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41 Innere AngelegenheitenNorm
B-VG Art18 Abs1Leitsatz
Verstoß einer Entscheidung des Asylgerichtshofes über eine Beschwerdegegen die Zurückweisung des Antrags auf internationalen Schutz gegendas Willkürverbot des Gebots der Gleichbehandlung von Fremdenuntereinander und das Rechtsstaatsprinzip; rechtsstaatliches Gebotder Begründung gerichtlicher Entscheidungen; lediglich kursorischeVerweisung auf die Begründung des letztinstanzlichen Bescheides durchden AsylgerichtshofSpruch
Der Beschwerdeführer ist durch die angefochtene Entscheidung im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Gleichbehandlung von Fremden untereinander verletzt worden.
Die Entscheidung wird aufgehoben.
Der Bund (Bundeskanzler) ist schuldig, dem Beschwerdeführer zuhanden seines Rechtsvertreters die mit € 2.380,- bestimmten Prozesskosten binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Entscheidungsgründe:
I. 1. Der Beschwerdeführer, ein 1986 geborener nigerianischer Staatsangehöriger, stellte am 10. April 2006 einen Antrag auf Gewährung von Asyl. Dieser wurde mit Bescheid des Bundesasylamtes vom 17. Juni 2008 abgewiesen. Gleichzeitig wurde die Zulässigkeit der Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung nach Nigeria festgestellt und der Beschwerdeführer aus dem österreichischen Bundesgebiet nach Nigeria ausgewiesen.
2. Die dagegen erhobene Beschwerde wurde mit Entscheidung des Asylgerichtshofes vom 22. Juli 2008 gemäß §§3 Abs1, 8 Abs1 Z1 und 10 Abs1 Z2 Asylgesetz 2005 (im Folgenden: AsylG 2005) abgewiesen. In der Begründung werden zunächst die Staatsangehörigkeit des Beschwerdeführers und das Datum seiner Antragstellung genannt. Weiters wird sein Vorbringen kurz wiedergegeben und das Ergebnis des Verfahrens vor dem Bundesasylamt zusammengefasst. Die rechtlichen Erwägungen des Asylgerichtshofes lauten wie folgt: (Hervorhebungen im Original)
"II. Der Asylgerichtshof hat erwogen:
Mit 1.7.2008 ist das Asylgerichtshofgesetz (AsylGHG) in Kraft getreten.
Gemäß §23 AsylGHG sind, soweit sich aus dem Bundes-Verfassungsgesetz - B-VG, BGBl. Nr. 1/1930, dem Asylgesetz 2005 - AsylG 2005, BGBl. I Nr. 100, und dem Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985 - VwGG, BGBl. Nr. 10, nicht anderes ergibt, auf das Verfahren vor dem Asylgerichtshof die Bestimmungen des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991 - AVG, BGBl. Nr. 51, mit der Maßgabe sinngemäß anzuwenden, dass an die Stelle des Begriffs 'Berufung' der Begriff 'Beschwerde' tritt.
Mit 1.1.2006 ist das Asylgesetz 2005 (AsylG) in Kraft getreten.
§61 AsylG 2005 lautet wie folgt:
(1) Der Asylgerichtshof entscheidet in Senaten oder, soweit dies in Abs3 vorgesehen ist, durch Einzelrichter über
1. Beschwerden gegen Bescheide des Bundesasylamtes und
2. Beschwerden wegen Verletzung der Entscheidungspflicht des Bundesasylamtes.
(2) Beschwerden gemäß Abs1 Z2 sind beim Asylgerichtshof einzubringen. Im Fall der Verletzung der Entscheidungspflicht geht die Entscheidung auf den Asylgerichtshof über. Die Beschwerde ist abzuweisen, wenn die Verzögerung nicht auf ein überwiegendes Verschulden des Bundesasylamtes zurückzuführen ist.
(3) Der Asylgerichtshof entscheidet durch Einzelrichter über Beschwerden gegen
1. zurückweisende Bescheide
a)
wegen Drittstaatssicherheit gemäß §4;
b)
wegen Zuständigkeit eines anderen Staates gemäß §5
c)
wegen entschiedener Sache gemäß §68 Abs1 AVG, und
2. die mit diesen Entscheidungen verbundene Ausweisung
(4) Über die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung einer Beschwerde entscheidet der für die Behandlung der Beschwerde zuständige Einzelrichter oder Senatsvorsitzende.
Gem. §2 Abs1 Z13 AsylG ist im Sinne dieses Bundesgesetzes ein Antrag auf internationalen Schutz: das - auf welche Weise auch immer artikulierte - Ersuchen eines Fremden in Österreich, sich dem Schutz Österreichs unterstellen zu dürfen; der Antrag gilt als Antrag auf Zuerkennung des Status des Asylberechtigten und bei Nichtzuerkennung des Status des Asylberechtigten als Antrag auf Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten.
Gemäß §3 Abs1 AsylG 2005 ist einem Fremden, der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, soweit dieser Antrag nicht wegen Drittstaatsicherheit oder Zuständigkeit eines anderen Staates zurückzuweisen ist, der Status des Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn glaubhaft ist, dass ihm im Herkunftsstaat Verfolgung im Sinne des Art1 Abschnitt A Z2 Genfer Flüchtlingskonvention droht.
Gemäß §8 Abs1 AsylG 2005 ist der Status des subsidiär Schutzberechtigten einem Fremden zuzuerkennen,
1. der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, wenn dieser in Bezug auf die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten abgewiesen wird oder
2. dem der Status des Asylberechtigten aberkannt worden ist,
wenn eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat eine reale Gefahr einer Verletzung von Art2 EMRK, Art3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde.
Gemäß §10 Abs1 Z2 AsylG 2005 ist eine Entscheidung nach diesem Bundesgesetz mit einer Ausweisung zu verbinden, wenn der Antrag auf internationalen Schutz sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wird.
Gemäß §10 Abs2 AsylG 2005 sind Ausweisungen nach Abs1 unzulässig, wenn
1. dem Fremden im Einzelfall ein nicht auf dieses Bundesgesetz gestütztes Aufenthaltsrecht zukommt oder
2. diese eine Verletzung von Art8 EMRK darstellen würden.
Gemäß §10 Abs3 AsylG 2005 ist, wenn die Durchführung der Ausweisung aus Gründen, die in der Person des Asylwerbers liegen, eine Verletzung von Art3 EMRK darstellen würde und diese nicht von Dauer sind, gleichzeitig mit der Ausweisung auszusprechen, dass die Durchführung für die notwendige Zeit aufzuschieben ist.
Gemäß §10 Abs4 AsylG 2005 gilt eine Ausweisung, die mit einer Entscheidung gemäß Abs1 Z1 verbunden ist, stets auch als Feststellung der Zulässigkeit der Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung in den betreffenden Staat. Besteht eine durchsetzbare Ausweisung, hat der Fremde unverzüglich auszureisen.
Bereits die Behörde erster Instanz hat zutreffenderweise, auf Grundlage der eingeholten Auslandsermittlungen und diverser Berichte über das Igue-Fest, sowie unter Darlegung umfassender weiterer Erwägungen in schlüssig nachvollziehbarer Weise ausgeführt, dass die konkret behauptete Bedrohungssituation, nämlich geopfert zu werden, unglaubwürdig erscheint.
Das Bundesasylamt hat hinsichtlich aller drei Spruchpunkte in der Begründung des Bescheides vom 17.6.2008, Zahl: 06 03.984-BAL, die Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens, die bei der Beweiswürdigung maßgebenden Erwägungen und die darauf gestützte Beurteilung der Rechtsfragen klar und übersichtlich zusammengefasst. Der Asylgerichtshof schließt sich den diesbezüglichen Ausführungen des Bundesasylamtes im angefochtenen Bescheid an und erhebt diese zum Inhalt des gegenständlichen Erkenntnisses.
Soweit der Beschwerdeführer rügt, dass die eingeholten Auslandsermittlungen insoferne schlampig seien, als er etwa von einer Person namens 'IYAMU' gesprochen habe, im Antwortschreiben der ÖB Abuja jedoch stehe, dass im Palast eine Person namens 'IMAYU' nicht bekannt sei, was daher verständlich sei, ist entgegenzuhalten, dass die Bezeichnung 'IMAYU' offensichtlich auf einen einmaligen Schreibfehler in der englischen Übersetzung der Anfrage des Bundesasylamtes zurückzuführen ist (AS 129). An anderer Stelle der Anfrage ist ausdrücklich der Name 'IYAMU' genannt, nämlich verbunden mit der konkreten Fragestellung, ob im Palast eine Person namens IYAMU gefunden werden kann, die über den Asylwerber befragt werden könnte. Auch im Antwortschreiben der österr. Botschaft, konkret Punkt 7, AS 181, wird diesbezüglich ausdrücklich ausgeführt: 'we could not locate anyone by the name IYAMU/wir konnten niemanden mit dem Namen IYAMU finden. Die Ausführung des Bundesasylamtes, dass (in dem in Rede stehenden) Palast die vom Asylwerber genannte Person 'IYAMU' unbekannt ist, ist sohin richtig.
Gleiches gilt für eine Person namens 'AGBONTAEN', deren Funktion fehlerhaft dargestellt wurde (Sicherheitswache anstatt Diener), da jedenfalls ermittelt wurde, dass niemand jemals von irgendeiner Person mit diesem Namen gehört hat (Punkt 6 der Anfragebeantwortung, AS 181 und 185).
Letztlich waren aber nicht nur die Ermittlungsergebnisse hinsichtlich der vom Asylwerber genannten Randpersonen negativ, sondern - was noch gewichtiger erscheint - auch hinsichtlich seiner Person selbst (Punkt 2 der Anfragebeantwortung AS 181 und 185).
Zu betonen ist in diesem Zusammenhang auch, dass sich das Bundesasylamt bei der Beweiswürdigung auch nicht ausschließlich auf die eingeholten Auslandsermittlungen gestützt hat, sondern auch andere Quellen über das IGUE-Fest, die sämtlich nur von Tieropfern nicht aber von Menschenopfern berichten, in seine Erwägungen hat einfließen lassen.
Bei einer Abwägung jener Gründe, die für die Glaubwürdigkeit der vorgebrachten Bedrohungssituation sprechen - dies ist zum einen der Umstand, dass es tatsächlich einen Palast des Oba (König) Erediauwa in Benin City sowie das Igue-Fest gibt, jedoch zum anderen hinsichtlich der individuell behaupteten Bedrohungssituation letztlich allein die Behauptung des Asylwerbers, dass seine Geschichte wahr ist - und jener Gründe, die gegen die Glaubwürdigkeit der konkreten Bedrohungssituation sprechen, überwiegen die für eine erfundene Geschichte sprechenden Argumente deutlich.
Sohin war spruchgemäß zu entscheiden.
... "
3. In der gegen diese Entscheidung gemäß Art144a B-VG erhobenen Beschwerde wird die Verletzung der verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechte gemäß Art6, 8 und 13 EMRK, Art83 Abs2 B-VG und auf Gleichbehandlung von Fremden untereinander geltend gemacht sowie die Verfassungswidrigkeit der §§23 und 28 Asylgerichtshofsgesetz (im Folgenden: AsylGHG) und des §75 Abs7 AsylG 2005 gerügt. Der Beschwerdeführer beantragt die kostenpflichtige Aufhebung der angefochtenen Entscheidung.
4. Der Asylgerichtshof legte die Verwaltungs- und Gerichtsakten vor, erstattete jedoch keine Gegenschrift.
II. Der Verfassungsgerichtshof hat über die - zulässige - Beschwerde erwogen:
1.1. Der Beschwerdeführer behauptet die Verfassungswidrigkeit der §§23 und 28 AsylGHG und des §75 Abs7 AsylG 2005.
1.2. Zur verfassungsrechtlichen Unbedenklichkeit des §23 AsylGHG vgl. VfGH 7.11.2008, U67/08. §28 AsylGHG regelt das In-Kraft-Treten dieses Gesetzes. Gegen diese Bestimmung sind beim Verfassungsgerichtshof keine Bedenken entstanden. Zur verfassungsgerichtlichen Unbedenklichkeit des §75 Abs7 AsylG 2005 vgl. VfGH 6.11.2008, U97/08.
2.1. Der Beschwerdeführer rügt unter anderem die Verletzung des verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechtes auf Gleichbehandlung von Fremden untereinander. Begründend führt er aus, ihm stehe der Zugang zum Verwaltungsgerichtshof nicht mehr offen.
2.2. Nach der mit VfSlg. 13.836/1994 beginnenden, nunmehr ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes (s. etwa VfSlg. 14.650/1996 und die dort angeführte Vorjudikatur; weiters VfSlg. 16.080/2001 und 17.026/2003) enthält ArtI Abs1 des Bundesverfassungsgesetzes zur Durchführung des Internationalen Übereinkommens über die Beseitigung aller Formen rassischer Diskriminierung, BGBl. 390/1973, das allgemeine, sowohl an die Gesetzgebung als auch an die Vollziehung gerichtete Verbot, sachlich nicht begründbare Unterscheidungen zwischen Fremden vorzunehmen. Diese Verfassungsnorm enthält ein - auch das Sachlichkeitsgebot einschließendes - Gebot der Gleichbehandlung von Fremden untereinander; deren Ungleichbehandlung ist also nur dann und insoweit zulässig, als hiefür ein vernünftiger Grund erkennbar und die Ungleichbehandlung nicht unverhältnismäßig ist.
Diesem einem Fremden durch ArtI Abs1 leg.cit. gewährleisteten subjektiven Recht widerstreitet ein Bescheid, wenn er auf einem gegen diese Bestimmung verstoßenden Gesetz beruht (vgl. zB VfSlg. 16.214/2001), wenn die Behörde dem angewendeten einfachen Gesetz fälschlicherweise einen Inhalt unterstellt hat, der - hätte ihn das Gesetz - dieses als in Widerspruch zum Bundesverfassungsgesetz zur Durchführung des Internationalen Übereinkommens über die Beseitigung aller Formen rassischer Diskriminierung, BGBl. 390/1973, stehend erscheinen ließe (s. etwa VfSlg. 14.393/1995, 16.314/2001) oder wenn sie bei Erlassung des Bescheides Willkür geübt hat (zB VfSlg. 15.451/1999, 16.297/2001, 16.354/2001).
Ein willkürliches Verhalten der Behörde, das in die Verfassungssphäre eingreift, liegt unter anderem in einer gehäuften Verkennung der Rechtslage, aber auch im Unterlassen jeglicher Ermittlungstätigkeit in einem entscheidenden Punkt oder dem Unterlassen eines ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahrens überhaupt, insbesondere in Verbindung mit einem Ignorieren des Parteivorbringens und einem leichtfertigen Abgehen vom Inhalt der Akten oder dem Außer-Acht-Lassen des konkreten Sachverhaltes (zB VfSlg. 15.451/1999, 15.743/2000, 16.354/2001, 16.383/2001).
Ein willkürliches Vorgehen liegt insbesondere dann vor, wenn die Behörde den Bescheid mit Ausführungen begründet, denen jeglicher Begründungswert fehlt (s. etwa VfSlg. 13.302/1992, 14.421/1996, 15.743/2000, VfGH 7.11.2008, U67/08). Für Entscheidungen des Asylgerichtshofes gelten sinngemäß dieselben verfassungsrechtlichen Schranken.
3. Derartige in die Verfassungssphäre reichende Fehler sind dem Asylgerichtshof unterlaufen:
3.1. Gemäß §23 AsylGHG sind auf das Verfahren vor dem Asylgerichtshof unter anderem die Bestimmungen des allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991 (im Folgenden: AVG) mit der Maßgabe sinngemäß anzuwenden, dass an die Stelle des Begriffs "Berufung" der Begriff "Beschwerde" tritt. Gemäß §60 AVG sind in der Begründung eines Bescheides die Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens, die bei der Beweiswürdigung maßgebenden Erwägungen und die darauf gestützte Beurteilung des Rechtsfrage klar und übersichtlich zusammenzufassen.
Der Asylgerichtshof ist - ungeachtet der sinngemäßen Anwendbarkeit des AVG - nicht als Berufungsbehörde eingerichtet. Anders als die Unabhängigen Verwaltungssenate und insbesondere noch der Unabhängige Bundesasylsenat ist der Asylgerichtshof nicht eine Verwaltungsbehörde, sondern ein Gericht; anders als die Bescheide jener Behörden unterliegen seine Entscheidungen nicht der nachprüfenden Kontrolle des Verwaltungsgerichtshofes.
Bereits aus diesen Unterschieden wird deutlich, dass die zu §67 iVm §60 AVG ergangene Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, wonach die Berufungsbehörde berechtigt ist, näher bezeichnete Teile des angefochtenen Bescheides zum Inhalt ihrer Entscheidung zu erheben, ohne sie wiederholen zu müssen (zB VwGH 4.10.1995, 95/01/0045; 30.11.2000, 2000/20/0356), auf Entscheidungen des Asylgerichtshofes nicht übertragbar ist.
Mag eine entsprechende Verweisung auf unterinstanzliche Bescheide in Bescheiden von Berufungsbehörden noch im Interesse der Verfahrensökonomie gelegen sein, so ist die Begründungstechnik dann nicht mehr hinnehmbar, wenn die verweisende Entscheidung von einem (nicht im Instanzenzug übergeordneten) Gericht erlassen wird, welches seinerseits nicht mehr der Kontrolle durch ein weiteres Gericht unterliegt (vgl. VfGH 7.11.2008, U67/08).
Wenn der Asylgerichtshof die Begründung des bei ihm angefochtenen Bescheides im Wege der Verweisung zum Inhalt seiner eigenen Entscheidung macht, ohne diese Begründung zumindest in seiner Entscheidung wiederzugeben, so kommt er nicht nur den Anforderungen des §60 AVG nicht nach, sondern entspricht er auch nicht den rechtsstaatlichen Mindestanforderungen an die Begründung einer gerichtlichen Entscheidung. Es ist zwar nicht unzulässig, Teile einer Begründung der Bescheide der Verwaltungsbehörde wörtlich wiederzugeben, es widerspricht aber grundlegenden rechtsstaatlichen Anforderungen an die Begründung von Entscheidungen eines (insoweit erstinstanzlich entscheidenden) Gerichts, wenn sich der Sachverhalt, die Beweiswürdigung und die rechtliche Beurteilung nicht aus der Gerichtsentscheidung selbst, sondern erst aus einer Zusammenschau mit der Begründung der Bescheide ergibt. Die für die bekämpfte Entscheidung maßgeblichen Erwägungen müssen aus der Begründung der Entscheidung hervorgehen, da nur auf diese Weise die rechtsstaatlich gebotene Kontrolle durch den Verfassungsgerichtshof möglich ist (vgl. VfSlg. 17.901/2006, 18.000/2006).
In der angefochtenen Entscheidung hat der belangte Asylgerichtshof nicht selbst den Anforderungen des §60 AVG entsprochen, sondern lediglich die Begründung des Bundesasylamtes mit den Worten des §60 AVG qualifiziert und erklärt, dass er sich "den diesbezüglichen Ausführungen des Bundesasylamtes im angefochtenen Bescheid an[schließt] und ... diese zum Inhalt des gegenständlichen Erkenntnisses [erhebt]". Der Asylgerichtshof selbst verweist lediglich kursorisch auf die Begründung des letztinstanzlichen Bescheides im Verfahren über die vorangegangene Asylantragstellung und das Vorbringen des Beschwerdeführers vor dem Asylgerichtshof, schildert aber nicht den zugrunde liegenden Sachverhalt und erwähnt schließlich weder Art3 noch Art8 EMRK.
Damit hat der Asylgerichtshof nicht nur gegen das Willkürverbot des Gebotes der Gleichbehandlung von Fremden untereinander, sondern auch gegen das Rechtsstaatsprinzip in Gestalt des rechtsstaatlichen Gebotes der Begründung gerichtlicher Entscheidungen verstoßen (vgl. VfGH 7.11.2008, U67/08).
Die Entscheidung ist daher aufzuheben.
5. Die Kostenentscheidung gründet sich auf §88a iVm §88 VfGG. In den zugesprochenen Kosten ist Umsatzsteuer in Höhe von € 360,- enthalten.
6. Diese Entscheidung konnte gemäß §19 Abs4 erster Satz VfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung getroffen werden.
Schlagworte
Asylgerichtshof, Asylrecht, Bescheidbegründung, Anwendbarkeit AVG,Verwaltungsverfahren, Berufung, RechtsstaatsprinzipEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:2009:U31.2008Zuletzt aktualisiert am
23.02.2009