D12 316117-2/2008/2E
ERKENNTNIS
Der Asylgerichtshof hat durch den Richter Mag. Auttrit als Vorsitzenden und den Richter Dr. Dajani als Beisitzer über die Beschwerde der J. geb. U.R., geb. 00.00.1969, StA. Russische Föderation, gegen den Bescheid des Bundesasylamtes vom 29.07.2008, FZ. 07 08.226-BAI, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:
In Erledigung der Beschwerde wird der bekämpfte Bescheid behoben und die Angelegenheit gemäß § 66 Abs. 2 AVG zur neuerlichen Verhandlung und Erlassung eines neuen Bescheides an das Bundesasylamt zurückverwiesen.
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e:
I. Verfahrensgang und Sachverhalt:
Die Beschwerdeführerin, eine Staatsangehörige der Russischen Föderation, reiste am 07.09.2007 in das österreichische Bundesgebiet ein und stellte am selben Tag einen Antrag auf internationalen Schutz. Daraufhin wurde sie am 07.09.2007 von Beamten der Bundespolizeidirektion Wien sowie am 10.10.2007 von Beamten des Bundesasylamtes im Beisein eines geeigneten Dolmetschers für die russische Sprache von dem zur Entscheidung berufenen Organwalter des Bundesasylamtes niederschriftlich einvernommen.
Ihr damaliges Vorbringen wurde im Bescheid des Bundesasylamtes, Außenstelle Innsbruck, vom 29.07.2008, FZ. 07 08.226-BAI, richtig und vollständig wiedergegeben, sodass der diesbezügliche Teil des erstinstanzlichen Bescheides auch zum Inhalt des gegenständlichen Erkenntnisses erhoben wird.
Das Bundesasylamt hat den Antrag auf internationalen Schutz der Asylwerberin mit Bescheid vom 29.07.2008, FZ. 07 08.226-BAI, gemäß § 3 AsylG 2005 abgewiesen und der Asylwerberin den Status der Asylberechtigten nicht zuerkannt. Weiters wurde festgestellt, dass die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung der Asylwerberin in die Ukraine gemäß § 8 Abs. 1 AsylG 2005 zulässig sei. Gemäß § 10 Abs. 1 AsylG 2005 wurde die Asylwerberin aus dem österreichischen Bundesgebiet in die Russische Föderation ausgewiesen.
Gegen diesen am 04.08.2008 zugestellten Bescheid wurde mit Schriftsatz vom 18.08.2008 fristgerecht Berufung erhoben. In ihrer Begründung wiederholte die Beschwerdeführerin im Wesentlichen ihre schon vor dem Bundesasylamt gemachten Angaben und führte darüber hinaus aus, das Bundesasylamt behauptet allen Ernstes und ganz pauschal, in Tschetschenien komme es zu keiner Verfolgung wegen Hilfeleistungen für Widerstandskämpfer mehr, auch fänden keine Kämpfe, keine Hausdurchsuchungen und Mitnahmen von Menschen mehr statt. Die allgemeine Sicherheitslage habe sich dramatisch verbessert. Letzteres gehe aus einem Vortrag der COI-UNIT vom 27.05.2008 hervor, jedoch spricht dieser Vortrag wie die belangte Behörde selbst schreibt lediglich von signifikant sinkenden Zahlen der bewaffneten Zwischenfälle, diese zeigen deutlich, dass der Einfluss der Rebellen in Tschetschenien abgenommen hat. Es ergibt sich daraus, dass in völligem Widerspruch zu den oben zitierten Behauptungen der belangten Behörde weiterhin bewaffnete Kämpfe stattfinden, wenn auch in sinkender Zahl, und dass die Rebellen nach wie vor Einfluss haben, dieser jedoch lediglich abgenommen hat. Die belangte Behörde befindet sich also im Widerspruch zu dem von ihr selbst vorgelegten Länderdokumenten, sodass der angefochtene Bescheid mit Aktenwidrigkeit belastet sei. Das Bundesasylamt versucht also - in der Absicht, meinen Angaben die Glaubwürdigkeit abzusprechen, jedoch unter Missachtung ihrer eigenen Länderdokumentationen - ein rosiges Bild von der Lage in Tschetschenien zu zeichnen, das aber den von ihr selbst dokumentierten Tatsachen widerspricht. Weiters behauptet die Beschwerdeführerin, das Bundesasylamt behauptet in seinem Bescheid, es würden keine Menschen mehr mitgenommen, weil sie den Kämpfern geholfen hätten. Daher könnte auch ihr Mann nicht mitgenommen worden sein. Dies steht jedoch im krassen Widerspruch zum zitierten Bericht des Deutschen Auswärtigen Amtes, den die Beschwerdeführerin zur Gänze zum Inhalt ihrer Berufung erhebt. Die Beschwerdeführerin moniert weiters, dass die belangte Behörde die Richtigkeit und Gültigkeit des psychotherapeutischen Kurzberichts von E.K. in Frage stellt, ohne dies schlüssig zu begründen.
Die Beschwerdeführerin führte weiter aus, dass ihr im Falle einer Rückkehr in die Russische Föderation unmenschliche Behandlung, schwere Misshandlungen wenn nicht sogar der Tod drohen würden.
II. Der Asylgerichtshof hat dazu erwogen:
Mit 01.07.2008 hat der Gesetzgeber den Asylgerichtshof als unabhängige Kontrollinstanz in Asylsachen eingerichtet. Die maßgeblichen verfassungsmäßigen Bestimmungen bezüglich der Einrichtung des Asylgerichtshofes befinden sich in den Art. 129c ff. B-VG. Gemäß Art. 151 Abs. 39 Z. 1 B-VG wird mit 01.07.2008 der bisherige unabhängige Bundesasylsenat zum Asylgerichtshof. Laut Z. 4 leg. cit. sind am 1. Juli 2008 beim unabhängigen Bundesasylsenat anhängige Verfahren vom Asylgerichtshof weiterzuführen.
Gemäß § 28 Abs. 1 Asylgerichtshofgesetz (AsylGHG) tritt dieses Bundesgesetz mit 1. Juli 2008 in Kraft. Gleichzeitig tritt das Bundesgesetz über den unabhängigen Bundesasylsenat - UBASG, BGBl. I Nr. 77/1997, zuletzt geändert durch das Bundesgesetz BGBl. I. Nr. 100/2005, außer Kraft.
Gemäß § 23 Asylgerichtshofgesetz (Asylgerichtshof-Einrichtungsgesetz; Art. 1 BG BGBl. I 4/2008) sind, soweit sich aus dem Bundes-Verfassungsgesetz - B-VG, BGBl. Nr. 1/1930, dem Asylgesetz 2005 - AsylG 2005, BGBl. I Nr. 100, und dem Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985 - VwGG, BGBl. Nr. 10, nicht anderes ergibt, auf das Verfahren vor dem Asylgerichtshof die Bestimmungen des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991 - AVG, BGBl. Nr. 51, mit der Maßgabe sinngemäß anzuwenden, dass an die Stelle des Begriffs "Berufung" der Begriff "Beschwerde" tritt."
Gemäß § 75 Abs. 7 AsylG 2005 sind am 1. Juli 2008 beim unabhängigen Bundesasylsenat anhängige Verfahren vom Asylgerichtshof nach Maßgabe der folgenden Bestimmungen weiterzuführen:
Mitglieder des unabhängigen Bundesasylsenates, die zu Richtern des Asylgerichtshofes ernannt worden sind, haben alle bei ihnen anhängige Verfahren, in denen bereits eine mündliche Verhandlung stattgefunden hat, als Einzelrichter weiterzuführen.
Verfahren gegen abweisende Bescheide, in denen eine mündliche Verhandlung noch nicht stattgefunden hat, sind von dem nach der ersten Geschäftsverteilung des Asylgerichtshofes zuständigen Senat weiterzuführen.
Verfahren gegen abweisende Bescheide, die von nicht zu Richtern des Asylgerichtshofes ernannten Mitgliedern des unabhängigen Bundesasylsenates geführt wurden, sind nach Maßgabe der ersten Geschäftsverteilung des Asylgerichtshofes vom zuständigen Senat weiterzuführen.
Im vorliegenden Fall handelt es sich um ein Rechtsmittelverfahren gegen einen abweisenden Bescheid. Daher ist das Verfahren der Beschwerdeführerin von dem nach der Geschäftsverteilung zuständigen Senat des Asylgerichtshofes weiterzuführen.
Gemäß § 66 Abs. 2 AVG kann die Berufungsbehörde, da der ihr vorliegende Sachverhalt so mangelhaft ist, dass die Durchführung oder Wiederholung einer mündlichen Verhandlung unvermeidlich erscheint, den angefochtenen Bescheid beheben und die Angelegenheit zur neuerlichen Verhandlung und Erlassung eines neuen Bescheides an eine im Instanzenzug untergeordnete Behörde zurückverweisen.
Gemäß Abs. 3 leg. cit. kann die Berufungsbehörde jedoch die mündliche Verhandlung und unmittelbare Beweisaufnahme auch selbst durchführen, wenn hiemit eine Ersparnis an Zeit und Kosten verbunden ist.
Bezüglich der Anwendbarkeit des § 66 Abs. 2 AVG (außerhalb des abgekürzten Berufungsverfahrens) hat der Verwaltungsgerichtshof im Erkenntnis vom 21.11.2002, Zl. 2002/20/0315, zum Verfahren vor dem Unabhängigen Bundesasylsenat, ausgeführt, dass der Spielraum dafür - im Vergleich zu sonstigen Berufungsverfahren nach dem AVG - bei einem unabhängigen Verwaltungssenat eher geringer und jedenfalls nicht größer sei. Eine generelle Unzulässigkeit der Anwendung des § 66 Abs. 2 AVG wurde damit nicht zum Ausdruck gebracht. Weiters wird darin ausgeführt, dass die Berufungsbehörde eine kassatorische Entscheidung nicht bei jeder Ergänzungsbedürftigkeit des Sachverhalts, sondern nur dann treffen darf, wenn der ihr vorliegende Sachverhalt so mangelhaft ist, dass die Durchführung oder Wiederholung einer mündlichen Verhandlung unvermeidlich erscheint. Die Berufungsbehörde hat dabei zunächst in rechtlicher Gebundenheit zu beurteilen, ob angesichts der Ergänzungsbedürftigkeit des ihr vorliegenden Sachverhaltes die Durchführung einer mündlichen Verhandlung als "unvermeidlich erscheint". Für die Frage der Unvermeidlichkeit einer mündlichen Verhandlung im Sinne des § 66 Abs. 2 AVG ist es aber unerheblich, ob eine kontradiktorische Verhandlung oder nur eine Vernehmung erforderlich ist (vgl. etwa das Erkenntnis vom 14.03.2001, Zl. 2000/08/0200; zum Begriff "mündliche Verhandlung" im Sinne des § 66 Abs. 2 AVG siehe auch Erkenntnis vom 21.11.2002, Zl. 2000/20/0084).
Bezüglich der Gesetzmäßigkeit der Ermessensausübung im Sinne des § 66 Abs. 2 AVG hat der VwGH ausgeführt, dass der Gesetzgeber in Asylsachen ein zweiinstanzliches Verfahren (mit nachgeordneter Kontrolle durch die Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts) eingerichtet hat, wobei dem Unabhängigen Bundesasylsenat die Rolle einer "obersten Berufungsbehörde" zukommt (Art. 129c Abs. 1 B-VG). In diesem Verfahren hat bereits das Bundesasylamt den gesamten für die Entscheidung über den Asylantrag relevanten Sachverhalt zu ermitteln, und es ist gemäß § 27 Abs. 1 AsylG grundsätzlich verpflichtet, den Asylwerber dazu persönlich zu vernehmen. Diese Anordnungen des Gesetzgebers würden aber unterlaufen, wenn es wegen des Unterbleibens eines Ermittlungsverfahrens in erster Instanz zu einer Verlagerung nahezu des gesamten Verfahrens vor die Berufungsbehörde käme und die Einrichtung von zwei Entscheidungsinstanzen damit zur bloßen Formsache würde. Es ist nicht im Sinne des Gesetzgebers, wenn die Berufungsbehörde, statt ihre "umfassende" Kontrollbefugnis wahrnehmen zu können, jene Behörde ist, die erstmals den entscheidungswesentlichen Sachverhalt ermittelt und einer Beurteilung unterzieht (vgl. VwGH vom 21.11.2002, Zl. 2002/20/0315; VwGH vom 12.12.2002, Zl. 2000/20/0236 sowie VwGH vom 21.11.2002, Zl. 2000/20/0020).
Dieser Gesichtspunkt ist nach Auffassung des Verwaltungsgerichtshofes - freilich immer unter ausreichender Bedachtnahme auf das Interesse der Partei an einer raschen Erledigung des Asylverfahrens - bei der Ermessensausübung nach § 66 Abs. 2 und 3 AVG auch einzubeziehen. Unter dem Blickwinkel einer Kostenersparnis für die Partei ist dabei vor allem auch zu beachten, dass die Vernehmung vor dem Bundesasylamt dezentral durch die Außenstellen in den Bundesländern erfolgt, während der Unabhängige Bundesasylsenat - anders als bei den unabhängigen Verwaltungssenaten in den Ländern, für die vergleichbares auf Landesebene gilt - als zentrale Bundesbehörde in Wien eingerichtet ist (vgl. VwGH vom 21.11.2002, Zl. 2000/20/0084).
Bei der Abwägung der für und gegen eine Entscheidung gemäß § 66 Abs. 2 AVG sprechenden Gesichtspunkte muss nämlich auch berücksichtigt werden, dass das Asylverfahren nicht nur möglichst kurz sein soll. Zur Sicherung seiner Qualität hat der Gesetzgeber einen Instanzenzug vorgesehen, der zum Unabhängigen Bundesasylsenat und somit zu einer gerichtsähnlichen, unparteilichen und unabhängigen Instanz als besonderem Garanten eines fairen Asylverfahrens führt (vgl. VwGH vom 16.04.2002, Zl. 99/20/0430). Die dem Unabhängigen Bundesasylsenat in dieser Funktion schon nach der Verfassung zukommenden Rolle einer "obersten Berufungsbehörde" (Art. 129c Abs. 1 B-VG) wird aber ausgehöhlt und die Einräumung eines Instanzenzuges zur bloßen Formsache degradiert, wenn sich das Asylverfahren einem erstinstanzlichen Verfahren vor der Berufungsbehörde nähert, weil es das Bundesasylamt ablehnt, auf das Vorbringen des Asylwerbers sachgerecht einzugehen (vgl. VwGH vom 21.11.2002, Zl. 2000/20/0020).
Der Verfassungsgesetzgeber hat nunmehr den Unabhängigen Bundesasylsenat durch den Asylgerichtshof als nachprüfendes Kontrollorgan mit umfassender Kontrollbefugnis ersetzt. Bereits aufgrund der genannten Bestimmungen des B-VG und der in ihnen erkennbar vom Verfassungsgesetzgeber vorgesehenen Kontinuität ergibt sich, dass der Asylgerichtshof die Funktion des Unabhängigen Bundesasylsenates vollständig übernimmt. Die oben genannten Kriterien, die der Verwaltungsgerichtshof für die Anwendung des § 66 Abs. 2 AVG im Asylverfahren aufgestellt hat, müssen sohin auch für das vor dem Asylgerichtshof zu führende Verfahren gelten, welcher als Nachfolger des Unabhängigen Bundesasylsenat über Bescheide der Verwaltungsbehörden in Asylsachen erkennt und somit eine überprüfende Funktion wahrnimmt. Auch für das Verfahren vor dem Asylgerichtshof bleibt sohin festzuhalten, dass die Funktion des Asylgerichtshofes als Kontrollorgan ausgehöhlt würde und die Einrichtung des nunmehr vorgesehenen Verfahrenszuges an den Asylgerichtshof zur Formsache würde, wenn das notwendige Ermittlungsverfahren vollständig vor den Asylgerichthof verlagert würde, weil es das Bundesasylamt ablehnt, auf das Vorbringen des Asylwerbers sachgerecht einzugehen.
Es liegen folgende schwere Mängel der Beweiswürdigung der Erstbehörde vor.
Das Bundesasylamt begründet seine negative Entscheidung zum Antrag auf internationalen Schutz mit der Aussage: "In Tschetschenien fänden keine aktiven Kampfhandlungen, keine Hausdurchsuchungen und Mitnahmen von Menschen mehr statt." Die allgemeine Sicherheitslage habe sich dramatisch verbessert. Die Behauptung der Beschwerdeführerin, dass es noch immer Kampfhandlungen in Tschetschenien gebe, sei schlichtweg tatsachenwidrig, deshalb sei das asylrelevante Vorbringen der Beschwerdeführerin unglaubwürdig.
Gleichzeitig legt das Bundesasylamt aber einen Länderbericht zur Situation in Tschetschenien vor, aus dem hervorgeht, dass weiterhin bewaffnete Kämpfe sowie Entführungen, wenn auch in sinkender Zahl, stattfinden.
Damit befindet sich das Bundesasylamt im Widerspruch zu dem von ihm selbst vorgelegten Länderbericht, so dass der angefochtene Bescheid mit Aktenwidrigkeit belastet ist.
Im konkreten Fall stellt sich die Lage nun so dar, dass es das Bundesasylamt auch unterlassen hat, ausreichende Ermittlungen zur Situation der Beschwerdeführerin im Herkunftsstaat durchzuführen - insbesondere zu ihren Vorbringen, sie hätte im Falle der Rückkehr in die Russische Föderation/Tschetschenien keine Lebensgrundlage mehr. Das Bundesasylamt gibt an, dass ihr zugemutet werden kann, dass Sie im Falle der Rückkehr ins Heimatland selbst für ihren Lebensunterhalt durch Aufnahme einer Arbeitstätigkeit aufkommen könne, dabei übersieht das BAA aber, dass die Arbeitsaufnahme vor der Flucht durch das Vorhandensein des Ehemannes möglich war, welcher jetzt durch die behauptete Entführung nicht mehr als Aufsichtsperson für die Kinder zur Verfügung steht. Es unterblieben jedoch jegliche konkrete Feststellungen wie dies in der Situation einer alleinstehenden Frau mit vier minderjährigen Kindern geschehen soll. Das BAA gibt an, der Zusammenhalt innerhalb der Großfamilien dort ist bekannt und kam im Verfahren nicht hervor, dass Sie durch Verwandte nicht unterstützt werden würden. Zur konkreten Situation der Beschwerdeführerin wurden jedoch keine Feststellungen getroffen.
Insbesondere wurde die Beschwerdeführerin nicht befragt ob sie von ihren in Tschetschenien verbliebenen Geschwistern Hilfe und Unterstützung erwarten könne. Dass BAA begründet die Zulässigkeit der negativen Entscheidung bezüglich des Antrages auf subsidiären Schutzes mit dem Vorhandensein von familiären Anknüpfungspunkten, sodass die Beschwerdeführerin dadurch nicht in eine gem. Art 3 EMRK "unmenschliche Lage" versetzt werden würde. Zudem sei sie sogar in der Lage gewesen die finanziellen Mittel für eine schlepperunterstützte Reise nach Österreich aufzubringen. Diese Begründung spricht aber gerade dagegen, dass die Beschwerdeführerin jetzt noch irgendwelche finanziellen Mittel besitzt und damit nicht in eine "unmenschliche Lage" nach ihrer Rückkehr nach Tschetschenien versetz wird.
Weiter stellt das BAA in seinen Länderfeststellungen zu Tschetschenien allgemein fest, dass alleinstehende Frauen eine Pension sowie Kindergeld bekommen. Nichtfestgestellt wurde jedoch, ob eine solche Pension auch an Frauen, deren Ehemann "nur" verschunden ist auch ausbezahlt wird, bzw. in welcher Höhe diese ausbezahlt wird.
Die Erstbehörde begründet ihre Beweiswürdigung im wesentlichem damit, in Tschetschenien fänden keine aktiven Kampfhandlungen, keine Hausdurchsuchungen und Mitnahmen von Menschen mehr statt." Die allgemeine Sicherheitslage habe sich dramatisch verbessert. Die Behauptung der Beschwerdeführerin, dass es noch immer Kampfhandlungen in Tschetschenien gebe, sei schlichtweg tatsachenwidrig, deshalb sei das asylrelevante Vorbringen der Beschwerdeführerin unglaubwürdig. Die widerspricht jedoch den eigenen ins Verfahren eingebrachten Länderfeststellungen zur Russischen Föderation.
Zusammengefasst stellt sich die Beweiswürdigung als qualifiziert mangelhaft dar und unterschreitet weit die Anforderungen an ein ordnungsgemäßes Ermittlungsverfahren.
Der Verwaltungsgerichtshof hat in seinem Erkenntnis vom 19.4.2001, Zl. 99/20/0301, ausgeführt, dass zur Abgrenzung einer konkreten, von einem Asylwerber vorgebrachten Fluchtgeschichte zur allgemeinen Situation im Herkunftsstaat eine - je nach Fall unterschiedlich detaillierte - Ermittlung der allgemeinen Situation im Herkunftsstaat notwendig sei. Darüber hinaus erweise sich die Ermittlung dieser Situation auch im Bereich der Feststellung nach § 8 AsylG 2005 iVm § 50 FPG 2005 als unentbehrlich, stelle sie doch den Hintergrund für die Beurteilung der Zulässigkeit einer der dort genannten Rückbringungsmaßnahmen dar.
Er wäre daher im gegenständlichen Fall geboten gewesen, durch konkrete Länderermittlungen die Versorgungslage der Beschwerdeführerin in Falle einer Rückkehr in die Russische Föderation abzuklären.
Im fortgesetzten Verfahren wird das Bundesasylamt daher die Beschwerdeführerin neuerlich zu befragen haben inwieweit sie von den in Tschetschenien verbliebenen Verwandten Hilfe erwarten kann, bzw. ob und wenn ja wie hoch die staatliche Unterstützung für Frauen mit vier Kindern, deren Ehemann verschunden ist ausfällt, um nicht der realen Gefahr einer Verletzung der in Art 3 und 3 EMRK angeführten Umstände ausgesetzt zu werden, bzw. in eine völlig ausweglose Situation zu geraten.
Zudem wird das Bundesasylamt Feststellungen zur Situation in der Russischen Föderation zu treffen haben, welche nicht den eigenen Länderberichten zur Lage der politischen Situation in der Russischen Föderation widersprechen und diese der Beschwerdeführerin vorzuhalten haben. Auf der Grundlage entsprechender Ermittlungsergebnisse wird das Bundesasylamt in der Folge auch die Frage zu behandeln haben, ob die Beschwerdeführerin im konkreten Fall den Eintritt eines asylrelevante Intensität erreichenden Nachteils mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit zu erwarten hat.
Anschließend sind diese Feststellungen der Beschwerdeführerin im Rahmen einer weiteren Einvernahme gemäß § 45 Abs. 3 AVG vorzuhalten und ihr die Möglichkeit zu geben, dazu Stellung zu nehmen.
In der Folge wird das Bundesasylamt seine Ermittlungsergebnisse einem neuerlichen Bescheid zugrunde legen müssen in dessen Beweiswürdigung die verwendeten Länderfeststellungen Berücksichtigung finden.
Da im konkreten Fall sohin der vorliegende Sachverhalt so mangelhaft ermittelt wurde, dass eine weitere Vernehmung der Beschwerdeführerin notwendig ist, im Rahmen derer das Ermittlungsergebnis - wie im obigen Absatz angeführt - vorzuhalten ist, war der angefochtene Bescheid zu beheben und die Angelegenheit zur neuerlichen Verhandlung und Erlassung eines neuen Bescheides an das Bundesasylamt zurückzuverweisen. Wenn diese Sachverhaltsmängel nicht vom Bundesasylamt saniert werden, so würde das diesbezügliche Ermittlungsverfahren vor die Beschwerdeinstanz verlagert und somit der zweitinstanzliche Verfahrensgang unterlaufen werden. Mit der Anwendung des § 66 Abs. 2 AVG hat der Asylgerichtshof jedoch im gegenständlichen Fall die Möglichkeit, dem Abbau einer echten Zweitinstanzlichkeit des Verfahrens und der Aushöhlung seiner Funktion als Kontrollinstanz entgegenzuwirken (vgl. VwGH vom 21.11.2002, Zl. 2000/20/0084 sowie Zl. 2002/20/0315).
Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.