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32/02 Steuern vom Einkommen und Ertrag;Norm
EStG 1988 §16 Abs1 Z6 lita;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Hargassner und die Hofräte Dr. Sulyok und Dr. Zorn als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Zaunbauer, über die Beschwerde des R B in S, vertreten durch Mag. Oliver Simoncic, Rechtsanwalt in 3100 St. Pölten, Rathausplatz 3-4, gegen den Bescheid des unabhängigen Finanzsenates, Außenstelle Wien, vom 31. Jänner 2007, RV/2628- W/06, betreffend Einkommensteuer 2005, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem angefochtenen Bescheid setzte die belangte Behörde dem Beschwerdeführer gegenüber im Instanzenzug Einkommensteuer 2005 fest. Dabei wich sie u.a. dahingehend von dessen Erklärung zur Arbeitnehmerveranlagung ab, als sie bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit kein Pendlerpauschale (§ 16 Abs. 1 Z. 6 EStG 1988) in Abzug brachte.
Gemäß § 16 Abs. 1 Z. 6 lit. c EStG 1988 in der im Streitjahr geltenden Fassung seien 243 EUR pro Jahr für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte als Pendlerpauschale zu berücksichtigen, wenn die einfache Fahrtstrecke zwischen Wohnung und Arbeitstätte zwischen 2 und 20 km liege und die Benützung eines Massenbeförderungsmittels zumindest für die halbe Wegstrecke nicht zumutbar sei. Nach Ansicht des Beschwerdeführers sei dieses Pauschale bei ihm zu berücksichtigen.
Internet-Recherchen des Finanzamtes hätten zweifelsfrei ergeben, dass im gegenständlichen Fall die einfache Fahrtstrecke zwischen Wohnung und Arbeitstätte ca. 4 km betrage. Auf dieser Wegstrecke verkehrten öffentliche Verkehrsmittel, deren Fahrtdauer maximal 13 Minuten betrage und deren Abfahrtszeiten (beispielsweise 7.31 Uhr, 7.35 Uhr, 7.46 Uhr, 8.01 Uhr, 8.16 Uhr) den Beschwerdeführer in die Lage versetzten, seine Arbeitsstätte zu dem vom Arbeitgeber vorgeschriebenen Dienstbeginn aufzusuchen.
Fahrtdauer und Abfahrtzeiten von öffentlichen Verkehrsmitteln seien jene Kriterien, an Hand derer die Zumutbarkeit der Benützung eines Massenbeförderungsmittels beurteilt werde. Im gegenständlichen Fall sprächen eine maximale Fahrtdauer von 13 Minuten und Abfahrtszeiten in den angegebenen Intervallen für die Zumutbarkeit der Benützung von öffentlichen Verkehrsmitteln.
Die belangte Behörde treffe sohin die Feststellung, dass dem Beschwerdeführer die Benützung eines Massenbeförderungsmittels zumutbar sei. Im Hinblick auf diese Zumutbarkeit lägen die Anspruchsvoraussetzungen für ein Pendlerpauschale nach § 16 Abs. 1 Z. 6 lit. c EStG 1988 (243 EUR) nicht vor. Sohin sei kein Pendlerpauschales zu berücksichtigen.
Der Verwaltungsgerichtshof hat über die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:
§ 16 Abs. 1 Z. 6 EStG 1988 lautet auszugsweise:
"6. Ausgaben des Steuerpflichtigen für Fahrten
zwischen Wohnung und Arbeitsstätte. Für die Berücksichtigung dieser Aufwendungen gilt:
a) diese Ausgaben sind bei einer einfachen Fahrtstrecke zwischen Wohnung und Arbeitsstätte bis 20 km grundsätzlich durch den Verkehrsabsetzbetrag (§ 33 Abs. 5) abgegolten.
b) Beträgt die einfache Fahrtstrecke zwischen Wohnung und Arbeitsstätte, die der Arbeitnehmer im Lohnzahlungszeitraum überwiegend zurücklegt, mehr als 20 km und ist die Benützung eines Massenbeförderungsmittels zumutbar, dann werden zusätzlich als Pauschalbeträge berücksichtigt:
c)
Bei einer Fahrtstrecke von
d)
20 km bis 40 km ... EUR jährlich
e)
40 km bis 60 km ... EUR jährlich
f)
über 60 km ... EUR jährlich.
g)
Ist dem Arbeitnehmer im Lohnzahlungszeitraum überwiegend die Benützung eines Massenbeförderungsmittels zwischen Wohnung und Arbeitsstätte zumindest hinsichtlich der halben Fahrtstrecke nicht zumutbar, dann werden anstelle der Pauschbeträge nach lit. b folgende Pauschbeträge berücksichtigt:
h)
Bei einer einfachen Fahrtstrecke von
i)
2 km bis 20 km ... EUR jährlich
j)
20 km bis 40 km ... EUR jährlich
k)
40 bis 60 km ... EUR jährlich
l)
über 60 km ... EUR jährlich.
m)
Mit dem Verkehrsabsetzbetrag und den Pauschbeträgen nach lit. b und c sind alle Ausgaben für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte abgegolten ..."
Was unter dem Begriff der "Zumutbarkeit" iSd lit. c des § 16 Abs. 1 Z. 6 EStG zu verstehen ist, ist dem Gesetz nicht zu entnehmen. "Unzumutbarkeit" wird jedenfalls (auch und vor allem) dann vorliegen, wenn Massenbeförderungsmittel für die Fahrten von der Wohnung zur Arbeitsstätte entweder gar nicht oder nicht zu den erforderlichen Zeiten zur Verfügung stehen.
Die amtlichen Erläuterungen zu § 16 Abs. 1 Z. 6 EStG (621 BlgNR XVII. GP, 75) führen diesbezüglich aus:
"'Unzumutbar' sind im Vergleich zu einem Kfz jedenfalls mehr als dreimal so lange Fahrzeiten (unter Einschluss von Wartezeiten während der Fahrt bzw. bis zum Arbeitsbeginn) mit den Massebeförderungsmitteln als mit dem eigenen KFZ; im Nahbereich von 25 km ist die Benützung des Massenbeförderungsmittels entsprechend den Erfahrungswerten über die durchschnittliche Fahrtdauer aber auch dann zumutbar, wenn die Gesamtfahrzeit für die einfache Fahrtstrecke nicht mehr als 90 Minuten beträgt. Kann auf mehr als der halben Strecke ein Massenbeförderungsmittel benützt werden, dann ist die für die Zumutbarkeit maßgebliche Fahrtdauer aus der Gesamtfahrzeit (Kfz und Massenbeförderungsmittel) zu errechnen."
Der Beschwerdeführer rügt, die belangte Behörde stütze ihre Entscheidung darauf, das öffentliche Verkehrsmittel auf der einfachen Wegstrecke zwischen Wohnung und Arbeitsstätte - diese betrage ca 4 km - verkehrten und dass die Fahrtdauer maximal 13 Minuten betrage. Diese Feststellung entspreche insofern nicht den Tatsachen, als der Beschwerdeführer für die Strecke von seiner Wohnung bis zur Arbeitsstelle durchschnittlich 30 Minuten benötige. Die belangte Behörde habe nämlich vergessen, die Wege von der Wohnung zur Bushaltestelle und von der Bushaltestelle zur Arbeitsstätte zu berücksichtigen. Durch die Benützung des Pkw spare der Beschwerdeführer 50% dieser Fahrtzeit. Der Arbeitsbeginn des Beschwerdeführers sei mit 6.30 Uhr anzunehmen. Der Postbus fahre um 5.15 Uhr und um 6.01 Uhr ab. Deshalb sei bei Benutzung des Massenbeförderungsmittels das Erreichen der Arbeitsstelle zum Dienstbeginn nicht gewährleistet, weil ja dem Beschwerdeführer nicht zuzumuten sei, das öffentliche Verkehrsmittel um 5.15 Uhr zu benutzen, zumal er dann zwischen 5.45 Uhr und 6.00 Uhr an der Arbeitsstelle einlangen würde und dann bis zum Arbeitsbeginn warten müsste.
Die belangte Behörde stütze ihre Feststellungen auf nicht näher konkretisierte Internet-Recherchen. Bei vollständiger Ermittlung der entscheidungsrelevanten Tatsachen hätte die Behörde zum Ergebnis kommen müssen, dass der Beschwerdeführer von seiner Wohnung bis zur Arbeitsstätte durchschnittlich 30 Minuten brauche.
Mit diesem Vorbringen wird eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides nicht aufgezeigt:
Aus § 16 Abs. 1 Z. 6 lit. a und b EStG 1988 ergibt sich, dass der Gesetzgeber des EStG 1988 grundsätzlich für Fahrten des Dienstnehmers zwischen Wohnung und Arbeitsstätte nicht den Individualverkehr und die Benützung eines Kfz, sondern die Benützung eines Massenbeförderungsmittels steuerlich berücksichtigt wissen will. Nur wenn die Benützung eines Massenbeförderungsmittels nicht möglich oder nicht zumutbar ist, können im Wege der Pauschbeträge nach § 16 Abs. 1 Z. 6 lit. c EStG 1988 Kosten des Individualverkehrs geltend gemacht werden (vgl. das hg. Erkenntnis vom 24. September 2008, 2006/15/0001).
Zur Auslegung des Begriffes der "Zumutbarkeit" iSd lit. c des § 16 Abs 1 Z 6 EStG hat der Verwaltungsgerichtshof die Gesetzesmaterialien herangezogen (vgl. die hg Erkenntnisse vom 28. Oktober 2008, 2006/15/0319, und 24. September 2008, 2006/15/0001). Nach den Gesetzesmaterialien ist im Nahbereich von 25 km die Benützung des Massenbeförderungsmittels jedenfalls zumutbar, wenn die Gesamtfahrzeit für die einfache Fahrtstrecke nicht mehr als 90 Minuten beträgt.
Auch wenn der Beschwerdeführer unter Verwendung des bereits im 5.15 Uhr abfahrenden Zuges zur Arbeit fährt, übersteigt die Gesamtfahrzeit für die einfache Fahrtstrecke - dem Beschwerdevorbringen zufolge - nicht 90 Minuten. Die Beschwerde vermag sohin nicht darzutun, dass die belangte Behörde den Beschwerdeführer in seinen Rechten verletzt hätte, indem sie die Zumutbarkeit der Benutzung eines öffentlichen Verkehrsmittels angenommen hat. Darauf hingewiesen sei, dass auch auf der Basis der in Literatur vertretenen Ansicht, wonach die Frage der Zumutbarkeit für jeden Dienstnehmer - unabhängig von der Entfernung - in dem Sinne gleich auszulegen sei, dass eine Fahrtdauer von unter 90 Minuten für die einfache Wegstrecke stets als zumutbar anzusehen sei (vgl. in diesem Sinne Doralt, EStG9, § 16 Tz. 107), im gegenständlichen Fall keine Unzumutbarkeit vorläge.
Aus dem Vorstehenden ergibt sich, dass die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen war.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II. Nr. 455/2008. Wien, am 4. Februar 2009
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2009:2007150053.X00Im RIS seit
02.03.2009Zuletzt aktualisiert am
21.05.2013