S9 400.082-1/2008/2E
ERKENNTNIS
Der Asylgerichtshof hat durch den Richter Mag. DRAGONI als Einzelrichter über die Beschwerde des B.E., geb. 00.00.1989, StA. TÜRKEI, vertreten durch Dr. K. gegen den Bescheid des Bundesasylamtes vom 13.06.2008, FZ. 0804.071-EAST-Ost, zu Recht erkannt:
Die Beschwerde wird gemäß §§ 5, 10 Asylgesetz 2005 (AsylG 2005), BGBL. I Nr. 100/2005, als unbegründet abgewiesen.
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :
I. Verfahrensgang und Sachverhalt:
Am 07.05.2008 brachte der Beschwerdeführer B.E. (in der Folge: BF) bei der Erstaufnahmestelle Ost einen Antrag auf internationalen Schutz im Sinne des § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 ein. Bei der niederschriftlichen Befragung gab der BF dazu an, er wäre am 03.05.2008 mit einem Autobus nach ISTANBUL gereist. Am 04.05.2008 habe er einen Schlepper getroffen und dieser hätte ihn zu einem LKW gebracht, wo auch noch vier weitere Personen gewesen seien. Der BF habe sich in diesem LKW verstecken müssen und während der Fahrt niemals aussteigen dürfen. Darin sei er über ihm unbekannte Länder nach Österreich gereist. Zu seinen Fluchtgründen befragt gab er an, er habe der Einberufung zu Militär nicht Folge geleistet. Derzeit würde in der TÜRKEI Krieg herrschen und täglich würden Soldaten getötet werden. Er wolle nicht zum Militär und gegen sein eigenes Volk kämpfen.
Aufgrund von Berichten, dass Fremde aus der TÜRKEI in letzter Zeit verstärkt über die Länder BULGARIEN, RUMÄNIEN und UNGARN nach ÖSTERREICH reisen würden, richtete das Bundesasylamt am 09.05.2008 an diese Länder entsprechende Anfragen gemäß dem Art 21 der Verordnung Nr. 343/2003 (EG) des Rates vom 18.02.2003 (Dublin II VO).
Mit Schreiben vom 13.05.2008 teilte das Bundesasylamt dem BF gemäß § 28 Abs. 2 AsylG 2005 mit, dass mit den Ländern BULGAREN, RUMÄNIEN und UNGARN Konsultationen geführt würden und daher die 20-Tages-Frist des § 28 Abs. 2 AsylG 2005 nicht mehr gelte.
Die Anfragen ergaben, dass RUMÄNIEN dem BF für den Zeitraum von 15.04.2008 bis 01.05.2008 ein Visum ausgestellt hatte und dass er 2008 über den Flughafen BUKAREST in RUMÄNIEN eingereist war.
Mit Schreiben vom 28.05.2008 übermittelte das Bundesasylamt dem BF gemäß § 29 Abs. 3 AsylG 2005 die Mitteilung, dass beabsichtigt sei, seinen Antrag auf internationalen Schutz zurückzuweisen, da Dublin Konsultationen mit RUMÄNIEN geführt würden.
Mit Schreiben des Romanian Office for Immigration, Directorate for Asylum and Intigration vom 02.06.2008 akzeptierte RUMÄNIEN seine Zuständigkeit gemäß Art 9 Abs. 4 Dublin II VO und stimmte der Überstellung des BF nach RUMÄNIEN zur weiteren Prüfung seines Asylantrages zu.
Am 09.06.2008 teilte das Bundesasylamt dem BF mit, dass am 12.06.2008 eine Einvernahme zur Wahrung des Parteiengehörs stattfinden werde. In dieser Frist erfolgte die Rechtsberatung und wurden dem Rechtsberater die relevanten Aktenbestandteile zugänglich gemacht.
Im Zuge der niederschriftlichen Einvernahme am 12.06.2008 wurden dem BF in Anwesenheit seines Rechtsberaters und eines beeideten Dolmetschers durch einen Organwalter des Bundesasylamtes die Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens vorgehalten und die Gelegenheit eingeräumt, weitere Tatsachen vorzubringen und Beweismittel vorzulegen. Gegen die geplante Ausweisung nach RUMÄNIEN brachte der BF lediglich vor, dass er Angst habe, von dort gleich wieder in die Türkei zurückgeschickt zu werden. Außerdem sei ÖSTERREICH immer sein Zielland gewesen. Er habe immer nach ÖSTERREICH kommen wollen. Kaum sei er in ÖSTERREICH gewesen, habe man ihm gesagt, er werde nach RUMÄNIEN zurückgeschickt. Er sei seit einem Monat in ÖSTERREICH und fühle sich sehr wohl. Auf den Vorhalt, dass er die Möglichkeit habe in RUMÄNIEN um Asyl anzusuchen und daher nicht davon ausgegangen werden könne, dass er sofort in die TÜRKEI zurückgeschickt werde, antwortete er lediglich: "Ich möchte hier bleiben. Ich möchte nicht nach RUMÄNIEN." Auf die Frage, ob er sonst noch Gründe hätte, die einer Ausweisung nach RUMÄNIEN entgegenstehen würden antwortete er:
"In RUMÄNIEN wird es mir schlecht gehen. Hier gibt es Kurden die mir helfen."
2. Mit dem nunmehr beschwerdegegenständlichen Bescheid des Bundesasylamtes vom 13.06.2008, FZ. 0804.071-EAST-Ost, wurde der Antrag des BF vom 07.05.2008 auf internationalen Schutz ohne in die Sache einzutreten gemäß § 5 Abs. 1 AsylG 2005 als unzulässig zurückgewiesen und festgestellt, dass für die Prüfung dieses Antrages gemäß Art. 9 Abs. 4 der Verordnung Nr. 343/2003 (EG) des Rates vom 18.02.2003 (Dublin II VO) RUMÄNIEN zuständig sei. Weiters wurde gemäß § 10 Abs. 1 Z 1 AsylG 2005 die Ausweisung nach RUMÄNIEN ausgesprochen und festgestellt, dass die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des BF nach RUMÄNIEN gemäß § 10 Abs. 4 AsylG 2005 zulässig sei. Der Bescheid wurde am 18.06.2008 zugestellt.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die fristgerecht eingebrachte Beschwerde vom 20.06.2008, worin der BF die Rechtswidrigkeit des gegenständlichen Bescheides geltend macht und den Antrag auf Einleitung eines Asylverfahrens in ÖSTERREICH stellt.
Als Begründung führt der der BF aus:
"Zuerst möchte ich dezitiert bestreiten, dass es sich bei dem bei mir festgestellten Visum um ein echtes Visum handelt, dies deshalb, da mir der Schlepper auch versicherte, dass ich ein gefälschtes Visum haben werde, welches bei genauerer Prüfung leicht als solches feststellbar sein wird. Der "Preis" für diese Fälschung war daher im Verhältnis zum "üblichen Preis" ein Zehntel des Preises, die Zustimmung Rumäniens ist daher nebensächlich und ich kann das Zustandekommen dieser Zustimmung mir nur so vorstellen, dass Rumänien bisher durch diverses "balkanisches Verhalten" mehrfach aufgefallen ist.
Damit meine ich, dass nachweislich "rumänische Staatsbürger" zuhauf nach Europa als angebliche Rumänen eingereist sind und es sich danach herausstellte, dass es sich um Personen mit gefälschten Pässen handelte, aber auch die nach wie vor große Bestechlichkeit bei Beamten in Rumänien jeder Art, die zahlreichen, noch immer bestehenden Seilschaften aus der Ceausescu-Zeit, kurz Zustände, die sogar in Brüssel aufstoßen mussten.
Sodass man jetzt bei jeder Anfrage im Rahmen eines Dublinverfahrens Wohlverhalten aller Brüssel beweisen muss, was ja ohnehin nicht viel kostet, da bisher in den letzten 7 Jahren ohnehin noch nie ein Kurde als Flüchtling anerkannt worden ist, obwohl darunter hochrangige Funktionäre auch der PKK gewesen sind, denen man nicht einmal den Abschiebeschutz gewährt hat, weshalb sie bei ihrer Zwangsverfrachtung in die Türkei den türkischen Folterbehörden ausgesetzt gewesen sind.
Die Erstbehörde nimmt offensichtlich auch an, dass es genügt, dass Asylwerber in gefängnisähnlichen Flüchtlingslagern rein physisch überleben, und das Wie ist der Erstbehörde wohl völlig schnuppe, weil vielleicht halt "objektiv" kein Flüchtling und nachweisbar abgekratzt.
Es hat dies aber was mit Menschenwürde zu tun, wenn in diesem unwirtlichen Land keine Flüchtlinge leben können, nicht einmal zu einem Standard der rumänischen Staatsbürger, und dann auch mit staatlichem Rassismus insofern konfrontiert sind, als jahrelang kurdische Kämpfer, weil es einem Staatsvertrag zwischen Türkei und Rumänien entspricht, in die Türkei ausgeliefert werden.
Ich möchte weiters anführen, dass ich über zwei Zeugen verfüge, die eindeutig beweisen, dass mein Visum gefälscht war. Deren aktuelle Adresse werde ich der Erstbehörde in den nächsten Tagen bekannt geben."
II. Der Asylgerichtshof hat erwogen:
1. Verfahrensgang und Sachverhalt ergeben sich aus den Ausführungen zu Punkt I sowie aus dem vorliegenden Verwaltungsakt.
2. Rechtlich ergibt sich Folgendes:
Mit 01.01.2006 ist das Bundesgesetz über die Gewährung von Asyl in Kraft getreten (AsylG 2005, BGBL. I Nr. 100/2005) und ist somit auf alle ab diesem Zeitpunkt gestellten Anträge auf internationalen Schutz, sohin auch auf den vorliegenden, anzuwenden.
2.1. Gemäß § 5 Abs. 1 AsylG 2005 ist ein nicht gemäß § 4 AsylG 2005 erledigter Asylantrag als unzulässig zurückzuweisen, wenn ein anderer Staat vertraglich oder aufgrund der Verordnung Nr. 343/2003 (EG) des Rates vom 18.02.2003 zur Prüfung des Asylantrages zuständig ist. Mit dem Zurückweisungsbescheid hat die Asylbehörde auch festzustellen, welcher Staat zuständig ist. Gemäß § 10 Abs. 1 Z 1 AsylG 2005 ist die Zurückweisung eines Antrages nach Maßgabe der § 10 Abs. 3 und Abs. 4 AsylG 2005 mit einer Ausweisung zu verbinden. Die Dublin II VO ist eine Verordnung des Gemeinschaftsrechts im Anwendungsbereich der 1. Säule der Europäischen Union (vgl. Art. 63 EGV), die Regelungen über die Zuständigkeit zur Prüfung von Asylanträgen von Drittstaatsangehörigen trifft. Sie gilt also nicht für mögliche Asylanträge von EU-Bürgern, ebenso wenig ist sie auf Personen anwendbar, denen bereits der Flüchtlingsstatus zuerkannt wurde. Das wesentliche Grundprinzip ist jenes, dass den Drittstaatsangehörigen in einem der Mitgliedstaaten das Recht auf ein faires, rechtsstaatliches Asylverfahren zukommt, jedoch nur ein Recht auf ein Verfahren in einem Mitgliedstaat, dessen Zuständigkeit sich primär nicht aufgrund des Wunsches des Asylwerbers, sondern aufgrund der in der Verordnung festgesetzten hierarchisch geordneten Zuständigkeitskriterien ergibt.
2.1.1. Es ist daher zunächst zu überprüfen, welcher Mitgliedstaat nach den hierarchisch aufgebauten (Art. 5 Abs. 1 Dublin II VO) Kriterien der Art. 6-12 bzw 14 und Art. 15 Dublin II VO, beziehungsweise dem Auffangtatbestand des Art. 13 Dublin II VO zur inhaltlichen Prüfung zuständig ist.
2.1.1.1. Im vorliegenden Fall ist dem Bundesasylamt zuzustimmen, dass eine Zuständigkeit RUMÄNIENS gemäß Art 9 Abs. 4 Dublin II VO besteht. Die Anfragen des Bundesasylamtes im Konsultationsverfahren ergaben, dass RUMÄNIEN dem BF für den Zeitraum von 15.04.2008 bis 01.05.2008 ein Visum ausgestellt hatte und dass er 2008 über den Flughafen BUKAREST in RUMÄNIEN eingereist war. Demzufolge akzeptierte RUMÄNIEN mit Schreiben 02.06.2008 seine Zuständigkeit gemäß Art 9 Abs. 4 Dublin II VO und stimmte der Überstellung des BF nach RUMÄNIEN zur weiteren Prüfung seines Asylantrages zu.
Der BF, welcher lediglich einen Personalausweis bei sich hatte, behauptete bei seiner Erstbefragung, er sei von einem Schlepper mit einem LKW direkt von ISTANBUL nach ÖSTEREICH verbracht worden, ohne diesen auf der ihm unbekannten Strecke verlassen zu dürfen. Den Umstand, dass ihm RUMÄNIEN für den oben angeführten Zeitraum ein Visum ausgestellt hatte und er auch nach RUMÄNIEN eingereist war, ließ der BF dagegen unerwähnt. Als dem BF schließlich im Zuge seiner zweiten Einvernahme durch das Bundesasylamt im Rahmen des Parteiengehörs das Ermittlungsergebnis vorgehalten wurde, bestritt dieser weder den Umstand der Ausstellung des rumänischen Visums noch dessen Echtheit. Er brachte daraufhin lediglich vor, dass er nicht nach RUMÄNIEN sondern in ÖSTERREICH bleiben wolle. Das Bundesasylamt konnte daher zu Recht davon ausgehen, dass die Zuständigkeit RUMÄNIENS zur Prüfung des gegenständlichen Asylantrages nach Art 9 Abs. 4 Dublin II VO besteht.
Erst in seiner nun vorliegenden Beschwerde behauptete der BF, dass das gegenständliche Visum eine Fälschung sei und daher die Zuständigkeit RUMÄNIENS nicht gegeben wäre.
Gemäß § 40 Abs. 1 AsylG 2005 dürfen in einer Beschwerde gegen eine Entscheidung des Bundesasylamtes neue Tatsachen und Beweismittel nur vorgebracht werden,
"1. wenn sich der Sachverhalt, der der Entscheidung zu Grunde gelegt wurde, nach der Entscheidung maßgeblich geändert hat;
2. wenn das Verfahren erster Instanz mangelhaft war;
3. wenn diese dem Asylwerber bis zum Zeitpunkt der Entscheidung erster Instanz nicht zugänglich waren oder
4. wenn der Asylwerber nicht in der Lage war, diese vorzubringen."
Im gegenständlichen Fall finden sich weder Hinweise dafür, dass eine der in den Z 1 bis 4 angeführten Voraussetzungen vorliegen würde, noch wurde dies vom BF in seiner Beschwerde behauptet. Wenn der BF in seiner Beschwerde ausführt, dass ihm der Schlepper versichert hätte, dass er ein gefälschtes VISUM haben werde, welches bei genauerer Prüfung leicht feststellbar gewesen wäre, bringt er zum Ausdruck, dass ihm dieser Umstand von Beginn an - und damit vor der Entscheidung des Bundesasylamtes - bekannt gewesen sei. Da der BF somit in der Lage gewesen wäre, diesen Umstand bereits im erstinstanzlichen Verfahren ins Treffen zu führen, ist das gegenständliche Vorbringen in der Beschwerde - wie die dazu angebotenen Beweismittel - vom Neuerungsverbot des § 40 AsylG 2005 umfasst. Eine weitere inhaltliche Prüfung hatte daher in diesem Punkt zu unterbleiben.
2.1.1.2. Es sind auch aus der Aktenlage keine Hinweise ersichtlich, wonach die Führung der Konsultationen im gegenständlichen Fall derart fehlerhaft erfolgt wäre, sodass von Willkür im Rechtssinn zu sprechen wäre und die Zuständigkeitserklärung des zuständigen Mitgliedstaates wegen Verletzung der gemeinschaftsrechtlichen Verfahrensgrundsätze aus diesem Grund ausnahmsweise keinen Bestand haben könnte (Filzwieser, Subjektiver Rechtsschutz und Vollziehung der Dublin II VO - Gemeinschaftsrecht und Menschenrechte, migraLex, 1/2007, 22ff; vgl auch das Gebot der Transparenz im "Dublin-Verfahren", VwGH 23.11.2006, Zl. 2005/20/0444). Das Konsultationsverfahren erfolgte mängelfrei; die Verständigung nach § 28 Abs. 2, 2. Satz AsylG 2005 wurde dem Beschwerdeführer zeitgerecht übermittelt.
2.1.2. Das Bundesasylamt hat ferner von der Möglichkeit der Ausübung des Selbsteintrittsrechts nach Art. 3 Abs 2 Dublin II VO keinen Gebrauch gemacht. Es war daher noch zu prüfen, ob von diesem Selbsteintrittsrecht im gegenständlichen Verfahren ausnahmsweise zur Vermeidung einer Verletzung der EMRK zwingend Gebrauch zu machen gewesen wäre.
Der VfGH hat mit Erkenntnis vom 17.06.2005, Zl. B 336/05-11 festgehalten, die Mitgliedstaaten hätten kraft Gemeinschaftsrecht nicht nachzuprüfen, ob ein anderer Mitgliedstaat generell sicher sei, da eine entsprechende normative Vergewisserung durch die Verabschiedung der Dublin II VO erfolgt sei, dabei aber gleichzeitig ebenso ausgeführt, dass eine Nachprüfung der grundrechtlichen Auswirkungen einer Überstellung im Einzelfall gemeinschaftsrechtlich zulässig und bejahendenfalls das Selbsteintrittsrecht nach Art. 3 Abs. 2 Dublin II VO zwingend geboten sei.
Die Judikatur des VwGH zu den Determinanten dieser Nachprüfung lehnt sich richtigerweise an die Rechtsprechung des EGMR an und lässt sich wie folgt zusammenfassen: Die bloße Möglichkeit einer dem Art. 3 EMRK widersprechenden Behandlung in jenem Staat, in den ein Fremder abgeschoben werden soll, genügt nicht, um die Abschiebung des Fremden in diesen Staat als unzulässig erscheinen zu lassen. Wenn keine Gruppenverfolgung oder sonstige amtswegig zu berücksichtigende notorische Umstände grober Menschenrechtsverletzungen in Mitgliedstaaten der EU in bezog auf Art. 3 EMRK vorliegen (VwGH 27.09.2005, Zl. 2005/01/0313), bedarf es zur Glaubhaftmachung der genannten Bedrohung oder Gefährdung konkreter auf den betreffenden Fremden bezogener Umstände, die gerade in seinem Fall eine solche Bedrohung oder Gefährdung im Fall seiner Abschiebung als wahrscheinlich erscheinen lassen (VwGH 26.11.1999, Zl 96/21/0499, VwGH 09.05.2003, Zl. 98/18/0317; vgl auch VwGH 16.07.2003, Zl. 2003/01/0059): "Davon abgesehen liegt es aber beim Asylwerber, besondere Gründe, die für die reale Gefahr eines fehlenden Verfolgungsschutzes im zuständigen Mitgliedstaat sprechen, vorzubringen und glaubhaft zu machen. Dazu wird es erforderlich sein, dass der Asylwerber ein ausreichend konkretes Vorbringen erstattet, warum die Verbringung in den zuständigen Mitgliedstaat gerade für ihn die reale Gefahr eines fehlenden Verfolgungsschutzes, insbesondere einer Verletzung von Art 3 EMRK, nach sich ziehen könnte, und er die Asylbehörden davon überzeugt, dass der behauptete Sachverhalt (zumindest) wahrscheinlich ist." (VwGH 23.01.2007, Zl. 2006/01/0949).
Die Vorlage allgemeiner Berichte ersetzt dieses Erfordernis in der Regel nicht (vgl VwGH 17.02.1998, Zl. 96/18/0379; EGMR Mamatkulov & Askarov v Türkei, Rs 46827, 46951/99, 71-77), eine geringe Anerkennungsquote, eine mögliche Festnahme im Falle einer Überstellung ebenso eine allfällige Unterschreitung des verfahrensrechtlichen Standards des Art. 13 EMRK sind für sich genommen nicht ausreichend, die Wahrscheinlichkeit einer hier relevanten Menschenrechtsverletzung darzutun. Relevant wäre dagegen etwa das Vertreten von mit der GFK unvertretbaren rechtlichen Sonderpositionen in einem Mitgliedstaat oder das Vorliegen einer massiv rechtswidrigen Verfahrensgestaltung im individuellen Fall, wenn der Asylantrag im zuständigen Mitgliedstaat bereits abgewiesen wurde (Art. 16 Abs 1 lit. e Dublin II VO). Eine ausdrückliche Übernahmeerklärung des anderen Mitgliedstaates hat in die Abwägung einzufließen (VwGH 31.03.2005, Zl. 2002/20/0582, VwGH 31.05.2005, Zl. 2005/20/0025, VwGH 25.04.2006, Zl. 2006/19/0673), ebenso andere Zusicherungen der europäischen Partnerstaaten Österreichs (zur Bedeutung solcher Sachverhalte Filzwieser/Liebminger, Dublin II VO, K13. zu Art 19 Dublin II VO).
Weiterhin hatte der Asylgerichtshof folgende Umstände zu berücksichtigen:
Bei entsprechender Häufung von Fällen, in denen in Folge Ausübung des Selbsteintrittsrechts die gemeinschaftsrechtliche Zuständigkeit nicht effektuiert werden kann, kann eine Gefährdung des "effet utile" Grundsatzes des Gemeinschaftsrechts entstehen.
Zur effektiven Umsetzung des Gemeinschaftsrechts sind alle staatlichen Organe kraft Gemeinschaftsrechts verpflichtet.
Der Verordnungsgeber der Dublin II VO, offenbar im Glauben, dass sich alle Mitgliedstaaten untereinander als "sicher" ansehen können, wodurch auch eine Überstellung vom einen in den anderen Mitgliedstaat keine realen Risken von Menschenrechtsverletzungen bewirken könnte (vgl insbesondere den 2. Erwägungsgrund der Präambel der Dublin II VO), hat keine eindeutigen verfahrens- oder materiellrechtlichen Vorgaben für solche Fälle getroffen; diesbezüglich lässt sich aber aus dem Gebot der menschenrechtskonformen Auslegung des Gemeinschaftsrechts und aus Beachtung der gemeinschaftsrechtlichen Verfahrensgrundrechte ableiten, dass bei ausnahmsweiser Verletzung der EMRK bei Überstellung in einen anderen Mitgliedstaat eine Überstellung nicht stattfinden darf. Die Beachtung des Effizienzgebots (das etwa eine pauschale Anwendung des Selbsteintrittsrechts oder eine innerstaatliche Verfahrensgestaltung, die Verfahren nach der Dublin II VO umfangreicher gestaltet als materielle Verfahren) und die Einhaltung der Gebote der EMRK stehen daher bei richtiger Anwendung nicht in Widerspruch (Filzwieser, migraLex, 1/2007, 18ff, Filzwieser/Liebminger, Dublin II VO², K8-K13. zu Art. 19).
Die allfällige Rechtswidrigkeit von Gemeinschaftsrecht kann nur von den zuständigen gemeinschaftsrechtlichen Organen, nicht aber von Organen der Mitgliedstaaten rechtsgültig festgestellt werden. Der EGMR hat jüngst festgestellt, dass der Rechtsschutz des Gemeinschaftsrechts regelmäßig den Anforderungen der EMRK entspricht (30.06.2005, Bosphorus Airlines v Irland, Rs 45036/98).
Es bedarf sohin europarechtlich eines im besonderen Maße substantiierten Vorbringens und des Vorliegens besonderer vom Antragsteller bescheinigter außergewöhnlicher Umstände, um die grundsätzliche europarechtlich gebotene Annahme der "Sicherheit" der Partnerstaaten der Europäischen Union als einer Gemeinschaft des Rechts im individuellen Fall erschüttern zu können. Diesem Grundsatz entspricht auch die durch das AsylG 2005 eingeführte gesetzliche Klarstellung des § 5 Abs. 3 AsylG 2005, die Elemente einer Beweislastumkehr enthält. Es trifft zwar ohne Zweifel zu, dass Asylwerber in ihrer besonderen Situation häufig keine Möglichkeit haben, Beweismittel vorzulegen (wobei dem durch das Institut des Rechtsberaters begegnet werden kann), und dies mitzubeachten ist (VwGH, 23.01.2007, Zl. 2006/01/0949), dies kann aber nicht pauschal dazu führen, die vom Gesetzgeber - im Einklang mit dem Gemeinschaftsrecht - vorgenommene Wertung des § 5 Abs 3 AsylG 2005 überhaupt für unbeachtlich zu erklären (dementsprechend in ihrer Undifferenziertheit verfehlt Feßl/Holzschuster, AsylG 2005, 225ff). Eine Rechtsprechung, die in bezog auf Mitgliedstaaten der EU faktisch höhere Anforderungen entwickelte, als jene des EGMR in bezog auf Drittstaaten wäre jedenfalls gemeinschaftsrechtswidrig.
2.1.2.1. Mögliche Verletzung des Art. 8 EMRK
Es leben keine Angehörigen der Kernfamilie des Beschwerdeführers in Österreich. Die diesbezüglichen Ausführungen der Erstbehörde treffen zu, diesen ist in der Beschwerde auch nicht entgegengetreten worden. Es liegen auch sonst keine Hinweise auf eine bereits erfolgte außergewöhnliche Integration in Österreich, etwa aufgrund sehr langer Verfahrensdauer, vor (vgl. VfGH 26.02.2007, Zl 1802, 1803/06-11).
2.1.2.2. Kritik am rumänischen Asylwesen
Relevant wären im vorliegenden Zusammenhang schon bei einer Grobprüfung erkennbare grundsätzliche schwerwiegende Defizite im Asylverfahren des zuständigen Mitgliedstaates (also etwa:
grundsätzliche Ablehnung aller Asylanträge oder solcher bestimmter Staatsangehöriger oder Angehöriger bestimmter Ethnien; kein Schutz vor Verfolgung "Dritter", kein Rechtsmittelverfahren). Solche Mängel (die bei einem Mitgliedstaat der Europäischen Union nicht vorausgesetzt werden können, sondern zunächst einmal mit einer aktuellen individualisierten Darlegung des Antragstellers plausibel zu machen sind, dies im Sinne der Regelung des § 5 Abs. 3 AsylG 2005) sind schon auf Basis der erstinstanzlichen Feststellungen nicht erkennbar und auch in der Beschwerde nicht substantiiert vorgebracht worden.
Im konkreten Fall läuft das Vorbringen des BF darauf hinaus, dass von vorneherein und ohne jegliche konkrete Belege (die im Lichte des § 5 Abs. 3 AsylG 2005 und der zum Zeitpunkt des EU-Beitrittes erfolgten normativen Vergewisserung über die "Sicherheit" der neu beitretenden Mitgliedstaaten - wenn sie nicht notorisch sind - aber vom Asylwerber vorzulegen sind und diesfalls nicht eine explorative Erhebungsverpflichtung der Asylbehörden im Sinn eines Erkundungsbeweises besteht) aus der aktuellen Asylpraxis in RUMÄNIEN vorweisen zu können, die Annahme gerechtfertigt wäre, dass alle Asylverfahren in RUMÄNIEN die europäischen Menschenrechtsstandards qualifiziert unterschreiten würden. So beschränkt sich der BF in seiner Beschwerde darauf, durch allgemein gehaltene Vorwürfe dem Staat RUMÄNIEN generell die Rechtsstaatlichkeit abzusprechen. Wäre dies aber der Fall, würden die gemeinschaftsrechtlich zuständigen europäischen Organe verpflichtet sein, ein Vertragsverletzungsverfahren gegen RUMÄNIEN einzuleiten, da RUMÄNIEN so nicht Mitglied der EU, als auch einer dem Menschenrechtsschutz verpflichteten europäischen Wertegemeinschaft, sein dürfte. Für eine derartige Sichtweise bestehen aus Sicht des Asylgerichtshofes aber keine Anhaltspunkte.
2.1.2.3. Medizinische Krankheitszustände und Behandlungsmöglichkeiten in RUMÄNIEN
Unbestritten ist, dass nach der allgemeinen Rechtsprechung des EGMR zu Art. 3 EMRK und Krankheiten, die auch im vorliegenden Fall maßgeblich ist, eine Überstellung nach RUMÄNIEN nicht zulässig wäre, wenn dort wegen fehlender Behandlung sehr schwerer Krankheiten eine existenzbedrohende Situation drohte und diesfalls das Selbsteintrittsrecht der Dublin II VO zwingend auszuüben wäre.
In diesem Zusammenhang ist vorerst auf das jüngste diesbezügliche Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes (VfGH vom 06.03.2008, Zl: B 2400/07-9) zu verweisen, welches die aktuelle Rechtsprechung des EGMR zur Frage der Vereinbarkeit der Abschiebung Kranker in einen anderen Staat mit Art. 3 EMRK festhält (D. v. the United Kingdom, EGMR 02.05.1997, Appl. 30.240/96, newsletter 1997,93; Bensaid, EGMR 06.02.2001, Appl. 44.599/98, newsletter 2001,26; Ndangoya, EGMR 22.06.2004, Appl. 17.868/03; Salkic and others, EGMR 29.06.2004, Appl. 7702/04; Ovdienko, EGMR 31.05.2005, Appl. 1383/04; Hukic, EGMR 29.09.2005, Appl. 17.416/05; EGMR Ayegh, 07.11.2006; Appl. 4701/05; EGMR Goncharova & Alekseytsev, 03.05.2007, Appl. 31.246/06).
Zusammenfassend führt der VfGH aus, das sich aus den erwähnten Entscheidungen des EGMR ergibt, dass im Allgemeinen kein Fremder ein Recht hat, in einem fremden Aufenthaltsstaat zu verbleiben, bloß um dort medizinisch behandelt zu werden, und zwar selbst dann nicht, wenn er an einer schweren Krankheit leidet oder selbstmordgefährdet ist. Dass die Behandlung im Zielland nicht gleichwertig, schwerer zugänglich oder kostenintensiver ist, ist unerheblich, solange es grundsätzlich Behandlungsmöglichkeiten im Zielstaat bzw. in einem bestimmten Teil des Zielstaates gibt. Nur bei Vorliegen außergewöhnlicher Umstände führt die Abschiebung zu einer Verletzung in Art. 3 EMRK. Solche liegen etwa vor, wenn ein lebensbedrohlich Erkrankter durch die Abschiebung einem realen Risiko ausgesetzt würde, unter qualvollen Umständen zu sterben (Fall D. v. the United Kingdom).
Im konkreten Fall gibt es weder Hinweise auf eine Krankheit des BF, die unter den oben dargestellten Voraussetzungen seine Überstellung nach RUMÄNIEN entgegenstehen würde, noch wurde entsprechendes vom BF im Verfahren vor dem Bundesasylamt oder in der Beschwerde vorgebracht. Der Asylgerichtshof geht daher zu Recht davon aus, dass einer Ausweisung des BF nach RUMÄNIEN nichts entgegensteht und somit auch kein Anlass zur Ausübung des Selbsteintrittsrechtes Österreichs nach Art. 3 Abs. 2 Dublin II VO vorliegt.
2.1.2.4. Zusammenfassend sieht der Asylgerichtshof im Einklang mit der diesbezüglichen Rechtsmeinung der Erstbehörde keinen Anlass, Österreich zwingend zur Anwendung des Art: 3 Abs. 2 VO 343/2003 infolge drohender Verletzung von Art 3 oder Art 8 EMRK zu verpflichten.
2.1.3. Spruchpunkt I der erstinstanzlichen Entscheidung war sohin bei Übernahme der Beweisergebnisse und rechtlichen Würdigung der Erstbehörde mit obiger näherer Begründung zu bestätigen.
2.2. Die Erwägungen der Erstbehörde zu Spruchpunkt II waren vollinhaltlich zu übernehmen. Auch im Beschwerdeverfahren sind keine Hinweise hervorgekommen, die eine Aussetzung der Überstellung des Beschwerdeführers erforderlich erscheinen ließen. Diese erweist sich daher bezogen auf den Entscheidungszeitpunkt als zulässig.
2.3. Gemäß § 41 Abs. 4 AsylG 2005 konnte von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung abgesehen werden. Eine gesonderte Erwägung bezüglich einer allfälligen Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung konnte angesichts des Spruchinhaltes entfallen.