Rechtssatz 1
Wie der Verfassungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 15. Oktober 2004, G 237/03, zu den Bestimmungen der §§ 5a 2. Satz sowie 32 Abs. 2 2. Satz AsylG 1997 ausgesprochen hat, können den öffentlichen Interessen an der Raschheit der Durchführung der Ausweisung mögliche Nachteile des Berufungswerbers entgegen stehen, wie etwa die faktische Schwierigkeit, vom Ausland aus ein Berufungsverfahren zu führen, oder Beeinträchtigungen, die sogar in den Schutzbereich des Art. 3 EMRK oder Art. 8 EMRK fallen können. Der ausnahmslose Ausschluss der aufschiebenden Wirkung im Falle des Ausspruches der Ausweisung verstößt daher gegen das Rechtsstaatsprinzip, weil er selbst in jenen besonderen Fällen eine Interessensabwägung zu Gunsten des Asylwerbers unmöglich macht und damit den Berufungswerber in verfassungsrechtlich verbotener Weise einseitig mit den Folgen einer potentiell unrichtigen Entscheidung belastet.
Dass der Gesetzgeber des Fremdenrechtspaketes 2005 diesen vom Verfassungsgerichtshof im vorzitierten Erkenntnis aufgestellten Anforderungen bei der Formulierung des § 37 AsylG 2005 Rechnung tragen wollte, ist den erläuternden Bemerkungen zur Regierungsvorlage ohne Weiteres zu entnehmen. Diesen zufolge wurde mit der Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung ein System vorgeschlagen, dass den Rechtsschutzwerber nicht mit allen Folgen einer potentiell negativen Entscheidung belastet. Die aufschiebende Wirkung könne nach den Determinanten des Abs. 1 ausgesprochen werden, um Einzelfälle, bei denen der Berufungswerber durch das Fehlen der aufschiebenden Wirkung über Gebühr belastet wird, aufzufangen (vgl. hiezu 952 BlgNR 22.GP 55).
Im gegenständlichen Fall hat die belangte Behörde ihre auf § 68 Abs. 1 AVG (res iudicata) gestützte Entscheidung jedoch nicht wie in § 10 Abs. 1 Z. 1 AsylG 2005 zwingend vorgesehen mit einer Ausweisung verbunden bzw. das Vorliegen der Voraussetzungen für die Unzulässigkeit der Ausweisung gemäß § 10 Abs. 2 AsylG 2005 festgestellt.
Die belangte Behörde hat hinsichtlich der Unterlassung eines Ausspruches über die Ausweisung der Beschwerdeführerin nach Polen im hier angefochtenen Bescheid ins Treffen geführt, dass die im Rahmen des rechtskräftig (negativ) abgeschlossenen ersten Asylverfahrens ausgesprochene Ausweisung nach wie vor aufrecht und nicht konsumiert sei.
Wollte man dieser Rechtsansicht der belangten Behörde folgen, so stünde der vom Gesetzgeber normierte und verfassungsrechtlich gebotene Rechtsbehelf - der Möglichkeit der Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung durch den Asylgerichtshof - gemäß § 37 Abs. 1 AsylG 2005 aber in der überwiegenden Anzahl der Fälle, in denen ein Ausspruch seitens der belangten Behörde nach § 10 Abs. 2 AsylG 2005 unterblieben ist, nicht zur Verfügung, da dem Asylgerichtshof in solchen Fällen mangels Ausspruch der Ausweisung durch die Asylbehörde erster Instanz keine Kognitionsbefugnis zukäme. Damit wäre aber im Sinne des oben zitierten Erkenntnisses des Verfassungsgerichtshofes vom 15. Oktober 2004, G 237/03, (wiederum) eine Interessensabwägung zu Gunsten des Asylwerbers unmöglich gemacht und damit der Beschwerdeführer in verfassungsrechtlich verbotener Weise einseitig mit den Folgen einer potentiell unrichtigen Entscheidung belastet, womit nicht nur der Zweck der in Rede stehenden Bestimmung geradezu vereitelt, sondern zudem auch die diesbezügliche Entscheidungskompetenz des Asylgerichtshofes ausgehöhlt bzw. unterlaufen würde.
Daraus folgt aber, dass eine Zurückweisung gemäß § 10 Abs. 1 Z. 1 AsylG 2005 ungeachtet einer im Vorverfahren bereits ausgesprochenen, in Rechtskraft erwachsenen und nicht konsumierten Ausweisung - wie vom Gesetzgeber vorgesehen - jedenfalls mit einem Ausspruch über die Ausweisung zu verbinden ist und eine seitens des Asylgerichtshofes im Folgeverfahren gemäß § 37 Abs. 1 AsylG 2005 zugebilligte aufschiebende Wirkung bei verfassungskonformer Interpretation auch die (rechtskräftige) Ausweisung im Erstverfahren umfasst.