Rechtssatz 1
Für die Anwendung des Art. 1 Abschnitt F lit. b GFK müssen drei Voraussetzungen kumulativ erfüllt sein:
Zunächst muss es sich um Delikte handeln, die außerhalb des Zufluchtstaates begangen wurden, bevor die Person als Flüchtling Aufnahme fand. Demnach sind jene Personen vom Schutz ausgeschlossen, die bereits Verbrecher waren, bevor sie in den Zufluchtsstaat einreisten (GRAHL-MADSEN, The Status of Refugees in International Law I, 300), weiters muss es sich um ein nicht-politisches Delikt handeln. Es kommt immer dann zu keiner Anwendung des Art. 1 Abschnitt F lit. b GFK, wenn wegen des politischen Charakters des betreffenden Deliktes eine Auslieferung nicht möglich wäre. Zuletzt muss es sich um ein schweres Verbrechen handeln. Darunter fallen nach herrschender Lehre Straftaten, die in objektiver und subjektiver Hinsicht besonders schwerwiegend sind und deren Verwerflichkeit in einer Güterabwägung gegenüber den Schutzinteressen des Verfolgten überwiegt (GRAHL-MADSEN, The Status of Refugees in International Law I, 294, 297; GOODWIN-GILL, The Refugee in International Law², 61f). Als schwere Verbrechen gelten Tötungsdelikte, Vergewaltigung, Kindesmisshandlung, Brandstiftung, Drogenhandel und bewaffneter Raub. Ausnahmen wurden wegen Fehlens subjektiver Schwere beim Vorliegen mildender Umstände verschiedener Art (beispielsweise Minderjährigkeit, bedingter Entlassung, bloße Mittäterschaft, Selbstverteidigung) gemacht. Der Güterabwägung hat die potentielle Gefahr für die Allgemeinheit der Art der drohenden politischen Verfolgung gegenüber zu stehen. Art. 1 Abschnitt F lit. b kann beispielsweise keine Anwendung finden, wenn die drohende Verfolgung relativ schwer ist, der Gesuchsteller aber als weitgehend resozialisiert gelten kann, weil er nicht rückfällig geworden ist. Hat dieser mit Folter oder Tod zu rechnen, überwiegen die öffentlichen Interessen an der Nichtanerkennung kaum je die individuellen Schutzinteressen (GOODWIN-GILL, aaO, GRAHL-MADSEN, The Status of Refugees in International Law I, 298). Diese Güterabwägung ist aus menschenrechtlichen und rechtsstaatlichen Erwägungen notwendig. Die Anwendung von Art. 1 Abschnitt F lit b GFK hat den gänzlichen Ausschluss vom internationalen Schutz für Flüchtlinge zur Folge.
Gemäß Art. 33 Z 2 GFK müssen nach internationaler Literatur und Judikatur kumulativ 4 Voraussetzungen erfüllt sein, damit ein Flüchtling trotz drohender Verfolgung in den Heimat- oder Herkunftsstaat verbracht werden darf:
Er muss erstens ein besonders schweres Verbrechen verübt haben, dafür zweitens rechtskräftig verurteilt worden sein, drittens gemeingefährlich sein und viertens müssen die öffentlichen Interessen an der Rückschiebung die Interessen des Flüchtlings am Weiterbestehen des Schutzes durch den Zufluchtsstaat überwiegen (vgl. mit zahlreichen Hinweisen auf internationale Literatur und Judikatur Kälin, Grundriss des Asylverfahrens, 1990, S 227ff, sowie VwGH v. 6.10.1999, Zl: 99/01/0288)."