TE AsylGH Erkenntnis 2008/07/09 S7 400031-1/2008

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Veröffentlicht am 09.07.2008
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Spruch

S7 400.031-1/2008/2E

 

ERKENNTNIS

 

Der Asylgerichtshof hat durch die Richterin Dr. Lassmann als Einzelrichterin über die Beschwerde des S.A. alias B.K., 00.00.1984 geb. alias 00.00.1988 geb., Staatsangehörigkeit Kenia alias Somalia, vom 19.06.2008 gegen den Bescheid des Bundesasylamtes vom 09.06.2008, Zahl: 08 03.905 - BAG, zu Recht erkannt:

 

Die Beschwerde wird gemäß §§ 4 und 10 AsylG idF BGBL. I Nr. 100/2005 abgewiesen.

Text

Entscheidungsgründe

 

I.1. Der Beschwerdeführer ist Staatsangehöriger von Kenia alias Somalia, reiste am 01.05.2008 illegal in das österreichische Bundesgebiet ein und stellte noch am selben Tag einen Antrag auf internationalen Schutz.

 

Am 02.05.2008, am 14.05.2008 sowie am 09.06.2008 wurde der Beschwerdeführer durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes beziehungsweise durch die Erstinstanz zu seiner Identität, seinem Fluchtweg und seinen Fluchtgründen niederschriftlich einvernommen.

 

Der Beschwerdeführer behauptete im Zuge der Einvernahmen den Namen B.K. zu führen und sei er am 00.00.1988 geboren. Des Weiteren sei er Staatsbürger von Somalia. Die Urkunden die der Beschwerdeführer vorlegte, und laut deren er den Namen S.A. führe, am 00.00.1984 geboren sei, Staatsangehöriger von Kenia sei und von denen eine mit einem russischen Studentenvisum welches zum Aufenthalt bis zum 30.08.2008 berechtigt, versehen ist, wären gefälscht. Ein Schlepper hätte vom Beschwerdeführer Passfotos verlangt und hätte er ihm in Anschluss daran den gefälschten Pass aus Kenia gegeben. Der Beschwerdeführer hätte noch nie einen eigenen Reisepass besessen (vgl. Seite 71 und 211 des erstinstanzlichen Verwaltungsaktes).

 

Gefragt, was der Beschwerdeführer bei einer Rückkehr in die Russische Föderation befürchte, antwortete dieser, es gehe ihm in Österreich gut, er wisse nicht was ihn in der Russischen Föderation erwarte. Er wolle in Österreich bleiben (vgl. Seite 213 des erstinstanzlichen Verwaltungsaktes).

 

2. Mit Bescheid des Bundesasylamtes vom 09.06.2008, Zl. 08 03.905 - BAG, wurde der Antrag auf internationalen Schutz vom 01.05.2008 ohne in die Sache einzutreten gemäß gem. § 4 Abs. 1 AsylG in Spruchteil I als unzulässig zurückgewiesen und der Antragsteller in Spruchteil II gem. § 10 Abs. 1 Z. 1 AsylG aus dem österreichischen Bundesgebiet in die Russische Föderation ausgewiesen, ferner wurde die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung in die Russische Föderation gem. § 10 Abs. 4 AsylG für zulässig erklärt.

 

Die Erstbehörde erachtete die Angaben des Beschwerdeführers als nicht glaubhaft. In ihrer Begründung führte die Erstbehörde im Wesentlichen aus, dass der Beschwerdeführer als Student in Russland befristet zum Aufenthalt berechtigt sei und stünde S.A. in der Russischen Föderation ein Verfahren zur Einräumung der Rechtsstellung eines Flüchtlings nach der Genfer Flüchtlingskonvention offen. Des Weiteren seien in der Russischen Föderation im aktuellen Fall alle Voraussetzungen des § 4 AsylG erfüllt und bestehe demzufolge für den Beschwerdeführer Drittstaatensicherheit in der Russischen Föderation, weshalb spruchgemäß zu entscheiden gewesen sei. Im Hinblick auf Spruchpunkt II verneinte das Bundesasylamt das Bestehen schützenswerter Interessen in Österreich und kam zum Schluss, dass die öffentlichen Interessen an der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung dem privaten Interesse des Beschwerdeführers an einem Verbleib in Österreich überwiegen würden.

 

3. Gegen diesen Bescheid brachte der Beschwerdeführer mit Schriftsatz vom 19.06.2008 fristgerecht Berufung (nunmehr: Beschwerde) wegen Verletzung von Verfahrensvorschriften und inhaltlicher Rechtswidrigkeit ein und gab er darin größtenteils die bereits vor der Erstbehörde ins Treffen geführten Argumente wieder. Außerdem beinhaltet die eingebrachte Beschwerde eine Vielzahl von diversen, aneinandergereihten Paragraphen des Asylgesetzes und wird weiters darin behauptet, der Beschwerdeführer sei schon allein aufgrund seiner Hautfarbe gefährdet, Opfer rassistischer Übergriffe zu werden.

 

II. Der Asylgerichtshof hat erwogen:

 

Gemäß § 4 Abs. 1 AsylG 2005 ist ein Antrag auf internationalen Schutz als unzulässig zurückzuweisen, wenn der Fremde in einem Staat, zu dem ein Vertrag über die Bestimmungen der Zuständigkeit zur Prüfung eines Asylantrages oder eines Antrages auf internationalen Schutz oder die Dublin-Verordnung nicht anwendbar ist, Schutz vor Verfolgung finden kann (Schutz im sicheren Drittstaat).

 

Nach Abs. 2 dieser Bestimmung besteht Schutz im sicheren Drittstaat, wenn einem Fremden in einem Staat, in dem er nicht gem. § 8 Abs. 1 bedroht ist, ein Verfahren zur Einräumung der Rechtsstellung eines Flüchtlings nach der Genfer Flüchtlingskonvention offen steht oder im Wege über andere Staaten gesichert ist (Asylverfahren), er während dieses Verfahrens in diesem Staat zum Aufenthalt berechtigt ist und er dort Schutz vor Abschiebung in den Herkunftsstaat - auch im Wege über andere Staaten - hat, sofern er in diesem gem. § 8 Abs. 1 bedroht ist. Dasselbe gilt bei gleichem Schutz vor Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung für Staaten, die in einem Verfahren zur Einräumung der Rechtsstellung eines Flüchtlings nach der Genfer Flüchtlingskonvention bereits eine Entscheidung getroffen haben.

 

Gemäß Abs. 3 dieser Bestimmung sind die Voraussetzungen des Abs. 2 in einem Staat widerlegbar dann gegeben, wenn er die Genfer Flüchtlinskonvention ratifiziert und gesetzlich ein Asylverfahren eingerichtet hat, das die Grundsätze dieser Konvention, der EMRK und des Protokolls Nr. 6, Nr. 11 und Nr. 13 zur Konvention umgesetzt hat.

 

Durch die Erlassung des angefochtenen Bescheides am 09.06.2008 wurde auch die in § 28 Abs. 2 AsylG 2005 vorgesehene Frist von 20 Tagen ab Einbringung des Antrags auf internationalen Schutz eingehalten.

 

Gemäß § 10 Abs. 1 Z 1 AsylG 2005 ist eine Entscheidung nach diesem Bundesgesetz mit einer Ausweisung zu verbinden, wenn der Antrag auf internationalen Schutz zurückgewiesen wird.

 

Nach § 10 Abs. 2 AsylG 2005 sind Ausweisungen nach Abs. 1 unzulässig, wenn

 

1. dem Fremden im Einzelfall ein nicht auf dieses Bundesgesetz gestütztes Aufenthaltsrecht zukommt, oder

 

2. eine Verletzung von Art. 8 EMRK darstellen würden.

 

Gemäß § 10 Abs. 3 AsylG 2005 ist, wenn die Durchführung der Ausweisung aus Gründen, die in der Person des Asylwerbers liegen, eine Verletzung von Art. 3 EMRK darstellen würde und diese nicht von Dauer sind, gleichzeitig mit der Ausweisung auszusprechen, dass die Durchführung für die notwendige Zeit aufzuschieben ist.

 

Nach § 10 Abs. 4 AsylG 2005 gilt eine Ausweisung, die mit einer Entscheidung gem. Abs. 1 Z 1 verbunden ist, stets auch als Feststellung der Zulässigkeit der Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung in den betreffenden Staat. Besteht eine durchsetzbare Ausweisung, hat der Fremde unverzüglich auszureisen.

 

Aufgrund der Vorlage sämtlicher als unbedenklich zu qualifizierender Dokumente steht fest, dass es sich beim Beschwerdeführer um S.A., geb. 00.00.1984, Staatsangehöriger von Kenia handelt und ist dieser als Student in Russland befristet zum Aufenthalt berechtigt.

 

Gemäß dem "Law of the Russian Federation No. 4528-1 of february 19, 1993 on refugees", steht dem Beschwerdeführer in der Russischen Föderation ein Verfahren zur Einräumung der Rechtsstellung eines Flüchtlings nach der Genfer Flüchtlingskonvention offen. Die Genfer Flüchtlingskonvention wurde seitens der Russischen Föderation ratifiziert und wurde gesetzlich ein Verfahren eingerichtet, welches die Grundsätze der Konvention, der EMRK und der Protokolle Nr. 6, Nr. 11 und Nr. 13 zur Konvention umsetzt.

 

Zwar wird in der Praxis häuptsächlich Refoulementschutz gewährt und nur selten Asyl, jede Entscheidung der Erstinstanz kann allerdings im Wege des Instanzenzuges angefochten werden. Während des Instanzenzuges besteht ein entsprechender Abschiebeschutz. Ein solches Verfahren gewährt auch Schutz vor Abschiebung in den Herkunftsstaat, auch im Wege über andere Staaten, sofern die Antragsteller im Herkunftsstaat im Sinne des § 8 AsylG bedroht wären.

 

Im obgenannten Gesetz bestimmt Artikel 12 unter anderem, dass der Status eines sogenannten "Temporary Refugee" verliehen werden kann, insbesondere dann, wenn die Abschiebung des betreffenden Antragstellers gegen menschenrechtliche Bestimmungen verstößt.

 

Ergänzend ist in diesem Zusammenhang festzustellen, dass es sich im Falle der Russischen Föderation um einen Rechtsstaat mit funktionierender Staatsgewalt handelt und sich der Beschwerdeführer im Falle eventueller Bedrohung seiner Person, welche im übrigen in jedem Land möglich ist, an diese wenden und von dieser Schutz erwarten könnte.

 

Eine systematische, notorische Verletzung fundamentaler Menschenrechte in der Russischen Föderation lässt sich keinesfalls erkennen und ist die Russische Föderation jedenfalls als sicherer Drittstaat zu werten. Zudem sei festgehalten, dass ein im besonderen Maße substantiiertes Vorbringen bzw. das Vorliegen besonderer vom Beschwerdeführer bescheinigter außergewöhnlicher Umstände, die die Gefahr einer Verletzung der EMRK im Falle einer Überstellung ernstlich möglich erscheinen ließen, im Verfahren nicht hervorgekommen sind.

 

Im Ergebnis sind zudem im vorliegenden Fall keine Hinweise für eine Unzulässigkeit der Ausweisung i. S. d. § 10 Abs. 2 AsylG 2005 ersichtlich, zumal weder ein - nicht auf das AsylG 2005 gestütztes - Aufenthaltsrecht aktenkundig ist, noch die Ausweisung des Beschwerdeführers eine Verletzung von Art. 8 EMRK darstellt. Darüber hinaus liegen auch keine Gründe für einen Durchführungsaufschub gem. § 10 Abs. 3 AsylG 2005 vor. Bezüglich des in den Bescheidspruch aufgenommenen Ausspruches über die Zulässigkeit der Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Beschwerdeführers in die Russische Föderation wird bemerkt, dass die getroffene Ausweisung gem. § 10 Abs. 4 erster Satz AsylG 2005 schon von Gesetzes wegen stets auch als Feststellung der Zulässigkeit der Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung in den betreffenden Staat gilt, weil diese mit einer Entscheidung gem. § 10 Abs.1 Z 1 AsylG 2005 verbunden ist.

Schlagworte
Ausweisung, Drittstaatsicherheit, staatlicher Schutz
Zuletzt aktualisiert am
17.10.2008
Quelle: Asylgerichtshof AsylGH, http://www.asylgh.gv.at
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