B3 254.182-0/2008/1E
ERKENNTNIS
Der Asylgerichtshof hat durch die Richterin Mag. Karin WINTER über die Beschwerde von K.I., geb. 00.00.1993, StA.: Türkei, vertreten durch den Vater, vom 28. September 2004 gegen den Bescheid des Bundesasylamtes vom 9. September 2004, Zahl: 03 15.081-BAL, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 29. Mai 2008 zu Recht erkannt:
Der Beschwerde wird stattgegeben und K.I. gemäß § 10 iVm § 11 Abs. 1 Asylgesetz 1997, BGBl. I Nr. 76/1997 idF BGBl I Nr. 126/2002 (AsylG)Asyl gewährt. Gemäß § 12 AsylG wird festgestellt, dass K.I. damit kraft Gesetzes die Flüchtlingseigenschaft zukommt.
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :
I. Verfahrensgang
1. Mit dem angefochtenen Bescheid wies das Bundesasylamt den Antrag auf Erstreckung des dem Vater des Beschwerdeführers zu gewährenden Asyls vom 26. Mai 2003 gemäß § 10 iVm § 11 Abs. 1 AsylG ab.
2. Gegen diesen Bescheid wurde fristgerecht Beschwerde erhoben. Am 29. Mai 2008 führte die Rechtsmittelbehörde in der Sache des Beschwerdeführers eine - gemäß § 39 Abs. 2 AVG mit den Verfahren seiner Eltern und seiner Geschwister verbundene - öffentliche mündliche Verhandlung durch.
II. Der Asylgerichtshof hat erwogen:
1. Der Beschwerdeführer ist der minderjährige, unverheiratete Sohn von K.A., dessen Beschwerde der Asylgerichtshof mit Erkenntnis vom 10. Juli 2008, GZ: B3 253853-0/2008/4E, Folge gegeben und K.A. Asyl gewährt hat.
2. Dies ergibt sich aus den Asylakten des Beschwerdeführers und seines Vaters.
3. Rechtlich ergibt sich Folgendes:
3.1.1. Gemäß § 75 Abs. 1 Asylgesetz 2005 sind "[A]lle am 31. Dezember 2005 anhängigen Verfahren [...] nach den Bestimmungen des Asylgesetzes 1997 zu Ende zu führen. § 44 AsylG 1997 gilt."
Gemäß § 44 Abs. 1 AsylG 1997 idF der AsylG-Novelle 2003 sind Verfahren über Asylanträge, die bis zum 30. April 2004 gestellt worden sind, nach den Bestimmungen des AsylG idF BG BGBl. I 126/2002 zu führen.
3.1.2. Der Beschwerdeführer hat seinen Asylerstreckungsantrag vor dem 1. Mai 2004 gestellt; das Verfahren war am 31. Dezember 2005 anhängig; das Berufungsverfahren ist daher nach dem AsylG idF BG BGBl. I 126/2002 zu führen.
3.2.1. Gemäß § 75 Abs. 7 Z 1 Asylgesetz 2005 idF Art. 2 BG BGBl. I 4/2008 sind Verfahren, die am 1. Juli 2008 beim unabhängigen Bundesasylsenat anhängig sind, vom Asylgerichtshof weiterzuführen; Mitglieder des unabhängigen Bundesasylsenates, die zu Richtern des Asylgerichtshofes ernannt worden sind, haben alle bei ihnen anhängigen Verfahren, in denen bereits eine mündliche Verhandlung stattgefunden hat, als Einzelrichter weiterzuführen.
3.2.2. Da im vorliegenden Verfahren bereits vor dem 1. Juli 2008 eine mündliche Verhandlung vor der nunmehr zuständigen Richterin stattgefunden hat, ist von einer Einzelrichterzuständigkeit auszugehen.
3.3.1. Gemäß § 23 Asylgerichtshofgesetz (Asylgerichtshof-Einrichtungsgesetz; Art. 1 BG BGBl. I 4/2008) sind, soweit sich aus dem Bundes-Verfassungsgesetz - B-VG, BGBl. Nr. 1/1930, dem Asylgesetz 2005 - AsylG 2005, BGBl. I Nr. 100, und dem Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985 - VwGG, BGBl. Nr. 10, nicht anderes ergibt, auf das Verfahren vor dem Asylgerichtshof die Bestimmungen des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991 - AVG, BGBl. Nr. 51, mit der Maßgabe sinngemäß anzuwenden, dass an die Stelle des Begriffs "Berufung" der Begriff "Beschwerde" tritt.
Gemäß § 23 AsylG (bzw. § 23 Abs. 1 AsylG idF der AsylGNov. 2003) ist auf Verfahren nach dem AsylG, soweit nicht anderes bestimmt ist, das AVG anzuwenden (vgl. auch Art. II Abs. 2 lit. D Z 43 a EGVG). Gemäß § 66 Abs. 4 AVG hat die Berufungsbehörde, sofern die Berufung nicht als unzulässig oder verspätet zurückzuweisen ist, immer in der Sache selbst zu entscheiden. Sie ist berechtigt, im Spruch und in der Begründung ihre Anschauung an die Stelle jener der Unterbehörde zu setzen und demgemäß den angefochtenen Bescheid nach jeder Richtung abzuändern.
Gemäß § 10 AsylG begehren Fremde "mit einem Asylerstreckungsantrag die Erstreckung des einem Angehörigen auf Grund eines Asylantrages oder von Amts wegen gewährten Asyl". Diese Anträge "können frühestens zur selben Zeit wie der der Sache nach damit verbundene Asylantrag eingebracht werden. Sie sind nur für Eltern eines Minderjährigen oder für Ehegatten und minderjährige unverheiratete Kinder zulässig; für Ehegatten überdies nur dann, wenn die Ehe spätestens innerhalb eines Jahres nach der Einreise des Fremden geschlossen wird, der den Asylantrag eingebracht hat."
Gemäß § 11 Abs. 1 AsylG hat die Behörde "auf Grund eines zulässigen Antrages durch Erstreckung Asyl zu gewähren, wenn dem Asylwerber die Fortsetzung eines bestehenden Familienlebens im Sinne des Art. 8 der Europäischen Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten EMRK, BGBl. Nr. 210/1958, mit dem Angehörigen in einem anderen Staat nicht möglich ist."
3.3.2. Asyl durch Erstreckung ist sohin dann zu gewähren, wenn der Antrag zulässig ist, wenn einem der Angehörigen des Asylwerbers, die in § 10 Abs. 2 AsylG genannt sind, auf Grund eines Asylantrages oder von Amts wegen Asyl gewährt worden und wenn die Fortsetzung eines bestehenden Familienlebens iSd Art. 8 MRK mit diesem Angehörigen in einem anderen Staat nicht möglich ist.
3.4. Diese Voraussetzungen sind im gegenständlichen Fall erfüllt. Wie den oben getroffenen Feststellungen zu entnehmen ist, wurde dem Vater des Beschwerdeführers Asyl gewährt. Sohin liegt die von § 10 Abs. 1 AsylG geforderte Voraussetzung vor, dass nämlich einem Angehörigen iSd Abs. 2 dieser Bestimmung Asyl gewährt worden ist. Es gibt keine Anhaltspunkte dafür, dass ein Familienleben des Beschwerdeführers und seines Vaters in einem anderen Staat möglich wäre. Dem Beschwerdeführers war daher Asyl durch Erstreckung zu gewähren. Gemäß § 12 AsylG war diese Entscheidung mit der Feststellung zu verbinden, dass ihm damit kraft Gesetzes die Flüchtlingseigenschaft zukommt.