TE AsylGH Erkenntnis 2008/07/08 A11 302666-1/2008

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Veröffentlicht am 08.07.2008
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Spruch

A11 302.666-1/2008/3E

 

Erkenntnis

 

Der Asylgerichtshof hat durch den Richter Mag. Huber als Einzelrichter über die Beschwerde des K.M., geb. 00.00.1970, StA. von Kosovo, vertreten durch L.M. gegen den Bescheid des Bundesasylamtes vom 28.4.2006, Zahl 05 18.964-BAW, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 9.10.2006 gem. § 66 Abs. 4 AVG iVm § 75 Abs. 1 und 7 Z 1 AsylG 2005 zu Recht erkannt:

 

1.)

 

Die Beschwerde wird gemäß § 7 AsylG 1997 abgewiesen.

 

2.)

 

Gemäß § 8 Abs. 1 AsylG 1997 iVm § 50 des Fremdenpolizeigesetzes 2005 (FPG), wird festgestellt, dass die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung von K.M. in den Kosovo zulässig ist.

 

3.)

 

Gemäß § 8 Abs. 2 AsylG 1997 wird K.M. aus dem österreichischen Bundesgebiet in den Kosovo ausgewiesen.

Text

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :

 

I. Der Beschwerdeführer ist Staatsangehöriger von Kosovo und gehört zur dortigen Volksgruppe der ethnischen Albaner. Er ist am 8.11.2005 in das Bundesgebiet eingereist. Am selben Tag hat er einen Asylantrag gestellt und wurde hieraufhin am 16.11.2005 und 30.3.2006 vom Bundesasylamt niederschriftlich einvernommen.

 

Sein damaliges Vorbringen wurde im Bescheid des Bundesasylamtes vom 28.4.2006, Zahl 05 18.964-BAW, im Wesentlichen wiedergegeben, sodass der diesbezügliche Teil des erstinstanzlichen Bescheides auch zum Inhalt des gegenständlichen Bescheides erhoben wird.

 

Im Wesentlichen erklärte der Beschwerdeführer damals, dass er im Zuge der Unruhen vom März 2004 ethnische Serben in seinem Haus versteckt habe, weshalb er in der Folge von Leuten der Gruppe AKSH "Provokationen" zu gewärtigen gehabt habe und er auch gedrängt worden sei, sich der AKSH anzuschließen. Man habe ihn nicht mehr in Ruhe gelassen (AS 73).

 

Das Bundesasylamt hat den Antrag des Beschwerdeführers mit Bescheid vom 28.4.2006, Zahl 05 18.964-BAW, abgewiesen, festgestellt, dass seine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung in die Provinz Kosovo zulässig ist und ihn unter einem in den Kosovo ausgewiesen.

 

Gegen diesen Bescheid hat der (nunmehrige) Beschwerdeführer fristgerecht berufen (bzw. Beschwerde erhoben).

 

In der Folge wurde am 9.10.2006 vor dem unabhängigen Bundesasylsenat eine öffentliche mündliche Verhandlung gem. § 67 d AVG durchgeführt, in welcher dem Beschwerdeführer die aktuelle Situation, insbesondere im Hinblick auf die Sicherheitslage im Kosovo vorgehalten wurde. Konkret wurden nachstehender Beweismittel vorgehalten und erörtert,

 

Kosovo - Bericht 1.April 2006 von Mjr. A.V. (Beilage A)

 

Auswärtiges Amt der BRD vom 22.11.2005 (Beilage B)

 

Home Office Operational Guidance Note vom October 2005 (Beilage C)

 

UNHCR Bericht vom März 2005 (Beilage D)

 

Bundesamt für Migration und Flüchtlinge Sonderbericht 2001-2005 (Beilage E)

 

Auswärtiges Amt der BRD vom 28.02.2006 (Beilage F)

 

aus welchen sich zusammengefasst folgende, ebenfalls vorgehaltene aktuelle Situation, die als entscheidungsrelevanter Sachverhalt festgestellt wird, ergibt:

 

"

 

1. Allgemeine Lage im Kosovo:

 

1. a. Allgemeines:

 

Im Kosovo, einem Gebiet von ca. 11.000 qkm, leben ca. zwischen 1,8 und 2 Millionen Einwohner; Währung ist seit 1.1.2002 der EURO; Amtssprachen sind Englisch, Albanisch, Serbisch (Türkisch dort, wo diese Minderheit wohnt). Neben ethnischen Albanern leben im Kosovo nachstehende Minderheiten:

 

Kosovo-Serben (KS)

 

Rund 80.000-90.000, davon 50.000-60.000 im Nordkosovo, rund 20.000-30.000 in den Enklaven des Südens.

 

Türken

 

Rund 13.500, vor allem im Raum Prizren. Vor allem alte osmanische "bürgerliche Oberschicht".

 

"Zigeuner" / Roma

 

Diese Gruppe existiert seit rund 500 Jahren im Kosovo und ist völlig zersplittert.

 

Roma: Sprache "romanes" bzw. serbisch.

 

Ashkali / "Ägypter"

 

Beide sind Nachfahren von Nicht Roma Gruppen bzw. behaupten dies zu sein.

 

Ashkali: Sprache albanisch

 

Ägypter: Sprache albanisch, romanes oder serbisch. Serbisch überwiegt.

 

Goraner

 

Ca. 12.500. Muslimisch, wohl Nachfahren der mittelalterlichen Bogumilen.

 

Bosnjaken / Thorben

 

Muslime serbokroatischer Sprache aus dem altbulgarischen Raum.

 

Kroaten

 

Serbokroatisch, röm.-katholisch. Siedlungsgebiet vor allem im Raum Janjevo (Beil. /A).

 

1. b. Lageentwicklung:

 

Seit dem Rückzug der jugoslawischen Sicherheitskräfte aus dem Kosovo und Beendigung der Kampfhandlungen zwischen der NATO und der Bundesrepublik Jugoslawien am 10. Juni 1999 steht der Kosovo unter internationaler Verwaltung, die eine zivile (UNMIK) und eine militärische Komponente (KFOR) hat.

 

Die Rechtsgrundlage hiefür bietet Resolution 1244 des Sicherheitsrates der Vereinten Nationen vom 10. Juni 1999.

 

Im Rahmen der UNMIK wirkt eine erhebliche Anzahl von zivilen Experten am Wiederaufbau mit. Es sind derzeit dort ca. 3495 Personen als internationales Personal beschäftigt (Beil. /B, Seite 5).

 

Gemessen an den Kosten, welche die internationale Gemeinschaft im Kosovo aufgewendet hat, haben die zivilen Aufbauprozesse in den sieben Jahren seit dem Nato-Erstschlag immer noch nicht die erhofften Erfolge gebracht. Die Wirtschaftslage hat sich zeifellos nicht günstig entwickelt, da die Arbeitslosenquote mit 55% beziffert wird.

 

Durch massiven Einsatz der internationalen Gemeinschaft konnte die Stabilisierung der Sicherheitslage und ein einigermaßen sicheres Umfeld für die zivilen Aufbauaufgaben erreicht werden. Ein ernsthaftes Problem stellt die organisierte Kriminalität dar, deren nachhaltige Bekämpfung durch die internationale Gemeinschaft bislang versäumt wurde.

 

Durch die von vielen Bürgern begrüßte Beruhigung der ethnischen Spannungen, kann wohl davon ausgegangen werden, dass es zu keinen gleichartigen kriegsähnlichen Zuständen wie im März 2004 mehr kommen wird (Beil. /A, Seite 4).

 

Im Kosovo herrscht ungeachtet der Ethnie grundsätzlich vollständige Bewegungsfreiheit.

 

Es liegen weiters dem Auswärtigen Amt der BRD keine Informationen vor, dass bestimmte Ethnien vom öffentlichen Verkehr ausgeschlossen wären oder noch eines grundsätzlichen besonderen Schutzes bei der Nutzung von Verkehrsmitteln bedürften. Es ist z.B. bekannt, dass nicht selten Bosnijaken in den Überlandbussen anzutreffen sind, die dabei auch unbehelligt die serbokroatischen Sprache nutzen (Beil. /B, Seite 26).

 

Am 23.Oktober 2004 fanden zum zweiten Mal im Kosovo Parlamentswahlen statt. Die Wahlen, die erstmals in eigener Verantwortung der Zentralen Wahlkommission des Kosovo organisiert wurden, sind insgesamt friedlich und ohne Zwischenfälle (-Beil. /D, Seite 1), jedoch unter geringfügiger Wahlbeteiligung seitens der Serben, verlaufen. Die wichtigsten Ergebnisse der Parlamentswahlen vom 23.10.2004:

 

Partei Stimmen in Prozent

 

2001 reserv. Mandate Mandate insgesamt Stimmen

 

2004 Stimmen in Prozent

 

2004

 

LDK

 

(Demokrat. Liga)

 

Rugova 46,3 - 47 292.778 45.3

 

PDK

 

(Demokrat. Partei)

 

Thaci 25,50 - 26 185.162 28.65

 

Die Kosovo-Serben boykottierten die Wahl: Nur 891 (!) von 89.000 Wahlberechtigten gingen zu den Urnen (Beil./ A, Seiten 11, 12).

 

1. c. Religionen

 

Muslime (sunnitisch): Überwiegende Mehrheit von 80%, sehr zurückhaltende lokaleTradition des Islam.

 

Serbisch-Orthodoxe: Ident mit den K-Serben, 5-7%.

 

Generell kann gesagt werden, dass religiöse Motivation im Kosovo keine besondere Bedeutung zugemessen wird. Als repräsentatives Beispiel können die weltweiten Proteste der muslimischen Bevölkerung gegen die dänischen Karikaturen genannt werden. Als sogar in Serbien diesbezügliche Protestkundgebungen stattfanden, verhielten sich die Kosovaren äußerst ruhig. Es kam nicht einmal zu sog. "Wirtshausdiskussionen".

 

Im Gebiet des heutigen Kosovo lebten schon seit Jahrhunderten röm. kath. Christen, Serbische Orthodoxe und Muslime friedlich miteinander, und hat die Religion schon immer eine untergeordnete Rolle in der Entwicklung der Gesellschaft im Kosovo gespielt.

 

Es werden sowohl christliche, muslimische aber auch serbisch-orthodoxe Feiertage zelebriert, jeder auf seine Weise, doch gab es niemals bewusste Störungen von Gottesdiensten oder sonstigen religiösen Feierlichkeiten. Der albanische Moslem nimmt es nicht sehr genau mit den Ge- und Verboten des Propheten (Beil./A, Seite 9).

 

Im Kosovo existieren praktisch keine extremistischen Gruppierungen, außerdem praktiziert die muslimische Bevölkerung ihren Glauben in der Öffentlichkeit kaum. Kopftuchtragende Frauen und Mädchen sieht man in Städten und Dörfern nur ganz vereinzelt (Beil. /E, Seite 7).

 

1. d. Administrative Einteilung

 

PISG (Provisional Institutions of Self-Governance), = provisorische administrative Institutionen

 

30 Municipalities, i.e. Bezirkshauptmannschaften (nicht Gemeinden)

 

KFOR (Kosovo Force)

 

4 MNBs = Multinationale Brigaden, nämlich "Centre", "Nordost", "Ost" und "Südwest"

 

Österreichische Präsenz:

 

Außenstelle der öst. Botschaft Belgrad in Prishtina (Botschafter in Belgrad: Dr. J., Amtsbereich: Serbien, Montenegro und Kosovo; Leiter der Außenstelle: BS Mag. A.B.

 

Konsul der AS: AD C.S.

 

ILO: Obstlt. A.P. (seit 1.4.06)

 

24 Exekutivbeamte im Rahmen der CivPol-Mission

 

dzt. 5 Justizwachebeamte

 

ca. 600 Soldaten in AUCON/KFOR

 

5 Mitarbeiter bei der OSZE

 

ca. 10 UNMIK-Mitarbeiter

 

div. Vertreter in verschiedenen NGOs

 

Österreich-Bibliothek an der Universität Prishtina

 

Marketing-Büro der WKÖ (Sur-Place Angestellte), Teil der AS

 

Koordinationsbüro der ADA. Mag. A.F., Parlamentswahlen 23.10.2004

 

2. Sicherheitslage im Kosovo:

 

2. a. Lageentwicklung:

 

Das erste Quartal 2004 begann im Bezug auf die Sicherheitslage relativ ruhig. Nach den Märzunruhen beruhigte sich die Sicherheitslage dann wieder und blieb relativ stabil.

 

Insgesamt hat sich die Sicherheitslage seit Juni 1999 verbessert, mit der Unruhen Mitte März 2004 wieder punktuell eingetrübt (ohne auf das Niveau von 1999 zurückzufallen). VN-Sonderbotschafter Kai Eide bezeichnet die Sicherheitslage in dem Bericht, der dem Sicherheitsrat am 07.10.2005 vorgelegt wurde, zwar insgesamt als stabil, aber für die Minderheitsangehörigen als beunruhigend ("troubling") (Beil. /B, Seite 9).

 

Laut UNHCR hat sich seit März 2004 die generelle Sicherheitssituation gemessen an schweren Übergriffen an Minderheiten verbessert (Beil. /D, Seite 1)

 

Im Jahr 2004 wurden 172 Fälle inerethnischer Vorfälle registriert (2003:138 Fälle). Die Opfer waren in 111 Fällen Kosovo-Serben, in 20 Fällen Kosovo-Albaner, in 16 Fällen Roma, in 16 Bosniaken, in drei Kroaten und in zwei Türken (Beil. /B, Seite 10).

 

Die Statusverhandlungen beeinflussen die momentane Sicherheitslage. Jener Teil der Bevölkerung (Kosovo-Albaner, die der Idee des Großalbaniens nachhängen und die Kosovo-Serben, welche sich von einer klar distanzieren), der die Zuerkennung einer Form von Unabhängigkeit nichts positives abgewinnen können, werden versuchen, dieses Ziel mit allen Mitteln zu bekämpfen, es dürften aber die Unruhen, wie im März 2004, nicht wahrscheinlich sein. Momentan reduziert sich dieser "Zweckterrorismus" jedoch auf eine Zunahme von Behauptungen von ethnischen motivierten Übergriffen und geschieht dies mit Hilfe der serbischen Behörden.

 

2. b. Kriminalität:

 

Die Schwerstkriminalität ist im Laufe der Jahre erheblich zurückgegangen (Beil. /E, Seite 5).

 

Die (derzeit vorherrschende) Kriminalität im Kosovo ist OK (Organisierte Kriminalität)-orientiert. Dies bedeutet das praktische Nicht-Vorhandensein von überwiegender und "gefährlicher" Straßenkriminalität. Die organisierte Kriminalität (OK) stellt jedoch nach Ansicht vieler internationaler Beobachter eines der Hauptprobleme des Kosovo dar. Wie in vielen Ländern des Balkan hat OK das durch die Ereignisse der 90er-Jahre bestehende Vakuum ausgenützt und weitreichende Netzwerke aufgebaut (Beil. /C, Punkt 2.5.). Die Hauptfelder der OK sind der Schmuggel von Kraftstoffen, der Zigaretten und Medikamenten in den Kosovo sowie Menschenhandel (Prositution) (Beil. /A, Seite 25f, sowie damit im Einklang Beil. /E, Seite 5,).

 

Trotzdem ist Prishtina obwohl es ein Nachkriegsland ist, diesbezüglich sicherer als vergleichsweise Wien.

 

In Bezug auf die Kleinkriminalität ist das momentane Hauptaugenmerk der Polizei auf die Bereiche Diebstahl, Kfz Diebstahl, Einbruchsdiebstahl, Raub, illegaler Waffenbesitz und Gewalt in der Familie fokussiert. Die Kleinkriminalität nimmt in den Übergangsmonaten Oktober, November sowie im Februar und März im Kosovo im Verhältnis zu den restlichen Monaten zu. Die Ursache darin sieht UNMIK und die KPS in der Verbesserung der Witterung (besser als im Hochwinter) und im trotzdem noch frühen Eintritt der Dunkelheit (Beil. /A, Seite 25).

 

2. c. Sicherheitsapekte in Bezug auf UCK und AKSH:

 

Die UCK hat die im Juli 1999 gegenüber KFOR deklarierten großen Waffen abgegeben und scih am 21. September 1999 formell aufgelöst.

 

Um den Bertoffenen eine greifbare Perspektive für eine berufliche Zukunft sowie eine Rückkehr ins Zivilleben zu bieten, wurde am 01. Februar 2000 das zivile Hilfkorps "Kosovo Protection Corps" (KPC, alb. TMK "Kosovo Schutz Truppe") eingerichtet, um politisch neutral und multi-ethnisch organisiert strikt zivile Aufgaben wie Katastrophenschutz, Such- und Rettungsdienste, Minenräumung, Wiederaufbau, humanitäre Hilfseinsätze etc. zu übernehmen (Beil. B, Seite 8).

 

In den Jahren 2002/2003 machte die "Albanische Nationale Armee"(AKSh), vormals "Front für Albanische Nationale Einheit" (FBKSh), wiederholt durch großalbanische Propaganda in den Medien und durch die Übernahme der "Verantwortung" für den Sprengstoffanschlag auf die Eisenbahnlinie bei Zvecan im April 2003 auf sich aufmerksam. Eine akute Gefährdung der Sicherheitslage in der Region stellt diese bewaffnete Gruppierung, die Verbindungen zu ehemaligen und aktiven Mitgliedern der TMK und zu Strukturen der organisierten Kriminalität hat, derzeit jedoch nicht dar. Die UNMIK hat diese bewaffnete Gruppierung als terroristische Organisation verboten (Beil. B, Seite 8).

 

Seitdem war nichts Wesentliches mehr zu vernehmen, allenfalls propagandistisch großalbanische "Internet - Auftritte" und ist es 2004 in Albanien zu Verhaftungen mutmaßlicher führender AKSh-Mitglieder gekommen (Beil. /E, Seite 6).

 

2.1. Schutzfähigkeit und Schutzwilligkeit der internationalen Behörden:

 

Zur Zeit sind 2.160 Vollzugsbeamte der internationalen Polizei aus 44 Ländern vor Ort im Einsatz (Stand: Oktober 2005, aus Deutschland 238 Polizisten).

 

Der Aufbau einer lokalen, multi-ethnischen Polizei (Kosovo, Police Service, KPS) ist weit vorangetrieben worden.

 

Im Kosovo sind derzeit ca. 19.000 KFOR-Soldaten aus NATO-und Nicht NATO-Staaten stationiert (Beil. /B, Seite 6, und Beil./A, Seite 27 hinsichtlich der Anzahl der KFOR-Soldaten).

 

UNMIK (United Nations Mission in Kosovo) - KPS (Kosovo Police Service) - KFOR (Kosovo Force). Alle drei Sicherheitskörper gemeinsam sorgen für ein sicheres Umfeld. Der Sicherheitsstandard ist als hoch zu bewerten (Beil. /A, Seite 25).

 

In gleicher Weise wird im Bericht des britischen Homeoffice ausdrücklich und wiederholt festgestellt, dass UNMIK, KPS und KFOR für alle ethnischen Albaner, (auch für solche aus Minderheitengebieten, für solche, die mit dem serbischen Regime in Zusammenhang gebracht werden, für solche, die sich vor UCK (Englisch: KLA)-Übergriffen/Vorwürfen fürchten, und für solche aus gemischten Ehen) zulänglichen Schutz bieten (Beil. /C, Punkte 3.8 bis 3.11).

 

UNMIK-Police (Internationale Polizei) hat insges. ca. 1800 Mitarbeiter (CivPol und Ziviladministration). Die massive Präsenz der internationalen Polizei im Kosovo in Verbindung mit KPS stellt sicher, dass die Polizei ihren Aufgaben nachkommt.

 

Momentane Rolle der UNMIK-Police:

 

Polizei Stationen: Alle bestehenden wurden bereits an die KPS übergeben.

 

Monitoring (im Stations- und regionalen Bereich): Grundsätzlich gibt es pro Polizeidienststelle 2 internationale CivPol-Beamte in der Funktion als Monitor und Berater. Die Grenzsektion der UNMIK-Polizei steht nach wie vor unter internationaler Führung und Verantwortung

 

Community Police (bürgernaher Polizeidienst): Verdichtete Streifentätigkeit in den Wohngebieten der ethnischen Minderheiten. Die soll vor allem der Bevölkerung und den internationalen politischen Vertretern zeigen, dass die Minderheiten besonderen Schutz genießen und dass auf deren Anliegen mit besonderer Sensitivität eingegangen wird.

 

KFOR (ca. 19.000 Soldaten): Durch nachstehende Aufgabenerfüllung (i.e. Intelligence, Patrouillen, Joint Patrols mit KPS und UNMIK-Police) werden hohe internationale Sicherheitsstandards durchgesetzt.

 

UNMIK-Administration (DOJ - Justizdepartment) internationale und nationale Staatsanwälte und Richter. Durch Aufgabenverteilung ist sichergestellt, dass internationale Staatsanwälte und Richter folgende Sachverhalte bearbeiten:

 

Internationale Verbrechen (inkl. OK)

 

Ethnisch motivierte Straftaten

 

Kriegsverbrechen

 

Die restlichen Straftaten werden bereits - unter Aufsicht und Mentoring - der "Internationalen" durch einheimische Richter und Staatsanwälte bearbeitet.

 

KPS (Kosovo Police Service): - Multiethnisch, 6.831 Polizeibeamte und 1148 Zivilbedienstete (401 Beamte in der Polizeischule in Vushtri) mit Stand März 2006. Der Vertrauensgrad der Bevölkerung im Kosovo in die KPS ist nach wie vor ungebrochen hoch.

 

Um die Behauptung einer ethnisch motivierten Straftat, Anzeige derselben auf einer Polizeidienststelle und die daraus resultierenden Auswirkungen am anschaulichsten darzustellen, darf ein Beispiel angeführt werden, welches in Österreich - wohl mehr als oft erwünscht - seitens Ausländern gegenüber polizeilichem Einschreitens verwendet wird: Ein Ausländer (meist aufgrund der Abstammung visuell als solcher erkennbar) behauptet, dass er nur aufgrund seiner Abstammung oder Hautfarbe von behördlichen Organen diskriminiert wurde. Diese Behauptung wird mit Sicherheit genaueste Erhebungen zur Folge haben. Es besteht keine Möglichkeit auch nur daran zu denken, dass man keine polizeilichen und disziplinären Erhebungen vornimmt.

 

Dieser Vergleich ist durchaus auf die Behauptung einer ethnisch motivierten Straftat im Kosovo anzuwenden. Keine Behörde wird sich der Gefahr aussetzen, eine derartige Anzeige nicht entgegen zu nehmen noch keine adäquaten Erhebungen zu führen (Beil. /A, Seite 35).

 

2.2. UNHCR-Position

 

Der UNHCR wies bereits im Januar 2003 darauf hin, dass die überwiegende Mehrheit der Kosovo - Albaner, die während der Kosovo - Krise geflohen waren, nach Hause zurückgekehrt ist. Im Positionspapier vom März 2005 (Beil. /D) wird aber darauf hingewiesen, dass es immer noch einige Kategorien von Kosovo - Albanern (so z.B. aus Gebieten in denen sie eine ethnische Minderheit bilden oder Kosovo - Albaner in Mischehen und Personen gemischt-ethnischer Herkunft, sowie Kosovo - Albaner, die der Mitarbeit mit dem serbischen Regime nach 1990 verdächtigt werden) gibt, die mit ernsten Problemen, einschließlich pyhsischer Gefahr, konfrontiert werden könnten, wenn sie derzeit nach Hause zurückkehren würden. Kosovo - Albaner christlichen Glaubens sind keinen Diskriminierungen durch die muslimische Mehrheitsbevölkerung ausgesetzt (Beil./ B, Seite 11, und Beil./ D).

 

2.3. Aus den erörterten Berichten ableitbare Erkenntnisse bezüglich der Sicherheitslage im Kosovo

 

Hinsichtlich Repressionen Dritter gibt es in den erörterten Berichten, die eine Vielzahl von namhaften Quellen beinhalten, keine Hinweise dafür, dass ethnische Albaner in Gebieten, in welchen sie der Mehrheitsbevölkerung angehören, gehäuft Opfer von Übergriffen sind.

 

In allen Berichten wird übereinstimmend festgestellt, dass die Organisierte Kriminalität ein Problem ist. Es kann jedoch nicht erkannt werden, dass "Normalbürger" mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit davon betroffen sind, da sich organisierte Kriminalität bevorzugt auf Geschäftsfelder, wie etwa internationaler Schmuggel und illegaler Handel (Drogen, Zigaretten, Waffen, Menschen etc.) mit hohen logistischen Anforderungen erstreckt (Beil. / A, Seite 16 letzter Abs.).

 

Für den einzelnen ethnischen Kosovo-Albaner, der nicht in organisierte Kriminalität verwickelt ist, besteht hingegen im Vergleich zu anderen Staaten, etwa auch Österreich kein Sicherheitsdefizit. Vielmehr kann er vor eventueller privater Bedrohung effektiven Schutz erhalten, zumal die drei Sicherheitskörper UNMIK, KPS und KFOR, deren Sicherheitsstandards als hoch bewertet werden, als geeignete behördliche Interventionsstelle anzusehen sind.

 

Demgemäß wird im jüngsten Bericht der ÖB, Außenstelle Prishtina, von Major A.V., der monatelang vor Ort war und in direktem Kontakt mit der ansässigen Bevölkerung vorhandene Probleme recherchiert hat, ausdrücklich festgehalten, dass asylrelevante Problematiken ethnischer Albaner hinsichtlich einer subjektiv wahrgenommenen Verfolgung oder Bedrohung lediglich im nördlichen Teil von Mitrovica nachvollziehbar und im Einzelfall vor Ort zu beurteilen wäre. Im übrigen Kosovo können solcherlei Verfolgungen oder Bedrohungen zur Zeit keinesfalls nachvollzogen werden (Beil. /A, Seite 52).

 

3. Amnestie

 

Im Amtsblatt der BR Jugoslawien Nr. 9/2001 vom 2.3.2001 wurde ein Amnestiegesetz, insbesondere für Wehrdienstverweigerer, Deserteure und Personen, die vormals gegen das serbische Regime gekämpft haben - etwa UCK-Angehörige, kundgemacht.

 

Art. 1 dieses Gesetzes lautet wie folgt (Beil. /F):

 

"Artikel 1

 

Amnestie wird gewährt für Personen, die bis zum 07.10.2000 Straftaten begangen bzw. unter begründetem Verdacht stehen, sie begangen zu haben, und zwar: Verweigern des Annehmens und des Gebrauchs der Waffe gem. Art. 201, Widersetzen gegen den Einberufungsbefehl und Wehrpflichtentziehung gem. Art. 214, Wehrpflichtentziehung durch Herbeiführen der Wehruntauglichkeit oder Täuschung gem. Art. 215, eigenmächtiges Entfernen und Flucht aus der Armee Jugoslawiens gem. Art. 217, Verweigern der Musterung gem. Art. 218 und Nichterfüllen der Abgabepflicht gem. Art. 219, vorgegeben durch das Strafgesetzbuch der Bundesrepublik Jugoslawien (Amtsblatt der SFRJ Nr. 44/76, 36/77, 34/84, 37/84, 74/87, 57/89, 3/90, 38/90, 45/90, 54/90 sowie Amtsblatt der BRJ Nr. 35/92, 16/93, 37/93 und 24/94).

 

Mit diesem Gesetz wird des Weiteren Amnestie gewährt für Personen, die in der Zeit vom 27.04.1992 bis zum 07.10.2000 Straftaten begangen bzw. für die der begründete Verdacht besteht, sie begangen zu haben, und zwar: Verhinderung des Kampfes gegen den Feind gem. Art. 118, bewaffneter Aufstand gem. Art. 124, Aufforderung zu gewaltsamer Veränderung der verfassungsmäßigen Ordnung gem. Art. 133, Vereinigung zwecks feindlicher Aktivitäten gemäß Artikel 136 sowie Verletzung des Ansehens der BRJ gem. Art. 157, vorgeschrieben durch das Strafgesetzbuch der Bundesrepublik Jugoslawien (Amtsblatt BRFJ Nr. 44/76, 36/77, 34/84, 74/87, 57/89, 3/90, 38/90, 45/90, 54/90, sowie Amtsblatt der BRJ Nr. 35/92, 16/93, 37/93 und 24/94).Die Amnestie gemäß Absatz 1 und 2 dieses Artikels umfasst die Befreiung von Strafverfolgung, Freilassung aus dem Strafvollzug und das Löschen des Urteils."

 

Art. 3 des Amnestiegesetzes sieht vor, dass gegen Personen gem. Art. 1 des Gesetzes, gegen welche noch kein Strafverfahren eingeleitet wurde, auch in Zukunft kein solches Verfahren eingeleitet wird. Sofern das Strafverfahren läuft, wird es eingestellt.

 

Das Amnestiegesetz ist am Tag nach der Kundmachung im Amtsblatt in Kraft getreten und wird tatsächlich und unterschiedslos angewandt. Es bestehen keine Hinweise, dass bei der Anwendung des Amnestiegesetzes ethnische Gesichtspunkte von Bedeutung wären.

 

4. Rückkehrfragen: Wirtschaft, Wohnsituation u. Gesundheitssystem im Kosovo

 

4. a. Wirtschaft:

 

KFOR und die EU leisteten in den Jahren 1999 bis 2002 wesentliche Hilfe bei der Beseitigung der Kriegsschäden und beim Aufbau der Infrastruktur (1.400 Straßen wurden instand gesetzt und zerstörte Brücken wieder aufgebaut). Weiters wurden aus Mitteln der E.U. - Finanzhilfe 20.000 Häuser für 300.000 Menschen wieder aufgebaut. Ab 2002 setzte eine deutliche Reduktion der Mittelzuflüsse der internationalen Gemeinschaft ein (Beil. /A, Seite 20). Die Arbeitslosenquote liegt bei geschätzten 55% (Beil./A) bzw. 57% (Beil. /B). bzw. 70% bei den unter 30-Jährigen, wobei bei diesen Zahlen der informelle Sektor nicht berücksichtigt ist.

 

Die Bevölkerung des Kosovo ist bis auf wenige Ausnahmen (sozial schwache Bewohner von Enklaven) nicht mehr auf Lebensmittelversorgung durch internationale Hilfsorganisationen angewiesen. Die Grundversorgung der Bevölkerung mit Nahrungsmitteln ist gewährleistet (Beil. /B, Seite19).

 

Es sind in den erörterten Berichte keine Fälle dokumentiert, dass aufgrund der schwierigen wirtschaftlichen Lage Personen tatsächlich lebensgefährdend in ihrer Existenz bedroht waren oder aktuell sind.

 

4. b. Gesundheitswesen:

 

Der Gesundheitssektor des Kosovo ist durch die Entwicklungen in den 90er-Jahren schwer in Mitleidenschaft gezogen worden. Die Wiederherstellung der medizinischen Grundversorgung ist prioritär, aber letztlich nur langfristig möglich. Die Möglichkeiten komplizierte Behandlungen oder operative Eingriffe durchzuführen sind zur Zeit noch begrenzt. Medikamente, die eigentlich kostenfrei erhältlich sein sollen, werden teilweise nur gegen Bezahlung an Patienten abgegeben (Beil. /B, Seite 19).

 

Die "Primär Versorgung", zu der alle Ethnien Zugang haben und die mit Österreichs Hausarztsystem verglichen werden kann, ist eine Obsorgeverpflichtung der Gemeinden - Gemeindeverbände stellen die finanziellen Mittel zur Verfügung (hauptsächlich Krankenschwestern und Allgemeinmediziner). Es ist ein symbolischer Beitrag nach einem sozialen System (¿ 1,- bis 10,-) zu leisten. In der Primär-Versorgung werden Krankheiten diagnostiziert und bei Bedarf Überweisungen an Spezialisten (Sekundär und Tertiär-Versorgung) verfügt sowie Medikamente verschrieben.

 

Die "Sekundäre und Tertiäre Versorgung", ebenfalls für alle Ethnien zugänglich, ist eine staatliche Grundversorgung (Gesundheitsministerium stellt die finanziellen Mittel zur Verfügung), es gibt Bezirkskrankenhäuser und die Uniklinik Prishtina. Operative Eingriffe, decken prinzipiell alle spezialisierten medizinischen Bereiche ab; Therapiemöglichkeiten sind eingeschränkt, teilweise aufgrund der ärztlichen Ausbildung bzw. der vorhandenen Therapieplätze. Es ist ebenfalls ein symbolischer Beitrag (¿ 5,- bis 50,- max.) zu leisten.

 

Nach Auskunft des Gesundheitsministeriums im Kosovo werden posttraumatische Belastungsstörungen in der Regel rein medikamentös behandelt und ist die Behandlung durch psychotherapeutische Methoden nur selten. Die Behandlung sowie die Therapie in den Mental Health Centers ist kostenfrei, gleichfalls die Angebote von NGO¿s.

 

Im Kosovo ist die Versorgung mit Medikamenten in beinahe jeder kleinen Ortschaft gegeben. In Dörfern, die keine anerkannte Apotheke haben, wird dieses Bedürfnis durch private Apotheken gedeckt. Die bisherigen Erhebungen ergaben, dass die gesamte Palette der Medikationen abgedeckt ist. Die Preise sind je nach Apotheke unterschiedlich und variieren bis zu 100 %. Die Marken der Medikamente, wie sie in Österreich bekannt sind, gibt es zum Großteil nicht. Hinsichtlich der Qualität der großteils von China importierten Ware kann nicht beurteilt werden. Tatsache ist, dass alle Generika im Kosovo erhältlich sind (Beil. /A, Seite 63f).

 

4. c. Wohnsituation der Rückkehrer:

 

Habitat (UN Centre of Human Settlement) Wiederaufbau v. zerstörten Häusern: Dieser Prozess ist zum Großteil abgeschlossen. Die meisten Häuser, so die Besitzer die Eigentumsrechte nachweisen konnten, wurden wieder aufgebaut.

 

Municipalities - Gemeindeverbände (Büro f. Heimkehrer): Seit Juni 2005 wurde die Notwendigkeit seitens der UNMIK erkannt, diesen Institutionen mehr Aufmerksamkeit zu widmen und den lokalen Behörden vor Augen zu führen, dass deren bisherige Anstrengungen keinesfalls den erwarteten Anforderungen entsprechen. Folglich wurde dieser Sektor weiterentwickelt und funktioniert weit besser als dies in der Vergangenheit zum Ausdruck kam. Die Municipalities wurden stärker in die Verantwortung genommen und werden heute mit den vermehrten Rückkehrern konfrontiert. Die Aufgabe der Gemeindeverbände besteht darin, eine Unterkunft bereitzustellen, sollte die Familie dazu nicht in der Lage sein (was sehr selten vorkommt) und durch diverse Pogramme und finanzielle Zuwendungen die Wiederansiedlung und Eingliederung der Rückkehrer zu unterstützen. Es besteht noch ein eklatanter Aufholbedarf in der Professionalität dieser Institutionen. Dies war auch Teil der Kritik im Kai Eide - Report und durch den SRSG.

 

Traditionelles Sozialsystem - Kanun: UNMIK erkannte aufgrund des vorhandenen traditionellen Sozialsystems lange nicht die Notwendigkeit einer staatlichen Vorsorge oder zumindest nicht in dem erforderlichen Ausmaß. Aufgrund der traditionellen Verpflichtungen seitens der Kosovo Albaner auch entfernter Verwandte Familienmitglieder in ihren Verband aufzunehmen, gab es auch keinerlei Schwierigkeiten für die Rückkehrer. Bekannte Gründe - die Rückkehrunwilligen behaupten keine Wohnmöglichkeit zu haben - lösten die oben beschriebene Reaktion der UNMIK aus. Es wurde de facto ein Auffangbecken für jene geschaffen, die wirklich kein Familienmitglied mehr im Kosovo haben (Beil. /A, Seiten 61/62)."

 

Der Beschwerdeführer nahm diesbezüglich Stellung, indem er vorbrachte, dass dies nur teilweise stimme, es gebe viele Leute, die bedroht werden würden, die aber der KFOR und KPS nicht vertrauen würden. Diese Leute seien gezwungen umzuziehen, bis es mit den Bedrohungen besser werde.

 

II. Der Asylgerichtshof hat erwogen:

 

Mit 1.7.2008 ist das Asylgerichtshofgesetz (AsylGHG) in Kraft getreten.

 

Mit 1.1.2006 ist das Asylgesetz 2005 (AsylG) in Kraft getreten.

 

§ 75 Abs. 7 AsylG 2005 lautet wie folgt:

 

Am 1. Juli 2008 beim unabhängigen Bundesasylsenat anhängige Verfahren sind vom Asylgerichtshof nach Maßgabe der folgenden Bestimmungen weiterzuführen:

 

1.

 

Mitglieder des unabhängigen Bundesasylsenates, die zu Richtern des Asylgerichtshofes ernannt worden sind, haben alle bei ihnen anhängigen Verfahren, in denen bereits eine mündliche Verhandlung stattgefunden hat, als Einzelrichter weiterzuführen.

 

2.

 

Verfahren gegen abweisende Bescheide, in denen eine mündliche Verhandlung noch nicht stattgefunden hat, sind von dem nach der ersten Geschäftsverteilung des Asylgerichtshofes zuständigen Senat weiterzuführen.

 

3.

 

Verfahren gegen abweisende Bescheide, die von nicht zu Richtern des Asylgerichtshofes ernannten Mitgliedern des unabhängigen Bundesasylsenates geführt wurden, sind nach Maßgabe der ersten Geschäftsverteilung des Asylgerichtshofes vom zuständigen Senat weiterzuführen.

 

Gem. § 75 Abs. 1 erster Satz, AsylG 2005 sind alle am 31. Dezember 2005 anhängigen Verfahren nach den Bestimmungen des Asylgesetzes 1997 zu Ende zu führen.

 

Gem. § 124 Abs. 2 des ebenfalls mit 1.1.2006 in Kraft getretenen Fremdenpolizeigesetzes 2005 (FPG) treten, soweit in anderen Bundesgesetzen auf Bestimmungen des Fremdengesetzes 1997 verwiesen wird, an deren Stelle die Bestimmungen dieses Bundesgesetzes.

 

Ad 1.)

 

Gemäß § 7 Asylgesetz 1997 hat die Behörde Asylwerbern auf Antrag mit Bescheid Asyl zu gewähren, wenn glaubhaft ist, dass ihnen im Herkunftsstaat Verfolgung (Artikel 1, Abschnitt A, Ziffer 2 der Genfer Flüchtlingskonvention) droht und keiner der in Artikel 1 Abschnitt C oder F der Genfer Flüchtlingskonvention genannten Endigungs- oder Ausschlussgründe vorliegt.

 

Flüchtling im Sinne des Asylgesetzes 1997 ist, wer aus wohlbegründeter Furcht, aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung verfolgt zu werden, sich außerhalb seines Heimatlandes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, sich des Schutzes dieses Landes zu bedienen; oder wer staatenlos ist, sich infolge obiger Umstände außerhalb des Landes seines gewöhnlichen Aufenthaltes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, in dieses Land zurückzukehren.

 

Zentrales Element des Flüchtlingsbegriffs ist die "begründete Furcht vor Verfolgung". Die begründete Furcht vor Verfolgung liegt dann vor, wenn objektiverweise eine Person in der individuellen Situation des Beschwerdeführers Grund hat, eine Verfolgung zu fürchten. Verlangt wird eine "Verfolgungsgefahr", wobei unter Verfolgung ein Eingriff von erheblicher Intensität in die vom Staat zu schützende Sphäre des Einzelnen zu verstehen ist, welcher geeignet ist, die Unzumutbarkeit der Inanspruchnahme des Schutzes des Heimatstaates bzw. der Rückkehr in das Land des Schutzes des Heimatstaates bzw. der Rückkehr in das Land des vorherigen Aufenthalts zu begründen. Die Verfolgungsgefahr muss ihre Ursache in den in der Genfer Flüchtlingskonvention genannten Gründen haben und muss ihrerseits Ursache dafür sein, dass sich die betreffende Person außerhalb ihres Heimatlandes bzw. des Landes ihres vorherigen Aufenthaltes befindet. Die Verfolgungsgefahr muss dem Heimatstaat bzw. dem Staat des letzten gewöhnlichen Aufenthaltes zurechenbar sein. Zurechenbarkeit bedeutet nicht nur ein Verursachen, sondern bezeichnet eine Verantwortlichkeit in Bezug auf die bestehende Verfolgungsgefahr. Die Verfolgungsgefahr muss aktuell sein, was bedeutet, dass sie zum Zeitpunkt der Bescheiderlassung vorliegen muss. Bereits gesetzte vergangene Verfolgungshandlungen stellen im Beweisverfahren ein wesentliches Indiz für eine bestehende bzw. pro futuro zu erwartende Verfolgungsgefahr dar.

 

Rechtlich folgt aus dem Vorbringen des Beschwerdeführers vor dem Hintergrund des festgestellten Sachverhaltes, dass er nicht Flüchtling im Sinne der GFK ist.

 

Zum einen ist die Sicherheitslage im Kosovo aktuell nicht dergestalt, dass Bedrohungen seitens (unbekannter) Privater gehäuft vorkommen, auch sind ethnische Albaner im Kosovo nicht gehäuft Opfer von Übergriffen, sodass für diesen Personenkreis schon keine maßgebliche Wahrscheinlichkeit vorliegt, tatsächlich Ziel von Bedrohungen zu werden, und zum anderen wären solche Nachteile auch nicht dem unter internationaler Verwaltung stehendem Heimatstaat des Beschwerdeführers zurechenbar, da die internationalen Sicherheitskräfte UNMIK, KFOR und KPS einen hohen Sicherheitsstandard im Kosovo gewährleisten und vor Bedrohungen durch Private effektiv Schutz bieten. Dem Beschwerdeführer ist somit zumutbar, dass er sich bezüglich der ins Treffen geführten Bedrohung durch Unbekannte (soferne diese im Falle seiner Rückkehr überhaupt noch aktuell wäre, was jedoch nicht erkannt werden kann, da die AKSH - nach den Feststellungen - nach dem Jahr 2004 und der Verhaftung führender Mitglieder in Albanien keine Gefährdung der Sicherheitslage mehr darstellte) an die drei Sicherheitsbehörden wendet, um Schutz zu erhalten.

 

Ad 2.)

 

Gemäß § 8 des Asylgesetzes 1997 hat die Behörde, im Falle einer Abweisung eines Asylantrages, von Amts wegen bescheidmäßig festzustellen, ob eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in den Herkunftsstaat zulässig ist.

 

§ 8 des Asylgesetzes 1997 verweist durch die Übergangsbestimmung des § 124 Abs. 2 des Fremdenpolizeigesetzes 2005 (FPG) auf § 50 FPG.

 

Gemäß § 50 Abs. 1 FPG ist die Zurückweisung, die Hinderung an der Einreise, Zurückschiebung oder Abschiebung Fremder in einen Staat unzulässig, wenn dadurch Art. 2 oder 3 der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK), BGBl. Nr. 210/1958 oder das Protokoll Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten über die Abschaffung der Todesstrafe verletzt würde oder für sie als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes verbunden wäre.

 

Gemäß Abs. 2 leg.cit. ist die Zurückweisung oder Zurückschiebung Fremder in einen Staat oder die Hinderung an der Einreise aus einem Staat unzulässig, wenn stichhaltige Gründe für die Annahme bestehen, dass dort ihr Leben oder ihre Freiheit aus Gründen ihrer Rasse, ihrer Religion, ihrer Nationalität, ihrer Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder ihrer politischen Ansichten bedroht wäre (Art. 33 Z 1 der Konvention über die Rechtsstellung der Flüchtlinge, BGBl. Nr. 55/1955, idF des Protokolls über die Rechtsstellung der Flüchtlinge, BGBl. Nr. 78/1974) es sei denn, es bestehe eine innerstaatliche Fluchtalternative (§ 11 AsylG 2005).

 

Gemäß § 50 Abs. 3 FPG dürfen Fremde, die sich auf eine der in Abs. 1 oder Abs. 2 genannten Gefahren berufen, erst zurückgewiesen oder zurückgeschoben werden, nachdem sie Gelegenheit hatten entgegenstehende Gründe darzulegen. Die Fremdenpolizeibehörde ist in diesen Fällen vor der Zurückweisung vom Sachverhalt in Kenntnis zu setzen und hat dann über die Zurückweisung zu entscheiden.

 

Der Prüfungsrahmen des § 50 Abs. 1 FPG wurde durch § 8 des Asylgesetzes 1997 auf den Herkunftsstaat des Fremden beschränkt.

 

Das Vorliegen der Voraussetzungen des § 50 Abs. 2 FPG wurde bereits unter Spruchpunkt I geprüft und verneint.

 

Der Asylgerichtshof hat somit zu klären, ob im Falle der Verbringung des Beschwerdeführers in sein Heimatland Art. 2 EMRK (Recht auf Leben), Art. 3 EMRK (Verbot der Folter) oder das Protokoll Nr. 6 zur Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten über die Abschaffung der Todesstrafe verletzt würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes verbunden wäre.

 

Der Verwaltungsgerichtshof hat in ständiger Rechtssprechung erkannt, dass der Antragsteller das Bestehen einer aktuellen Bedrohung der relevanten Rechtsgüter, hinsichtlich derer der Staat nicht willens oder nicht in der Lage ist, Schutz zu bieten, glaubhaft zu machen hat, wobei diese aktuelle Bedrohungssituation mittels konkreter, die Person des Fremden betreffender, durch entsprechende Bescheinigungsmittel untermauerter Angaben darzutun ist (für viele:

VwGH 26.6.1997, 95/18/1291; 17.7.1997, 97/18/0336).

 

Diese Mitwirkungspflicht des Antragstellers bezieht sich zumindest auf jene Umstände, die in der Sphäre des Beschwerdeführers gelegen sind, und deren Kenntnis sich die Behörde nicht von Amts wegen verschaffen kann (VwGH 30.9.1993, 93/18/0214).

 

Die Gefahr muss sich auf das gesamte Staatsgebiet beziehen (VwGH 23.6.1994, 94/18/0295) und muss die drohende Maßnahme von einer bestimmten Intensität sein, ein Mindestmaß an Schwere erreichen, um in den Anwendungsbereich des Art. 3 MRK zu gelangen.

 

Hinsichtlich der Glaubhaftmachung des Vorliegens einer drohenden Gefahr im Sinne des § 50 Abs. 1 FPG ist es erforderlich, dass der Fremde, die für diese ihm drohende Behandlung oder Verfolgung sprechenden Gründe, konkret und in sich stimmig schildert (VwGH 26.6.1997, 95/21/0294), und dass diese Gründe objektivierbar sind (VwGH 5.4.1995, 93/18/0289).

 

Hinsichtlich der ins Treffen geführten Bedrohung durch Unbekannte ist - gleichlautend wie in der Begründung zu Spruchpunkt 1.) - auszuführen, dass zum einen die Sicherheitslage im Kosovo aktuell nicht dergestalt ist, dass Bedrohungen seitens (unbekannter) Privater gehäuft vorkommen, auch sind ethnische Albaner im Kosovo nicht gehäuft Opfer von Übergriffen, sodass für diesen Personenkreis schon keine maßgebliche Wahrscheinlichkeit vorliegt, tatsächlich Ziel von Bedrohungen zu werden, und zum anderen wären solche Nachteile auch nicht dem unter internationaler Verwaltung stehendem Heimatstaat des Beschwerdeführers zurechenbar, da die internationalen Sicherheitskräfte UNMIK, KFOR und KPS einen hohen Sicherheitsstandard im Kosovo gewährleisten und vor Bedrohungen durch Private effektiv Schutz bieten. Dem Beschwerdeführer ist somit zumutbar, dass er sich bezüglich der ins Treffen geführten Bedrohung durch Private (AKSH-Mitglieder), die überdies im Falle seiner Rückkehr nicht mehr als aktuell erachtet werden kann, an die drei Sicherheitsbehörden wendet, um Schutz zu erhalten.

 

Es sind weiters keine Umstände amtsbekannt, dass im Kosovo eine solche extreme Gefährdungslage bestünde, dass gleichsam jeder, der dorthin zurückkehrt, einer Gefährdung im Sinne der Art. 2 und 3 EMRK ausgesetzt wäre, oder eine derartige humanitäre Katastrophe vorherrschte, dass das Überleben von Personen mangels Nahrung und Wohnraum tatsächlich in Frage gestellt wäre, und besteht auf dem Gebiet des Kosovo auch kein internationaler oder innerstaatlicher Konflikt.

 

Ad 3.)

 

Gemäß § 8 Abs. 2 des Asylgesetzes 1997 hat die Behörde den Bescheid mit einer Ausweisung zu verbinden, wenn der Asylantrag abgewiesen ist und die Überprüfung gem. § 8 Abs. 1 des Asylgesetzes 1997 ergeben hat, dass die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung in den Herkunftsstaat zulässig ist.

 

Das Asylverfahren ist, wie sich aus den vorangehenden Entscheidungsteilen ergibt, für den Antragsteller negativ entschieden worden; seine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung in den Herkunftsstaat ist zulässig, sodass - falls damit kein unzulässiger Eingriff in das Recht auf Achtung des Privat- und Familienlebens der berufenden Partei vorliegt (Art. 8 Abs. 1 EMRK) - der Bescheid mit einer Ausweisung zu verbinden ist.

 

Gemäß Art. 8 Abs. 1 EMRK hat jedermann Anspruch auf Achtung seines Privat- und Familienlebens, seiner Wohnung und seines Briefverkehrs. Der Eingriff einer öffentlichen Behörde in Ausübung dieses Rechts ist gemäß Art. 8 Abs. 2 EMRK nur statthaft, insoweit dieser Eingriff gesetzlich vorgesehen ist und eine Maßnahme darstellt, die in einer demokratischen Gesellschaft für die nationale Sicherheit, die öffentliche Ruhe und Ordnung, das wirtschaftliche Wohl des Landes, die Verteidigung der Ordnung und zur Verhinderung von strafbaren Handlungen, zum Schutz der Gesundheit und der Moral oder zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer notwendig ist.

 

Zu den in der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte (EGMR) zu Art. 8 EMRK entwickelten Grundsätzen zählt unter anderem auch, dass das durch Art. 8 EMRK gewährleistete Recht auf Achtung des Familienlebens, das Vorhandensein einer "Familie" voraussetzt.

 

Der Beschwerdeführer ist eigenen Angaben zufolge nicht verheiratet und hat auch keine Kinder (AS 69). Er hat einen Bruder in Wien, zu dem jedoch kein Abhängigkeitsverhältnis besteht (AS 29). Seine Eltern und übrigen Geschwister leben im Kosovo (AS 23, Datengruppe 4a und b). Der Beschwerdeführer ist weiters seit 6.2.2008 nicht mehr im Bundesgebiet gemeldet. Es liegt somit kein vom Schutz des Art. 8 EMRK umfasster Familienbezug (Kernfamilie) zu einer Person in Österreich vor.

 

Der durch die normierte Ausweisung des Beschwerdeführers aus dem Bundesgebiet erfolgende Eingriff in sein Privatleben ist weiters durch ein Überwiegen des öffentlichen Interesses im Vergleich zu seinem Privatinteresse am Verbleib im Bundesgebiet gedeckt:

 

Sein Aufenthalt im Bundesgebiet war nur ein vorläufiger und überdies lediglich Folge eines letztlich zu Unrecht gestellten Asylantrages, sodass das Gewicht seines ohnehin noch nicht als lange zu bezeichnenden Aufenthaltes von weniger als drei Jahren in Österreich noch weiter gemindert ist. Dem entgegen stehende Umstände, die eine besondere Integration des Beschwerdeführers nahe legen könnten, sind nicht ersichtlich, sodass bei einer abwägenden Gesamtbetrachtung der mit seiner Ausweisung verbundene Eingriff in sein Privatleben zulässig ist.

 

Die Ausweisung stellt daher keinen Eingriff in Art. 8 EMRK dar.

 

Sohin war spruchgemäß zu entscheiden.

Schlagworte
Ausweisung, familiäre Situation, Interessensabwägung, non refoulement, private Verfolgung, Sicherheitslage, staatlicher Schutz, Zumutbarkeit
Zuletzt aktualisiert am
05.10.2008
Quelle: Asylgerichtshof AsylGH, http://www.asylgh.gv.at
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