S8 319.661-1/4Z/08
S.T.
geb. am 00.00.1988
StA: Russische Föderation
E R K E N N T N I S
SPRUCH
Der Asylgerichtshof hat durch den Richter Mag. BÜCHELE als Einzelrichter über die Beschwerde der S.T. gegen den Bescheid des Bundesasylamtes vom 20.05.2008, Zahl: 08 02.235-EAST Ost, zu Recht erkannt:
Der Beschwerde wird gemäß § 37 Abs. 1 AsylG 2005 idF BGBl. I Nr. 100/2005 die aufschiebende Wirkung zuerkannt.
BEGRÜNDUNG
1. Das Bundesasylamt hat mit Bescheid vom 20.05.2008, Zahl: 08 02.235-EAST Ost, den Antrag auf internationalen Schutz der Beschwerdeführerin ohne in die Sache einzutreten gemäß § 5 Abs. 1 AsylG 2005 als unzulässig zurückgewiesen und gleichzeitig ausgesprochen, dass für die Prüfung des gegenständlichen Asylantrages gemäß Artikel 16 Abs. 1 lit. c der Verordnung Nr. 343/2003 (EG) des Rates vom 18.2.2003 Polen zuständig sei. Gleichzeitig wurde die Beschwerdeführerin gemäß § 10 Abs. 1 Z. 1 AsylG 2005 aus dem österreichischen Bundesgebiet nach Polen ausgewiesen und gemäß § 10 Abs. 4 AsylG 2005 festgestellt, dass die Abschiebung nach Polen zulässig sei.
2. Der nähere erstinstanzliche Verfahrensgang ergibt sich aus dem Verwaltungsakt. Es ergeben sich verfahrensrechtliche Fragen hinsichtlich der Zulässigkeit einer Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung im Lichte des Art. 3 EMRK.
3. Gegen diesen (der Berufungswerberin am 21.05.2008 persönlich übergebenen) Bescheid erhob die Berufungswerberin fristgerecht Berufung und beantragte u.a., dass der Berufung aufschiebend Wirkung zuerkannt, der Berufung stattgegeben und das Verfahren zugelassen werde.
4. Die berufende Partei brachte in ihrem Schriftsatz im Wesentlich vor, dass es sich, entgegen der Ansicht des Bundesasylamtes, bei ihrer Schwangerschaft um eine "fortgeschrittene" Schwangerschaft handle, weil der erwartete Geburtstermin mit 15.07.2008 errechnet worden sei. Eine Überstellung nach Polen würde aufgrund dessen eine Verletzung des Art. 3 EMRK bedeuten.
5. Die Berufung langte am 06.06.2008 bei der Berufungsbehörde ein. Eine Zustimmung von Polen zur Übernahme nach der VO 343/2003 des Rates war am 12.03.2008 bei der Erstbehörde eingelangt.
II. Der Asylgerichtshof hat erwogen:
1. Mit Datum 01.01.2006 ist das neue Bundesgesetz über die Gewährung von Asyl in Kraft getreten (AsylG 2005 idF. BGBL. I Nr. 100/2005) und ist somit auf alle ab diesem Zeitpunkt gestellten Asylanträge anzuwenden.
Im gegenständlichen Fall wurde der Antrag auf Internationalen Schutz am 05.03.2008 gestellt, weshalb § 5 AsylG 2005 idF. BGBI. I Nr. 100/2005 zur Anwendung gelangt.
Gemäß § 37 Abs. 1 AsylG 2005 hat der Asylgerichtshof einer Beschwerde gegen eine mit einer zurückweisenden Entscheidung (§§ 4 und 5 AsylG 2005 oder § 68 Abs. 1 AVG) verbundenen Ausweisung, binnen sieben Tagen ab Beschwerdevorlage die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, wenn anzunehmen ist, dass eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in den Staat, in den die Ausweisung lautet, eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde.
Gemäß § 37 Abs. 2 AsylG 2005 ist bei der Entscheidung, ob einer Beschwerde gegen eine Ausweisung, die mit einer Entscheidung nach § 5 verbunden ist, die aufschiebende Wirkung zuerkannt wird, auch auf die gemeinschaftsrechtlichen Grundsätze der Art. 19 Abs. 2 und 20 Abs. 1 lit. e der Verordnung Nr. 343/2003 (EG) und die Notwendigkeit der effektiven Umsetzung des Gemeinschaftsrechts Bedacht zu nehmen.
Gemäß § 37 Abs. 4 AsylG 2005 steht ein Ablauf der Frist nach Abs.1 der Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung nicht entgegen.
2. Nach der Aktenlage ist die Berufungswerberin circa in der 38./39. Schwangerschaftswoche und kann daher zum Entscheidungszeitpunkt eine Verletzung des Art. 3 EMRK bei Überstellung der Familie nach Polen nicht mit der in diesem Zusammenhang erforderlichen Sicherheit ausgeschlossen werden.
2.1. Überdies erscheint es notwendig, nähere Erhebungen zu den in Österreich lebenden Verwandten und deren Beziehung zur Berufungswerberin anzustellen.
2.2. Die Berufungsbehörde wird sodann, nach näheren Erhebungen, unter Berücksichtigung aller Verfahrensakte der Familie, gemeinsam über alle anhängigen Berufungen der Kernfamilie der Berufungswerberin entscheiden.
Zusätzlich ist noch Folgendes auszuführen:
§ 36 Abs. 3 AsylG 2005 lautet:
"Wird gegen eine zurückweisende oder abweisende Entscheidung im Familienverfahren auch nur von einem betroffenen Familienmitglied Berufung erhoben, gilt diese auch als Berufung gegen die die anderen Familienangehörigen (§ 2 Z 22 leg.cit.) betreffenden Entscheidungen; keine dieser Entscheidungen ist dann der Rechtskraft zugänglich. Allen Berufungen gegen Entscheidungen im Familienverfahren kommt aufschiebende Wirkung zu, sobald zumindest einer Berufung im selben Familienverfahren aufschiebende Wirkung zukommt."
§ 36 Abs. 3 letzter Satz AsylG 2005 folgend kommt mit der vorliegenden Entscheidung jedenfalls auch der Berufung des Lebensgefährten LAKAEV Hasan aufschiebende Wirkung zu. Von einer gesonderten bescheidmäßigen Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung der Berufung betreffend den Lebensgefährten konnte folglich Abstand genommen werden.
Der Asylgerichtshof war im Ergebnis jedenfalls zwingend gehalten, gemäß § 37 Abs. 1 AsylG 2005 vorzugehen.
Eine öffentliche mündliche Verhandlung konnte gemäß § 41 Abs. 4 AsylG 2005 entfallen. Auf § 37 Abs. 4 AsylG 2005 ist hinzuweisen; die Einhaltung der Frist des § 37 Abs. 1 AsylG 2005 war ausnahmsweise nicht möglich.