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32/01 Finanzverfahren allgemeines Abgabenrecht;Norm
BAO §198;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Meinl und die Hofräte Dr. Steiner, Dr. Fellner, Dr. Höfinger und Dr. Kail als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. iur. Mag. (FH) Schärf, über die Beschwerde der T GmbH in W, vertreten durch Petsch, Frosch & Klein, Rechtsanwälte in Wien I, Eschenbachgasse 11, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland vom 10. Dezember 1999, Zl. ZRV/30-13/96, betreffend Festsetzung eines Säumniszuschlages, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von S 15.000,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Bescheid vom 11. Oktober 1995 schrieb das Hauptzollamt Wien der Rechtsvorgängerin der beschwerdeführenden Partei die gemäß § 174 Abs. 3 lit. c und Abs. 6 ZollG 1988 iVm § 3 Abs. 2 ZollG 1988 im Zeitraum 1988 bis 1994 kraft Gesetzes entstandenen Eingangsabgabenschulden an Zoll S 2,008.028,-- und Außenhandelsförderungsbeitrag von S 321.594,-- vor. Der Säumniszuschlag wurde mit S 536.455,-- festgesetzt. In der Begründung heißt es, gemäß § 181 Abs. 2 ZollG 1988 sei die Einfuhrumsatzsteuer nicht nachzuerheben, soweit der Empfänger für diese Abgabe nach den umsatzsteuerrechtlichen Vorschriften zum Vorsteuerabzug berechtigt sei.
In der nur gegen die Höhe des vorgeschriebenen Säumniszuschlages erhobenen Berufung brachte die beschwerdeführende Partei vor, die Einfuhrumsatzsteuerschuld sei nicht geltend gemacht worden und daher könne insoweit kein Säumniszuschlag vorgeschrieben werden. Der Säumniszuschlag könne nur für den festgesetzten Zoll und Außenhandelsförderungsbeitrag eingehoben werden.
Nach Ergehen einer Berufungsvorentscheidung und dem Antrag auf Entscheidung über die Berufung durch die Abgabenbehörde II. Instanz wies die belangte Behörde die Berufung als unbegründet ab. Dies mit der Begründung, die Säumniszuschlagsschuld sei entstanden und fällig geworden und könne daher auch dann vorgeschrieben werden, wenn die entstandene und fällig gewordene Einfuhrumsatzsteuerschuld auf Grund des § 181 Abs. 2 ZollG 1988 nicht nacherhoben werde.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die Beschwerde, mit der sowohl Rechtswidrigkeit des Inhaltes als auch Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht wird. Die beschwerdeführende Partei erachtet sich in ihrem Recht auf Nichtfestsetzung des Säumniszuschlages verletzt.
Die belangte Behörde erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Mit dem Bescheid vom 11. Oktober 1995 wurden die Eingangsabgabenschulden an Zoll und AF-Beitrag sowie der Säumniszuschlag vorgeschrieben. Der Bescheid ist hinsichtlich der einzelnen Abgabenvorschreibungen teilbar. Die beschwerdeführende Partei hat ausdrücklich nur gegen die Höhe des festgesetzten Säumniszuschlages berufen. Die Festsetzung des Zolls und des AF-Beitrages blieb unbekämpft und insofern wurde der Bescheid rechtskräftig. Der angefochtene Bescheid hatte auf Grund der Berufung gegen die Festsetzung des Säumniszuschlages nur die Frage der Rechtmäßigkeit der Vorschreibung dieses Säumniszuschlages zum Gegenstand.
Die nach dem Bescheid des Hauptzollamtes Wien vom 11. Oktober 1995 im Zeitraum 1988 bis 1994 entstandenen Einfuhrumsatzsteuerschulden wurden in diesem Zeitraum fällig, aber nicht zu den Fälligkeitszeitpunkten entrichtet. Es entstand somit die Verpflichtung zur Entrichtung des Säumniszuschlages, der gemäß § 220 Abs. 1 BAO gleichzeitig auch fällig wurde.
Der Säumniszuschlag ist eine Nebengebühr nach § 3 Abs. 2 lit. d BAO.
Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. hg. Erkenntnis vom 20. Mai 1995, Zl. 92/13/0115) setzt die Säumniszuschlagspflicht den Bestand eines formellen Abgabenzahlungsanspruches voraus.
Vom Abgabenanspruch zu unterscheiden ist der Abgabenzahlungsanspruch; das ist die Verpflichtung einen Abgabenbetrag bestimmter Höhe bis zu einem bestimmten Zeitpunkt zu entrichten. Diese Verpflichtung ergibt sich aus einer bescheidmäßigen Festsetzung (§ 198 BAO) oder bei Selbstbemessungsabgaben auf Grund des Abgabengesetzes selbst bzw. aus der Selbstbemessung durch den Abgabepflichtigen (Ritz, Bundesabgabenordnung, Kommentar2, Rz 3 zu § 4).
Im Beschwerdefall erfolgte keine Festsetzung der Einfuhrumsatzsteuerschuld. Somit wurde der Abgabenzahlungsanspruch für den entstandenen Abgabenanspruch hinsichtlich der Einfuhrumsatzsteuer nicht geltend gemacht. Mangels Vorliegens eines hinsichtlich der Einfuhrumsatzsteuer geltend gemachten formellen Abgabenzahlungsanspruches erweist sich die Vorschreibung des Säumniszuschlages für die nicht festgesetzte Einfuhrumsatzsteuerschuld als rechtswidrig.
Da der Säumniszuschlag einheitlich für die Eingangsabgaben Zoll, Einfuhrumsatzsteuer und Außenhandelsförderungsbeitrag mit dem Bescheid erster Instanz sowie durch die Abweisung der Berufung auch durch den angefochtenen Bescheid ohne betragsmäßige Trennung vorgeschrieben wurde und ein Herausrechnen des auf die Einfuhrumsatzsteuer entfallenden Säumniszuschlages durch den Verwaltungsgerichtshof nicht zu erfolgen hat, war der angefochtene Bescheid, mit dem die Berufung über die Festsetzung des Säumniszuschlages abgewiesen wurde, wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG aufzuheben.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
Wien, am 23. März 2001
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2001:2000160080.X00Im RIS seit
25.07.2001Zuletzt aktualisiert am
17.12.2010