TE Vfgh Erkenntnis 2009/3/5 V452/08

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Veröffentlicht am 05.03.2009
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Index

L6 Land- und Forstwirtschaft
L6930 Wasserversorgung

Norm

B-VG Art18 Abs2
Nö StadtrechtsorganisationsG §50
Verordnung des Gemeinderates der Stadt Krems an der Donau über die Erhebung von Wasserversorgungsabgaben und Wassergebühren idF vom 17.09.03

Leitsatz

Aufhebung einer Wassergebührenordnung wegen nicht ordnungsgemäßerKundmachung im Sinne des Nö Stadtrechtsorganisationsgesetzes

Spruch

Die Verordnung des Gemeinderates der Stadt Krems an der Donau über die Erhebung von Wasserversorgungsabgaben und Wassergebühren in der Fassung des Beschlusses des Gemeinderates vom 17. September 2003, kundgemacht durch Anschlag an der Amtstafel vom 23. September 2003 bis 21. Oktober 2003, wird als gesetzwidrig aufgehoben.

Die Niederösterreichische Landesregierung ist zur unverzüglichen Kundmachung dieses Ausspruches im Niederösterreichischen Landesgesetzblatt verpflichtet.

Begründung

Entscheidungsgründe:

I. 1. Beim Verfassungsgerichtshof ist zu B1474/07 eine auf

Art144 B-VG gestützte Beschwerde anhängig, der folgender Sachverhalt zugrunde liegt:

1.1. Mit zwei Bescheiden des Magistrates der Stadt Krems vom 11. Dezember 2006 wurde der beschwerdeführenden Gesellschaft gemäß §5 NÖ Gemeindewasserleitungsgesetz 1978, LGBl. 6930-4 (im Folgenden: NÖ GemeindewasserleitungsG), und §§5 und 6 der Verordnung des Gemeinderates der Stadt Krems an der Donau über die Erhebung von Wasserversorgungsabgaben und Wassergebühren vom 17. September 2003 (für zwei unterschiedliche Objekte) Wasserbezugs- und Wasserbereitstellungsgebühr 1. in der Höhe von insgesamt EUR 31,11 und 2. in der Höhe von insgesamt EUR 23,96 vorgeschrieben.

1.2. Die gegen diese Bescheide erhobenen Berufungen hat der Stadtsenat der Stadt Krems an der Donau zur gemeinsamen Behandlung verbunden und mit Bescheid vom 11. Juni 2007 abgewiesen.

2.1. Bei der Behandlung der gegen die Bescheide des Stadtsenates der Stadt Krems erhobenen Beschwerde sind beim Verfassungsgerichtshof Bedenken ob der Gesetzmäßigkeit des §5 Abs1 und des §6 Abs2 der Verordnung des Gemeinderates der Stadt Krems an der Donau über die Erhebung von Wasserversorgungsabgaben und Wassergebühren in der Fassung des Beschlusses des Gemeinderates vom 17. September 2003, kundgemacht durch Anschlag an der Amtstafel vom 23. September 2003 bis 21. Oktober 2003, entstanden; er hat daher am 7. Oktober 2008 beschlossen, die genannten Rechtsnormen von Amts wegen einem Verordnungsprüfungsverfahren zu unterziehen.

2.2. Der Verfassungsgerichtshof hat diese Bedenken wie folgt ausgeführt:

"... Der Verfassungsgerichtshof hegt das Bedenken, dass den

in Prüfung gezogenen Teilen der Verordnung kein die gesamte Geltungsdauer erfassendes Ermittlungsverfahren, insbesondere im Hinblick auf die Regelung des §10 Abs5 NÖ GemeindewasserleitungsG, die anscheinend im Lichte des Erkenntnisses VfSlg. 16.319/2001 zu interpretieren ist, zugrunde liegt:

... §10 Abs5 NÖ GemeindewasserleitungsG sieht vor, dass die

Grundgebühr so festzusetzen ist, dass der voraussichtliche Jahresertrag an Wasserversorgungsabgaben und Wassergebühren den für die Erhaltung und den Betrieb der Gemeindewasserleitung sowie die Verzinsung und Tilgung der Anlagekosten erforderlichen voraussichtlichen doppelten Jahresaufwand nicht übersteigt.

...

... Der Verfassungsgerichtshof nimmt vorläufig an, dass

durch den 'Betriebsfinanzierungsplan', in dem lediglich Berechnungen für die Jahre 2001 bis 2004 enthalten sind, für die Jahre 2005 und 2006 dem Erfordernis des §10 Abs5 NÖ GemeindewasserleitungsG, den gesamten zeitlichen Geltungsbereich der Verordnung abdeckende Berechnungen vorzunehmen, anscheinend nicht entsprochen worden ist.

        ... Der Verfassungsgerichtshof hegt weiters das vorläufige

Bedenken, dass die Verordnung nicht ordnungsgemäß kundgemacht worden ist:

        ...

        ... Der Verfassungsgerichtshof nimmt vorläufig an, dass

durch den öffentlichen Anschlag einer ... Kundmachung, in der

lediglich festgehalten wird, dass eine Änderung (betreffend die Bestimmungen des §6 Abs2 und 3 der in Prüfung genommenen Verordnung) der Tarifordnung für das Wasserwerk beschlossen wurde, dem Erfordernis des §50 NÖ StadtrechtsorganisationsG nicht entsprochen worden ist. Es wurde nämlich anscheinend weder die vom Gemeinderat beschlossene Änderung der Verordnung mit ihrem Wortlaut kundgemacht noch wurde in der Kundmachung auf eine allfällige Auflage der beschlossenen Änderungen des Verordnungstextes im Gemeindeamt hingewiesen, worauf auch das Schreiben der NÖ Landesregierung vom 17. Dezember 2003 - ungeachtet der anscheinend unrichtigen Rechtsauskunft im letzten der oben zitierten Sätze - hinzudeuten scheint. Angesichts dessen kann anscheinend auch offen bleiben, ob für den oben wiedergegebenen Verordnungsbeschluss des Gemeinderates seinem Umfang nach überhaupt eine Kundmachung nach §50 Abs2 des NÖ StadtrechtsorganisationsG in Betracht käme.

Die Stellungnahme der vom Verfassungsgerichtshof zur Äußerung aufgeforderten belangten Behörde, es sei - wenn auch ohne entsprechende Beurkundung im Verordnungsakt - auch der gesamte Verordnungstext in der Fassung des hier in Rede stehenden Gemeinderatsbeschlusses an der Amtstafel angeschlagen worden, vermag dieses Bedenken nicht zu zerstreuen, hat doch der Verfassungsgerichtshof schon entschieden, dass dem Kundmachungsgebot nur dann Genüge getan ist, wenn der Verordnungsbeschluss des Gemeinderates als solcher (und nicht etwa der gesamte Text der Verordnung in der Fassung des Änderungsbeschlusses) kundgemacht worden ist (vgl. VfSlg. 13.910/1994 mit näherer Begründung).

... Der Verfassungsgerichtshof hegt betreffend §5 Abs1 der

Verordnung des Gemeinderates der Stadt Krems an der Donau über die Erhebung von Wasserabgaben und Wassergebühren - abgesehen von der anscheinend fehlenden Kundmachung - vorläufig das weitere Bedenken, dass der Wortlaut dieser Bestimmung, wie er sich in der im Verordnungsblatt einliegenden Ausfertigung des gesamten Verordnungstextes findet, von keinem Gemeinderatsbeschluss umfasst ist.

...

... Aus den vorgelegten Verordnungsakten ist nicht

ersichtlich, dass die Änderung des §5 Abs1 der in Prüfung genommenen Verordnung von einem Gemeinderatsbeschluss umfasst ist - wie auch die belangte Behörde in ihrer ergänzenden Stellungnahme eingeräumt hat -, weshalb der Verfassungsgerichtshof vorläufig annimmt, dass ein solcher Beschluss nicht vorliegt.

Jedoch geht der Verfassungsgerichtshof vorläufig davon aus, dass ein normativer Akt vorliegt und dieser sowohl durch den von der belangten Behörde behaupteten Anschlag des Textes der gesamten Verordnung vom 23. September 2003 bis 21. Oktober 2003 an der Amtstafel als auch durch Übermittlung des Verordnungstextes an die zuständige Behörde die geänderte Fassung des §5 Abs1 (ungeachtet dessen, dass anscheinend keine geeignete Kundmachung vorliegt) ein solches Mindestmaß an Publizität erreicht hat, dass er als Verordnung Gegenstand eines Normprüfungsverfahrens sein kann (vgl. zB VfSlg. 13.632/1993, 15.694/1999, 17.244/2004, 17.849/2006).

Der Verfassungsgerichtshof hegt ob des §5 Abs1 der Verordnung sohin das Bedenken, dass dieser Fassung der Norm kein Beschluss des für seine Erlassung allein zuständigen Gemeinderates zugrunde liegt und die Norm damit nicht gesetzmäßig zustande gekommen sein dürfte."

2.3. Der Gemeinderat der Stadtgemeinde Krems an der Donau erstattete im Verordnungsprüfungsverfahren eine schriftliche Äußerung, die auszugsweise wie folgt lautet:

"Die Feststellung des Verfassungsgerichtshofes, dass der Betriebsfinanzierungsplan, welche[r] die berechnungstechnische Grundlage für die Bemessung der (Wasserbezugs)Grundgebühr, bildet, keine Berechnungen für die Jahre 2005 und 2006 enthält, ist grundsätzlich richtig. Dem Akt, der der gegenständlichen in Prüfung stehenden Verordnung zugrunde liegt, ist auch keine über das Jahr 2004 hinausgehende Abschätzung oder gar Berechung entnehmbar.

Dem gegenständlichen Betriebsfinanzierungsplan liegen zum einen die Ergebnisse der vergangenen Jahre zugrunde und zum anderen wird eine Abschätzung zukünftiger Aufwendungen vorgenommen. So zeigt der gegenständliche Plan, bei Berücksichtigung aller Aufwendungen bereits seit dem Jahr 2001, dass eine Grundgebühr von € 1,31, wie sie in der in Prüfung stehenden Verordnung schließlich festgelegt wurde, deshalb gerechtfertigt war, weil bereits im Jahr 2001 eine Grundgebühr von € 1,31 notwendig gewesen wäre, um dem Jahresaufwand zu entsprechen. Die tatsächliche Grundgebühr lag aber vor dem Inkrafttreten der nun geprüften Verordnung mit 1.11.2003 in einer Höhe von € 1,14. Erfahrungswerte aus der Vergangenheit haben gezeigt, dass in fast keinem Fall der Gebührenhaushalte der Jahresaufwand gegenüber den Vorjahren gesunken ist, sondern waren in allen Fällen Steigerungen bei den Ausgaben zu verzeichnen. Dies dokumentieren auch die Zahlen unter 'Summe des Jahresaufwandes' im gegenständlichen Betriebsfinanzierungsplan eindeutig. Es war somit auch im Jahr 2003 - zum Zeitpunkt der Vorbereitung der gegenständlichen Verordnung - in den Stadtwerken der Stadt Krems davon auszugehen, dass der festgestellte Trend, nämlich einen steigenden Jahresaufwand zu verzeichnen, in den nächsten Jahren anhalten wird und somit eine Reduktion der Grundgebühr wohl nicht anzudenken ist. Aus heutiger Sicht lässt sich für die Jahre 2005, 2006 und 2007 anhand des tatsächlich aufgelaufenen Jahresaufwandes auch die grundsätzliche Richtigkeit dieser Annahme feststellen.

Zum Zeitpunkt der Beschlussfassung im Gemeinderat am 17.9.2003 war im Übrigen auch noch nicht vorauszusehen, für welchen Zeitraum die nun beschlossene Anpassung der Grundgebühr ausreichen wird um eine Deckung des Jahresaufwandes sicherzustellen. Selbstverständlich wurden in den Stadtwerken Krems jährlich Erhebungen durchgeführt und der Jahresaufwand mit dem Jahresertrag entsprechend verglichen und daher auch der Betriebsfinanzierungsplan entsprechend weitergeführt. Es würden die Grenzen einer realitätsnahen Entwicklung von künftigen Jahresergebnissen gesprengt werden, wenn Betriebsfinanzierungspläne in der Detailgenauigkeit des dem Verfassungsgerichtshof vorliegenden Betriebsfinanzierungsplanes für den Zeitraum 2001 bis 2004 erstellt werden würden.

Erst im Jahr 2007 wurde für das Jahr 2008 - aufgrund der Steigerungen im Jahresaufwand in den vergangenen Jahren - erneut eine Festsetzung der Grundgebühr in Form einer Erhöhung durch eine neue Verordnung über Wasserversorgungsabgaben und Wassergebühren beschlossen.

Dem Gemeinderat war im Zeitpunkt des Beschlusses der nun in Prüfung stehenden Verordnung bewusst, dass bei der neuen Festsetzung der Grundgebühr in §6 Abs2 der Verordnung, nicht davon ausgegangen werden kann, dass der Jahresaufwand sinken könnte und damit eine niedrigere Neufestsetzung der Grundgebühr erforderlich sein könnte. Der Gemeinderat ist - in Kenntnis des gegenständlichen Betriebsfinanzierungsplanes - daher davon ausgegangen, dass die für das Jahr 2004 ermittelten geschätzten Werte des Jahresaufwandes auch in den darauf folgenden Jahren nicht sinken werden.

Der Gemeinderat der Stadt Krems ist daher der Meinung, dass dem Erfordernis des §10 Abs5 NÖ Gemeindewasserleitungsgesetz, in der Fassung LGBl. 6930-3, entsprochen worden ist, weil alleine der Vergleich des Jahresaufwandes für die Jahre 2001 bis 2002 mit jenem geschätzten des Jahres 2004 ergibt, dass ein Zukunftstrend in Richtung steigender Jahresaufwand ablesbar ist.

Zur Annahme des Verfassungsgerichtshofes in Pkt. 7.2[.] seines Beschlusses vom 7.10.2008, nämlich, dass die Kundmachung des Gemeinderatsbeschlusses vom 17. September 2003 nicht den Erfordernissen des §50 NÖ STROG entsprochen hätte ist anzumerken, dass tatsächlich nicht der Wortlaut des Beschlusses des Gemeinderates in der Kundmachung wiedergegeben worden ist.

Die in der Stellungnahme des Stadtsenates der Stadt Krems an der Donau an den Verfassungsgerichthof in der gegenständlichen Angelegenheit vom 18.9.2008 (Beschluss des Stadtsenates vom 17.9.2008) dargestellte Praxis der Kundmachungen entspricht der in der Stadt Krems bisher gepflogenen Übung. Die Kundmachungspraxis der Stadt Krems auf Basis des §50 Abs1 und 2

NÖ Stradtrechtsorganisationsgesetz [gemeint wohl:

Stadtrechtsorganisationsgesetz] (NÖ STROG) sah bisher vor, die Kundmachung mit einem Anschlagsblatt mit dem Titel 'Kundmachung', der auch die Vermerke 'Angeschlagen am...' und 'Abgenommen am ...' trägt in der dem Verfassungsgerichtshof bereits bekannten Form an der Amtstafel anzuschlagen. Zusätzlich wurde allerdings immer der Gesamttext der jeweiligen Verordnung einschließlich der vorgenommenen Änderungen in Papierform angeschlossen. Auf diesen Blättern wurde[n] nie die Vermerke 'Angeschlagen am ...' und 'Abgenommen am ...'

angebracht.

Zur Annahme des Verfassungsgerichtshofes in Pkt. 8[.] seines Beschlusses vom 7.10.2008, nämlich, dass der Wortlaut der Bestimmung, wie er sich in der im Verordnungsblatt einliegenden Ausfertigung des gesamten Verordnungstextes findet, von keinem Gemeinderatsbeschluss umfasst ist, ist vollinhaltlich auf die in der Stellungnahme des Stadtsenates der Stadt Krems an der Donau an den Verfassungsgerichthofes [gemeint wohl: Verfassungsgerichtshof] vom 18.9.2008 (Beschluss des Stadtsenates vom 17.9.2008) enthaltene Darstellung zu verweisen."

II. Der Verfassungsgerichtshof hat erwogen:

A. Zur Zulässigkeit des Verfahrens:

1. Zweifel an der Zulässigkeit der Anlassbeschwerde oder an der Präjudizialität der in Prüfung gezogenen Bestimmungen der Verordnung des Gemeinderates der Stadt Krems an der Donau über die Erhebung von Wasserversorgungsabgaben und Wassergebühren in der im Spruch genannten Fassung sind im Verordnungsprüfungsverfahren weder vorgebracht worden noch sonst im Verfahren hervorgekommen.

2. Das Verfahren ist daher zulässig.

B. In der Sache:

1. Das im Prüfungsbeschluss geäußerte Bedenken, dass die in Prüfung gezogene Verordnung nicht ordnungsgemäß kundgemacht worden ist, trifft zu:

1.1. Die Verordnung des Gemeinderates der Stadt Krems an der Donau über die Erhebung von Wasserversorgungsabgaben und Wassergebühren vom 17. September 2003 lautet auszugsweise samt Überschriften (die in Prüfung stehenden Bestimmungen sind hervorgehoben):

"Der Gemeinderat der Stadtgemeinde Krems an der Donau beschließt auf Grund der Ermächtigung durch §5 des NÖ. Gemeindewasserleitungsgesetzes 1978, LGBl. 6930-1, die Erhebung von Wasserversorgungsabgaben (Wasseranschlussabgabe, Ergänzungsabgabe und Sonderabgabe) und Wassergebühren (Bereitstellungsgebühren und Wasserbezugsgebühren) in der Sitzung am 17. September 2003.

§1

Wasserabgabe und Gebühren

In der Stadtgemeinde Krems an der Donau werden folgende Wasserabgaben und Wassergebühren erhoben:

a)

Wasseranschlussabgabe

b)

Ergänzungsabgabe

c)

Sonderabgabe

d)

Bereitstellungsgebühr

e)

Wasserbezugsgebühr

...

§5

Bereitstellungsgebühr

(1) Der Bereitstellungsbetrag wird mit € 7,26 pro m³/h für alle Wassermesser festgesetzt.

(2) Die Bereitstellungsgebühr ist das Produkt der Nennbelastung des Wassermessers (in m³/h) mal dem Bereitstellungsbetrag. Daher beträgt die jährliche Bereitstellungsgebühr:

   Wassermesser     Bereitstellungs-    Bereitstellungs-

   Nennbelastung    betrag              gebühr

   in m³/h          pro m³/h in €       in €

         3               7,26                21,78

         7               7,26                50,82

        20               7,26               145,20

        50               7,26               363,00

        70               7,26               508,00

       100               7,26               726,00

       120               7,26               871,20

       150               7,26             1.089,00

       180               7,26             1.306,80

       200               7,26             1.452,00

       250               7,26             1.815,00

       450               7,26             3.267,00

       600               7,26             4.356,00

       700               7,26             5.082,00

§6

Wasserbezugsgebühren

(1) Die Wasserbezugsgebühren werden für Liegenschaften, für die von der Gemeinde ein Wassermesser beigestellt ist, nach den Bestimmungen des §10, Abs2 des NÖ. Gemeindewasserleitungsgesetzes 1978 berechnet.

(2) Für die im Absatz 1 genannten Liegenschaften wird die Grundgebühr für 1 m³ Wasser mit € 1,31 festgesetzt.

        (3) Für Betriebe und Unternehmungen wird die Grundgebühr für

die ersten 12.000 m³ mit            € 1,31

von 12.001 - 36.000 m³ mit          € 1,07  (= - 18 %)

und über 36.001 m³ mit              € 0,92  (= - 30 %)

festgesetzt.

(4) Die Wasserbezugsgebühren sind für Liegenschaften, für die von der Gemeinde ein Wassermesser noch nicht beigestellt werden konnte, so zu berechnen, dass die Berechnungsfläche mit der Grundgebühr gemäß §6, Abs2 vervielfacht wird. Dieser Betrag wird quartalsweise vorgeschrieben."

1.2. Die vorgelegten Akten enthalten ein als "Antrag an den Gemeinderat der Stadt Krems an der Donau" bezeichnetes Schriftstück des Magistrates der Stadt Krems an der Donau/Stadtwerke vom 23. August 2003 mit folgendem Wortlaut:

"Auf Grund der Sach- und Rechtslage wird daher der Antrag gestellt,

der Gemeinderat wolle beschließen:

Die Wasserabgabenordnung für die öffentliche Gemeindewasserleitung der Stadtgemeinde Krems an der Donau (Verordnung des Gemeinderates der Stadtgemeinde Krems an der Donau über die Erhebung von Wasserversorgungsabgaben und Wassergebühren ab 1.11.2002) wird wie folgt geändert:

§6 Abs2 und 3 haben zu lauten:

(2) Für die im Absatz 1 genannten Liegenschaften wird die Grundgebühr für 1 m³ Wasser mit € 1,31 festgesetzt.

        (3) Für Betriebe und Unternehmungen wird die Grundgebühr

für die ersten 12.000 m³ mit        € 1,31

von 12.001 - 36.000 m³ mit          € 1,07 (= - 18 %)

und über 36.000 m³ mit              € 0,92 (= - 30 %)

festgesetzt.

Die neue Wassergebührenordnung tritt mit 1. November 2003 in Kraft."

Am Ende dieses Schriftstückes ist eine Stampiglie angebracht: "Vorstehender Antrag wurde in der Sitzung des GRA VII am 28.8.2003 vorberaten und mit Stimmenmehrheit angenommen. 1 Gegenstimme. Der Direktor i.V. (Unterschrift)".

Diesem Schriftstück ist ein weiteres Blatt mit dem Inhalt

"10. öffentliche Sitzung des Gemeinderates am 17. September 2003: Der vorliegende Antrag wurde mit den Stimmen der ÖVP und SPÖ gegen die Stimmen der FPÖ, Grünen, KLS und des GR Haselmayer (SPÖ) angenommen" beigelegt.

1.3. Die vorgelegten Akten enthalten weiters ein Schriftstück vom 22. September 2003 mit folgendem Wortlaut:

"KUNDMACHUNG

Der Gemeinderat der Stadt Krems an der Donau hat in seiner öffentlichen Sitzung am 17. September 2003 eine Änderung der Tarifordnung für das Wasserwerk beschlossen.

Die neue Tarifordnung tritt mit 1. November 2003 in Kraft. Mit gleichem Zeitpunkt treten alle diesbezüglichen, bisherigen Bestimmungen außer Kraft.

Für den Bürgermeister

Der Abteilungsleiter:

(Siegel des Magistrates der Stadt Krems an der Donau;
Unterschrift)".

Diese "Kundmachung" wurde nach dem darauf angebrachten Vermerk am 23. September 2003 an der Amtstafel des Magistrates der Stadt Krems angeschlagen und am 21. Oktober 2003 abgenommen.

Die vorgelegten Akten enthalten ferner ein an den Bürgermeister der Stadt Krems an der Donau gerichtetes Schreiben der NÖ Landesregierung (Gruppe Innere Verwaltung/Abteilung Gemeinden) vom 17. Dezember 2003 mit folgendem (auszugsweise wiedergegebenen) Wortlaut:

"Die im Betreff genannte Verordnung des Gemeinderates ...

wird gemäß §70 Abs3 NÖ Stadtrechtsorganisationsgesetz ... zur

Kenntnis genommen. ...

Weiters wäre künftig der gesamte Verordnungstext durch Anschlag an der Amtstafel kundzumachen."

2. §50 des - im vorliegenden Fall maßgebenden - NÖ Stadtrechtsorganisationsgesetzes (im Folgenden: NÖ StadtrechtsorganisationsG), LGBl. 1026-3, lautet:

"§50

Kundmachungen der Stadt

(1) Verordnungen der Stadt sind, wenn gesetzlich nichts anderes bestimmt ist, durch Anschlag an der Amtstafel kundzumachen. Die Kundmachungsfrist beträgt zwei Wochen. Verordnungen, die einer Genehmigung durch die Landesregierung bedürfen, dürfen erst nach der Zustellung des Genehmigungsbescheides an die Stadt kundgemacht werden.

(2) Verordnungen, die wegen ihres Umfanges oder ihrer Art an der Amtstafel nicht kundgemacht werden können, sind zur öffentlichen Einsicht durch zwei Wochen hindurch aufzulegen. Die Auflegung, der Ort der Einsichtnahmemöglichkeit und die für die Einsichtnahme vorgesehenen Amtsstunden sind an der Amtstafel kundzumachen.

(3) Verordnungen treten mit Ablauf des letzten Tages der Kundmachungs- bzw. Auflagefrist in Kraft, wenn in der Verordnung nichts anderes bestimmt ist.

(4) Verweigert der Gemeinderat die Zustimmung zu Verordnungen, die der Bürgermeister gemäß §15 Abs2 erlassen hat, treten sie mit dem Ablauf des Tages der Gemeinderatssitzung außer Kraft; dies ist durch Anschlag an der Amtstafel kundzumachen."

3. Das dem Verfassungsgerichtshof im Verfahren mit den Verordnungsakten vorgelegte Schriftstück vom 22. September 2003, mit dem Titel "Kundmachung" und der Unterschrift des Abteilungsleiters für den Bürgermeister sowie dem Siegel des Magistrats der Stadt Krems an der Donau, entspricht nicht den Erfordernissen einer rechtmäßigen Kundmachung gemäß §50 NÖ StadtrechtsorganisationsG. Dieses Schriftstück enthält weder den die Änderung der Verordnung betreffenden Gemeinderatsbeschluss im Wortlaut noch wurde in der Kundmachung auf eine - wenngleich hier ohnedies nicht in Betracht kommende - allfällige Auflegung der beschlossenen Änderung des Verordnungstextes zur öffentlichen Einsicht hingewiesen.

Das Vorbringen des Gemeinderates in seiner Äußerung hat das Bedenken des Verfassungsgerichtshofes insgesamt bestätigt. Der Gemeinderat verweist darin auf die bereits im Anlassverfahren zu B1474/07 ergangene Stellungnahme vom 18. September 2008, in der er einräumte, es sei der Text des Gemeinderatsbeschlusses vom 17. September 2003 nicht durch Anschlag an der Amtstafel kundgemacht worden. Damit ist klargestellt, dass jedenfalls auch den Kundmachungserfordernissen des §50 NÖ StadtrechtsorganisationsG, LGBl. 1026-3, nicht entsprochen wurde.

Bei diesem Ergebnis erübrigt es sich auf die im Prüfungsbeschluss aufgeworfenen weiteren Bedenken näher einzugehen.

4. Die Verordnung des Gemeinderates der Stadt Krems an der Donau über die Erhebung von Wasserversorgungsabgaben und Wassergebühren in der Fassung des Beschlusses des Gemeinderates vom 17. September 2003, kundgemacht durch Anschlag an der Amtstafel vom 23. September 2003 bis 21. Oktober 2003, war daher wegen Kundmachung in gesetzwidriger Weise zur Gänze gemäß Art139 Abs3 litc B-VG aufzuheben.

5. Dies konnte gemäß §19 Abs4 erster Satz VfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung beschlossen werden.

Schlagworte

Wasserrecht, Wasserversorgung, Verordnung Kundmachung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:2009:V452.2008

Zuletzt aktualisiert am

26.11.2010
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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