TE OGH 2009/1/23 1R23/09d

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Veröffentlicht am 23.01.2009
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Beschluss

Das Landesgericht Feldkirch als Rekursgericht hat durch den Präsidenten Dr. Bildstein als Vorsitzenden sowie die Richter Dr. Flatz und Dr. Troll als weitere Senatsmitglieder in der Exekutionssache der betreibenden Partei Eigentümergemeinschaft EZ *****, Grundbuch ***** ***** vertreten durch Dr. Gerhard Preisl und Dr. Helgar Georg Schneider, Rechtsanwälte in 6900 Bregenz, gegen die verpflichtete Partei Peter M***** wegen EUR 38.576,80 sA, infolge Rekurses der betreibenden Partei gegen den Beschluss des Bezirksgerichtes Bregenz vom 12. Jänner 2009, 11 E 1903/08g-19, in nicht öffentlicher Sitzung beschlossen:

Spruch

Dem Rekurs, dessen Kosten die betreibende Partei selbst zu tragen hat, wird nicht Folge gegeben.

Der Revisionsrekurs ist jedenfalls unzulässig.

Text

Begründung:

Mit Beschluss vom 9.9.2008 bewilligte das Erstgericht der betreibenden Partei antragsgemäß zur Hereinbringung vollstreckbarer Forderungen von insgesamt EUR 38.576,80 gegen die verpflichtete Partei die Zwangsversteigerung der Liegenschaftsanteile B-LNR 3 (159/638-Anteile), B-LNR 5 (126/638-Anteile), B-LNR 6 (38/638-Anteile) und B-LNR 9 (17/638-Anteile) in EZ ***** Grundbuch *****.

Unter einem mit der Vorlage der Schätzungsgutachten durch die bestellte Sachverständige teilte diese dem Erstgericht mit, dass sie Zweifel an der Geschäftsfähigkeit des Verpflichteten habe. Im Hinblick auf diese Information und die in den Schätzungsgutachten dokumentierte teilweise „Vermüllung“ des Objektes leitete die Exekutionsrichterin den Akt der Pflegschaftsabteilung des Bezirksgerichtes Bregenz gemäß § 6a ZPO mit dem Ersuchen zu, ehestmöglich mitzuteilen, ob für den Verpflichteten ein (einstweiliger) Sachwalter bestellt wurde.

Mit Eingabe vom 9.1.2009 stellte die betreibende Partei nunmehr den Antrag auf Zustellung des bereits vorliegenden Gutachtens sowie Anberaumung eines Versteigerungstermins. Das Erstgericht wies diesen Antrag mit der Begründung ab, beim Pflegschaftsgericht werde geprüft, ob der Verflichtete in der Lage ist, seine Angelegenheiten selbst zu besorgen oder der Hilfe eines Sachwalters bedarf. Bis zur Klärung dieser Frage würden „daher im gegenständlichen Exekutionsverfahren keinerlei Zustellungen vorgenommen und Verhandlungen durchgeführt“. Gegen diesen Beschluss richtet sich der Rekurs der betreibenden Partei mit dem Antrag auf Abänderung im Sinne des Begehrens der betreibenden Partei auf Zustellung des Liegenschaftsbewertungsgutachtens sowie auf Anberaumung eines Versteigerungstermins.

Rechtliche Beurteilung

Der Rekurs ist nicht berechtigt.

Richtig ist, wie im Rekurs ausgeführt wird, dass das Erstgericht formal keinen Unterbrechungsbeschluss im Sinne des § 190 Abs 1 ZPO gefasst hat. Allerdings ist bei der Beurteilung des Entscheidungswillens des Erstgerichtes nicht auf die verwendeten Worte, sondern auf die damit verbundenen Rechtsfolgen abzustellen (4 Ob 329/98f). Hier hat das Erstgericht durch die Begründung des bekämpften Beschlusses unzweifelhaft zum Ausdruck gebracht, mit der Fortsetzung des Exekutionsverfahrens so lange innezuhalten, bis für den Verpflichteten ein (einstweiliger) Sachwalter bestellt oder das Sachwalterverfahren eingestellt ist. Dies ist als Unterbrechungsbeschluss anzusehen.

Ein solcher Unterbrechungsbeschluss ist gemäß § 78 EO bei einer Fallkonstellation wie der hier zu beurteilenden zulässig. § 78 EO bestimmt, dass im Exekutionsverfahren, soweit nichts anderes angeordnet ist, die allgemeinen Bestimmungen der Zivilprozessordnung ua über die Parteien (§§ 1 - 73 ZPO), das Verfahren (§§ 74 - 170 ZPO) und die mündliche Verhandlung (§§ 171 - 225 ZPO) zur Anwendung kommen. Danach sind diese in § 78 EO genannten Teile der Zivilprozessordnung im Exekutionsverfahren nicht unmittelbar, sondern nur soweit anzuwenden, als in der Exekutionsordnung nichts anderes angeordnet ist, also nur subsidiär. Das bedeutet, dass dann, wenn die Exekutionsordnung für eine bestimmte verfahrensrechtliche Situation Regelungen enthält, die vergleichbaren Bestimmungen der Zivilprozessordnung nicht herangezogen werden dürfen (Jakusch in Angst, EO2 § 78 Rz 2). Ausgehend davon wird zwar in § 78 EO auch auf die §§ 171 bis 225 ZPO, sohin auch auf die Bestimmungen über die Unterbrechung und das Ruhen des Verfahrens verwiesen, jedoch werden diese in der Regel nicht anwendbar sein, wenn die EO gleichwertige Rechtsinstitute, wie die Bestimmungen über die Aufschiebung (§ 42 ff EO) enthält. Ohne weiteres wird es, da dies in der EO keine Regelung erfährt, wegen eines Normprüfungsverfahrens vor dem Verfassungsgerichtshof oder eines Vorabentscheidungsverfahrens vor dem EuGH zu einer Unterbrechung des Exekutionsverfahrens kommen (Fucik in Burgstaller/Deixler, EO § 78 Rz 15). Nichts anderes kann gelten, wenn ein Exekutionsakt dem Pflegschaftsgericht gemäß §§ 78 EO, 6a ZPO zugeleitet wurde. Auch in einem solchen Fall hat das Exekutionsverfahren bis zu einer Entscheidung des Pflegschaftsgerichtes stillzustehen, wenn auch die Exekutionsordnung für einen solchen Fall ebenso wie die Zivilprozessordnung keine Regelung enthält. Hinsichtlich der Zivilprozessordnung hat der Oberste Gerichtshof bereits wiederholt ausgesprochen, dass diese planwidrige Unvollständigkeit in sinngemäßer Anwendung des § 190 Abs 1 ZPO zu schließen sei, indem das Prozessgericht das bei ihm geführte Verfahren zu unterbrechen habe (8 Ob 700/86 = SZ 60/56; 3 Ob 2322/96h; 4 Ob 329/98f; 4 Ob 10/05g).

Gegen eine Unterbrechung des Verfahrens analog § 190 Abs 1 ZPO (in Anwendung § 78 EO) spricht auch nicht die erforderliche Subsidiarität der Zivilprozessordnung. Tatsächlich bietet die Exekutionsordnung keinen Rechtsbehelf für den Fall eines Stillstandes des Verfahrens wegen Zuleitung des Aktes an das Pflegschaftsgericht gemäß § 6a ZPO. Eine Aufschiebung der Exekution nach § 42 EO kommt schon deshalb nicht in Frage, da die Aktenzuleitung gemäß § 6a ZPO an das Pflegschaftsgericht als Aufschiebungsgrund in § 42 EO nicht angeführt ist, was jedoch für eine Aufschiebung unabdingbar wäre. Eine Anwendung der Bestimmungen über die Aufschiebung der Exekution würde jedoch auch daran scheitern, dass eine solche nur über Antrag möglich ist, eine Unterbrechung jedoch auch von Amts wegen stattfinden kann und in Fällen wie diesen auch stattzufinden hat.

Zusammengefasst erachtet daher das Rekursgericht in Fällen des § 6a ZPO die Bestimmungen über die Unterbrechung des Verfahrens nach der ZPO auch für das Exekutionsverfahren für anwendbar. Wird jedoch die Prozessfähigkeit eines Verpflichteten durch das Pflegschaftsgericht überprüft, so ist ein Unterbrechungsbeschluss durch das Exekutionsgericht zu Recht erfolgt, sodass einem dagegen erhobenen Rekurs, wie hier dem der betreibenden Partei, ein Erfolg nicht beschieden ist. Anders wäre die Rechtslage lediglich dann, wenn für den Verpflichteten bereits ein (einstweiliger) Sachwalter bestellt worden wäre, mit dem das Verfahren durch das Exekutionsgericht fortgesetzt werden könnte. Dies ist hier jedoch, wie vom Berufungsgericht erhoben wurde, nicht der Fall. Zur Wahrung ihrer Rechte ist die betreibende Partei auf § 78 EO, § 8 ZPO verwiesen (6 Ob 33/07g).

Die Kosten ihres erfolglosen Rechtsmittels hat die betreibende Partei jedenfalls selbst zu tragen.

Der Revisionsrekurs ist gemäß § 78 EO iVm § 528 Abs 2 Z 2 ZPO jedenfalls unzulässig.

Landesgericht Feldkirch

Anmerkung

EFE000018001r00239

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:LG00929:2009:00100R00023.09D.0123.000

Zuletzt aktualisiert am

20.02.2009
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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