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36 WirtschaftstreuhänderNorm
B-VG Art18 Abs2Leitsatz
Gesetzwidrigkeit der Beschränkung von imWirtschaftstreuhandberufsgesetz vorgesehenen Mindestleistungen aufLeistungsfälle vor der Vollendung des 58. Lebensjahres in der Satzungder Vorsorgeeinrichtung der Kammer der Wirtschaftstreuhänder; keinSpielraum für abweichende Regelungen in der Satzung beiabschließenden gesetzlichen Regelungen; Anspruchsvoraussetzungen imGesetz im Einzelnen normiertSpruch
§6 Abs2 dritter und vierter Satz der Satzung der Vorsorgeeinrichtung der Kammer der Wirtschaftstreuhänder idF des Beschlusses des Kammertages der Kammer der Wirtschaftstreuhänder vom 22. September 2003, kundgemacht im Amtsblatt der Kammer der Wirtschaftstreuhänder, Sondernummer I/2003, werden als gesetzwidrig aufgehoben.
Der Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit ist zur unverzüglichen Kundmachung dieses Ausspruches im Bundesgesetzblatt II verpflichtet.
Kosten werden nicht zugesprochen.
Begründung
Entscheidungsgründe:
I. 1. Beim Verfassungsgerichtshof ist zu B76/07 das Verfahren
über eine auf Art144 B-VG gestützte Beschwerde anhängig, der folgender Sachverhalt zugrunde liegt:
1.1. Die Beschwerdeführerin ist die Witwe des am 11. März 2006 verstorbenen M H. Der Verstorbene wurde am 27. März 2001 im
54. Lebensjahr zum selbständigen Buchhalter bestellt und war daher seither Mitglied der Kammer der Wirtschaftstreuhänder. Als solcher leistete er Beiträge zur Vorsorgeeinrichtung der Kammer der Wirtschaftstreuhänder, und zwar vom 1. Jänner 2003 bis zu seinem Ableben am 11. März 2006.
1.2. Am 2. Mai 2006 stellte die Beschwerdeführerin einen Antrag auf Gewährung der Witwenpension. Dieser Antrag wurde mit Bescheid des Ausschusses (der Vorsorgeeinrichtung) der Kammer der Wirtschaftstreuhänder vom 20. Juni 2006 abgewiesen. Begründend wurde darin u.a. ausgeführt:
"Gemäß §6 Abs2, zweiter Unterabsatz, der Satzung wird beim Leistungsfall des Todes des Anwartschaftsberechtigten vor Vollendung des 58. Lebensjahres mindestens die in der Leistungsordnung enthaltene Mindestleistung gewährt. Tritt der Leistungsfall nach Vollendung des 58. Lebensjahr[e]s ein, ist die Höhe der Leistung nach §6 Abs1 der Satzung zu ermitteln.
Die öffentliche Bestellung des verstorbenen M H, geboren am 09.06.1947, erfolgte im Jahr 2001. Bis zum 31.12.2002 war der Verstorbene von der Beitragsleistung gänzlich befreit, von 01.01.2003 bis zu seinem Ableben am 11.03.2006 wurden die in der jeweiligen Beitragsordnung vorgesehenen Mindestbeiträge geleistet. Nach Abzug der Risikoprämien und Verwaltungskosten wies das Pensionskonto zum Stichtag 30.03.2006 einen Negativsaldo von (minus) EUR 197,90 auf.
Gemäß §6 Abs2, zweiter Unterabsatz, der Satzung ist die Höhe der Leistung nach §6 Abs1 der Satzung zu ermitteln, wenn - wie hier - der Leistungsfall nach Vollendung des 58. Lebensjahr[e]s eintritt. Die Verrentung des Pensionskontos gemäß §6 Abs1 der Satzung ergibt aber aufgrund des Negativsaldos im vorliegenden Fall keinen Anspruch auf Berufsunfähigkeitspension und damit auch keinen Anspruch auf Hinterbliebenenpension.
Der Antragstellerin steht daher kein Anspruch auf Witwenpension zu, weil dem Verstorbenen aufgrund des Negativsaldos des Pensionskontos auch kein Anspruch auf Berufsunfähigkeitspension zugestanden wäre. Der Antrag war daher abzuweisen."
1.3. Gegen diesen Bescheid erhob die Beschwerdeführerin mit Schreiben vom 28. September 2006 Beschwerde. Dieser wurde mit Bescheid des Beschwerdeausschusses der Kammer der Wirtschaftstreuhänder vom 24. November 2006 keine Folge gegeben.
2. Zur maßgeblichen Rechtslage:
§173 Wirtschaftstreuhandberufsgesetz - WTBG, BGBl. I 58/1999 idF BGBl. I 135/2001, im Folgenden: WTBG, lautet (die für den vorliegenden Zusammenhang wesentlichen Teile sind hervorgehoben):
"Vorsorgeeinrichtungen
§173. (1) Die Kammer der Wirtschaftstreuhänder kann zur Vorsorge für den Fall der Krankheit ihrer ordentlichen Mitglieder und deren Angehörigen sowie sonstiger Personen auch Einrichtungen schaffen, welche die Voraussetzungen des §5 des Gewerblichen Sozialversicherungsgesetzes, BGBl. Nr. 560/1978, erfüllen. Diese Einrichtungen können auch in Form einer von der Kammer der Wirtschaftstreuhänder abgeschlossenen vertraglichen Gruppenversicherung bestehen. Die Kammer der Wirtschaftstreuhänder ist berechtigt, derartige Einrichtungen auch für außerordentliche Mitglieder zu schaffen und aufrechtzuerhalten.
(2) Die Kammer der Wirtschaftstreuhänder hat für ihre ordentlichen Mitglieder ergänzend zur gesetzlichen Altersvorsorge Einrichtungen zur Vorsorge für den Fall des Alters und der Berufsunfähigkeit sowie zur Versorgung der Hinterbliebenen zu schaffen und aufrechtzuerhalten. Alle natürlichen Personen, die ordentliche Mitglieder der Kammer der Wirtschaftstreuhänder sind, unterliegen verpflichtend solchen Vorsorgeeinrichtungen der Kammer der Wirtschaftstreuhänder. Kammermitglieder, deren Berufsbefugnis ruht, können sich auf Antrag von dieser Verpflichtung befreien lassen. Die Kammer der Wirtschaftstreuhänder ist berechtigt, derartige Einrichtungen auch für außerordentliche Mitglieder zu schaffen und aufrechtzuerhalten.
(3) Die Einrichtungen zur Vorsorge für den Fall des Alters und der Berufsunfähigkeit sowie zur Versorgung der Hinterbliebenen sind nach den Grundsätzen des Kapitaldeckungsverfahrens zu gestalten. Aus den Mitteln der Vorsorgeeinrichtung sind folgende Vorsorgeleistungen zu gewähren:
1.
Alterspensionen,
2.
Berufsunfähigkeitspensionen,
3.
Witwen- und Witwerpension und
4.
Waisenpension.
(4) Die Voraussetzungen für den Anspruch auf Alters-, Berufsunfähigkeits- und Hinterbliebenenvorsorge sind in der vom Kammertag zu beschließenden Satzung festzusetzen. Hierbei sind folgende Grundsätze zu beachten:
1. Voraussetzung für den Anspruch auf Alterspension ist die Vollendung des 65. Lebensjahres. Der Verzicht auf die Berufsausübung ist nicht erforderlich. In der Satzung der Vorsorgeeinrichtung kann den Kammermitgliedern die Möglichkeit eingeräumt werden, durch Antrag ein früheres oder späteres Anfallsalter zu wählen. Die Satzung kann bei Antritt der Alterspension eine Teilabfindung der Pensionsansprüche auf Antrag vorsehen.
2. Die Berufsunfähigkeitspension ist an Kammermitglieder zu gewähren, welche infolge körperlicher oder geistiger Gebrechen zur Ausübung eines Wirtschaftstreuhandberufes dauernd oder vorübergehend unfähig sind, sofern und solange sie auf die Ausübung eines Wirtschaftstreuhandberufes verzichten. Die Satzung der Vorsorgeeinrichtung kann zur Überprüfung der Anspruchsvoraussetzungen die Durchführung von vertrauensärztlichen Untersuchungen verlangen.
3. Nach dem Tod eines Anwartschaftsberechtigten einer Alters- oder Berufsunfähigkeitspension hat die Witwe (der Witwer), die (der) mit ihm (ihr) im Zeitpunkt des Todes in aufrechter Ehe gelebt hat, Anspruch auf Witwen-(Witwer-)Pension. Ebenso hat die Witwe (der Witwer), die ein Leistungsberechtigter einer Alters- oder Berufsunfähigkeitspension hinterlässt, Anspruch auf Witwen-(Witwer-)Pension, sofern die Ehe bereits vor dem Anfall der Vorsorgeleistung geschlossen wurde. Im Fall der Wiederverehelichung erlischt der Anspruch auf Witwen-(Witwer-)Pension. Die Witwen-(Witwer-)Pension beträgt 60% der Alters- oder Berufsunfähigkeitspension, die dem Verstorbenen im Zeitpunkt seines Ablebens gebührt hat oder gebührt hätte. Für den Fall, dass die Witwe (der Witwer) mehr als sieben Jahre jünger ist als der (die) Verstorbene, hat der Kammertag in der zu beschließenden Satzung Leistungsabschläge nach versicherungsmathematischen Grundsätzen vorzusehen.
4. Kinder, welche ein Anwartschaftsberechtigter oder Leistungsberechtigter einer Alters- oder Berufsunfähigkeitspension hinterlässt, haben Anspruch auf Waisenpension. Der Versorgungsanspruch der Kinder endet mit Vollendung des 18. Lebensjahres; bei Fortsetzung der wissenschaftlichen oder fachlichen Ausbildung und Nachweis eines befriedigenden Studienfortganges, mit Abschluss der Studien, spätestens jedoch mit Vollendung des 27. Lebensjahres. Die Waisenpension beträgt für Halbwaisen mindestens 10% und für Vollwaisen mindestens 20% der Alters- oder Berufsunfähigkeitspension, die dem Verstorbenen im Zeitpunkt seines Ablebens gebührt hat oder gebührt hätte.
5. Für den Fall, dass ein Kammermitglied vor Inanspruchnahme einer Leistung der Vorsorgeeinrichtung und ohne Hinterlassen von anspruchsberechtigten Hinterbliebenen stirbt, kann die Satzung die Auszahlung einer einmaligen Abfindung vorsehen. Das Kammermitglied kann eine oder mehrere Personen bestimmen, an welche die Abfindung auszuzahlen ist. Die Abfindung beträgt höchstens 40% der auf dem Konto des Anwartschaftsberechtigten verbuchten Beiträge und Veranlagungsüberschüsse.
6. Die Vorsorgeansprüche entstehen mit dem auf die Erfüllung der Anspruchsvoraussetzungen folgenden Monatsersten.
(5) Der Kammertag hat für die Vorsorgeeinrichtung gemäß §173 Abs2 eine Leistungs- und Beitragsordnung zu beschließen.
(6) Die Höhe der Vorsorgeansprüche ist auf Grund der eingezahlten Beiträge und erzielten Veranlagungsüberschüsse nach versicherungsmathematischen Grundsätzen zu errechnen. Für jeden Anwartschafts- und Leistungsberechtigten ist ein Pensionskonto gemäß §18 Pensionskassengesetz, BGBl. Nr. 281/1990, zu führen. Die mit der Verwaltung der Vorsorgeeinrichtung entstehenden Kosten sind von den Anwartschaftsberechtigten und Leistungsberechtigten zu tragen. Für die Berufsunfähigkeitspension und die Hinterbliebenenpension sind vom Eintrittsalter abhängige Mindestleistungen vorzusehen. Die Höhe der Mindestleistungen ist in der Leistungsordnung festzusetzen. Im Falle von Beitragsbefreiungen und Beitragsermäßigungen hat die Satzung die Gewährung der Mindestleistungen entsprechend dem Ausmaß der Befreiung oder Ermäßigung ganz oder teilweise auszuschließen. Die Witwen-(Witwer-) und Waisenpensionen dürfen zusammen jenen Betrag nicht übersteigen, auf den der Verstorbene selbst Anspruch gehabt hat oder gehabt hätte. Innerhalb dieses Höchstausmaßes sind die Leistungen an die einzelnen Waisen verhältnismäßig zu kürzen.
(7) In der Beitragsordnung ist die Höhe der jährlichen Beiträge festzusetzen. Dabei ist auf die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit der Kammermitglieder Bedacht zu nehmen. Die Beiträge können auch angemessene, nach versicherungsmathematischen Grundsätzen zu ermittelnde Risikobeiträge zur Finanzierung der Berufsunfähigkeits- und Hinterbliebenenvorsorge enthalten. In der Beitragsordnung können Höchst- und Mindestbeiträge festgelegt werden. Die Beiträge können sowohl als Fixbeiträge als auch in Relation zu einer in der Satzung festzulegenden Bemessungsbasis geregelt werden. Die Höhe der Beiträge darf 10% der jährlichen Einkünfte aus selbständiger und unselbständiger Tätigkeit in einem Wirtschaftstreuhandberuf nicht übersteigen. Wenn der Beitrag als Fixbetrag festgelegt wird, hat die Satzung - unbeschadet eines allfälligen Mindestbeitrags - Ermäßigungs- oder Befreiungsmöglichkeiten für jene Kammermitglieder vorzusehen, deren Bemessungsgrundlage geringer ist als die Bemessungsgrundlage, die sich aus dem Höchstbeitrag ergibt. Eine derartige Beitragsermäßigung kann von Kammermitgliedern, deren Berufsbefugnis ruht, nicht beansprucht werden. Weiters kann die Satzung sowohl eine Beitragsermäßigung als auch eine Beitragsbefreiung für Berufsanfänger vorsehen, und zwar für das Jahr der Ersteintragung und für weitere vier Kalenderjahre.
(8) Alle für die Vorsorgeeinrichtungen gemäß §173 Abs1 und 2 erforderlichen Entscheidungen, insbesondere über die Feststellung der verpflichtenden Teilnahme an einer Vorsorgeeinrichtung, über die Vorschreibung von Beiträgen, über Anträge auf Befreiungen, Beitragsermäßigungen und die Zuerkennung von Leistungen, haben die gemäß §153 Abs3 zu bestellenden Ausschüsse zu treffen. Über einen Anspruch auf Leistungen aus der Vorsorgeeinrichtung gemäß §173 Abs2 ist längstens innerhalb von drei Monaten zu entscheiden. Für die administrative Vorbereitung und Durchführung der die Vorsorgeeinrichtung gemäß §173 Abs2 betreffenden Angelegenheiten kann sich die Kammer der Wirtschaftstreuhänder Dritter bedienen. Die Betrauung Dritter ist in der Satzung der Vorsorgeeinrichtung zu regeln.
(9) ...
(10) In den Satzungen der Vorsorgeeinrichtungen sind auf Grund der §§153 und 173 nähere Bestimmungen über die Zusammensetzung der Ausschüsse und des Beschwerdeausschusses, die Aufbringung der Beiträge zu den Vorsorgeeinrichtungen, die Verwaltung und Veranlagung der Beiträge, die Tätigkeit des Prüfaktuars und über die Höhe, die Festlegung der Voraussetzungen und das Verfahren für die Gewährung der vorgesehenen Vorsorgeleistungen zu treffen.
(11) ..."
Die einschlägigen Bestimmungen der Satzung der Vorsorgeeinrichtung der Kammer der Wirtschaftstreuhänder, kundgemacht im Amtsblatt der Kammer der Wirtschaftstreuhänder,
Sondernummer I/2003, lauten wie folgt (die in Prüfung gezogenen Bestimmungen sind hervorgehoben):
"Höhe der Vorsorgeansprüche
§6 (1) Die Höhe der Vorsorgeansprüche ist aufgrund der eingezahlten Beiträge und erzielten Veranlagungsüberschüsse nach versicherungsmathematischen Grundsätzen zu errechnen. Die Höhe der Alterspension/Berufsunfähigkeitspension ergibt sich aus der Verrentung des Guthabens des Pensionskontos des AWB gemäß §18 Pensionskassengesetz, BGBl Nr 281/1990 in der jeweils gültigen Fassung (PKG), zum Zeitpunkt des Anfalles der Alterspension/Berufsunfähigkeitspension gemäß dem Geschäftsplan der Vorsorgeeinrichtung. Die laufenden Vorsorgeansprüche werden alljährlich zum 1.1. unter Verwendung des erzielten rechnungsmäßigen Überschusses und des versicherungstechnischen Ergebnisses gemäß Geschäftsplan angepasst.
(2) Für die Berufsunfähigkeitspension und die Hinterbliebenenpension sind in der Leistungsordnung vom Eintrittsalter abhängige Mindestleistungen vorzusehen. Die Höhe der Mindestleistungen ist in der Leistungsordnung festzusetzen.
Beim Leistungsfall der Berufsunfähigkeit oder des Todes des AWB vor Vollendung des 58. Lebensjahrs wird mindestens die in der Leistungsordnung enthaltene Mindestleistung gewährt. Tritt der Leistungsfall nach Vollendung des 58. Lebensjahrs ein, ist die Höhe der Leistung gemäß §6 Abs1 zu ermitteln.
Die Mindestleistungen reduzieren sich im Falle einer Ermäßigung oder Befreiung im Jahr des Anfallens der Berufsunfähigkeitspension oder Hinterbliebenenpension oder einer Ermäßigung oder Befreiung in einem oder mehreren vorangegangenen Jahren auf den Prozentsatz der Mindestleistung, der dem Prozentsatz der durchschnittlich bezahlten Beiträge im Verhältnis zum Durchschnitt der nicht ermäßigten Beiträge entspricht. Die Reduktion ist nicht vorzunehmen:
a) für Zeiten der Ermäßigung gemäß §11 Abs4 lita und b, sofern die in der Beitragsordnung vorgesehenen Mindestbeiträge geleistet wurden (sohin keine gänzliche Befreiung stattgefunden hat);
b) für Zeiten der Befreiung gemäß §11 Abs8;
c) für Zeiten der Befreiung gemäß §11 Abs9.
In allen anderen Fällen der Befreiung oder Ermäßigung ist die Reduktion vorzunehmen.
Die Mindestleistungen setzen sich aus den Leistungen gemäß Abs1 und den Leistungen aus der Rückversicherung gemäß §17 Abs2 zusammen. Die Mindestleistung ist in den Fällen des §17 Abs5 in dem dort genannten Ausmaß zu vermindern.
(3) Die Witwen-/Witwerpension nach einem LB beträgt 60% der Alterspension oder Berufsunfähigkeitspension, die dem Verstorbenen im Zeitpunkt seines Ablebens gebührt hat. Ist die Witwe/der Witwer mehr als sieben Jahre jünger als der/die Verstorbene, so ist für jedes weitere Jahr ein Leistungsabschlag von 0,5 % vorzunehmen. Bei Anfall der Witwen-/Witwerpension in der Anwartschaftsphase beträgt deren Höhe 60% der Berufsunfähigkeitspension gemäß Abs1 oder Abs2, auf welche der Verstorbene im Zeitpunkt des Ablebens Anspruch gehabt hätte. Die Reduktion auf 60 % gilt auch für die Mindestleistung gemäß Abs2.
...
Finanzierung
§17 (1) Die Finanzierung der Leistungen erfolgt nach dem Kapitaldeckungsverfahren. Die Berechnung der Leistungen ist im Geschäftsplan festzuhalten. Versicherungstechnische Risken, welche die Vorsorgeeinrichtung nicht selbst tragen kann, sind durch eine Rückversicherung abzudecken; dabei kann ein Selbstbehalt bis 10% vorgesehen werden.
(2) Die Abdeckung des Risikos im Bereich der Berufsunfähigkeits- und Hinterbliebenenvorsorge erfolgt durch eine Rückversicherung. Die Beiträge zur Vorsorgeeinrichtung enthalten einen nach versicherungsmathematischen Grundsätzen zu errechnenden Anteil zur Abdeckung der Prämien für diese Rückversicherung (Risikobeitrag). Dieser ist in der Beitragsordnung auszuweisen."
Die einschlägigen Bestimmungen der Beitragsordnung der Vorsorgeeinrichtung der Kammer der Wirtschaftstreuhänder in der im zugrunde liegenden Anlassfall maßgeblichen Fassung, kundgemacht im Amtsblatt der Kammer der Wirtschaftstreuhänder, Nr. 1/2006, lauten wie folgt:
"I. Beiträge
1. Der Beitrag beträgt Euro 4.137,- für jedes Kalenderjahr.
2. Gemäß §11 (4) der Satzung der Vorsorgeeinrichtung kann auf Antrag der Beitrag wie folgt ermäßigt werden bzw. ganz entfallen:
a) für §11 (4) lita) auf Euro 0,- p.a.
b) für §11 (4) lita) und litb) auf Euro 921,- p.a.
c)
für §11 (4) litc) Bemessungsgrundlage
bis Euro 11.900,-: Euro 0,- p.a. Euro 11.901,- bis Euro 53.499,-: 7,75% der Bemessungsgrundlage
...
II. Verwaltungskosten
1. Verwaltungskosten für laufende Beiträge.
Die Kosten für die Verwaltung der beitragspflichtigen Anwartschaften betragen pro Jahr und Anwartschaftsberechtigten 2,55% des laufenden Beitrages, max. Euro 13,20 pro Quartal. Für den Fall, dass für den Bankeinzug keine Ermächtigung erteilt wird oder das Bankeinzugsverfahren, aus welchen Gründen auch immer, nicht durchgeführt werden kann, 2,67% des laufenden Beitrages, max. Euro 18,24 pro Quartal.
...
III. Beiträge zur Risikoversicherung
Die Beiträge zur Risikoversicherung werden jährlich neu vom Rückversicherer ermittelt und ergeben einen bestimmten Prozentsatz des Beitrages nach Abzug der Verwaltungskosten. Dieser Risikobeitrag wird vor Zufluss zum Pensionskonto vom Beitrag in Abzug gebracht."
Die einschlägigen Bestimmungen der Leistungsordnung der Vorsorgeeinrichtung der Kammer der Wirtschaftstreuhänder in der im zugrunde liegenden Anlassfall maßgeblichen Fassung, kundgemacht im Amtsblatt der Kammer der Wirtschaftstreuhänder, Nr. 1/2006, lauten wie folgt:
"1. Die Berechnung der Vorsorgeleistungen erfolgt gemäß dem in der Anlage 1 dargestellten Geschäftsplan.
2. Die Mindestberufsunfähigkeitspension p.m. 14 x p.a. beträgt in Abhängigkeit des Eintrittsalters zur Vorsorgeeinrichtung bei vollständiger und zeitgerechter Beitragsleistung gemäß §6 (2) der Satzung:
Eintrittsalter BU-Rente p.m. (Euro)
20 934,35
21 911,03
22 887,63
23 864,30
24 840,90
25 817,57
26 794,24
27 770,84
28 747,51
29 724,11
30 700,78
31 677,38
32 654,06
33 630,73
34 607,33
35 584,00
36 560,60
37 537,27
38 513,87
39 490,54
40 467,21
41 443,81
42 420,49
43 397,08
44 373,76
45 350,36
46 327,03
47 303,70
48 280,30
49 256,97
50 233,57
51 210,24
52 186,84
53 163,51
54 140,19
55 116,79
56 93,46
57 70,06
58 46,73
Im Falle der Unterbrechung der Mitgliedschaft gilt als Eintrittsalter das Alter der letzten öffentlichen Bestellung. Für die Feststellung des Eintrittsalters gilt die Semestermethode, d.h. ein Lebensjahr ist vollendet, wenn davon mehr als sechs Monate vergangen sind.
Für den Fall von ermäßigten Beiträgen errechnet sich die reduzierte Mindest-Berufsunfähigkeitspension wie folgt:
Reduzierte Mindest-Berufsunfähigkeitspension gemäß §6 Abs2 der Satzung = Mindestpension lt. Tabelle x (Summe entrichtete Beiträge/Summe der nicht ermäßigten Beiträge)
Die Summen der Beiträge sind jeweils von Beginn der Mitgliedschaft bis zur Zuerkennung der Berufsunfähigkeitspension zu ermitteln[.]
3. Die Mindesthinterbliebenenpension p.m. 14 x p.a. errechnet sich gemäß §6 Abs3 bzw Abs4 der Satzung."
3.1. Bei Behandlung der gegen den Bescheid des Beschwerdeausschusses der Kammer der Wirtschaftstreuhänder erhobenen Beschwerde sind im Verfassungsgerichtshof Bedenken ob der Gesetzmäßigkeit von §6 Abs2 dritter und vierter Satz der Satzung der Vorsorgeeinrichtung der Kammer der Wirtschaftstreuhänder idF des Beschlusses des Kammertages der Kammer der Wirtschaftstreuhänder vom 22. September 2003, kundgemacht im Amtsblatt der Kammer der Wirtschaftstreuhänder, Sondernummer I/2003, entstanden. Diese haben ihn veranlasst, diese Vorschriften mit Beschluss vom 17. Juni 2008 gemäß Art139 Abs1 B-VG von Amts wegen in Prüfung zu ziehen. Der Verfassungsgerichtshof hegte nämlich das Bedenken, dass die in Prüfung gezogenen Bestimmungen in §173 WTBG keine inhaltliche Deckung finden und dem Gleichheitsgrundsatz widersprechen.
3.2. Der Verfassungsgerichtshof hat seine Bedenken wie folgt begründet:
"3. In der Sache hegt der Verfassungsgerichtshof vorläufig das Bedenken, dass die Bestimmungen des §6 Abs2 dritter und vierter Satz der Satzung der Vorsorgeeinrichtung der Kammer der Wirtschaftstreuhänder idF des Beschlusses des Kammertages der Kammer der Wirtschaftstreuhänder vom 22. September 2003, kundgemacht im Amtsblatt der Kammer der Wirtschaftstreuhänder, Sondernummer I/2003, in der Bestimmung des §173 WTBG keine Deckung finden.
3.1. Der Verfassungsgerichtshof hatte wiederholt Anlass, die Anforderungen an die Determinierung der den Kammern im Zusammenhang mit Vorsorgeeinrichtungen übertragenen Rechtsetzungstätigkeit zu konkretisieren (vgl. dazu bereits VfSlg. 5742/1968). Im Besonderen ist dabei vorherzubestimmen, nach welchen Grundsätzen Leistungen zu gewähren und Beiträge einzuheben sind. Im Hinblick auf die Leistungsseite muss schon aus dem Gesetz hervorgehen, welche Leistungsarten in Betracht kommen und unter welchen Voraussetzungen diese Leistungen gewährt werden. Speziell im Hinblick auf die Alters- und Hinterbliebenenversorgung hat der Verfassungsgerichtshof mehrfach ausgesprochen, dass das Gesetz zumindest über die Zulässigkeit und die Grundsätze dieser Versorgung Auskunft zu geben hat (vgl. dazu etwa VfSlg. 16.206/2001, 16.900/2003, 16.902/2003, 16.903/2003).
Diesem Erfordernis trägt die gesetzliche Grundlage der Witwenpensionsregelung in §173 WTBG Rechnung: Die Höhe der Vorsorgeansprüche ist nach Maßgabe der Beiträge und Veranlagungserträge nach versicherungsmathematischen Grundsätzen zu berechnen. Für die Hinterbliebenenpension sind aber vom Eintrittsalter abhängige Mindestleistungen vorzusehen, wobei die Höhe der Mindestleistungen in der Leistungsordnung festzusetzen ist. Im Falle von Beitragsbefreiungen und Beitragsermäßigungen hat die Satzung die Gewährung der Mindestleistungen entsprechend dem Ausmaß der Befreiung oder Ermäßigung ganz oder teilweise auszuschließen (vgl. §173 Abs6 WTBG). Der Verfassungsgerichtshof hegt aus dem Blickwinkel des vorliegenden Falles ob der Sachlichkeit und der hinreichenden Bestimmtheit dieser Norm keine Bedenken.
3.2. Der Verfassungsgerichtshof hegt jedoch vorläufig das Bedenken, dass die Regelungen des §6 Abs2 dritter und vierter Satz der Satzung der Vorsorgeeinrichtung der Kammer der Wirtschaftstreuhänder diesen gesetzlichen Auftrag nicht durchführen und sich insoweit auch nicht im Rahmen der gesetzlichen Vorgaben halten. Aus der Bestimmung des §173 Abs6 WTBG geht hervor, dass der Verordnungsgeber Mindestleistungen vorzusehen hat, die nur im Fall einer vollständigen Beitragsbefreiung ausgeschlossen werden dürfen. Im Übrigen dürfte für die Höhe der Mindestleistungen auf dem Gebiet der Hinterbliebenenpension nur das Eintrittsalter derjenigen Person, von der der Hinterbliebenenpensionsanspruch hergeleitet wird, ausschlaggebend sein. Dies steht anscheinend im Zusammenhang mit der - für sich genommen zulässigen - Verknüpfung der Regelungstechnik der Berechnung der Berufsunfähigkeitspension mit der Hinterbliebenenpension (vgl. §6 Abs3 der Satzung der Vorsorgeeinrichtung).
3.3. Mindestleistungen werden aber nach den Regelungen des §6 Abs2 dritter und vierter Satz der Satzung der Vorsorgeeinrichtung anscheinend nur für den Leistungsfall der Berufsunfähigkeit oder des Todes des Anwartschaftsberechtigten vor Vollendung des 58. Lebensjahres gewährt. Im Fall des Eintritts des Leistungsfalles ab der Vollendung des 58. Lebensjahres ist hingegen keine Mindestleistung vorgesehen, sondern es ergibt sich die Höhe einer Berufsunfähigkeitspension (und damit auch einer Hinterbliebenenpension) ausschließlich aus einer Verrentung des Guthabens des Pensionskontos des Anwartschaftsberechtigten gemäß §18 Pensionskassengesetz.
3.4. Eine derartige Differenzierung dürfte in Anbetracht ihrer unterschiedlichen Auswirkungen für annähernd gleich gelagerte Fälle - wenn sie durch den Verordnungsgeber vorgenommen werden soll - eine entsprechende gesetzliche Grundlage erfordern. Dafür scheint aber weder §173 Abs6 WTBG noch eine andere Bestimmung eine entsprechende Grundlage zu bieten. Vielmehr ist dort davon die Rede, dass Mindestleistungen ausschließlich vom Eintrittsalter des Anwartschaftsberechtigten abhängig gemacht werden dürfen. Daraus folgt anscheinend, dass sie auf Ebene der Verordnung nicht auch vom Zeitpunkt des Eintritts des Leistungsfalles abhängig gemacht werden dürfen. Dies scheint aber hier insofern der Fall zu sein, als bei einem Eintritt des Leistungsfalles ab der Vollendung des 58. Lebensjahres keine Mindestleistung zu gebühren scheint. In diesem Punkt dürften Abs2 dritter und vierter Satz des §6 der Satzung der Vorsorgeeinrichtung gegen die gesetzliche Regelung in §173 Abs6 WTBG verstoßen.
3.4.1. Nach der gesetzlichen Systematik dürfen ferner Mindestleistungen anscheinend nur in jenen Fällen gänzlich ausgeschlossen werden, in denen eine vollständige Beitragsbefreiung vorgelegen ist. Durch die in der Satzung vorgenommene Differenzierung nach dem Zeitpunkt des Eintritts des Leistungsfalles scheint hingegen im Ergebnis die Gewährung einer Mindestleistung auch dann ausgeschlossen zu sein, wenn keine vollständige Beitragsbefreiung vorliegt, sondern nur - wie im vorliegenden Fall - Mindestbeiträge gemäß Pkt. I. der Beitragsordnung der Vorsorgeeinrichtung der Kammer der Wirtschaftstreuhänder entrichtet wurden. Auch diesem Inhalt der Bestimmung des §6 Abs2 dritter und vierter Satz der Satzung der Vorsorgeeinrichtung dürfte es - anders als die belangte Behörde meint - an einer ausreichenden gesetzlichen Grundlage mangeln.
3.4.2. Insoweit scheint es auch - entgegen der Annahme der belangten Behörde - nicht zuzutreffen, dass das gesamte Versorgungssystem der Kammer der Wirtschaftstreuhänder auf einem versicherungsmathematischen Kapitaldeckungsverfahren beruht, weil sich die gesetzlich vorgesehenen Mindestleistungen gerade als Ausnahme von dem in einem derartigen Modell geltenden Grundsatz der Äquivalenz von Beitrag und Leistung darstellen (zur grundsätzlichen Zulässigkeit eines derartigen Mischsystems vgl. etwa VfSlg. 16.539/2002).
3.4.3. Der Verfassungsgerichtshof geht schließlich vorläufig davon aus, dass dieses Bedenken auch nicht dadurch entkräftet werden kann, dass das den Trägern der nichtterritorialen Selbstverwaltung mit der B-VG-Novelle BGBl. I 2/2008 eingeräumte und im Rahmen der Gesetze auszuübende Satzungsrecht (Art120b Abs1 B-VG, gemäß Art151 Abs38 B-VG in Kraft getreten am 1. Jänner 2008) Regelungen von der Art des §6 Abs2 dritter und vierter Satz der Satzung der Vorsorgeeinrichtung legitimieren kann, handelt es sich doch hier anscheinend um eine dem Gesetz widersprechende Bestimmung. Es kann daher aus der Sicht des vorliegenden Falles offen bleiben, inwieweit der Gesetzgeber durch Art120b Abs1 B-VG eine Lockerung der Determinierungspflicht des Gesetzgebers, wie sie sich aus Art18 Abs2 B-VG ergibt, vorsehen wollte.
4. Der Verfassungsgerichtshof hegt gegen die im Spruch bezeichneten Regelungen darüber hinaus Bedenken unter dem Gesichtspunkt des Gleichheitssatzes. Die faktischen Bedürfnisse von Hinterbliebenen, die die hier in Rede stehenden Leistungen rechtfertigen, dürften nicht zwingend an einem bestimmten Lebensalter im Zeitpunkt des Todes des Anwartschaftsberechtigten anknüpfen. Die Differenzierung nach dem Lebensalter, in dem der Tod eintritt, scheint somit nicht sachgerecht zu sein (zur mutatis mutandis vergleichbaren Differenzierung nach Maßgabe des Dienststandes oder des Aktivstandes beim Todesfallbeitrag bei Beamten vgl. VfSlg. 17.306/2004)."
4. Der Kammertag der Kammer der Wirtschaftstreuhänder als verordnungserlassende Behörde hat eine Äußerung erstattet, in der er beantragt, die in Prüfung gezogenen Bestimmungen nicht als gesetzwidrig aufzuheben.
Zunächst führt er zum Bedenken, dass die in Prüfung gezogenen Bestimmungen der gesetzlichen Grundlage entraten, Folgendes aus:
"Nach Auffassung der verordnungserlassenden Behörde finden die Bestimmungen des §6 Abs2 dritter und vierter Satz der Satzung der Vorsorgeeinrichtung der Kammer der Wirtschaftstreuhänder in den Bestimmungen des §173 WTBG Deckung.
Dabei wird zunächst untersucht, ob der vom Verfassungsgerichtshof in seinem Prüfungsbeschluss vorläufig angenommene Widerspruch der in Prüfung gezogenen Satzungsbestimmungen zu §173 WTBG vorliegt.
Da dies nach Auffassung der verordnungserlassenden Behörde nicht der Fall ist, wird anschließend geprüft, ob §173 WTBG den in Prüfung gezogenen Satzungsbestimmungen eine ausreichende gesetzliche Grundlage (allenfalls aufgrund einer Lockerung des Legalitätsprinzips) bietet. Dies ist nach Auffassung der verordnungserlassenden Behörde der Fall. ...
Nach Auffassung der verordnungserlassenden Behörde werden mit [der Regelung des §173 Abs6 vierter Satz WTBG] Mindestleistungen nicht ausschließlich vom Eintrittsalter des Anwartschaftsberechtigten abhängig gemacht; andernfalls hätte der Gesetzgeber das Wort 'ausschließlich' oder ähnlich lautende Formulierungen in diese
Bestimmung aufgenommen. ... Da es an einer entsprechenden
Formulierung fehlt und nach dem allgemeinen Sprachgebrauch das Wort 'ausschließlich' nicht in die Bestimmung des §173 Abs6 vierter Satz WTBG hineinzulesen ist, ist die Mindestleistung nach Auffassung der verordnungserlassenden Behörde nicht ausschließlich abhängig vom Eintrittsalter zu gewähren. Nach dem Gesetzeswortlaut ist das Eintrittsalter vielmehr ein 'Mindestkriterium', die Mindestleistung ist also nicht ausschließlich, sondern vielmehr jedenfalls (im Sinne von 'zumindest') vom Eintrittsalter abhängig vorzusehen. Eine Einschränkung auf lediglich ein Kriterium, und zwar das Eintrittsalter, lässt sich der sprachlichen Formulierung des §173 Abs6 vierter Satz WTBG nicht entnehmen. Nach dem Wortlaut dieser Bestimmung ist es daher zulässig, neben dem Eintrittsalter auch das Alter zum Zeitpunkt des Leistungsanfalls als Kriterium für die Zuerkennung von Mindestleistungen vorzusehen, wie dies §6 Abs2 dritter und vierter Satz der Satzung der Vorsorgeeinrichtung der Kammer der Wirtschaftstreuhänder normiert. ...
Aber auch eine historische Auslegung des §173 Abs6 vierter
Satz WTBG ergibt, dass die Mindestleistung nicht ausschließlich vom
Eintrittsalter abhängig sein sollte: Zum Zeitpunkt der Erlassung des
§173 WTBG idF BGBl I 135/2001 standen bereits die [im Wesentlichen
gleichlautenden] Vorgängerregelungen der in Prüfung gezogenen
Bestimmungen, nämlich §6 Abs1 dritter und vierter Satz der Satzung
der Vorsorgeeinrichtung der Kammer der Wirtschaftstreuhänder in der
Fassung des Beschlusses des Kammertages der Wirtschaftstreuhänder vom
1.12.2000, kundgemacht im Amtsblatt der Kammer der
Wirtschaftstreuhänder, Sondernummer VII/2000, in Geltung. ... Dem
historischen Gesetzgeber waren diese Regelungen bei der Erlassung des
§173 WTBG idF BGBl I 135/2001 bekannt. ... Aus den Materialien ergibt
sich ... zweifelsfrei, dass der historische Gesetzgeber eine 'solide
Rechtsgrundlage' zur 'Wiederherstellung der Rechtssicherheit' für die Vorgängerregelungen des §6 Abs2 dritter und vierter Satz der Satzung der Vorsorgeeinrichtung der Kammer der Wirtschaftstreuhänder schaffen wollte. Daraus folgt, dass der Gesetzgeber ganz offenkundig keine einschränkende Bedeutung des Gesetzeswortlautes im Sinn hatte, welcher den Bestimmungen des §6 Abs2 dritter und vierter Satz der Satzung der Vorsorgeeinrichtung der Kammer der Wirtschaftstreuhänder ihre gesetzliche Grundlage entziehen oder gar mit dieser in Widerspruch stehen würde.
... Aus all dem ergibt sich, dass die vorläufige Annahme des
Verfassungsgerichtshofes, nach §173 Abs6 WTBG dürften Mindestleistungen ausschließlich vom Eintrittsalter des Anwartschaftsberechtigten abhängig gemacht werden, nach Auffassung der verordnungserlassenden Behörde nicht der Intention des Gesetzgebers entspricht und vom Gesetzeswortlaut auch nicht zwingend angeordnet wird. Daraus folgt, dass §6 Abs2 dritter und vierter Satz der Satzung der Vorsorgeeinrichtung der Kammer der Wirtschaftstreuhänder insoweit nicht dem Gesetz widersprechen.
... Auch das vorläufige Bedenken des
Verfassungsgerichtshofes, Mindestleistungen dürften anscheinend nur in jenen Fällen gänzlich ausgeschlossen werden, in denen eine vollständige Beitragsbefreiung vorgelegen sei, ist dem Gesetz nach Auffassung der verordnungserlassenden Behörde nicht zwingend zu entnehmen und entspricht auch nicht der Intention des Gesetzgebers.
... Aus dem Gesetzeswortlaut [von §173 Abs6 sechster Satz WTBG]
ergibt sich, dass die Gewährung der Mindestleistungen im Falle von Beitragsbefreiungen und Beitragsermäßigungen ganz oder teilweise ausgeschlossen werden kann, jeweils entsprechend dem Ausmaß der Befreiung oder Ermäßigung. Der Gesetzeswortlaut ordnet jedoch nicht an, dass Mindestleistungen nur in jenen Fällen gänzlich ausgeschlossen werden dürfen, in denen eine vollständige Beitragsbefreiung vorgelegen ist. Insbesondere ist dem Gesetzeswortlaut nicht zu entnehmen, dass in Fällen, in denen das
persönliche Pensionskonto ... aufgrund der Beiträge zur
Rückversicherung (Risikobeiträge) oder der Verwaltungskosten negativ ist, dennoch eine Mindestleistung zu gewähren ist, mag der Anwartschaftsberechtigte auch nicht immer vollständig von der Beitragspflicht befreit gewesen sein.
Dies ergibt sich auch aus einer historischen Auslegung des §173 Abs6 sechster Satz WTBG [...]. Zum Zeitpunkt der Erlassung der einschlägigen Bestimmung des §173 Abs6 sechster Satz WTBG standen bereits die im wesentlichen gleichlautenden Vorgängerregelungen des in Prüfung gezogenen §6 Abs2 dritter und vierter Satz der Satzung der Vorsorgeeinrichtung der Kammer der Wirtschaftstreuhänder in Geltung, ein Umstand, der dem historischen Gesetzgeber bewusst war. Es war ... die Intention des Gesetzgebers, für diese Bestimmungen eine entsprechende gesetzliche Grundlage zu schaffen. Eine Interpretation des §173 Abs6 sechster Satz WTBG, welche zum Ergebnis hätte, dass die Bestimmungen des §6 Abs2 dritter und vierter Satz der Satzung der Vorsorgeeinrichtung der Kammer der Wirtschaftstreuhänder keine Deckung mehr im Gesetzeswortlaut fänden, widerspräche somit der Intention des Gesetzgebers, selbst wenn dies vom Wortlaut her eine (von mehreren) möglichen Auslegungsvarianten wäre.
... Aus all dem folgt, dass eine Auslegung des Gesetzes
dahingehend, dass Mindestleistungen nur in jenen Fällen gänzlich ausgeschlossen seien, in denen eine vollständige Beitragsbefreiung vorlag, eine der Intention des Gesetzgebers widersprechende einschränkende Interpretation darstellt, die vom Gesetzeswortlaut nicht zwingend angeordnet wird. Vielmehr ermöglicht das Gesetz auch das durch §6 Abs2 dritter und vierter Satz der Satzung der Vorsorgeeinrichtung der Kammer der Wirtschaftstreuhänder herbeigeführte Ergebnis, dass eine Mindestleistung auch dann nicht gebührt, wenn der Anwartschaftsberechtigte zwar nicht vollständig von der Beitragsleistung befreit war, aber aufgrund von Beitragsermäßigungen oder der Leistung (bloß) von Mindestbeiträgen nach Abzug der Verwaltungskosten und der Beiträge für die Rückversicherung (Risikobeitrag) ein so geringes oder gar eine geringere Leistung als die Mindestleistung oder gar negatives persönliches Pensionskonto entstand, dass die Verrentung des Guthabens auf diesem Pensionskonto eine geringere Leistung als die Mindestleistung oder gar Null ergibt und somit keine (Mindest-)Leistung zusteht.
Daraus erhellt aber auch, dass §6 Abs2 dritter und vierter Satz der Satzung der Vorsorgeeinrichtung der Kammer der Wirtschaftstreuhänder auch insoweit nicht dem Gesetz widerspricht."
Zur ausreichenden gesetzlichen Determinierung der in Prüfung gezogenen Bestimmungen durch §173 WTBG führt der Kammertag Folgendes aus:
"Das Legalitätsprinzip ... verlangt keine vollständige,
exakte Bindung der Vollziehung an das Gesetz. ... Wie groß der den
Verwaltungsbehörden zukommende Entscheidungsspielraum ist, kann nicht
generell festgelegt werden. Hinsichtlich des erforderlichen Ausmaßes
der Determinierung wird insbesondere nach Sachgebieten differenziert.
... Auch im Bereich der Selbstverwaltung muss ein gelockerter
Legalitätsmaßstab angelegt werden, weil zur Idee der Selbstverwaltung
auch eine 'Satzungsautonomie' gehört. ... Jedenfalls ... seit der
B-VG-Novelle BGBl I 2/2008 steht die Lockerung der
Determinierungspflicht des Gesetzgebers im Bereich der