TE AsylGH Erkenntnis 2009/02/16 A13 238345-0/2008

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Veröffentlicht am 16.02.2009
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Spruch

A13 238.345-0/2008/5E

 

Im Namen der Republik

 

Der Asylgerichtshof hat durch die Richterin Dr. SINGER als Vorsitzende und die Richterin Dr. LASSMANN als Beisitzerin über die Beschwerde der A.A., geb. 00.00.1984, StA. Nigeria, vertreten durch RA Dr. Helmut BLUM, Mozartstraße 11/6, 4020 Linz, gegen den Bescheid des Bundesasylamtes vom 23.05.2003, Zl. 02 33.246-BAL, in nichtöffentlicher Sitzung, zu Recht erkannt:

 

Die Beschwerde der A.A. wird gemäß §§ 7, 8 AsylG 1997 idF BGBl.126/2002 abgewiesen.

Text

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :

 

I. Verfahrensgang

 

I.1. Mit dem angefochtenen Bescheid hat das Bundesasylamt den Asylantrag der Beschwerdeführerin vom 15.11.2002 gemäß § 7 AsylG 1997 abgewiesen und die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung nach Nigeria gemäß § 8 leg.cit. für zulässig erklärt.

 

I.2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die fristgerecht eingebrachte Berufung (seit 01.07.2008 Beschwerde).

 

I.3. Mit Einrichtung des Asylgerichthofes am 01.07.2008 ging gegenständliche Angelegenheit in die Zuständigkeit des nunmehr erkennenden Senates über.

 

I.4. Der Asylgerichtshof brachte der Beschwerdeführerin mit Schriftsatz vom 15.12.2008 aktuelle Länderfeststellungen, die nunmehr auch den Gegenstand dieses Erkenntnisses bilden, gemäß § 45 Abs .3 AVG zur Kenntnis und räumte ihr eine zwei Wochen währende Frist zur Stellungnahme ein. Die schriftliche Stellungnahme vom 29.12.2008 langte am 02.01.2009, sohin innerhalb der gesetzten Frist, beim Asylgerichtshof ein.

 

II. Der Asylgerichtshof hat erwogen:

 

II.1. Folgender Sachverhalt wird der Entscheidung zugrunde gelegt:

 

II.1.1. Zur Person und den Fluchtgründen der Beschwerdeführerin

 

II.1.1.1. Die Beschwerdeführerin ist Staatsangehörige von Nigeria. Ihre Identität konnte nicht festgestellt werden. Sie reiste am 15.11.2002 illegal nach Österreich ein und stellte am selben Tag einen Asylantrag.

 

II.1.1.2. Am 15.02.2003 führte die belangte Behörde eine niederschriftliche Einvernahme mit der nunmehrigen Beschwerdeführerin durch. Sie gab zu Protokoll, dass sie auf Wunsch ihres Vaters nach Beendigung ihrer Ausbildung einen viel älteren Mann, den sie nicht geliebt hätte, habe heiraten sollen. Allerdings hätte sie sich in der Junior Secundary School beim Schulsport in einen Jungen verliebt. Dieser Junge habe sich als Christ vorgestellt und habe die Beschwerdeführerin, die eigentlich Muslimin wäre, nach und nach begonnen, sich für das Christentum zu interessieren. Als sich die Beschwerdeführerin nach ihrem Schulabschluss geweigert hätte, den alten Mann zu heiraten, wäre ihr von ihrem Vater vorgeworfen worden, dass sie ihn vor seinen moslemischen Brüdern entehren würde und Schande über ihn bringe. In weiterer Folge habe sie ihr Vater bewusstlos geschlagen. Im Krankenhaus habe die Beschwerdeführerin erfahren, dass sie schwanger sei. Nachdem die Beschwerdeführerin die Situation mit ihrem Freund und dessen Eltern besprochen hätte, habe sie ihr Freund zu seinem Onkel nach Lagos gebracht. Später erfuhr die Genannte, dass ihr Freund, der anschließend wieder zu seinen Eltern zurückgekehrt wäre, getötet worden sei, da er den Aufenthalt der Beschwerdeführerin nicht habe verraten wollen.

 

Die Moslems in ihrer Heimat wären alle böse auf sie und würde die Beschwerdeführerin im Falle ihrer Rückkehr nach Nigeria getötet werden.

 

II.1.1.3. Die belangte Behörde wies den Asylantrag der nunmehrigen Beschwerdeführerin ab und erklärte die Rückführung der Genannten nach Nigeria für zulässig. Begründend führte die belangte Behörde ins Treffen, dass es nicht glaubhaft sei, dass der Beschwerdeführerin in ihrem Herkunftsstaat Verfolgung im Sinne der GFK-relevanten Gründe drohe. Es sei der Genannten nicht gelungen, im Sinne der Flüchtlingskonvention glaubhaft zu machen, dass die von ihr beschriebenen Geschehnisse von Behörden ihres Heimatstaates ausgegangen wären. Die geltend gemachten beziehungsweise befürchteten Übergriffe durch Privatpersonen würden auch im Heimatland der Beschwerdeführerin strafbare Handlungen darstellen, die von den zuständigen Strafverfolgungsbehörden ihrer Heimat bei Kenntnis verfolgt und geahndet werden würden. Die Beschwerdeführerin hätte sehr wohl die Möglichkeit gehabt, ihre Verfolger zur Anzeige zu bringen. Es liege außerhalb der Möglichkeit eines Staates, jeden denkbaren Übergriff Dritter präventiv zu verhindern, weshalb von keinem Staat verlangt werden könne, dass er jeden seiner Staatsbürger immer umfassend schützen würde beziehungsweise schützen könne.

 

II.1.1.4. Die Beschwerdeführerin bekämpfte die Entscheidung der belangten Behörde fristgerecht mittels Berufung (seit 01.07.2008 Beschwerde) vom 10.06.2003.

 

Darin wird der Erstinstanz zunächst vorgeworfen, sich nicht mit der Fluchtgeschichte der Beschwerdeführerin auseinandergesetzt zu haben. Die belangte Behörde würde völlig unberücksichtigt lassen, dass die Genannte in einem Bundesstaat leben würde, in dem die Scharia eingeführt worden wäre und würde dieser Umstand die Inanspruchnahme des Schutzes staatlicher Behörden unzumutbar und geradezu denkunmöglich machen. In ihrem Fall würde es sich nicht um Furcht vor irgendwelchen Übergriffen, die alle Bürger treffen könnten, sondern um eine gezielte religiös/politisch motivierte Verfolgung handeln. Die Beweiswürdigung des Bundesasylamtes zu Spruchpunkt 2 würde ebenso darüber Auskunft geben, dass sich die belangte Behörde nicht mit dem individuellen Vorbringen der Beschwerdeführerin auseinandergesetzt habe, da diese lediglich aus der Aneinanderreihung von Textbausteinen bestehen würde.

 

II.1.1.5. Der Beschwerdeführerin wurden, wie bereits unter Punkt I.4 ausgeführt, seitens des Asylgerichtshofes aktuelle Feststellungen zur Lage in Nigeria zur Kenntnis gebracht. Eine Stellungnahme der Beschwerdeführerin erfolgte mit dem am 02.01.2008 beim Asylgerichtshof eingelangten Schriftstück. Darin werden die Durchführung einer mündlichen Beschwerdeverhandlung sowie Erhebungen vor Ort beantragt, die die Richtigkeit des Vorbringens der Beschwerdeführerin belegen sollen. In Hinblick darauf, dass die Genannte eine außereheliche Beziehung zu einem Christen eingegangen sei und die Zwangsverheiratung mit einem Moslem verweigerte habe, habe sie im Falle einer Rückkehr mit einer Bestrafung im Sinne der Shariah-Gesetzgebung zu rechnen und zwar mit ihrer Steinigung. Daher hätte der Asylantrag positiv entschieden werden müssen und würde eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung jedenfalls eine unmenschliche Behandlung iSd Art. 3 EMRK darstellen. Der Beschwerdeführerin käme keine innerstaatliche Fluchtalternative zu. Des Weiteren würden auch Länderberichte bestätigen, dass nur in Ausnahmefällen davon auszugehen sei, dass sich eine Person ohne besondere Fähigkeiten und ohne Mittel durch unqualifizierte Arbeit bzw. ohne Unterstützung aus der Armut werde befreien können. In weiterer Folge wurde die Einholung eines länderkundlichen Sachverständigengutachtens beantragt.

 

II.1.2. Zur Lage in Nigeria:

 

I. Verfassung und Staatsaufbau:

 

Nigeria ist eine Föderation, die aus 36 Bundesstaaten sowie dem Bundesterritorium Abuja besteht. Unterhalb der Ebene der Bundesstaaten gibt es 774 kommunale Verwaltungseinheiten (vergleichbar den deutschen Landkreisen). In der Vergangenheit, besonders zu Zeiten der Militärregierung, wurden viele Gesetzgebungs- und Verwaltungskompetenzen zu Lasten der Bundesstaaten zentralisiert. Föderale Verfassungselemente wurden geschwächt. Die jetzige Verfassung wurde von der Übergangsregierung unter General Abubakar ausgearbeitet und trat am 29.05.1999 in Kraft. Sie sieht nach US Vorbild ein präsidiales System mit einem starken Exekutivpräsidenten vor, der gleichzeitig als Regierungschef den Federal Executive Council (Kabinett) leitet. Der Exekutive steht eine aus zwei Kammern gebildete Nationalversammlung als Legislative gegenüber, die sich aus Senat (direkt gewählte Vertreter der Bundesstaaten) und Abgeordnetenhaus zusammensetzt. Jeder der 36 Bundesstaaten verfügt über eine Regierung unter Leitung des Gouverneurs sowie ein Landesparlament. Seit Jahren gibt es eine breite Verfassungsreformdebatte, in Gang gehalten vor allem durch erkannte Schwächen des Grundgesetzes in der Praxis wie auch durch Kritik an den starken zentralistischen Elementen. Eine besondere Rolle spielt die Diskussion um die Verteilung der Öleinnahmen (sie bilden den Großteil der Staatseinnahmen); diese Gelder fließen zunächst der Föderation zu und werden dann nach einem festen Schlüssel verteilt. Ebenso wichtig im Vielvölkerstaat Nigeria ist die Frage, wie gewährleistet werden kann, dass die verschiedenen Volksgruppen an der Macht in der Bundesregierung beteiligt werden können. Die aktuelle Verfassung versucht, dies über teils schwierig zu erfüllende Anforderungen an die Institutionen zu gewährleisten (z. B.: alle 36 Bundesstaaten müssen in der Bundesregierung vertreten sein; der Präsident muss bei seiner Wahl in allen Bundesstaaten bestimmte Quoren erreichen; Parteien, die nicht im ganzen Land organisiert sind, werden nicht zugelassen). Ein erster Versuch einer Verfassungsreform scheiterte im Frühjahr 2006, weil der damit verbundene Vorschlag einer dritten Amtszeit für den Staatspräsidenten von beiden Häusern des Parlaments abgelehnt wurde.

 

(AA-Auswärtiges Amt Nigeria Innenpolitik, November 2007,

 

 

http://www.auswaertigesamt.de/diplo/de/Laenderinformationen/Nigeria/Innenpolitik.html

;

 

LIS - Landeskundliche Informationsseiten, Staat & Politik, 06.08.2007,

 

 

http://metasearch.com/www2search.cgi?p=nigeria+kastensystem&l=100&s=o)

 

Die Verfassung von Nigeria garantiert das Recht sich politisch frei zu betätigen. In der Praxis wird dieses Recht ebenso respektiert. Darüber hinaus sieht die Verfassung die Möglichkeit vor, dass sich jeder zu einer politischen Gruppierung zusammenschließen kann. Ende des Jahres 2007 waren beim "Independent National Electoral Commission (INEC)" 51 politische Parteien registriert.

 

(U.S. Department of State, Country Reports on Human Rights Practices, 11.03.2008)

 

II.Innenpolitik:

 

Präsident Yar'Adua ist mit dem Versprechen angetreten, den Reformkurs seines Vorgängers fortzusetzen, der auf Einführung und Stärkung von "good governance", Korruptionsbekämpfung, Festigung ziviler Strukturen, Reform der Armee, Aufarbeitung der Vergangenheit, Wiederbelebung der Wirtschaft und Armutsbekämpfung ausgerichtet war. Das Reformkabinett Obasanjos erreichte in der Wirtschaftspolitik vor allem makroökonomische Ziele (Schuldenabbau, Inflationsbekämpfung, Bankenreform), während die von den Menschen erwartete "Demokratiedividende" eher ausblieb. Die sozialen Schieflagen konnten nicht abgebaut werden. Die Korruptionsbekämpfung hat zwar auf Bundesebene eindrucksvolle Erfolge erzielt, bleibt aber weiter ein Problem. Reichtum und Problem für Nigeria zugleich ist die komplexe ethnische, linguistische und religiöse Struktur des Landes. Neben den drei großen ethnischen Gruppen - Haussa/Fulani im Norden, Yoruba im Südwesten und Igbo im Osten - gibt es ca. 400 Minderheiten, die das politische Gewicht der drei großen Völker oft als Dominanz empfinden. Im größten Teil der Geschichte Nigerias seit der Unabhängigkeit am 1. Oktober 1960 lag die politische Macht in den Händen des Nordens, wodurch sich insbesondere Yoruba und Igbo benachteiligt fühlten. Um diesen Vorwürfen den Boden zu entziehen, hat Präsident Yar'Adua (Nordstaatler) einen Angehörigen einer wichtigen Ethnie aus dem Niger-Delta zu seinem Vizepräsidenten ernannt. Verstärkt werden die ethnischen Gegensätze des Landes durch eine Nord-Süd-Teilung in Moslems (vor allem im Norden) und Christen (vor allem im Süden). Neben der modernen Staatsgewalt haben auch die traditionellen Führer immer noch einen großen, wenn auch weitgehend informellen Einfluss. Sie gelten oft als moralische Instanz und können wichtige Vermittler in kommunalen und in religiös gefärbten Konflikten sein. Die Menschenrechtssituation hat sich seit Amtsantritt der Zivilregierung 1999 erheblich verbessert. Die Regierung bekennt sich ausdrücklich zum Schutz der Menschenrechte, die auch in der Verfassung als einklagbar verankert sind. Schwierig bleiben allerdings die Rahmenbedingungen wie Armut, Analphabetentum, Gewaltkriminalität, ethnische Spannungen und die Scharia-Rechtspraxis im Norden des Landes. Hinzu kommen "alte Gewohnheiten" der Sicherheitskräfte aus langen Jahren der Militärdiktaturen, die Ausübung und Wahrnehmung der Menschenrechte beeinträchtigen, wenngleich Polizeiwillkür nunmehr geahndet werden soll.

 

(AA - Auswärtiges Amt, Nigeria Innenpolitik, November 2007,

 

 

http://www.auswaertiges-amt.de/diplo/de/Laenderinformationen/Nigeria/Innenpolitik.html.)

 

Der nigerianische Präsident Umaru Yar¿Adua hat der nigerianischen Bevölkerung eine Verbesserung des politischen Systems während seiner Amtsübernahme versprochen. Obwohl es bisher noch keine wirkliche Lösung gegen Armut, Analphabetentum und Gewaltkriminalität, die noch das Land beherrscht gibt, hat sich die Menschenrechtssituation seit seiner Amtsübernahme erheblich verbessert.

 

(EKE Chukwudi, Sachverständiger (UBAS) für Nigeria, Ghana u. Kamerun, Befund und Gutachten, 25.01.2008)

 

III. Parteien und Wahlen:

 

Im Bundesparlament sind seit den letzten Wahlen vom April 2007 fünf Parteien vertreten. Die Mehrheitsfraktion wird von der People's Democratic Party (PDP) gestellt, der auch Präsident Yar'Adua angehört. Wichtigste weitere Parteien sind die All Nigeria People's Party (ANPP) sowie der Action Congress (AC), eine Sammlungsbewegung von Gegnern des früheren Präsidenten Obasanjo. Die People's Progressive Alliance (PPA) und die Labour Party (LP) sind aufgrund des Mehrheitswahlsystems nur mit ganz wenigen Abgeordneten vertreten. Es gelang bei den letzten Wahlen nicht, die Zahl weiblicher Abgeordneter zu erhöhen. Parteien in Nigeria sind vor allem Wahlplattformen für Politiker (laut Verfassung können nur Parteienvertreter bei Wahlen antreten, Unabhängige sind nicht zugelassen); eine Ausrichtung an bestimmte Interessensvertretungen oder gar Weltanschauungen gibt es bei den großen Parteien nicht, eine Orientierung an ethnischen Gruppen ist ausdrücklich verboten. Zum Sieger der Präsidentschaftswahlen vom 21.04.2007 wurde mit 70% der abgegebenen Stimmen (Wahlbeteiligung offiziell 60%, laut Beobachtern weniger) der PDP-Kandidat Umaru Musa Yar'Adua (bisher Gouverneur des nördlichen Bundesstaates Katsina) erklärt. Der Wahl war ein heftiger Wahlkampf vorausgegangen, in dem Yar'Aduas Vorgänger Obasanjo die Kandidatur seines Stellvertreters Vizepräsident Atiku Abubakar verhindern wollte. Zweiter wurde der ehemalige Militärdiktator Buhari (ANPP), Dritter Atiku (AC). In den 36 Bundesstaaten stellt die PDP 28 Gouverneure. Die ANPP stellt fünf Gouverneure, die PPA zwei und der AC einen Gouverneur. Die Wahlen vom April 2007 sind national und international wegen ihrer mangelhaften Vorbereitung und Durchführung heftig kritisiert worden. Staatspräsident Yar'Adua hat selbst bei seiner Amtseinführung klare Defizite bei den Wahlen eingeräumt und eine Wahlrechtsreform angekündigt. Aufgrund verschiedener Mängel haben nigerianische Gerichte in Wahlanfechtungsverfahren bisher schon mehrere Gouverneurswahlen und Wahlen von Parlamentariern annulliert. Zahlreiche weitere Anfechtungsverfahren, darunter auch das gegen die Präsidentenwahl, laufen noch.

 

(AA - Auswärtiges Amt, Nigeria Innenpolitik, November 2007, http://www.auswaertiges-amt.de/diplo/de/Laenderinformationen/Nigeria/Innenpolitik.html); LIS - Landeskundliche Informationsseiten, Staat & Politik, 06.08.2007, http://meta

 

search.com/www2search.cgi?p=nigeria+kastensystem&l=100&s=o, ).

 

IV. Sicherheitslage:

 

Die Situation in Nigeria ist grundsätzlich ruhig, die Staatsgewalt (Polizei und Justiz) funktionsfähig. Anzumerken ist jedoch, dass die nigerianische Bundespolizei in personeller Hinsicht im Vergleich zu westlichen Staaten relativ schlecht ausgestattet und verschiedentlich auch mangelhaft ausgebildet ist, weshalb in einzelnen Bundesstaaten so genannte Bürgerwehren polizeiliche Aufgaben übernommen haben.

 

In Nigeria können, meist kaum vorhersehbar, in allen Regionen lokale Konflikte zwischen dortigen Bevölkerungsgruppen mit gewaltsamen Zusammenstößen und Todesopfern aufbrechen. Ursachen und Anlässe sind politischer, religiöser und/oder ethnischer Art. Meist sind diese Auseinandersetzungen von nur kurzer Dauer (wenige Tage) und örtlich begrenzt (meist nur einzelne Orte, in größeren Städten nur einzelne Stadtteile, nie ganze Bundesstaaten). In den nächsten Monaten besteht in verschiedenen Regionen aufgrund von örtlichen Wahlen ein erhöhtes Risiko solcher Zusammenstöße.

 

(AA - Auswärtiges Amt, Reise- und Sicherheitshinweise Nigeria, Stand 07.04.2008,

http://www.auswaertigesamt.de/diplo/de/Laenderinformationen/Nigeria/Sicher

 

heitshinweise.html; U.K. Home Office, Country Report Nigeria, 13.11.2007; AA - Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Bundesrepublik Nigeria, 06.11.2007).

 

Das Niger-Delta ist seit dem Jahr 2006 Schauplatz verstärkter Auseinandersetzungen zwischen überwiegend kriminellen Banden und den Sicherheitskräften. Politische Forderungen nach größerer lokaler Beteiligung an den Öleinnahmen, Bekämpfung der Folgen der massiven Umweltverschmutzung und Infrastrukturentwicklung sind vielfach nur vorgeschoben. Entführungen, Geiselnahmen und Erpressungen gehen weiter, auch wenn die Mehrzahl der ausländischen Mitarbeiter von Öl- und Ölservicefirmen die Region mittlerweile verlassen haben. Präsident Yar'Adua will neben einer umfassenden Konfliktlösung durch Einbeziehung möglichst vieler Gruppierungen in einen Dialog deshalb auch mit erheblichen Investitionen Arbeitsplätze schaffen und so aus sozialer Perspektivlosigkeit geborene Kriminalität bekämpfen. Forderungen nach einer erneuten Unabhängigkeit der Region (wie schon zwischen 1967 und 1970 - "Biafra") werden nur vereinzelt erhoben. -

Wie im Niger-Delta kommt es auch in anderen Landesteilen immer wieder zu ethnisch-religiösen Auseinandersetzungen, die ihre Ursachen unter anderem in religiösen Differenzen, ungeklärten Landrechten oder Streit um Ressourcen haben.

 

(AA - Auswärtiges Amt, Nigeria Innenpolitik, November 2007, http://www.aus

 

 

waertiges-amt.de/diplo/de/Laenderinformationen/Nigeria/Innenpolitik.html,).

 

V. Wirtschaftliche Situation:

 

Die wirtschaftliche Lage Nigerias hat sich in den letzten Jahren deutlich verbessert. Nigeria ist das bevölkerungsreichste Land Afrikas, verfügt über sehr große

 

Öl- und Gasvorkommen, und die in den letzten Jahren eingeleiteten Reformen zeigen erste positive Resultate. Viele Beobachter sprechen von einem enormen Wachstumspotenzial in Nigeria. Grund hierfür sind vor allem die hohen Zusatzeinnahmen durch die Öl- und Gasreserven des Landes, die nach Plänen der nigerianischen Regierung zu einem großen Teil für Infrastrukturprojekte (Straßenbau, Schienenverkehr, Telekommunikation, Energieversorgung) ausgegeben werden sollen.

Weiterhin gelten allerdings folgende Herausforderungen: Die weitgehende Abhängigkeit von Öleinnahmen (über 90% der Exporterlöse; 80% der staatlichen Einnahmen und circa ein Drittel des BIP) besteht fort. Etwa 70% der Bevölkerung lebt weiterhin in extremer Armut (weniger als 1 USD/Tag). Die Unruhen im Nigerdelta führten zu eingeschränkten Öl- und Gasförderquoten und zu einer erheblichen Reduktion des Wirtschaftswachstums. Sie sind auch Grund für eine Verschlechterung der ohnehin schlechten inländischen Energieversorgung. Die Infrastruktur ist weiterhin mangelhaft und wird als Haupthinderungsgrund für die wirtschaftliche Entwicklung von den Wirtschaftstreibenden genannt. Alles in allem hat sich das Wirtschaftsklima in Nigeria verbessert, aber privatwirtschaftliches Handeln ist weiterhin kostenintensiv und beinhaltet viele, teils unnötige und langwierige Prozeduren. Die Regierung ist jedoch sehr bemüht, Nigeria als Investitionsstandort besser aufzustellen. Die positiven Ergebnisse und Wirtschaftsdaten (Wachstum 2006 5,2%, Inflation ca. 8,2%, Entschuldung und Ausbau der Währungsreserven) sind zu einem großen Teil der günstigen Entwicklung des Ölsektors zuzuschreiben. Der Regierung gelang es gegen erheblichen Widerstand im Lande, die durch den hohen Rohölpreis erzielten, unerwarteten Mehreinnahmen auf ein Sonderkonto der Zentralbank festzulegen und damit einen einigermaßen stabilen Haushaltskurs zu fahren, einen Inflationsschub zu verhindern und Reserven für schlechtere Zeiten anzulegen.

 

(AA - Auswärtiges Amt, Nigeria Wirtschaft, Jänner2008;

 

 

http://www.auswaertigesamt.de/diplo/de/Laenderinformationen/Nigeria/Wirtschaft.html).

 

In Nigeria herrscht derzeit keine Hungersnot mehr. Die Menschen leben in Familien zusammen und sorgen untereinander für sich. Jeder kann mit Arbeit bzw. Hilfsarbeiten sein notwendiges Geld für Essen, Bekleidung und Unterkunft verdienen.

 

(Dorothy NDUBUEZE, Sachverständige für UBAS, Gutachten vom 27.09.2007)

 

Nigerias Wirtschaft lebt zum einen vom Öl- und Gassektor, der 40% des BSP, 80% der Staatseinnahmen und 97% der Exporterlöse ausmacht, zum anderen vom (informellen) Handel und der Landwirtschaft, die dem größten Teil der Bevölkerung eine Subsistenzmöglichkeit bietet. Die Industrie (Zentren im Südwesten, Südosten und Norden) liegt wegen Energiemangels danieder. Es bestehen große Defizite bei der Infrastruktur. Schätzungsweise 50-70% der Bevölkerung lebt unter der Armutsgrenze von 1 US-Dollar pro Tag. Das Pro-Kopf-Jahreseinkommen beträgt zwar ca. 1000,- US-Dollar, ist aber völlig ungleichmäßig zwischen einer winzigen Elite und der Masse der Bevölkerung verteilt.

 

(AA - Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Bundesrepublik Nigeria, 06.11.2007)

 

VI. Rückkehr:

 

Erkenntnisse darüber, dass abgelehnte Asylbewerber bei Rückkehr nach Nigeria allein wegen der Beantragung von Asyl mit staatlichen Repressionen zu rechnen haben, liegen nicht vor. Verhaftung bei Rückkehr aus politischen Gründen oder andere außergewöhnliche Vorkommnisse bei der Einreise von abgeschobenen oder freiwillig ausgereisten Asylbewerbern aus Deutschland sind nicht bekannt geworden. Staatliche oder sonstige Aufnahmeeinrichtungen für zurückkehrende unbegleitete Minderjährige sind in Lagos grundsätzlich vorhanden. Diese befinden sich jedoch in einem derart desolaten Zustand, dass zum Beispiel eine ausreichende Versorgung von minderjährigen Rückkehrern dort nicht ohne weiteres gewährleistet wäre.

 

(AA - Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Bundesrepublik Nigeria, 06.11.2007; U.K. Home Office, Country Report Nigeria, 13.11.2007)

 

VII. Erwerbsmöglichkeiten alleinstehender Frauen

 

Grundsätzlich ist aufgrund der in Nigeria wie auch in vielen anderen Ländern Afrikas herrschenden Maßnahmen nur in Ausnahmefällen davon auszugehen, dass sich eine Person ohne besondere Fähigkeiten oder ohne Mittel durch unqualifizierte Arbeit bzw. ohne Unterstützung aus der Armut wird befreien können. Allerdings ist es, wie das Beispiel von Millionen armer und/oder sozial und wirtschaftlich schwacher Nigerianerinnen zeigt, durchaus möglich, sowohl seine eigenen Grundbedürfnisse als auch die abhängiger Familienmitglieder zu befriedigen, wenn auch auf dem landestypischen und schichtspezifisch niedrigem Niveau.

 

Grundsätzlich besteht die Ansicht, dass junge Menschen, insbesondere Frauen auch mit geringer Schulausbildung relativ gute Chancen auf dem nigerianischen Arbeitsmarkt haben bzw. auch in verschiedenen selbständigen Erwerbsarten.

 

Einige selbständige Erwerbsarbeiten ermöglichen den Erwerb bescheidenen Wohlstandes, setzen aber einen, gemessen am Einkommen sozial und wirtschaftlich schwacher Nigerianerinnen, relativ hohen Kapitalbedarf voraus. Das für die verschiedenen, beschriebenen Tätigkeiten erforderliche Startkapital beträgt, je nach Art, etwa 20.000 bis 200.000 Naira oder 120 bis 1.200 Euro. In einigen Fällen ist praktisch kein Startkapital erforderlich.

 

Grundsätzlich ist zum Problemkreis Prostitution anzumerken, dass nach der dominierenden Einschätzung der Befragten, die Entscheidung für Prostitution als hauptsächliche Erwerbsarbeit durch die Aussicht auf einen höheren Ertrag und nicht durch mangelnde alternative Erwerbsmöglichkeiten begründet ist. Dabei werden das mit der Prostitution einhergehende hohe Gesundheitsrisiko und die sozialen Nachteile meist nicht ausreichend in Betracht gezogen. Oft finden sich gerade Frauen mit geringer oder keiner Schulbildung nach Aufgabe der Prostitution bei jenen Tätigkeiten wieder, die sie ursprünglich vermeiden wollten.

 

Als für junge Frauen attraktiv und Erfolg versprechend wird insbesondere die Tätigkeit einer ambulanten Verkäuferin von Telefonwertkarten bzw. das Geschäft der Überlassung von Handys genannt. Eine solche Dienstleisterin wird im nigerianischen Englisch etwa als business center girl oder als Betreiberin eines phone booth bezeichnet, im Deutschen ist mir keine geläufige Bezeichnung dieser Tätigkeit bekannt, die ich im Folgenden als "Handyverleih" bezeichne.

 

Ein anderes typisch weibliches Berufsfeld ist der der Verkäuferin (salesgirl).Verkäuferinnen in Nigeria arbeiten typischerweise in von einkommensstarken Kunden besuchten Supermärkten, Drogerien, Elektronikfachgeschäften etc. Diese Tätigkeit unterscheidet sich deutlich vom Verkauf in kleinen Einzelhandelsgeschäften oder vom Verkauf auf Märkten.

 

Ein weiteres für Nigeria typisches weibliches Berufsfeld ist der kommissionsweise Verkauf von Produkten wie Waschmitteln oder Instant-Noodle-Snacks (Indomie).

 

Ein anderes typisch weibliches Berufsfeld ist das der Kellnerin. Auch hier ist eine Tätigkeit in Restaurants und Hotels der gehobenen Kategorien von jener in einfachen Gaststätten und Bierlokalen zu unterscheiden.

 

Regionaltypische selbständige Erwerbsmöglichkeiten bieten etwa das Besticken von Kappen (insbesondere im Norden), der Handel mit landwirtschaftlichen Produkten (etwa Palmöl oder Garri) zwischen den Regionen und der ambulante Verkauf von Industrieware, insbesondere von Kleidung, in ländlichen Gebieten.

 

In verschiedenen Geschäftsbereichen dominieren regional Männer, in anderen Frauen. So sind etwa im Gemischtwarenhandel im Süden mehr Frauen tätig als im Norden Nigerias.

 

Im Süden Nigerias leisten Frauen auch häufig körperliche schwere Arbeit in Berufen, die sonst als Männerberufe gelten. So arbeiten Frauen unter anderem als Maurer, Steinbrecher, Ziegelarbeiterinnen etc. Auch die traditionelle Arbeitsteilung zwischen den Geschlechtern variiert zwischen den ethnischen Gruppen. So sind etwa in der Gruppe der Fulani (Fula) die Frauen weitgehend von der Feldarbeit befreit, während die Frauen etwa bei den Tiv schwere Feldarbeit im Anbau von Yams leisten.

 

Mobilität eröffnet neue Berufschancen. So wandern sowohl Frauen als auch Männer aus dem Süden Nigerias in den Norden des Landes, wo insbesondere in jene Berufssparten, die formale Schulbildung voraussetzen, ein geringerer Konkurrenzdruck herrscht. Die ortsansässigen Hausa-Geschäftsleute verhielten sich (so einige im Norden lebende Angehörige der Volksgruppe der Igbo) Zuwanderern gegenüber in weitgehend fairer Weise.

 

Selbständige Erwerbsarbeit wird meist gegenüber schlecht entlohnten Tätigkeiten in der Privatwirtschaft bevorzugt. Letztere bietet in der Regel keine besondere Sicherheit und ist in der Regel zeitlich aufwändig und körperlich beanspruchend. Eine häufig geäußerte Ansicht ist, dass man in einem derartigen Arbeitsverhältnis als "Sklave" betrachtet würde. Selbständige Arbeit böte auch die Möglichkeit, die eigenen Kinder nebenbei zu beaufsichtigen oder zu betreuen.

 

(Dr. Peter Gottschligg, Bericht - Erwerbsmöglichkeiten wirtschaftlich und sozial schwacher Frauen in Nigeria, Stand Dezember 2006)

 

VIII. Hilfsorganisationen

 

Es gibt eine Vielzahl von Menschenrechtsorganisationen, die sich grundsätzlich frei betätigen können. Sie sind nach Art, Größe und Zielrichtung sehr unterschiedlich und reichen von landesweit verbreiteten Organisationen wie der CLO (Civil Liberties Organization), der CD (Campaign for Democracy) und dem CRP (Constitutional Rights Project), die sich in erster Linie in der Aufklärungsarbeit betätigen, über ethnisch verankerte Organisationen, die sich vorrangig für die Rechte bestimmter ethnischer Gruppen einsetzen, und Frauenrechtsgruppen bis hin zu in örtlichen Gemeinden verankerten Gruppen, die vor allem konkrete Entwicklungsanliegen bestimmter Gemeinden vertreten.

 

(AA - Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Bundesrepublik Nigeria, 06.05.2006)

 

Zahlreiche lokale und internationale Menschenrechtsorganisationen können im Allgemeinen ohne Einschränkungen durch die Regierung arbeiten und ihre Berichte auch veröffentlichen. Die Regierung ist im Wesentlichen kooperativ und reagiert auch auf Anschuldigungen seitens der NGO¿s.

 

(U.S. Department of State, Country Reports on Human Rights Practices - Nigeria, 8. März 2007)

 

IX. Innerstaatliche Fluchtalternative:

 

Grundsätzlich kann örtlich begrenzten Konflikten bzw. Verfolgungsmaßnahmen durch Übersiedlung in einen anderen Landesteil ausgewichen werden. Alle nigerianischen Großstädte sind multi-ethnisch. In der Regel wohnen die Angehörigen der jeweiligen Volksgruppe möglichst in derselben Gegend, wenn sie nicht sogar ausschließlich ganze Stadtviertel belegen. Jeder der fremd in eine Stadt kommt, wird sich in die Gegend begeben, wo er "seine Leute" findet. Unter "seinen Leuten" können nicht nur Angehörige derselben Ethnie, sondern auch Personen desselben Religionsbekenntnisses, Absolventen derselben Schule oder Universität, Bewohner desselben Dorfes oder derselben Region verstanden werden. Von diesen Personengruppen kann der Betreffende Unterstützung erwarten. In der Regel wird ihm die Bestreitung des Lebensunterhaltes ermöglicht werden.

 

In Nigeria gibt es keine Bürgerkriegsgebiete und Bürgerkriegsparteien.

 

(AA- Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- u abschiebungsrelevante Lage in der Bundesrepublik Nigeria, 06.11.2007, Auskunft des Institutes für Afrikakunde, 23.11.2003).

 

So kann eine aktive landesweite Verfolgung angesichts der Größe Nigerias, seiner Bevölkerungszahl von 127 Millionen Einwohnern und Umständen wie z.B. eines fehlenden Meldewesens auch nicht effektiv durchgeführt werden. In einer Stadt wie Lagos mit über 12 Millionen Einwohnern ist ein Untertauchen problemlos möglich, wodurch eine Flüchtende in der Anonymität unkontrollierter Wohn- bzw. Slumviertel Schutz vor etwaigen Verfolgungen erlangen kann.

 

Soweit Verfolgungsmaßnahmen seitens der Behörden der zwölf Scharia-Bundesstaaten auf dem Gebiet des Scharia-Strafrechts drohen, bestehen nach verschiedenen Erkenntnisquellen ebenfalls interne Fluchtalternativen.

 

(Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, Nigeria - Frauen in Nigeria, November 2006)

 

In Nigeria gibt es kein Meldesystem und jeder Bewohner kann sich in allen Teilen des Landes - ohne Registrierung - niederlassen, wovon in der Praxis auch häufig gebraucht gemacht wird.

 

(EURASIL, Workshop on Nigeria, 20.12.2005).

 

X. Geheimgesellschaften und Kulte

 

Geheimbünde oder Kulte existieren in Nigeria, über ihre Natur und Praktiken ist aber wenig bekannt. Am meisten ist noch über den Ogboni Kult bekannt. Einige Kulte sind eng verbunden mit bestimmten Dörfern, einige mit ethnischen Gemeinschaften oder politischen Gruppen. Die Mitgliedschaft kann für Personen und ihren Familien vorteilhaft sein, wie z.B. soziale Integration und der bessere Zugang zu Ressourcen. Für gewöhnlich gibt es aber keine gezwungene Mitgliedschaft. Viele Personen empfinden aber - wegen der Vorteile - einen gewissen Druck ein Mitglied des Kultes zu werden. Der Beitritt ist nicht für jeden möglich, vorwiegend können nur Personen von angesehenen Familien Mitglieder werden. Diese Personen, die traditionsgemäß die Vollmacht haben Mitglieder aufzunehmen, suchen die passenden neuen Kandidaten aus. Wenn die ausgewählte Person oder jemand seiner Familie sich nicht anschließen möchte, kann er geächtet werden oder Besitz und Erbschaft verlieren. Er muss deswegen jedoch nicht um sein Leben fürchten.

 

Den Geheimbünden und den Kulten werden übernatürliche Kräfte nachgesagt und deswegen fürchten sich viele auch vor ihnen. Wenn ein Mitglied den Bund oder Kult verlassen möchte, muss das nicht unbedingt ein Nachteil sein oder Verfolgung bedeuten. Es ist jedoch möglich, dass ein ehemaliges Mitglied Verfolgung provoziert, wenn es z. B. geheime Informationen über die Geheimgesellschaft weitergibt. Einige geheime Kulte verwenden Tiere als Opfergaben. Menschenopfer für rituelle Zwecke oder Kannibalismus gibt es extrem selten. Es gab noch keine Tötungen von Nichtmitgliedern durch Mitglieder einer Geheimgesellschaft.

 

Personen die sich von Geheimgesellschaften verfolgt fühlen, können dieser Verfolgung durch Flucht in ein anderes Gebiet in Nigeria entkommen, da Kulte immer nur lokal operieren.

 

(U.K. Home Office, Operational Guidance Note Nigeria, issued 18.01.2007;

 

U.K. Home Office, Country Report Nigeria, March 2007)

 

Verschiedene Kulte sind weiterhin in verschiedenen Teilen des Landes sehr aktiv. Das umfasst auch spezielle Studentenkulte. Jedoch sind Kulte nicht in der Lage Personen im ganzen Land zu verfolgen.

 

(EURASIL, Workshop on Nigeria in Brüssel, 20.12.2005)

 

XI. Religionsfreiheit - Problem Christen/Moslems

 

Die Verfassung garantiert Religionsfreiheit und verbietet, eine bestimmte Religion als Staatsreligion einzuführen. Es besteht auch grundsätzlich die Möglichkeit zu einem anderen Glauben zu konvertieren, seinen Glauben öffentlich zu manifestieren und auch zu unterrichten. Die Anzahl der Christen und Moslems in Nigeria ist relativ gleichmäßig verteilt. Im Norden dominieren die Etnien der Hausa-Fulani und die Kanuri, welche sich größtenteils zum moslemischen Glauben bekennen. Die Angehörigen der beiden größten Konfessionen lebten in den letzten 50 Jahren auch im Norden (außer in Kaduna State) meistens friedlich nebeneinander und vermischten sich zunehmend durch interreligiöse Ehegemeinschaften. In den südlichen und östlichen Bundesstaaten leben hauptsächlich Christen (oft zugehörig zu den Yoruba und Igbo). Traditionelle (Natur-) Religionen spielen nach wie vor eine große Rolle und werden landesweit praktiziert. (4)

 

Die Regierung achtet prinzipiell darauf, die unterschiedlichen Konfessionen gleich zu behandeln und finanziert unter anderem Gotteshäuser und Wahlfahrten von sowohl Christen als auch Moslems. Dennoch werden bestimmte Glaubensausrichtungen in gewissen Bundesstaaten Nigerias - abhängig vom jeweiligen Bekenntnis der Mehrheit der Bewohner - von den dortigen Regierungen eindeutig favorisiert. Aus diesem Grund führte der neu gewählte Präsident Yar'Adua im Juni 2007 einen interreligiösen beratenden Ausschuss ein, in welchem hohe Repräsentanten sowohl von Moslems als auch von Christen repräsentiert sind. Dieser Ausschuss soll zukünftige Konflikte und Spannungen zwischen Angehörigen beider Religionen möglichst bereits im Vorfeld vermeiden. (4)

 

Die Verfassung bietet prinzipiell die Möglichkeit, die Gerichte in den einzelnen Bundesstaaten entweder nach dem Common Law oder nach dem Customary Law einzurichten. Im Jänner 2000 führten die nördlichen zwölf Bundesstaaten (Sokoto, Kebbi, Niger, kano, Katsina, Kaduna, Jigawa, Yobe, Bauchi, Borno, Zamfara und Gombe) das Sharia-Strafrecht wieder ein, wodurch erstinstanzliche Sharia Gerichte somit auch strafrechtliche Befugnisse in unterschiedlichen Ausmaßen erhielten (von Folter bis zur Todesstrafe). Bisher ist seit der Einführung der Sharia Gesetzgebung ein Fall bekannt, bei dem die Todesstrafe (an einem Moslem) tatsächlich vollstreckt wurde. In Anbetracht der generellen Religionsfreiheit und als Gewährleistung des Rechtes ist das letztinstanzliche Rechtsmittel allerdings an das säkulare nigerianische Bundesberufungsgericht in Abuja zu richten. In der Realität wird dieser Instanzenzug aber zumeist von der lokalen Bevölkerung aus Unkenntnis und Tradition nicht ausgeschöpft. (1+2)

 

Christen unterliegen zwar generell der säkularen Gerichtsbarkeit und es ist auch verfassungsrechtlich nicht geboten, die Sharia Gesetze an Christen anzuwenden; in einigen nördlichen Bundesstaaten wird aber dennoch eine unterschiedslose Anwendung der Sharia auf Moslems und Christen praktiziert. Dadurch kommt es naturgemäß auch bei Christen zu teilweise groben Einschnitten im öffentlichen Leben, wie etwa das Verbot des gemischten Schulunterrichts, Geschlechtertrennung in Bussen usw. In Kano wird öffentlicher Alkoholgenuss mit hohen Geld- und sogar Gefängnisstrafen sanktioniert. Es liegen allerdings keine Berichte vor, die eine entsprechende Bestrafung von Christen belegen würden. (2) Im Bundesstaat Kadina sind Christen systematischen Benachteiligungen z. B. beim Zugang zu öffentlichen Ämtern, sowie allgemein bei staatlichen Leistungen, ausgesetzt. (1)

 

Kritik an der Sharia Gesetzgebung wird zumeist als direkte Kritik am Islam verstanden. (3)

 

Andererseits wird berichtet, dass Christen sogar die Möglichkeit der Unterwerfung unter die Sharia Rechtssprechung eingeräumt wird, wenn die Anwendung des zivilen Rechts ein höheres Strafausmaß zu erwarten ließe. Ebenso haben auch nördliche Bundesstaaten Fonds eingerichtet, um christliche Wahlfahrten nach Jerusalem oder die Errichtung von Kirchen zu ermöglichen. (2)

 

In den Jahren 2001 bis 2004 kam es wiederholt zu Auseinandersetzungen zwischen Christen und Moslems in Plateau State und Kano State. 2001 forderten gewaltvolle Gefechte in Jos, der Hauptstadt von Plateau State, auf beiden Seiten mehr als 1000 Todesopfer. Ursprünglich handelte es sich um einen ethnischen Konflikt, der jedoch in eine Art Religionskrieg ausartete, so dass der damalige Präsident Obasanjo den Notstand ausrief. (3)

 

Am 11.05.2004 attackierten und verwüsteten in Kano Moslems Häuser und Kirchen von Christen, da diesen die Verantwortung für den Tod etlicher Moslems in Yelwa angelastet wurde. Das Einschreiten der Polizei forderte noch mehr Opfer, da sich die Sicherheitskräfte zum Teil aktiv an den Kämpfen beteiligten. (3)

 

Im Februar 2006 kam es im Zuge der Veröffentlichung der Mohammed Karikaturen im Norden und Südosten des Landes - Onitsha und Maiduguri (sowie in Enuga, Bauchi, Potiskum, Kotangora, Katsina und anderen) zu gewalttätigen, zumeist blutigen Protesten. Moslems und Christen attackierten einander wiederholt. Mehr als 900 Tote und Verletzte sowie enorme Sachschäden waren die Folge. Mehr als 100 Personen wurden verhaftet. (3)

 

Es ist aber nicht von einer generellen Diskriminierung auf Grund der religiösen Zugehörigkeit seitens der nigerianischen Regierung auszugehen. Religiöse Auseinandersetzungen wurzeln zudem hauptsächlich in wirtschaftlichen, sozialen und ethnischen Konflikten. (1+2)

 

(1) Dt. AA, S. 13-15 u. S. 21.

 

(2) USDOS Country Report on Human Rights Practises - 2007, S. 12.

 

(3) UK Home Office, Country of Origin Information Report, S. 42-50 u. S. 70-77.

 

(4) USDOS International Religious Freedom Report 2007, S.1-5.

 

XII. Meldewesen:

 

Die gesetzlichen Bestimmungen erlauben uneingeschränkte Bewegungsfreiheit im gesamten Land. Jeder Bewohner Nigerias - auch jemand der sich von Kulten bedroht fühlt - kann sich in allen Landesteilen niederlassen, da es kein Meldesystem gibt. Dies wird auch dadurch bekräftigt, dass sich auch in der Praxis viele Nigerianer in anderen Bundesstaaten als dem Heimatstaat niedergelassen haben und dort eine wirtschaftliche Existenz aufbauen konnten.

 

Während die Regierung dieses Recht generell respektiert, verhängte die Polizei öfters Ausgangsverbote in Gebieten wo es öfters zu religiöser und ethnischer Gewalt gekommen ist.

 

Die Polizei errichtet teilweise Checkpoints und Straßensperren um Kriminelle zu verhaften und um Personen daran zu hindern von einem Konfliktherd in ein anderes Gebiet zu ziehen, wo ihre Präsenz zu Gewalt führen kann.

 

Jeder Bewohner Nigerias kann sich in anderen Landesteilen niederlassen, da es kein Meldesystem gibt. Dies wird dadurch bekräftigt, dass sich auch in der Praxis viele Nigerianer in anderen Bundesstaaten als dem Heimatstaat niedergelassen haben und dort eine wirtschaftliche Existenz aufbauen konnten.

 

(U.S. Department of State, Country Reports on Human Rights Practices-Nigeria, 08.03.2007; EURASIL, Workshop on Nigeria in Brüssel, 20.12.2005; U.K. Home Office, Country Report Nigeria, March 2007)

 

II.2. Rechtliche Beurteilung und Beweiswürdigung:

 

II.2.1. Gemäß § 28 Abs. 1 AsylGHG, BGBl.I Nr. 2008/4 nahm der Asylgerichtshof mit 01.07.2008 seine Tätigkeit auf. Das Bundesgesetz über den Unabhängigen Bundesasylsenat (UBASG), BGBl. I Nr. 77/1997, zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 100/2005, trat mit 01.07.2008 außer Kraft.

 

II.2.2. Gemäß § 23 AsylGHG sind auf das Verfahren vor dem Asylgerichtshof, sofern sich aus dem Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG), BGBl. Nr. 1/1930, dem Asylgesetz 2005, BGBl. Nr. 100, und dem Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985 (VwGG) BGBl. Nr. 10, nicht anderes ergibt, die Bestimmungen des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991 (AVG) mit der Maßgabe sinngemäß anzuwenden, dass an die Stelle des Begriffs "Berufung" der Begriff "Beschwerde" tritt.

 

II.2.3. Gemäß § 9 leg.cit. entscheidet der Asylgerichtshof in Senaten, sofern bundesgesetzlich nicht die Entscheidung durch Einzelrichter oder verstärkte Senate (Kammersenate) vorgesehen ist.

 

II.2.4. Gemäß § 61 Abs. 1 AsylG entscheidet der Asylgerichtshof in Senaten über Beschwerden gegen Bescheide des Bundesasylamtes und über Beschwerden wegen Verletzung der Entscheidungspflicht des Bundesasylamtes. Gemäß Abs. 3 entscheidet der Asylgerichtshof durch Einzelrichter über Beschwerden gegen zurückweisende Bescheide wegen Drittstaatssicherheit gemäß § 4, wegen Zuständigkeit eines anderen Staates gemäß § 5 und wegen entschiedener Sache gemäß § 68 Abs. 1 AVG sowie über die mit diesen Entscheidungen verbundene Ausweisung.

 

II.2.5. Gemäß § 75 Abs. 7 AsylG 2005 sind am 1.7.2008 beim Unabhängigen Bundesasylsenat anhängige Verfahren vom Asylgerichtshof nach Maßgabe der folgenden Bestimmungen weiterzuführen:

 

Mitglieder des Unabhängigen Bundesasylsenates, die zu Richtern des Asylgerichtshofes ernannt worden sind, haben alle bei ihnen anhängigen Verfahren, in denen bereits eine mündliche Verhandlung stattgefunden hat, als Einzelrichter weiterzuführen.

 

Verfahren gegen abweisende Bescheide, in denen eine mündliche Verhandlung noch nicht stattgefunden hat, sind von dem nach der ersten Geschäftsverteilung des Asylgerichtshofes zuständigen Senat weiterzuführen.

 

Verfahren gegen abweisende Bescheide, die von nicht zu Richtern des Asylgerichtshofes ernannten Mitgliedern des Unabhängigen Bundesasylsenates geführt wurden, sind nach Maßgabe der ersten Geschäftsverteilung des Asylgerichtshofes vom zuständigen Senat weiterzuführen.

 

II.2.6. Gemäß § 41 Abs.7 AsylG 2005 kann eine mündliche Verhandlung unterbleiben, wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint oder sich aus den bisherigen Ermittlungen zweifelsfrei ergibt, dass das Vorbringen nicht den Tatsachen entspricht. Im Übrigen gilt § 67d AVG.

 

Im gegenständlichen Fall liegen die genannten Voraussetzungen des § 41 Abs.7 AsylG 2005 für den Entfall einer mündlichen Verhandlung vor.

 

Zwar enthalten die Übergangsbestimmungen des § 75 AsylG 2005 keine Regelung, die eine Anwendung des § 41 Abs.7 leg. cit. auf so genannte "Altverfahren" (i.e. Verfahren auf Grundlage des AsylG 1997 idF BGBl. I 126/2002) explizit vorsehen.

 

Für den Asylgerichtshof ergibt sich die Geltung dieser Bestimmung auch im gegenständlichen (Alt)Fall allerdings aus dem Wortlaut der Überschrift des 6. Abschnitts "Sonderbestimmungen für das Verfahren vor dem Asylgerichtshof" einerseits und der Überschrift der in diesem Abschnitt enthaltenen Bestimmung des § 41 leg. cit. selbst, die folgendermaßen lautet: "Verfahren vor dem Asylgerichtshof". Nachdem der Asylgerichtshof am 1.7. 2008 seine Arbeit aufgenommen hat, die besagten Sonderbestimmungen in ihrer weiteren Textierung keine Unterscheidung nach "Altverfahren" oder "Neuverfahren" treffen, kann davon ausgegangen werden, dass die in diesem Abschnitt enthaltenen Regeln uneingeschränkt auf sämtliche Verfahren vor dem Asylgerichtshof , unabhängig vom Zeitpunkt ihres Anfalls, anzuwenden sind.

 

Nach ständiger Rechtssprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. u. a. VwGH vom 23.1.2003, Zl. 2002/20/0533, VwGH vom 2.3.2006, Zl. 2003/20/0317), kann nur dann angenommen werden, dass ein Sachverhalt nicht aus der Aktenlage in Verbindung mit der Berufung (nunmehr Beschwerde) als geklärt anzusehen ist, wenn die erstinstanzliche Beweiswürdigung in der Berufung substantiiert bekämpft wird oder der Berufungsbehörde ergänzungsbedürftig oder in einem entscheidenden Punkt nicht richtig erscheint, wenn rechtlich relevante Neuerungen vorgetragen werden oder wenn die Berufungsbehörde ihre Entscheidung auf zusätzliche Ermittlungsergebnisse stützen will.

 

Diese Voraussetzungen liegen im gegenständlichen Fall der Beschwerdeführerin nicht vor.

 

Der Asylgerichtshof erachtet es des Weiteren im gegenständlichen Fall nicht für notwendig, die Beweiswürdigung des Bundesasylamtes um zusätzliche (über bloße Zusatzbemerkungen oder Eventualausführungen hinausgehende) eigene Argumente zu ergänzen.

 

Nach der Rechtssprechung des VwGH widerspräche lediglich diese Notwendigkeit der Annahme eines hinreichend geklärten Sachverhaltes mit der Folge, dass von einer mündlichen Verhandlung nicht Abstand genommen werden dürfte (vgl. VwGH vom 30.9.2004, Zl. 2001/20/0140).

 

Die belangte Behörde hat ein ordnungsgemäßes Ermittlungsverfahren durchgeführt und enthält der Beschwerdeschriftsatz zudem kein Vorbringen, das geeignet wäre, die in der schlüssigen Beweiswürdigung des angefochtenen Bescheides zum Ausdruck kommende Beurteilung der belangten Behörde zu entkräften oder in Zweifel zu ziehen.

 

Der verfahrensrelevante Sachverhalt ist daher nach dem Dafürhalten des Asylgerichtshofes als aus der Aktenlage geklärt anzusehen.

 

II.2.7. Gemäß § 66 Abs.4 AVG hat die Berufungsbehörde, sofern die Berufung nicht als unzulässig oder verspätet zurückzuweisen ist, immer in der Sache selbst zu entscheiden. Sie ist berechtigt, sowohl im Spruch als auch hinsichtlich der Begründung ihre Anschauung an die Stelle jener der Unterbehörde zu setzen und den angefochtenen Bescheid nach jeder Richtung abzuändern.

 

II.2.8. Auf die oben zitierte Bestimmung des § 23 AsylGHG, demzufolge die Bestimmungen des AVG mit der Maßgabe anzuwenden sind, dass an die Stelle des Begriffs "Berufung" der Begriff "Beschwerde" tritt, wird hingewiesen.

 

II.2.9. Mit 01.01.2006 ist das Asylgesetz 2005 in Kraft getreten. Gemäß § 75 Abs.1 erster Satz AsylG 2005 sind alle am 31. 12. 2005 anhängigen Verfahren nach den Bestimmungen des Asylgesetzes 1997 zu Ende zu führen. § 44 AsylG 1997 gilt.

 

Die letztgenannte Übergangsbestimmung normiert in ihrem Absatz 1, dass Verfahren zur Entscheidung von Asylanträgen, die bis zum 30. April 2004 gestellt wurden, nach den Bestimmungen des Asylgesetzes 1997, BGBl. I Nr. 76/1997 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 126/2002 geführt werden.

 

Gemäß § 124 Abs.2 des ebenfalls mit 01.01.2006 in Kraft getretenen Fremdenpolizeigesetzes 2005 (FPG) treten, soweit in anderen Bundesgesetzen auf Bestimmungen des Fremdengesetzes 1997 verwiesen wird, an deren Stelle die Bestimmungen dieses Bundesgesetzes.

 

Gegenständlicher Antrag auf Gewährung von Asyl wurde am 15.11.2002 gestellt, so dass die Bestimmungen des AsylG 1997 idF BGBl. I Nr. 126/2002 vollinhaltlich zur Anwendung gelangen.

 

II.2.10. Gemäß § 7 AsylG hat die Behörde Asylwerbern auf Antrag Asyl zu gewähren, wenn glaubhaft ist, dass ihnen im Herkunftsstaat Verfolgung im Sinne des Art. 1 Abschnitt A Z 2 der Konvention über die Rechtsstellung der Flüchtlinge BGBl. 55/1955 (Genfer Flüchtlingskonvention, in der Folge GFK) droht und keiner der in Art.1 Abschnitt C oder F der GFK genannten Endigungs- oder Ausschlussgründe vorliegt.

 

Flüchtling im Sinne des Art. 1 Abschnitt A Z. 2 GFK idF des Art. 1 Abs.2 des Protokolls über die Rechtsstellung der Flüchtlinge BGBl. 78/1974 ist, wer sich "aus wohlbegründeter Furcht", aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung verfolgt zu werden, außerhalb seines Heimatlandes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, sich des Schutzes dieses Landes zu bedienen; oder wer staatenlos ist, sich außerhalb des Landes seines gewöhnlichen Aufenthaltes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, in dieses Land zurückzukehren.

 

Zentraler Aspekt dieses Flüchtlingsbegriffs der GFK ist die wohlbegründete Furcht vor Verfolgung. Wohlbegründet kann eine Furcht nur dann sein, wenn sie im Lichte der speziellen Situation des Asylwerbers und unter Berücksichtigung der Verhältnisse im Verfolgerstaat objektiv nachvollziehbar ist (vgl. z.B. VwGH 22.12.1999, 99/01/0334; 21.12.2000, 2000/01/0131; 25.1.2001, 2001/20/0011). Es kommt nicht darauf an, ob sich eine bestimmte Person in einer konkreten Situation tatsächlich fürchtet, sondern ob sich eine mit Vernunft begabte Person in dieser Situation (aus Konventionsgründen) fürchten würde.

 

Unter Verfolgung ist ein ungerechtfertigter Eingriff von erheblicher Intensität in die zu schützende persönliche Sphäre des Einzelnen zu verstehen. Erhebliche Intensität liegt vor, wenn der Eingriff geeignet ist, die Unzumutbarkeit der Inanspruchnahme des Schutzes des Heimatstaates bzw. der Rückkehr in das Land des vorigen Aufenthaltes zu begründen. Eine Verfolgungsgefahr ist dann anzunehmen, wenn eine Verfolgung mit einer maßgeblichen Wahrscheinlichkeit droht; die entfernte Möglichkeit einer Verfolgung genügt nicht (VwGH 21.12.2000, 2000/01/0131; 25.1.2001, 2001/20/011). Für eine "wohlbegründete Furcht vor Verfolgung" ist es nicht erforderlich, dass bereits Verfolgungshandlungen gesetzt worden sind; sie ist vielmehr bereits dann anzunehmen, wenn solche Handlungen zu befürchten sind (VwGH 26.2.1997, 95/01/0454; 9.4. 1997, 95/01/0555), denn die Verfolgungsgefahr -Bezugspunkt der Furcht vor Verfolgung - bezieht sich nicht auf vergangene Ereignisse (vgl VwGH 18.4.1996, 95/20/0239; vgl. auch VwGH 16.2.2000, 99/01/097), sondern erfordert eine Prognose.

 

Verfolgungshandlungen, die in der Vergangenheit gesetzt worden sind, können im Rahmen dieser Prognose ein wesentliches Indiz für eine Verfolgungsgefahr sein (vgl. dazu VwGH 9.3.1999, 98/01/0318). Die Verfolgungsgefahr muss ihre Ursache in einem der Gründe haben, welche Art. 1 Abschnitt A Z 2 GFK nennt (VwGH 9.9.1993, 93/01/0284; 15.3.2001, 99720/0128); sie muss Ursache dafür sein, dass sich der Asylwerber außerhalb seines Heimatlandes bzw. des Landes seines vorherigen Aufenthaltes befindet. Die Verfolgungsgefahr muss dem Heimatstaat bzw. dem Staat des letzten gewöhnlichen Aufenthaltes zurechenbar sein (VwGH 16.6.1994, 94/19/0183; 18.2.1999, 98/20/0468). Relevant kann aber nur eine aktuelle Verfolgungsgefahr sein; sie muss vorliegen, wenn der Asylbescheid erlassen wird; auf diesen Zeitpunkt hat die Prognose abzustellen, ob der Asylwerber mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit Verfolgung aus den genannten Gründen zu befürchten habe (vgl. VwGH 9.3.1999, 98/01/0318; 19.10.2000, 98/20/0233).

 

Gemäß § 8 Abs.1 AsylG hat die Behörde, im Fall einer Abweisung des Asylantrages von Amts wegen bescheidmäßig festzustellen, ob eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in den Herkunftsstaat zulässig ist.

 

Der Asylgerichtshof teilt die Beurteilung der belangten Behörde in Bezug auf die von dieser festgestellten fehlenden Asylrelevanz. Im angefochtenen Bescheid wurde im Detail ausgeführt, weshalb der von der Beschwerdeführerin dargebrachte Fluchtgrund nicht dem Staat zuzurechnen ist. Weder der Beschwerde (Berufungs)schriftsatz noch die Stellungnahme, welche die Beschwerdeführerin infolge des ihr übermittelten Ländervorhaltes abgegeben hat, vermögen an dieser Beurteilung etwas zu ändern.

 

Die Beschwerdeführerin hat völlig unsubstantiiert vorgebracht, "alle Moslems" würden sie verfolgen. Die Beschwerdeführerin legte jedoch keinen Sachverhalt dar, der eine aktuelle Bedrohung durch bestimmte Personen oder Personengruppen zeigte. Vor allem vermochte sie bis auf die familiäre Auseinandersetzung mit ihren Eltern keine konkrete Furcht vor Verfolgungshandlungen oder eine konkrete Bedrohungssituation darzustellen. Ihre völlig vage gebliebene und durch nichts untermauerte Behauptung, "vielleicht bringen sie mich um", "die Moslems sind alle böse auf mich, auch wenn ich sie bitten würde. Wenn ich zurückkehre, werde ich getötet", reichen nicht aus, eine wohlbegründete Furcht vor Verfolgung im Sinne der GFK darzutun.

 

Weder vermochte sie über ein Shariaverfahren gegen sie in concreto zu berichten, noch konnte sie ihre vagen Andeutungen einer drohenden Verfolgung durch konkrete Gefährdungsmomente untermauern.

 

Weiters ist es der Beschwerdeführerin im Verfahren nicht gelungen, überzeugend darzulegen, dass der Staat Nigeria nicht willens oder in der Lage wäre, sie vor familiären Übergriffen ihres Vaters zu schützen. Zu Recht hat daher die Erstbehörde in ihrer Beweiswürdigung erläutert, dass es sich bei den von der Beschwerdeführerin geschilderten Verfolgungsmaßnahmen um strafbare Handlungen handeln würde, die von den zuständigen Strafverfolgungsbehörden geahndet werden würden. Eine mangelnde Nachvollziehbarkeit dieser erstbehördlichen Ausführungen, wie im Beschwerdeschriftsatz festgehalten, ist daher nicht gegeben.

 

Die Beschwerdeführerin hat zu keinem Zeitpunkt vorgebracht, sie hätte sich an die Sicherheitsbehörden in Nigeria gewendet, noch, dass ihr die Sicherheitsbehörden des Landes keinen wirksamen Schutz bieten könnten.

 

Die Beschwerde führt aus, dass die Erstbehörde das Vorbringen der Beschwerdeführerin ohne nähere Ausführung als glaubwürdig ansah u

Quelle: Asylgerichtshof AsylGH, http://www.asylgh.gv.at
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