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36 WirtschaftstreuhänderNorm
B-VG Art144 Abs1 / AnlassfallSpruch
Die Beschwerdeführerin ist durch den angefochtenen Bescheid wegen Anwendung einer gesetzwidrigen Verordnung in ihren Rechten verletzt worden.
Der angefochtene Bescheid wird aufgehoben.
Die Kammer der Wirtschaftstreuhänder ist schuldig, der beschwerdeführenden Partei zuhanden ihres Rechtsvertreters die mit € 2.160,-- bestimmten Prozesskosten binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution zu bezahlen.
Begründung
Entscheidungsgründe:
I. 1.1. Die Beschwerdeführerin ist die Witwe des am 11. März 2006 verstorbenen M H. Der Verstorbene wurde am 27. März 2001 im
54. Lebensjahr zum selbständigen Buchhalter bestellt und war daher seither Mitglied der Kammer der Wirtschaftstreuhänder. Als solcher leistete er Beiträge zur Vorsorgeeinrichtung der Kammer der Wirtschaftstreuhänder, und zwar vom 1. Jänner 2003 bis zu seinem Ableben am 11. März 2006.
1.2. Am 2. Mai 2006 stellte die Beschwerdeführerin einen Antrag auf Gewährung der Witwenpension. Dieser Antrag wurde mit Bescheid des Ausschusses (der Vorsorgeeinrichtung) der Kammer der Wirtschaftstreuhänder vom 20. Juni 2006 abgewiesen, weil gemäß §6 Abs2, zweiter Unterabsatz, der Satzung der Vorsorgeeinrichtung der Kammer der Wirtschaftstreuhänder die Höhe der Leistung nach §6 Abs1 der Satzung zu ermitteln sei, wenn - wie im vorliegenden Fall - der Leistungsfall nach Vollendung des 58. Lebensjahres eintritt. Die Verrentung des Pensionskontos gemäß §6 Abs1 der Satzung ergebe aber aufgrund des Negativsaldos im vorliegenden Fall keinen Anspruch auf Berufsunfähigkeitspension und damit auch keinen Anspruch auf Hinterbliebenenpension.
1.3. Gegen diesen Bescheid erhob die Beschwerdeführerin mit Schreiben vom 28. September 2006 Beschwerde. Dieser wurde mit Bescheid des Beschwerdeausschusses der Kammer der Wirtschaftstreuhänder vom 24. November 2006 keine Folge gegeben.
2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, auf Art144 B-VG gestützte Beschwerde, in der die Verletzung im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz sowie die Verletzung in Rechten wegen Anwendung einer gesetzwidrigen Verordnungsbestimmung behauptet und die kostenpflichtige Aufhebung des angefochtenen Bescheides beantragt wird.
II. Aus Anlass dieser Beschwerde leitete der Verfassungsgerichtshof gemäß Art139 Abs1 B-VG mit Beschluss vom 17. Juni 2008 von Amts wegen ein Verfahren zur Prüfung der Gesetzmäßigkeit von §6 Abs2 dritter und vierter Satz der Satzung der Vorsorgeeinrichtung der Kammer der Wirtschaftstreuhänder idF des Beschlusses des Kammertages der Kammer der Wirtschaftstreuhänder vom 22. September 2003, kundgemacht im Amtsblatt der Kammer der Wirtschaftstreuhänder, Sondernummer I/2003, ein. Mit Erkenntnis vom 12. Dezember 2008, V436/08, hob er §6 Abs2 dritter und vierter Satz der Satzung der Vorsorgeeinrichtung der Kammer der Wirtschaftstreuhänder idF des Beschlusses des Kammertages der Kammer der Wirtschaftstreuhänder vom 22. September 2003, kundgemacht im Amtsblatt der Kammer der Wirtschaftstreuhänder, Sondernummer I/2003, als gesetzwidrig auf.
III. Die Beschwerde ist begründet.
Die belangte Behörde hat bei Erlassung des angefochtenen Bescheides eine gesetzwidrige Verordnung angewendet. Es ist nach Lage des Falles nicht ausgeschlossen, dass ihre Anwendung für die Rechtsstellung der Beschwerdeführerin nachteilig war.
Die Beschwerdeführerin wurde also durch den angefochtenen Bescheid wegen Anwendung einer gesetzwidrigen Verordnung in ihren Rechten verletzt (zB VfSlg. 10.303/1984, 10.515/1985).
Der Bescheid war daher aufzuheben.
IV. Dies konnte gemäß §19 Abs4 Z3 VfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung beschlossen werden.
Die Kostenentscheidung stützt sich auf §88 VfGG. In den antragsgemäß zugesprochenen Kosten ist Umsatzsteuer in Höhe von € 360,-- enthalten.
Schlagworte
VfGH / AnlassfallEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:2008:B76.2007Zuletzt aktualisiert am
23.02.2009