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40/01 Verwaltungsverfahren;Norm
AVG §58 Abs2;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Präsident Dr. Jabloner und die Hofräte Dr. Novak und Dr. Mizner als Richter, im Beisein des Schriftführers MMag. Zavadil, über die Beschwerde des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt- und Wasserwirtschaft in Wien, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Knittelfeld vom 22. Februar 2000, Zl. 8.1 S 21/00, betreffend Rodungsbewilligung (mitbeteiligte Parteien: Josef und Elisabeth S), zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.
Begründung
Mit Bescheid vom 22. Februar 2000 erteilte die Bezirkshauptmannschaft K. den mitbeteiligten Parteien gemäß §§ 17, 18 und 19 Abs. 1 lit. b sowie 170 Abs. 1 des Forstgesetzes 1975 (ForstG) die Bewilligung, Waldboden des Grundstückes Nr. 895/1 der KG K. im Ausmaß von 500 m2 entsprechend dem mit einem Sichtvermerk versehenen Lageplan zur Errichtung einer Hütte zu roden. Die Bewilligung wurde an verschiedene Bedingungen und Auflagen gebunden.
Nach der Begründung hätten die mitbeteiligten Parteien mit Eingabe vom 16. Jänner 2000 um die Erteilung der Rodungsbewilligung für einen Teil des genannten Grundstückes angesucht. Der forsttechnische Amtssachverständige habe anlässlich der mündlichen Verhandlung am 10. Februar 2000 ausgeführt, dass eine Hütte mit den Maßen 6 x 4 m in Holzbauweise samt Abstellflächen und Zufahrt errichtet werden solle, die ausschließlich forstlichen und privaten Zwecken der Antragsteller diene. Die Rodefläche befinde sich unmittelbar neben einem öffentlich-rechtlichen Interessentenweg und stelle derzeit eine Kultur dar. Die Antragsteller hätten eine rund 11 ha große Waldfläche erworben; ihr Wohnort liege davon etwa 22 km entfernt. Dadurch würden sich gewisse Erschwernisse in der Bewirtschaftung ergeben. Weder würde die Waldausstattung der KG K. mit 74 % nennenswert verringert, noch sei eine wesentliche Veränderung der Waldwirkungen anzunehmen. Dem Antrag könne aus forstfachlicher Sicht zugestimmt werden, sofern sichergestellt sei, dass die private Nutzung ausschließlich durch die Waldbesitzer und deren Rechtsnachfolger für deren Eigengebrauch erfolge und eine Benutzung für die forstlichen Zwecke sichergestellt sei.
Der Vertreter der Gemeinde habe festgehalten, dass das geplante Vorhaben auch baubehördlich abzuhandeln sei. Die Nutzung der gegenständlichen Hütte dürfe nicht als Wochenendhaus erfolgen, sondern müsse überwiegend forstlichen Zwecken dienen.
Der Vertreter der Bezirkskammer für Land- und Forstwirtschaft habe die Errichtung der Hütte befürwortet, zumal dadurch die forstliche Bewirtschaftung des Waldgrundstückes erleichtert werde.
Nach Wiedergabe der anzuwendenden Gesetzesbestimmungen vertrat die belangte Behörde die Auffassung, auf Grund der Ergebnisse des durchgeführten Ermittlungsverfahrens könne "festgestellt werden, dass das öffentliche Interesse an der geplanten Rodung zum Zwecke der Errichtung einer Hütte jenes der Erhaltung dieser Fläche als Wald überwiegt". Die Auflagen seien zur Vermeidung nachteiliger Wirkungen des Vorhabens vorzuschreiben gewesen.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die gemäß § 170 Abs. 8 ForstG erhobene Amtsbeschwerde. Begründet wird diese im Wesentlichen damit, ein gegenüber dem Interesse an der Erhaltung der Fläche als Wald überwiegendes öffentliche Interesse sei im Ermittlungsverfahren der belangten Behörde nicht hervor gekommen.
Die belangte Behörde hat es auch nach Hinweis auf § 38 Abs. 2 VwGG unterlassen, die Verwaltungsakten vorzulegen. Ebenso wurde von ihr keine Gegenschrift erstattet.
Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:
Nach den Feststellungen der belangten Behörde soll die streitgegenständliche Hütte auch der forstwirtschaftlichen Bewirtschaftung dienen, es wurde allerdings nicht festgestellt, dass die Hütte für die Bewirtschaftung des Waldes unbedingt erforderlich wäre (vgl. zur Erforderlichkeit etwa das Erkenntnis vom 25. September 1995, Zl. 95/10/0034).
Gemäß § 17 Abs. 1 ForstG ist die Verwendung von Waldboden zu anderen Zwecken als für solche der Waldkultur (Rodung) verboten. Die Forstbehörde kann aber gemäß Abs. 2 dieser Gesetzesstelle eine Bewilligung zur Rodung erteilen, wenn ein öffentliches Interesse an einer anderen Verwendung der zur Rodung beantragten Fläche das öffentliche Interesse an der Erhaltung derselben als Wald überwiegt.
Nach § 17 Abs. 3 ForstG können öffentliche Interessen im Sinne des Abs. 2 insbesondere in der umfassenden Landesverteidigung, im Eisenbahn-, Luft- und öffentlichen Straßenverkehr, in Post- und öffentlichen Fernmeldewesen, im Bergbau, im Wasserbau, in der Energiewirtschaft, in der Agrarstrukturverbesserung sowie im Siedlungswesen begründet sein.
Gemäß § 17 Abs. 4 ForstG hat die Behörde bei Abwägung der öffentlichen Interessen im Sinne des Abs. 2 insbesondere auf eine die erforderlichen Wirkungen des Waldes gewährleistende Waldausstattung Bedacht zu nehmen; ferner sind unter diesen Voraussetzungen die Zielsetzungen der Raumordnung zu berücksichtigen.
Es ist Sache der Forstbehörde, gestützt auf entsprechende Ermittlungsergebnisse in einer der nachprüfenden Kontrolle zugänglichen Weise darzutun, ob und inwiefern am dargelegten Rodungszweck ein öffentliches Interesse besteht und gegebenenfalls, ob und aus welchen Gründen dieses öffentliche Interesse jenes an der Erhaltung der zur Rodung beantragten Fläche als Wald überwiegt. Die von der Forstbehörde gemäß § 17 ForstG vorzunehmende Interessenabwägung setzt somit voraus, dass zunächst festgestellt wird, ob und in welchem Ausmaß ein öffentliches Interesse an einer anderen Verwendung der zur Rodung beantragten Fläche besteht (vgl. z.B. das Erkenntnis vom 20. September 1999, Zl. 99/10/0131, mit Hinweis auf Vorjudikatur). Liegen eine Rodung rechtfertigende öffentliche Interessen nicht vor, dann ist die in § 17 Abs. 2 ForstG vorgesehene Interessenabwägung entbehrlich (vgl. das Erkenntnis vom 29. Mai 2000, Zl. 97/10/0036).
Die belangte Behörde ist in der Begründung des angefochtenen Bescheides vom Vorliegen eines öffentlichen Interesses an der beantragten Rodung ausgegangen und hat dieses gegenüber dem öffentlichen Interesse an der Erhaltung der Fläche als Wald als überwiegend beurteilt. An entsprechenden Feststellungen im Sinne der oben wiedergegebenen Rechtsprechung fehlt es allerdings zur Gänze.
Da es die belangte Behörde unterließ, die für eine etwaige Interessenabwägung erforderlichen Feststellungen zu treffen, hat sie den angefochtenen Bescheid mit Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften, bei deren Einhaltung sie zu einem anderen Bescheid hätte gelangen können, belastet.
Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. b und c VwGG aufzuheben.
Wien, am 21. März 2001
Schlagworte
Begründungspflicht und Verfahren vor dem VwGH Begründungsmangel als wesentlicher VerfahrensmangelEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2001:2000100066.X00Im RIS seit
10.05.2001