A10 214378-7/2008-8E
ERKENNTNIS
Der Asylgerichtshof hat durch den Richter Dr. Pipal als Einzelrichter über die Beschwerde des A.M., geb. 00.00.1977, StA. Nigeria, gegen den Bescheid des Bundesasylamtes vom 28.07.2005, GZ 05 10.249-EAST WEST, zu Recht erkannt:
Die Beschwerde wird gemäß § 68 Abs. 1 AVG als unbegründet abgewiesen.
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :
I. Der Beschwerde liegt folgendes Verwaltungsverfahren zugrunde:
Der Beschwerdeführer brachte nach seiner illegalen Einreise in das österreichische Bundesgebiet am 29.06.1999 einen (ersten) Asylantrag ein. Bei der Einvernahme am 07.09.1999 gab er zu seinen Fluchtgründen an, er habe im Dorf K. gelebt und als Fischer gearbeitet. Wegen der Erdölgewinnung in dieser Region hätten die Fischer keine Lebensgrundlage mehr gehabt. Deshalb habe sich der Beschwerdeführer der Jugendbewegung "Izon" angeschlossen. Nach gewalttätigen Zusammenstößen mit Regierungstruppen sei diese Jugendbewegung von der Bundesregierung verfolgt worden.
Mit Bescheid des Bundesasylamtes vom 11.10.1999, GZ. 99 10.223-BAT, wurde der Asylantrag des Beschwerdeführers gemäß § 7 AsylG abgewiesen und II. gemäß § 8 AsylG festgestellt, dass seine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung nach Nigeria zulässig ist.
Die Berufung gegen diesen Bescheid wurde mit Bescheid des Unabhängigen Bundesasylsenates vom 30.07.2001, GZ. 214.378/0-XII/36/99, nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung abgewiesen. In der Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass das gesamte Vorbringen des Beschwerdeführers aus näher dargelegten Gründen unglaubwürdig sei. Dieser Bescheid erwuchs mit seiner Zustellung am 01.08.2001 in Rechtskraft.
In weiterer Folge stellte der Beschwerdeführer in der Strafhaft am 12.07.2005 den gegenständlichen (zweiten) Asylantrag.
Im Rahmen seiner Einvernahme vor dem Bundesasylamt am 18.07.2005 führte der Beschwerdeführer aus, er habe im Jahr 1993 eine Beziehung zu einem Mädchen aus dem Nachbardorf gehabt, welche sodann ein Kind von ihm bekommen habe. Daraufhin sei eine große Hungersnot ausgebrochen, die bis zum Jahr 1999 gedauert habe. Eine Wahrsagerin habe gesagt, dass das Mädchen befragt werden müsse, wer der Vater des Kindes sei. Dieses habe dann unter Druck ihn als Vater angegeben. Um den Fluch aufzuheben, hätten der Beschwerdeführer und seine Freundin vier Aufgaben erfüllen müssen, nämlich in einem Krokodilbecken zu schwimmen, eine Kokosnuss vom Baum zu holen, den Kopf eines Menschen zu bringen sowie im Wald um die Gnade der Götter zu bitten. Andernfalls würde ihnen der Kopf abgeschlagen oder würden sie verbrannt werden. Außerdem habe er am 16.06.2005 im Fernsehen gesehen, dass zwei Deutsche und drei Nigerianer von den Gruppen "Niger Delta" und "Egbesu Boys" in Bayelsa entführt worden seien. Da er aus diesem Bundesstaat stamme, habe er Angst, dass er gezwungen werden könnte, für diese Milizen zu arbeiten.
Im Rahmen der niederschriftlichen Einvernahme vom 25.07.2005 erklärte der Beschwerdeführer noch, dass er seine Heimat verlassen habe, weil er Mitglied der "Egbesu Boys" gewesen sei, die für die Rechte der Menschen im Niger-Delta gekämpft hätten.
Mit dem angefochtenen Bescheid wurde der (zweite) Asylantrag des Beschwerdeführers gemäß § 68 Abs. 1 AVG wegen entschiedener Sache zurückgewiesen.
Gegen diesen Bescheid wendet sich die vorliegende Beschwerde.
II. Der Asylgerichtshof hat erwogen:
Gemäß § 75 Abs. 1 erster und zweiter Satz AsylG 2005 sind alle am 31. Dezember 2005 anhängigen Verfahren nach den Bestimmungen des Asylgesetzes 1997 zu Ende zu führen. § 44 AsylG 1997 gilt.
Nach § 75 Abs. 7 AsylG 2005 sind am 1. Juli 2008 beim unabhängigen Bundesasylsenat anhängige Verfahren vom Asylgerichtshof nach Maßgabe näherer Bestimmungen weiterzuführen.
Gemäß § 68 Abs. 1 AVG sind Anbringen von Beteiligten, die außer den Fällen der §§ 69 und 71 AVG die Abänderung eines der Berufung nicht oder nicht mehr unterliegenden Bescheides begehren, wegen entschiedener Sache zurückzuweisen, wenn die Behörde nicht den Anlass zu einer Verfügung gemäß den Abs. 2 bis 4 findet.
Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu dieser Bestimmung (z. B. VwGH 25.04.2007, 2004/20/0100; 30.6.2005, 2005/18/0197; 25.4.2002, 2000/07/0235) liegen verschiedene "Sachen" im Sinn des § 68 Abs. 1 AVG vor, wenn in der für den Vorbescheid maßgeblichen Rechtslage oder in den für die Beurteilung des Parteibegehrens im Vorbescheid als maßgeblich erachteten tatsächlichen Umständen eine Änderung eingetreten ist oder wenn das neue Parteibegehren von dem früheren abweicht. Es kann aber nur eine solche behauptete Änderung des Sachverhaltes die Behörde zu einer neuen Sachentscheidung - nach etwa notwendigen amtswegigen Ermittlungen - berechtigen und verpflichten, der für sich allein oder in Verbindung mit anderen Tatsachen rechtlich Asylrelevanz zukäme; eine andere rechtliche Beurteilung des Antrages darf nicht von vornherein ausgeschlossen sein. In Bezug auf wiederholte Asylanträge muss die behauptete Sachverhaltsänderung zumindest einen glaubhaften Kern aufweisen, dem Asylrelevanz zukommt und an den die positive Entscheidungsprognose anknüpfen kann. Die Behörde hat sich insoweit bereits bei der Prüfung der Zulässigkeit des (neuerlichen) Asylantrages mit der Glaubwürdigkeit des Vorbringens des Asylwerbers und gegebenenfalls mit der Beweiskraft von Urkunden auseinanderzusetzen. Ergeben die Ermittlungen der Behörde, dass eine Sachverhaltsänderung, die eine andere Beurteilung nicht von vornherein ausgeschlossen erscheinen ließe, entgegen den Behauptungen der Partei in Wahrheit nicht eingetreten ist, so ist der Asylantrag gemäß § 68 Abs. 1 AVG zurückzuweisen. Aus § 69 Abs. 1 AVG ergibt sich, dass eine neue Sachentscheidung nicht nur bei identem Begehren auf Grund desselben Sachverhaltes, sondern auch im Falle desselben Begehrens auf Grund von Tatsachen und Beweismitteln ausgeschlossen ist, die bereits vor Abschluss des Vorverfahrens bestanden haben, aber erst nachträglich hervorgekommen sind. Demnach sind aber auch Bescheide, die - auf einer unvollständigen Sachverhaltsbasis ergangen - in Rechtskraft erwachsen sind, verbindlich und nur im Rahmen des § 69 Abs. 1 AVG einer Korrektur zugänglich. Einem zweiten Asylantrag, der sich auf einen vor Beendigung des Verfahrens über den ersten Asylantrag verwirklichten Sachverhalt stützt, steht die Rechtskraft des über den ersten Antrag absprechenden Bescheides entgegen.
Im vorliegenden Fall ging das Bundesasylamt zu Recht davon aus, dass der Behandlung des zweiten Asylantrages des Beschwerdeführers das Prozesshindernis der rechtskräftig entschiedenen Sache entgegensteht. Denn das Vorbringen zu dem zweiten Antrag enthält keinen glaubhaften asylrelevanten Kern, der sich auf den Zeitraum nach dem rechtskräftigen Abschluss des ersten Asylverfahrens am 01.08.2001 bezöge. Der Beschwerdeführer behauptete in diesem zweiten Verfahren eine Bedrohung durch die Bewohner seines Dorfes wegen eines von ihm im Jahr 1993 verschuldeten Fluches bzw. eine drohende Zwangsrekrutierung durch die militanten Jugendgruppen "Niger Delta" und "Egbesu Boys" im Bundesstaat Bayelsa bzw. eine Verfolgung wegen seiner Mitgliedschaft bei den "Egbesu Boys". Doch diese Schilderungen enthalten keinen glaubhaften Kern, sondern stellen nur schlichte Behauptungen des Beschwerdeführers dar, die überdies, abgesehen von der angeblich drohenden Zwangsrekrutierung, den Zeitraum vor dem Abschluss des ersten Asylverfahrens betreffen. Auch aus der Entführung von mehreren Personen im Bundesstaat Bayelsa kann eine mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit drohende Gefahr für den Beschwerdeführer, insbesondere eine Zwangsrekrutierung seiner Person, keinesfalls abgeleitet werden. Schließlich mangelt es dem Beschwerdeführer angesichts seiner widersprüchlichen Angaben zu den Fluchtgründen auch an der persönlichen Glaubwürdigkeit. Im Übrigen kann auf die Begründung des angefochtenen Bescheides verwiesen werden.
Über die Frage der Gewährung von subsidiärem Schutz hat gegebenenfalls die Fremdenpolizeibehörde zu entscheiden, wie bereits das Bundesasylamt richtig feststellte (VwGH 08.09.2005, 2005/21/0308).