998:G70.1998Dokumentnummer
JFT_10019376_98G00070_00