TE Vfgh Erkenntnis 2009/3/11 B978/07

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Veröffentlicht am 11.03.2009
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Index

90 Straßenverkehrsrecht, Kraftfahrrecht
90/01 Straßenverkehrsordnung 1960

Norm

B-VG Art144 Abs1 / Anlassfall
StGG Art5
StVO 1960 §89a

Spruch

Der Beschwerdeführer ist durch den angefochtenen Bescheid im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Unversehrtheit des Eigentums verletzt worden.

Der Bescheid wird aufgehoben.

Die Stadtgemeinde Innsbruck ist schuldig, dem Beschwerdeführer die mit € 2.340,- bestimmten Prozesskosten binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution zu bezahlen.

Begründung

Entscheidungsgründe:

I. 1.1. Mit Bescheid des Stadtmagistrates Innsbruck vom

12. Dezember 2006 wurden dem Beschwerdeführer gemäß §89a Abs7 und 7a Straßenverkehrsordnung 1960 (im Folgenden: StVO 1960) Kosten iHv € 186,- für die Abschleppung seines im Halte- und Parkverbot in der Maria-Theresien-Straße (Haus Nr. 45) abgestellten Kraftfahrzeuges vorgeschrieben. Der dagegen erhobenen Vorstellung wurde mit Bescheid des Stadtmagistrates Innsbruck vom 22. Jänner 2007 keine Folge gegeben. Der dagegen erhobenen Berufung wurde mit Bescheid des Stadtsenates der Landeshauptstadt Innsbruck vom 26. April 2007 ebenfalls keine Folge gegeben.

1.2. Mit Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates in Tirol (im Folgenden: UVS Tirol) vom 26. März 2007 wurde der Berufung des Beschwerdeführers gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Schwaz vom 30. Jänner 2007, mit dem über ihn wegen Abstellens seines Kraftfahrzeuges im Halte- und Parkverbot eine Verwaltungsstrafe gemäß §§24 Abs1 lita iVm 99 Abs3 StVO 1960 verhängt wurde, Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis behoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt. Begründend wurde ausgeführt, dass das Kraftfahrzeug des Beschwerdeführers außerhalb des Halte- und Parkverbots abgestellt worden sei. Dem Beschwerdeführer könne nicht angelastet werden, dass das Straßenverkehrszeichen in der Folge verschoben und damit das Parken allenfalls rechtswidrig geworden sei.

2. Die vorliegende, auf Art144 B-VG gestützte, Beschwerde richtet sich gegen den Bescheid des Stadtsenates der Landeshauptstadt Innsbruck vom 26. April 2007, mit dem der Berufung gegen die Vorschreibung der Abschleppkosten keine Folge gegeben wurde. In der Beschwerde wird unter anderem die Verletzung in Rechten wegen Anwendung einer gesetzwidrigen Verordnung behauptet.

3. Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der sie die Zurück- bzw. die Abweisung der Beschwerde beantragt.

II. Aus Anlass dieser Beschwerde leitete der

Verfassungsgerichtshof gemäß Art139 Abs1 B-VG von Amts wegen ein Verfahren zur Prüfung der Gesetzmäßigkeit der Verordnung der Bürgermeisterin der Stadtgemeinde Innsbruck vom 16. November 2006, II-SV-2415/2006, ein. Mit Beschluss vom 26. Februar 2009, V448/08, stellte der Verfassungsgerichtshof das von Amts wegen eingeleitete Verfahren ein, weil die Verordnung der Bürgermeisterin der Stadtgemeinde Innsbruck vom 16. November 2006 zum Zeitpunkt des Abstellens des Kraftfahrzeuges für das Anlassverfahren nicht präjudiziell war.

III. Der Verfassungsgerichtshof hat über die - zulässige - Beschwerde erwogen:

1. Mit dem angefochtenen Bescheid wurden dem Beschwerdeführer Kosten vorgeschrieben; er greift somit in das Eigentumsrecht ein. Dieser Eingriff wäre nach der ständigen Judikatur des Verfassungsgerichtshofes (zB VfSlg. 13.587/1993 mwN, 15.364/1998, 15.768/2000, 16.113/2001, 16.430/2002) dann verfassungswidrig, wenn der ihn verfügende Bescheid ohne jede Rechtsgrundlage ergangen wäre oder auf einer verfassungswidrigen Rechtsgrundlage beruhte, oder wenn die Behörde bei Erlassung des Bescheides eine verfassungsrechtlich unbedenkliche Rechtsgrundlage in denkunmöglicher Weise angewendet hätte, ein Fall, der nur dann vorläge, wenn die Behörde einen so schweren Fehler begangen hätte, dass dieser mit Gesetzlosigkeit auf eine Stufe zu stellen wäre.

2. §89a Abs7 und 7a StVO 1960 regelt die Kostentragung anlässlich der Entfernung und Aufbewahrung eines verkehrsbeeinträchtigend abgestellten Gegenstandes bzw. Fahrzeuges. Die Behörde hat in einem solchen Kostenvorschreibungsverfahren stets zu prüfen, ob eine Verkehrsbeeinträchtigung iSd §89a Abs2 bzw. Abs2a StVO 1960 gegeben und demnach die zwangsweise Entfernung des Fahrzeuges durch die Behörde berechtigt war und erst bei Bejahung dieser Frage zu prüfen, ob auch die Voraussetzungen vorliegen, dem Zulassungsbesitzer die Kosten dafür aufzuerlegen (vgl. zB VfSlg. 13.533/1993, 14.243/1995). Aufgabe der den Kostenbescheid erlassenden Behörde ist es daher, den diesbezüglich relevanten Sachverhalt so ausreichend festzustellen, dass die Rechtsfragen eindeutig beantwortet werden können.

3. Die belangte Behörde hat bei der Annahme einer Verkehrsbeeinträchtigung iSd §89a Abs2 bzw. 2a StVO 1960 durch das Abstellen des Kraftfahrzeuges des Beschwerdeführers in einem vermeintlichen Halte- und Parkverbot das Gesetz denkunmöglich angewendet, weil im Tatzeitpunkt und am "Tatort" kein Halte- und Parkverbot verordnet war (siehe VfGH 26.2.2009, V448/08).

4. Der Beschwerdeführer wurde somit durch den angefochtenen Bescheid im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Unversehrtheit des Eigentums verletzt.

Der Bescheid war daher aufzuheben.

IV. Die Kostenentscheidung beruht auf §88 VfGG. In den

zugesprochenen Kosten ist Umsatzsteuer in der Höhe von € 360,-- sowie eine Eingabengebühr gemäß §17a VfGG in der Höhe von € 180,-- enthalten.

V. Diese Entscheidung konnte gemäß §19 Abs4 erster Satz VfGG

ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung getroffen werden.

Schlagworte

Straßenpolizei, Abschleppung, VfGH / Anlassfall, VfGH /Anlassverfahren

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:2009:B978.2007

Zuletzt aktualisiert am

26.11.2010
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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