TE Vwgh Erkenntnis 2001/3/21 2001/10/0010

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Veröffentlicht am 21.03.2001
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Index

10/07 Verwaltungsgerichtshof;
19/05 Menschenrechte;
27/01 Rechtsanwälte;

Norm

MRK Art6 Abs1;
MRK Art6;
RAO 1868 §49 Abs3;
RAO 1868 §49;
Satzung Versorgungseinrichtung RAK Wr 1990;
Satzung Versorgungseinrichtung RAK Wr 1997 TeilB §12 Abs5;
VwGG §39 Abs2 Z6;

Beachte

Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung verbunden): 2001/10/0011

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Präsident Dr. Jabloner und die Hofräte Dr. Novak, Dr. Mizner, Dr. Stöberl und Dr. Köhler als Richter, im Beisein des Schriftführers MMag. Zavadil, über die Beschwerde der Dr. M in Wien, gegen den Bescheid des Ausschusses der Rechtsanwaltskammer Wien (Plenum) vom 12. Oktober 1999, Zl. ZP/8964/98 (zur Zl. 2001/10/0010), und gegen den Bescheid des Ausschusses der Rechtsanwaltskammer Wien (Plenum) vom 12. Oktober 1999, Zl. ZP 1463/99 (zur Zl. 2001/10/0011), betreffend Beitrag zur Versorgungseinrichtung (Rechtsanwaltskammer), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Aus der Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, der über Verfügung des Verwaltungsgerichtshofes ergänzten Beschwerde und den mit der Beschwerde vorgelegten angefochtenen Bescheiden ergibt sich folgender Sachverhalt:

Mit Bescheid der Abteilung I des Ausschusses der Rechtsanwaltskammer Wien vom 24. Februar 1998 wurde der Beschwerdeführerin ein Beitrag zur Versorgungseinrichtung Teil B (Zusatzpension neu) in der Höhe von S 40.000,-- für das Beitragsjahr 1998 vorgeschrieben. Die Beschwerdeführerin erhob Vorstellung.

Mit Bescheid der Abteilung I des Ausschusses der Rechtsanwaltskammer Wien vom 23. Februar 1999 wurde der Antrag der Beschwerdeführerin auf Befreiung von der Verpflichtung zur Beitragsleistung zur Versorgungseinrichtung der Rechtsanwaltskammer Wien, "Zusatzpension-neu", gemäß § 12 Abs. 5 Satzung Teil B abgewiesen, weil die Beschwerdeführerin den Nachweis, dass sie verpflichtend oder freiwillig Beiträge zu einer gesetzlichen Altersvorsorge leiste, nicht erbracht habe. Auch gegen diesen Bescheid erhob die Beschwerdeführerin Vorstellung.

Mit Bescheid der Abt. I des Ausschusses der Rechtsanwaltskammer Wien vom 23. Februar 1999 wurde der Beschwerdeführerin ein Beitrag zur Versorgungseinrichtung Teil B (Zusatzpensionen) in der Höhe von S 41.000,-- für das Beitragsjahr 1999 vorgeschrieben.

Mit dem erstangefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde unter Spruchpunkt 1. die Vorstellung gegen den Bescheid vom 24. Februar 1998 und unter Spruchpunkt 2. die Vorstellung gegen den (ersterwähnten) Bescheid vom 23. Februar 1999 als unbegründet ab. Unter Spruchpunkt 3. wurde der Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung der Vorstellung abgewiesen.

Begründend führt die belangte Behörde aus, dass ausschließlich von der mit Beschluss der Plenarversammlung der Rechtsanwaltskammer Wien vom 6. Mai 1997 in Ergänzung der Satzung der Versorgungseinrichtung der Rechtsanwaltskammer Wien in der Fassung vom 9. April 1992 vorgesehenen "Ergänzung Teil B:

Zusatzpension" und der darauf beruhenden jährlichen Beitragsordnung auszugehen sei. Die Ergänzung der Satzung sei am 6. Mai 1997 mit einer weit über die gesetzlichen Erfordernisse hinausgehenden Mehrheit und bei Anwesenheit von fast 2/3 aller in Wien eingetragenen Rechtsanwälte beschlossen und mit Bescheid des Bundesministers für Justiz vom 5. Juni 1997, GZ. 16201/19-I6/97, genehmigt worden.

Gemäß § 12 Abs. 5 der Satzung der Versorgungseinrichtung der Rechtsanwaltskammer Wien Teil B sei ein Anwalt auf Antrag von Beiträgen zur "Zusatzpension-neu" zu befreien, wenn er nachweise, dass er verpflichtend oder freiwillig Beiträge zu einer gesetzlichen Altersvorsorge leiste. Die Beschwerdeführerin sei mehrfach aufgefordert worden, Nachweise im Sinne des § 12 Abs. 5 vorzulegen. Nach mehrfacher Fristerstreckung sei von der Beschwerdeführerin mit Schreiben vom 29. September 1998 ein Schreiben der Pensionsversicherungsanstalt der Angestellten vom 25. September 1998 vorgelegt worden. Darin werde mitgeteilt, dass vorbehaltlich des Einlangens eines Überweisungsbetrages gemäß § 311 ASVG Pflichtbeitragszeiten von insgesamt 129 Monaten gegeben seien. Unter Hinweis darauf, dass noch keine ausreichenden Pflichtversicherungszeiten erworben worden seien und auch kein Nachweis der freiwilligen Weiterversicherung erbracht worden sei, sei der Beschwerdeführerin eine weitere Frist zur Vorlage der entsprechenden Belege eingeräumt worden. Mit Schreiben vom 29. Jänner 1999 habe die Beschwerdeführerin ein weiteres Schreiben der Pensionsversicherungsanstalt der Angestellten vorgelegt, wonach dem Antrag auf Weiterversicherung vom 14. Mai 1997 unter der Bedingung stattgegeben worden sei, dass der bekannt gegebene monatliche Beitrag binnen sechs Monaten ab 10. November 1998 einlangen müsse, wobei auf die Rechtsfolgen der Fristversäumnis hingewiesen worden sei. Weitere Nachweise seien von der Beschwerdeführerin nicht vorgelegt worden. Es sei Sache der antragstellenden Partei, auch in Verfahren, die vom Grundsatz der amtswegigen Ermittlung des Sachverhalts bestimmt seien, alle für ihren Rechtsstandpunkt zweckdienlich erscheinenden Beweismittel beizubringen und sohin an der Ermittlung des maßgeblichen Sachverhaltes mitzuwirken (Hinweis auf das hg. Erkenntnis vom 30. September 1991, Zl. 91/19/0088). Die Beschwerdeführerin sei mehrfach aufgefordert worden, ihrer verfahrensrechtlichen Mitwirkungsverpflichtung zu entsprechen. Trotzdem seien keine tauglichen, das heiße den Bestimmungen des § 12 Abs. 5 der Satzung entsprechenden Unterlagen vorgelegt worden. Der Bescheid vom 23. Februar 1999 (betreffend die Abweisung des Antrags auf Befreiung von der Verpflichtung zur Beitragsleistung zur Versorgungseinrichtung der Rechtsanwaltskammer, "Zusatzpensionneu") sei daher nicht rechtswidrig.

Der Hinweis der Beschwerdeführerin auf die Mitversicherung beim Ehegatten sei ebenso wie jener auf den Abschluss einer Lebensversicherung unerheblich, da § 12 Abs. 5 der Satzung keinen der beiden Tatbestände erfasse. Zum Vorbringen der Beschwerdeführerin, dass sie durch einen verfassungswidrigen Kontrahierungszwang einen wirtschaftlichen Nachteil erleide, wird unter der Annahme, dass damit eine Verletzung des Grundrechts auf Schutz des Eigentums geltend gemacht werde, ausgeführt, dass der Verfassungsgesetzgeber dieses Grundrecht nur unter Gesetzesvorbehalt eingeräumt habe. Es sei Ausfluss des Prinzips der Selbstverwaltung, dass durch Selbstbindung der Mitglieder auch Eigentumseingriffe zustande kommen könnten, sonst wäre Selbstverwaltung nicht möglich. Der Eigentumseingriff sei sachlich gerechtfertigt, weil er dem Gesetzesauftrag in § 49 RAO auf umfassende Alters-, Berufsunfähigkeits- und Hinterbliebenenversorgung entspreche. Die von der Beschwerdeführerin erhobenen verfassungsrechtlichen Bedenken seien daher nicht berechtigt.

Da die Umlagenordnung 1998 festsetze, dass einer Vorstellung keine aufschiebende Wirkung zukomme, sei auch der Antrag, der Vorstellung aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, abzuweisen gewesen.

Mit dem zweitangefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Vorstellung gegen den Bescheid der Abteilung I des Ausschusses der Rechtsanwaltskammer Wien vom 23. Februar 1999 ab (Spruchpunkt 1) und wies auch den Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung ab. Begründet wird dieser Bescheid ebenfalls im Wesentlichen mit der Bindung an die bereits erwähnten generellen Normen. Es wird ferner in gleichem Sinn wie im erstangefochtenen Bescheid auf die Argumente der Beschwerdeführerin betreffend die Mitversicherung bei ihrem Ehegatten, und betreffend den "Kontrahierungszwang" eingegangen.

Gegen diese Bescheide erhob die Beschwerdeführerin zunächst Beschwerde vor dem Verfassungsgerichtshof. Mit Beschluss vom 28. November 2000, B 1962, 1963/99-7, lehnte der Verfassungsgerichtshof die Behandlung der Beschwerden ab und trat sie dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung ab.

Begründend führt der Verfassungsgerichtshof unter anderem aus, dass, soweit die Beschwerden insofern verfassungsrechtliche Fragen berührten, als die Rechtswidrigkeit der die angefochtenen Bescheide tragenden Rechtsvorschriften behauptet werde, "ihr Vorbringen vor dem Hintergrund der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes (die hier präjudiziellen Bestimmungen des Teils B der Satzung der Versorgungseinrichtung der Rechtsanwaltskammer Wien finden in den §§ 49 bis 53 RAO idF des Rechtsanwalts-Berufsrechts-Änderungsgesetz 1999, BGBl. I Nr. 1999/71, Deckung) die behauptete Rechtsverletzung, die Verletzung eines anderen verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechtes oder die Verletzung in einem sonstigen Recht wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm als so wenig wahrscheinlich erkennen" lasse, dass sie keine hinreichende Aussicht auf Erfolg habe.

In der über Verfügung des Verwaltungsgerichtshofes ergänzten Beschwerde macht die Beschwerdeführerin die Verletzung in ihren Rechten insoferne geltend, als die belangte Behörde entgegen der Bestimmung des § 49 RAO, der die Pflicht zur Schaffung und Aufrechterhaltung einer Versorgungseinrichtung normiere, eine zusätzliche Pensionsverpflichtung eingeführt habe, zu der kein Grund bestanden habe.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Die Beschwerdeführerin wendet sich in der ergänzten Beschwerde ausdrücklich gegen die mit Beschluss der Plenarversammlung der Rechtsanwaltskammer Wien vom 6. Mai 1997 in Ergänzung der Satzung der Versorgungseinrichtung der Rechtsanwaltskammer Wien idF vom 9. April 1992 eingeführte zusätzliche Pensionsvorsorge. Die Beschwerdeführerin ist der Auffassung, dass keine Notwendigkeit zur Einführung einer derartigen "Zusatzpension-neu" bestanden habe und führt dies näher

-

insbesondere unter Hinweis auf das Fehlen einer Aufforderung des Bundesministers für Justiz gemäß § 49 Abs. 3 RAO - aus.

Mit ihrem Vorbringen wendet sich die Beschwerdeführerin ausschließlich gegen die von der belangten Behörde angewendeten generellen Rechtsgrundlagen. Die Beschwerdeführerin hat diese Bedenken bereits in ihrer Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof herangetragen. Wie sich aus der oben wiedergegebenen Begründung des Verfassungsgerichtshofes für die Ablehnung der Beschwerden ergibt, teilt der Verfassungsgerichtshof die Bedenken gegen die angewendeten Verordnungsbestimmungen nicht. Auch in der Beschwerdeergänzung sind keine neuen Gesichtspunkte aufgezeigt, die den Verwaltungsgerichtshof veranlassen müssten, ungeachtet der

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unter Hinweis auf die Unbedenklichkeit der angewendeten Rechtsgrundlagen erfolgten - Ablehnung der Beschwerde durch den Verfassungsgerichtshof einen Antrag auf Verordnungsprüfung an den Verfassungsgerichtshof zu stellen.

Eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides durch verfehlte Anwendung der für die Berechnung des Beitrages bzw. die Abweisung des Antrags auf Befreiung maßgeblichen Bestimmungen macht die Beschwerdeführerin nicht geltend. Auch zur Frage der Rechtswidrigkeit des Ausspruches betreffend die aufschiebende Wirkung enthält die Beschwerde keine Ausführungen. Es ist auch für den Verwaltungsgerichtshof nicht ersichtlich, dass bei der Anwendung der maßgeblichen Verordnungsbestimmungen der belangten Behörde ein Fehler unterlaufen wäre.

Da bereits der Inhalt der Beschwerden erkennen lässt, dass die behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, waren sie ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung gemäß § 35 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Von der Durchführung der beantragten mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z 6 VwGG Abstand genommen werden, zumal die vorliegende

Beitragsangelegenheit auch nicht einen Streit um zivile Rechte iSd Art. 6 EMRK darstellt.

Wien, am 21. März 2001

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2001:2001100010.X00

Im RIS seit

26.07.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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