TE Vwgh Erkenntnis 2009/1/29 2007/07/0115

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 29.01.2009
beobachten
merken

Index

10/07 Verwaltungsgerichtshof;
81/01 Wasserrechtsgesetz;

Norm

VwGG §42 Abs2 Z3;
WRG 1959 §21;
WRG 1959 §9;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Bumberger und die Hofräte Dr. Beck, Dr. Hinterwirth, Dr. Enzenhofer und Dr. Sulzbacher als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Jantschgi, über die Beschwerde des Univ. Prof. Dr. F K in A, vertreten durch Czernich-Hofstädter-Guggenberger & Partner, Rechtsanwälte in 6020 Innsbruck, Bozner Platz 4, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Tirol vom 10. Juli 2007, GZ: IIIa1-W-60.231/4, betreffend wasserrechtliche Bewilligung, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.286,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Bescheid vom 7. Februar 1996 erteilte die Bezirkshauptmannschaft I (BH) dem Beschwerdeführer die wasserrechtliche Bewilligung zur Wasserentnahme aus dem Abach zum Betrieb einer Wasserkraftanlage (in weiterer Folge: WKA) und befristete das Wasserbenutzungsrecht bis zum 31. Dezember 2011.

Die mit 1. Oktober 1997 festgelegte Bauvollendungsfrist wurde auf Antrag des Beschwerdeführers durch die Bescheide vom 6. August 1997 und 8. Februar 1999 letztmalig bis 1. Oktober 2002 verlängert.

Mit Schreiben vom 29. September 2004 beantragte der Beschwerdeführer die wasserrechtliche Bewilligung zur Wärmeentnahme aus dem Abach bei der WKA. Demnach solle die Entnahme von Wärme mittels Wärmeaustausches von maximal 15 kW aus dem Abach über eine im Ausgleichsbecken des Kraftwerkes situierte Wärmepumpe erfolgen.

Mit Bescheid vom 19. Dezember 2006 bewilligte die BH die Errichtung und den Betrieb einer Anlage für die Entnahme von Wärme mittels eines Wärmetauschers aus dem Abach über eine Wärmepumpe im Ausgleichsbecken des bestehenden Kraftwerkes. Im Spruchpunkt III. wurde das Wasserbenutzungsrecht - in Übereinstimmung mit der im Bewilligungsbescheid der BH vom 7. Februar 1996 für die WKA festgelegten Befristung - mit 31. Dezember 2011 befristet.

Dagegen erhob der Beschwerdeführer Berufung, in der er sich gegen die beschränkte Bewilligungsdauer wandte und beantragte, diese auf einen der Wertigkeit des Umweltschutzes entsprechenden Zeitraum zu erstrecken. Es bestehe zwar ein enger örtlicher Zusammenhang zwischen dem mit Bescheid der BH vom 7. Februar 1996 bewilligten Kraftwerk und dem Betrieb der gegenständlichen Wärmepumpe. Der Betrieb der Wärmepumpe sei jedoch auch unabhängig vom Kraftwerksbetrieb und auch bei einer wesentlich geringeren Wasserführung des Abaches möglich. Es sei daher nicht zu begründen, den Betrieb der gegenständlichen Wärmepumpe auf 4 Jahre zu begrenzen.

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid vom 10. Juli 2007 wies die belangte Behörde die Berufung als unbegründet ab und führte dazu begründend aus:

"Dem Antrag auf Erteilung der wasserrechtlichen Bewilligung für die gegenständliche Wärmepumpenanlage war das Projekt "Wärmeentnahme aus dem Abach bei der WKA vom September 2004, Plannummer 2627-001, verfasst von der B & Partner ZT-Gesellschaft m.b.H. beigefügt. Auf diese Planunterlagen nimmt der angefochtene Bescheid ausdrücklich Bezug.

Laut Kapitel 2. des technischen Berichts des Einreichprojektes 2004 kann die Wärmeentnahmeanlage nur dann betrieben werden, wenn das Kraftwerk in Betrieb ist bzw. zumindest das Ausgleichsbecken des Kraftwerkes mit Bachwasser beschickt wird.

Entgegen den Ausführungen des (Beschwerdeführers) besteht somit ein sachlicher Zusammenhang mit der mit Bescheid vom 7. Februar 1996 bewilligten WKA. Die geplante Wärmepumpanlage nützt die Temperatur des Wassers, dass im bewilligten Kraftwerk abgearbeitet wird.

Aufgrund des dargestellten sachlichen Zusammenhangs hat die Erstbehörde zu Recht auch bei der Wärmepumpenanlage auf den Bewilligungstatbestand des § 9 WRG 1959 abgestellt.

In Bewilligungen für Wasserbenutzungen nach § 9 WRG 1959 ist die Wasserrechtsbehörde gemäß § 21 WRG 1959 verpflichtet, die Bewilligung zur Benutzung eines Gewässers nach Abwägung des Bedarfs des Bewerbers und des wasserwirtschaftlichen Interesses sowie der wasserwirtschaftlichen und technischen Entwicklung, gegebenenfalls unter Bedachtnahme auf eine abgestufte Projektsverwirklichung, auf die nach dem Ergebnis der Abwägung jeweils längste vertretbare Zeitdauer zu befristen.

Aufgrund des dargestellten Zusammenhangs zwischen der geplanten Wärmepumpenanlage und dem bewilligten Kraftwerk hat die Erstbehörde unter Berücksichtigung des § 21 Abs. 1 WRG 1959 zu Recht das Wasserbenutzungsrecht in Einklang mit dem Bewilligungsbescheid für das Kraftwerk mit 31. Dezember 2011 befristet."

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der der Beschwerdeführer die Aufhebung des angefochtenen Bescheides wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes, in eventu wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften beantragt.

Der Beschwerdeführer macht geltend, dass die belangte Behörde übersehen habe, dass die Wärmepumpenanlage auch betrieben werden könne, wenn die WKA nicht (mehr) in Betrieb wäre, denn die Wärmepumpenanlage beziehe das Wasser für den Wärmetausch aus dem Ausgleichsbecken, welches jedoch auch bei Nichtbetrieb der WKA selbst mit Wasser beschickt werden könne. Es sei sohin nicht erforderlich, dass die Bewilligung für den Betrieb der WKA für die Zeit nach 31. Dezember 2011 verlängert und die WKA tatsächlich betrieben werde. Dies sei bereits im Einreichplan ersichtlich.

Der örtliche Zusammenhang der Wärmepumpenanlage und des bewilligten Kraftwerkes rechtfertige keinesfalls die Anknüpfung an die Befristung des Betriebes. Die belangte Behörde habe die Grundsätze der Amtswegigkeit des behördlichen Vorgehens und der materiellen Wahrheit verletzt. Sie habe es unterlassen, die relevante Feststellung zu treffen, dass die Wärmepumpenanlage auch bei Nichtbetrieb der WKA betrieben werden könne, was sich bereits aus der Einreichplanung und dem Vorbringen des Beschwerdeführers ergebe und bei Durchführung eines ordentlichen Beweisverfahrens festgestellt hätte werden können.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragte.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Die entscheidungsrelevanten Bestimmungen des WRG 1959 lauten wie folgt:

"§ 9. (1) Einer Bewilligung der Wasserrechtsbehörde bedarf jede über den Gemeingebrauch (§ 8) hinausgehende Benutzung der öffentlichen Gewässer sowie die Errichtung oder Änderung der zur Benutzung der Gewässer dienenden Anlagen. Auf Antrag hat die Behörde festzustellen ob eine bestimmte Benutzung eines öffentlichen Gewässers über den Gemeingebrauch hinausgeht.

(2) Die Benutzung der privaten Tagwässer sowie die Errichtung oder Änderung der hiezu dienenden Anlagen bedarf dann einer Bewilligung der Wasserrechtsbehörde, wenn hiedurch auf fremde Rechte oder infolge eines Zusammenhanges mit öffentlichen Gewässern oder fremden Privatgewässern auf das Gefälle, auf den Lauf oder die Beschaffenheit des Wassers, namentlich in gesundheitsschädlicher Weise, oder auf die Höhe des Wasserstandes in diesen Gewässern Einfluß geübt oder eine Gefährdung der Ufer, eine Überschwemmung oder Versumpfung fremder Grundstücke herbeigeführt werden kann.

(3) ....

§ 21. (1) Die Bewilligung zur Benutzung eines Gewässers ist nach Abwägung des Bedarfes des Bewerbers und des wasserwirtschaftlichen Interesses sowie der wasserwirtschaftlichen und technischen Entwicklung gegebenenfalls unter Bedachtnahme auf eine abgestufte Projektsverwirklichung, auf die nach dem Ergebnis der Abwägung jeweils längste vertretbare Zeitdauer zu befristen. Die Frist darf bei Wasserentnahmen für Bewässerungszwecke zehn Jahre sonst 90 Jahre nicht überschreiten.

(2) ..."

Vorauszuschicken ist, dass die Verfahrensparteien übereinstimmend davon ausgehen, dass die wasserrechtliche Bewilligung für die WKA (Bescheid vom 7. Februar 1996) nicht erloschen ist. Auch der Verwaltungsgerichtshof geht daher vom aufrechten Bestand dieser wasserrechtlichen Bewilligung aus.

Die wasserrechtliche Bewilligung vom 7. Februar 1996 enthält unter Spruchpunkt I das Recht zur Wasserentnahme aus dem Abach (zum Betrieb der WKA), wobei das Maß der Wasserbenutzung mit höchstens 50 l/s festgesetzt und auch klargestellt wurde, dass sich das Wasserbenutzungsrecht auf die Wasserentnahme aus dem Abach nur insoweit bezieht, sofern dort "tatsächlich und rechtlich gedeckt" Wasser fließt. Auch dieses Recht des Beschwerdeführers zur Wasserentnahme aus dem Abach ist mit 31. Dezember 2011 befristet.

Nun mag es zwar zutreffen, dass ein Betrieb der Wärmepumpe auch dann möglich ist, wenn die WKA nicht in Betrieb ist, sondern nur das Ausgleichsbecken der WKA mit Wasser (laut Einreichprojekt mit mindestens 3,6 l/s) aus dem Abach beschickt wird. Die Beschickung des Ausgleichsbeckens mit Wasser aus dem Abach setzt aber voraus, dass ein Recht zur Entnahme des Wassers aus dem Abach besteht. Ein solches Recht kommt dem Beschwerdeführer auf Basis des Bewilligungsbescheides vom 7. Februar 1996 aber nur bis zum 31. Dezember 2011 zu.

Diese Überlegung steht offenbar auch hinter dem angefochtenen Bescheid, weil die Wärmepumpe mangels rechtlich gedeckter Wasserentnahme aus dem Abach nach dem 31. Dezember 2011 nicht weiter betrieben werden könnte. Dieser Gedanke greift aber aus nachstehenden Gründen zu kurz:

Der Antrag des Beschwerdeführers vom 29. September 2004 richtete sich auf die Wärmeentnahme aus dem Abach, was eine rechtlich gedeckte Wasserentnahme aus dem Abach (zur Einleitung dieses Wassers in das Ausgleichsbecken) voraussetzt. Die Einreichunterlagen gehen davon aus, dass der Betrieb der Wärmepumpe unabhängig vom Betrieb der WKA erfolgen kann, wobei lediglich das - einen Teil der WKA darstellende - Ausgleichsbecken zu einem weiteren Zweck genutzt wird. Dass es technisch nicht möglich wäre, das Ausgleichsbecken ohne gleichzeitigen Betrieb des Kraftwerkes zu beschicken und somit die Wärmepumpe zu betreiben, ergibt sich weder aus den Einreichunterlagen noch hat dies die belangte Behörde festgestellt.

Der verfahrensgegenständliche Antrag kann daher auch so verstanden werden, dass für den nach dem 31. Dezember 2011 liegenden Zeitraum die Erteilung einer wasserrechtlichen Bewilligung auch zur Wasserentnahme aus dem Abach zur Beschickung des Ausgleichsbeckens beantragt wurde, die bis dahin - wie dargestellt - durch die bestehende wasserrechtliche Bewilligung rechtlich abgesichert ist. Bei bestehenden Zweifeln über ein solches Verständnis des Antrages hätte die Wasserrechtsbehörde den Beschwerdeführer zur Klarstellung auffordern müssen.

Wenn es aber technisch möglich wäre, das Ausgleichsbecken mit Wasser aus dem Abach zu beschicken und damit die Wärmepumpe zu betreiben, ohne dass es auf den Betrieb der WKA ankäme, so wäre es auch möglich, bei Vorliegen der Bewilligungsvoraussetzungen für die Wasserentnahme aus dem Abach und für die Wärmegewinnung aus diesem Wasser eine - von der wasserrechtlichen Bewilligung der WKA gänzlich unabhängige - wasserrechtliche Bewilligung mit eigener Befristung zu erwirken. Es ist auch nicht hervorgekommen, dass im Zuge letztmaliger Vorkehrungen als Folge eines allfälligen Erlöschens des Wasserrechts der WKA das Ausgleichsbecken entfernt werden müsste.

Das ohne weitere Ermittlungen bzw ohne Klarstellung des Antragsinhaltes auf den Bewilligungszeitraum der WKA eingeschränkte Antragsverständnis, das zur zeitlichen Begrenzung der erteilten wasserrechtlichen Bewilligung führte, verletzte daher Rechte des Beschwerdeführers.

Der angefochtene Bescheid war daher wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften gemäß § 42 Abs. 2 Z 3 VwGG aufzuheben.

Von der Durchführung der beantragten mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z 3 VwGG abgesehen werden.

Der Spruch über den Aufwand gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II. Nr. 455/2008.

Wien, am 29. Jänner 2009

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2009:2007070115.X00

Im RIS seit

27.02.2009

Zuletzt aktualisiert am

17.05.2009
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten