TE Vwgh Erkenntnis 2001/3/23 2000/19/0106

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 23.03.2001
beobachten
merken

Index

40/01 Verwaltungsverfahren;
60/01 Arbeitsvertragsrecht;
62 Arbeitsmarktverwaltung;
66/02 Andere Sozialversicherungsgesetze;

Norm

AlVG 1977 §10 Abs1;
AlVG 1977 §38;
AlVG 1977 §9 Abs2;
AVG §37;
AVRAG 1993 §2 Abs1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. W. Pesendorfer und die Hofräte Dr. Zens, Dr. Bayjones, Dr. Schick und Dr. Hinterwirth als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Schlegel, über die Beschwerde des KK in W, vertreten durch den zur Verfahrenshilfe beigegebenen Rechtsanwalt Mag. Alexander Wolkerstorfer in 4522 Sierning, Neustraße 9, gegen den auf Grund eines Beschlusses des Ausschusses für Leistungsangelegenheiten ausgefertigten Bescheid der Landesgeschäftsstelle des Arbeitsmarktservice Oberösterreich vom 21. März 2000, Zl. 4/1280/Nr./0126/00-8, betreffend Verlust des Anspruches auf Notstandshilfe gemäß § 10 in Verbindung mit § 38 AlVG, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 12.500,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Nach dem Inhalt einer vom Beschwerdeführer nicht unterfertigten, von der regionalen Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice Kirchdorf an der Krems aufgenommenen Niederschrift vom 24. Jänner 2000 wurde dem Beschwerdeführer am 18. Jänner 2000 eine Beschäftigung als "Transitarbeiter" bei einem näher genannten, ein "gemeinnütziges Beschäftigungsprojekt" veranstaltenden Dienstgeber zugewiesen. Möglicher Arbeitsantritt sollte der 24. Jänner 2000 sein. Nach dem Inhalt dieser Niederschrift erhob der Beschwerdeführer hinsichtlich der konkret angebotenen Entlohnung folgende Einwendungen:

"Mir wurde kein Vorschuss angeboten, da ich auf Grund des Arbeitslosengeldentzuges leider keinerlei finanzielle Mittel habe, um die Arbeit aufzunehmen. Die Entlohnung ist derart gering, dass man nicht von Arbeit sprechen kann. Außerdem wurde heute von mir erwartet, dass ich die Arbeit ohne Dienstvertrag aufnehme. Die Firma hat bekannt gegeben, dass sie mich in keinster Weise unterstützen kann, d.h. keine Lohnverhandlungsbasis, keine Arbeitszeitverhandlungsbasis, keine Unterstützung beim Arbeitsweg."

In einem auf EDV-Basis erstellten Vermerk von diesem Tag heißt es:

"Beschäftigungsprojekt. Sieht nicht ein um 10.400,-- arbeiten zu gehen. Kann sich außerdem öffentl. Verkehrsm. nicht leisten. Ersatz der Fahrtkosten für ein Monat zur Besch.aufnahme angeboten. Lehnt dies jedoch ab."

Mit Bescheid der regionalen Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice Kirchdorf an der Krems vom 26. Jänner 2000 wurde ausgesprochen, dass der Beschwerdeführer gemäß § 38 AlVG in Verbindung mit § 10 AlVG für den Zeitraum vom 24. Jänner 2000 bis 19. März 2000 den Anspruch auf Notstandshilfe verloren habe. Der angeführte Zeitraum verlängere sich um die in ihm liegenden Zeiträume, während derer Krankengeld bezogen werde.

Begründend führte die erstinstanzliche Behörde aus, gemäß § 38 AlVG seien auf die Notstandshilfe die Bestimmungen über das Arbeitslosengeld sinngemäß anzuwenden, soweit nichts anderes angeordnet sei. Gemäß § 10 AlVG verliere der Arbeitslose, der sich weigere, eine ihm von der regionalen Geschäftsstelle zugewiesene zumutbare Beschäftigung anzunehmen oder die Annahme einer solchen Beschäftigung vereitle, für die Dauer der Weigerung, jedenfalls aber für die Dauer der auf die Weigerung folgenden sechs Wochen den Anspruch auf Arbeitslosengeld. Liege im Zeitraum eines Jahres vor dem Beginn eines Anspruchsverlustes bereits ein früherer Anspruchsverlust, so betrage der im ersten Satz genannte Zeitraum acht Wochen. Das Gleiche gelte, wenn der Arbeitslose sich ohne wichtigen Grund weigere, einem Auftrag zur Nach(Um)schulung zu entsprechen, wenn er die Teilnahme an einer Maßnahme zur Wiedereingliederung in den Arbeitsmarkt verweigere oder den Erfolg der Maßnahme vereitle, oder wenn er auf Aufforderung durch die regionale Geschäftsstelle nicht bereit oder in der Lage sei, ausreichende Anstrengungen zur Erlangung einer Beschäftigung glaubhaft zu machen. Der Beschwerdeführer habe die zugewiesene zumutbare Beschäftigung in dem genannten Arbeitsprojekt ohne triftigen Grund nicht angenommen.

Der Beschwerdeführer erhob Berufung. Er brachte vor, er habe den künftigen Arbeitgeber ersucht, ihm einen Arbeitsvertrag oder Dienstzettel auszuhändigen. Seitens eines Mitarbeiters des Arbeitgebers sei ihm erklärt worden, Ersterer habe zwar die Information, dass der Beschwerdeführer anfangen solle, einen Dienstvertrag hätte der Mitarbeiter jedoch nicht da. Weiters sei der Beschwerdeführer nicht in der Lage, die mit der Arbeitsaufnahme zusammenhängenden täglichen Kosten aufzubringen. Ein Lohnvorschuss sei seitens des Arbeitgebers nicht angeboten worden. Überdies sei ihm erklärt worden, es werde von ihm die Durchführung von Elektrikerarbeiten erwartet, bezahlt würde jedoch lediglich der "Transitarbeitslohn" von S 10.200,-- netto monatlich.

Mit dem angefochtenen Bescheid vom 21. März 2000 gab die belangte Behörde dieser Berufung nicht statt und sprach aus, dass der erstinstanzliche Bescheid "aus seinen zutreffenden Gründen" bestätigt werde.

Begründend führte sie aus, dem im Bezug von Notstandshilfe stehenden Beschwerdeführer sei am 18. Jänner 2000 von der erstinstanzlichen Behörde eine Beschäftigung als Transitarbeiter im gemeinnützigen Beschäftigungsprojekt T "mit einer Entlohnung nach Kollektivvertrag" und möglichem Arbeitsantritt ab 24. Jänner 2000 verbindlich angeboten worden. Ziel dieses Beschäftigungsprojektes sei u.a. von Langzeitarbeitslosigkeit betroffene oder bedrohte Arbeitslose durch Steigerung der individuellen Arbeitsmotivation und Selbstständigkeit wieder an den Regelarbeitsmarkt heranzuführen. Die Betreuung der Projektteilnehmer werde so gestaltet, dass eine ehestmögliche Stabilisierung im Hinblick auf eine baldige Beschäftigungsaufnahme am Regelarbeitsmarkt erreicht werden könne. Die Beschäftigungsdauer im Projekt solle durchschnittlich sechs Monate betragen, mindestens jedoch zwei Monate und maximal zwölf Monate. Der Beschwerdeführer sei davon in Kenntnis gesetzt worden, dass die Teilnahme an diesem Projekt eine vom Arbeitsmarktservice zugewiesene, "zumutbare Beschäftigung bzw. eine Maßnahme zur Wiedereingliederung in den Arbeitsmarkt" sei und der Leistungsbezug in Frage stehen würde, wenn dieses Beschäftigungsverhältnis nicht aufgenommen werden sollte.

Sodann gab die belangte Behörde den Inhalt der niederschriftlichen Einvernahme des Beschwerdeführers vom 24. Jänner 2000 sowie dessen Berufungsvorbringen wieder.

Nach Anführung der maßgeblichen Gesetzesbestimmungen führte die belangte Behörde Folgendes aus:

Für die Zumutbarkeit einer Beschäftigung bzw. einer Maßnahme zur Wiedereingliederung in den Arbeitsmarkt seien die Kriterien des § 9 AlVG ausschlaggebend. Das heiße, dass eine vom Arbeitsmarktservice angebotene Beschäftigung oder Maßnahme zur Wiedereingliederung in den Arbeitsmarkt vom Arbeitslosen nur dann abgelehnt werden könne, wenn sie den körperlichen Fähigkeiten des Arbeitslosen nicht angemessen wäre, seine Gesundheit und Sittlichkeit gefährden würde, oder nicht angemessen (zumindest kollektivvertraglich) entlohnt wäre.

Der dem Beschwerdeführer angebotene Transitarbeitsplatz wäre "kollektivvertraglich und somit angemessen" entlohnt worden, hätte weder die Gesundheit noch die Sittlichkeit des Beschwerdeführers gefährdet und wäre seinen körperlichen Fähigkeiten angemessen gewesen. Die vom Beschwerdeführer gegen die Zumutbarkeit ins Treffen geführten Gründe könnten daher "mangels gesetzlicher Deckung" keine Berücksichtigung finden. Wer ohne wichtigen Grund eine zumutbare Beschäftigung ablehne oder die Teilnahme an einer Maßnahme zur Wiedereingliederung in den Arbeitsmarkt verweigere oder den Erfolg der Maßnahme vereitle, verliere für die Dauer der Weigerung, jedenfalls aber für die Dauer der auf die Weigerung oder Vereitelung folgenden sechs Wochen (im Wiederholungsfall acht Wochen) den Anspruch auf Arbeitslosengeld bzw. auf Notstandshilfe. Im Hinblick auf einen früheren Anspruchsverlust gemäß § 10 AlVG für den Zeitraum vom 8. November 1999 bis 19. Dezember 1999 sei vorliegendenfalls der Ausschluss für acht Wochen zu verhängen gewesen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde vor dem Verwaltungsgerichtshof. Der Beschwerdeführer erachtet sich erkennbar in seinem Recht auf Bezug von Notstandshilfe verletzt. Er macht Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften mit dem Antrag geltend, den angefochtenen Bescheid aus diesen Gründen aufzuheben.

Die belangte Behörde erstattete eine Gegenschrift, in welcher sie die Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

     Nach § 9 Abs. 1 AlVG gilt ein Arbeitsloser nur dann

arbeitswillig, wenn er bereit ist,

     -        eine durch die regionale Geschäftsstelle des AMS

vermittelte zumutbare Beschäftigung anzunehmen oder

     -        sich zum Zwecke beruflicher Ausbildung nach- und

umschulen zu lassen oder

     -        an einer Maßnahme zur Wiedereingliederung in den

Arbeitsmarkt teilzunehmen oder

     -        von einer sonst sich bietenden Arbeitsmöglichkeit

Gebrauch zu machen und

     -        auch sonst alle gebotenen Anstrengungen von sich aus

unternimmt, eine Beschäftigung zu erlangen, soweit ihm dies nach seinen persönlichen Fähigkeiten zumutbar ist.

§ 9 Abs. 2 AlVG bestimmt, dass eine Beschäftigung dann zumutbar ist, wenn sie den Fähigkeiten des Arbeitslosen angemessen ist, seine Gesundheit und Sittlichkeit nicht gefährdet, angemessen entlohnt ist und dem Arbeitslosen eine künftige Verwendung in seinem Beruf nicht wesentlich erschwert. Die letztgenannte Voraussetzung bleibt außer Betracht, wenn der Anspruch auf Bezug des Arbeitslosengeldes erschöpft ist und keine Aussicht besteht, dass der Arbeitslose in angemessener Zeit in seinem Beruf eine Beschäftigung findet.

Gemäß § 10 Abs. 1 AlVG verliert ein Arbeitsloser, welcher sich weigert, eine ihm von der regionalen Geschäftsstelle zugewiesene zumutbare Beschäftigung anzunehmen oder die Annahme einer solchen Beschäftigung vereitelt, oder der ohne wichtigen Grund die Teilnahme an einer Maßnahme zur Wiedereingliederung in den Arbeitsmarkt verweigert oder den Erfolg der Maßnahme vereitelt, für die Dauer der Weigerung, jedenfalls aber für die Dauer der auf die Weigerung folgenden sechs Wochen, den Anspruch auf Arbeitslosengeld. Liegt im Zeitraum eines Jahres vor dem Beginn eines Anspruchsverlustes bereits ein früherer Anspruchsverlust, so beträgt der im ersten Satz genannte Zeitraum acht Wochen. Diese Bestimmung ist gemäß § 38 AlVG auch auf die Notstandshilfe sinngemäß anzuwenden.

Die erstinstanzliche Behörde hat die Versagung der Notstandshilfe darauf gegründet, dass der Beschwerdeführer eine ihm zugewiesene zumutbare Beschäftigung ohne triftigen Grund nicht angenommen habe. Die belangte Behörde hat im Spruch des angefochtenen Bescheides die Begründung des erstinstanzlichen Bescheides als zutreffend qualifiziert. Auch ist im angefochtenen Bescheid die Rede von der Zuweisung einer "Beschäftigung als Transitarbeiter". Es ist daher davon auszugehen, dass auch die belangte Behörde dem Beschwerdeführer vorwirft, er habe sich geweigert, eine ihm von der regionalen Geschäftsstelle zugewiesene zumutbare Beschäftigung anzunehmen oder die Annahme einer solchen Beschäftigung vereitelt. Die nicht näher begründete Bezugnahme auch auf Wiedereingliederungsmaßnahmen in der Begründung des angefochtenen Bescheides erscheint daher überschießend.

Der Beschwerdeführer hat sich im Verwaltungsverfahren ausdrücklich auf die Unzumutbarkeit der ihm angebotenen Beschäftigung berufen, weil diese nicht im Sinne des § 9 Abs. 2 AlVG angemessen entlohnt gewesen sei. Dies hat der Beschwerdeführer insbesondere damit begründet, dass von ihm Elektrikerarbeiten erwartet würden, welche aber (lediglich) zum "Transitarbeitslohn" von "S 10.200,-- monatlich netto" entgolten werden sollten.

Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist als angemessene Entlohnung im Sinne des § 9 Abs. 2 AlVG das nach dem (im konkreten Fall anzuwendenden) Kollektivertrag gebührende Entgelt anzusehen. Das Vorliegen dieses Tatbestandsmerkmales ist im Hinblick auf die gebotene Entlohnung für die konkret zugewiesene Beschäftigung zu prüfen. Das bedeutet, dass das Anbot einer unterkollektivvertraglichen Entlohnung die konkret zugewiesene Beschäftigung als unzumutbar erscheinen lässt (vgl. das hg. Erkenntnis vom 29. Juni 1993, Zl. 92/08/0053).

Im Hinblick auf das oben wiedergegebene Vorbringen des Beschwerdeführers hätte sich die belangte Behörde in der Begründung des angefochtenen Bescheides nicht auf die bloße Behauptung beschränken dürfen, der in Rede stehende Transitarbeitsplatz "wäre jedenfalls kollektivvertraglich und somit angemessen" entlohnt worden, sie hätte vielmehr konkret festzustellen gehabt, welcher Art die vom Beschwerdeführer zu erbringenden Arbeitsleistungen gewesen wären, welches Entgelt der entsprechende Kollektivvertrag dafür vorsah und welches Entgelt dem Beschwerdeführer seitens des potenziellen Arbeitgebers angeboten wurde (vgl. auch hiezu das bereits zitierte hg. Erkenntnis vom 29. Juni 1993).

In ihrer Gegenschrift behauptet die belangte Behörde, bei der dem Beschwerdeführer angebotenen Beschäftigung habe es sich um allgemeine Hilfsarbeiten im Bereich von Renovierungs- und Sanierungs- bzw. Umbauarbeiten gehandelt und nicht um eine berufsspezifische Tätigkeit als Elektroinstallateur. Diese Ausführungen in der Gegenschrift vermögen jedoch entsprechende auf einem mängelfreien Verfahren und einer schlüssigen Beweiswürdigung fußende Feststellungen im angefochtenen Bescheid nicht zu ersetzen. Sie zeigen überdies, dass die belangte Behörde bei ihrer Feststellung, die in Rede stehenden Tätigkeiten würden kollektivvertraglich entlohnt, offenbar vom Kollektivvertrag für Hilfsarbeiter und nicht von jenem für Elektrofacharbeiter ausging.

Die Zugrundelegung des erstgenannten Kollektivvertrages für die Zumutbarkeitsprüfung hätte aber die Feststellung im angefochtenen Bescheid vorausgesetzt, dass dem Beschwerdeführer ausschließlich Hilfsarbeitertätigkeiten abverlangt worden wären.

Indem sie sich mit diesem Einwand des Beschwerdeführers nicht hinreichend auseinander setzte, belastete die belangte Behörde ihren Bescheid mit Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.

Schon deshalb war der angefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. c VwGG aufzuheben.

Hinsichtlich der sonstigen Einwendungen des Beschwerdeführers ist für das fortgesetzte Verfahren Folgendes festzuhalten:

Der Beschwerdeführer hat sich einerseits darauf berufen, nicht in der Lage zu sein, "die täglichen Kosten der Arbeitsaufnahme aufzubringen". Dieser Umstand hätte zutreffendenfalls, also wenn der Beschwerdeführer etwa nicht einmal über die finanziellen Mittel zur Anreise zu seinem künftigen Arbeitsplatz verfügt hätte, der Anwendung des Tatbestandes des § 10 Abs. 1 erster oder zweiter Fall AlVG entgegenstehen können. Der Beschwerdeführer hätte aber jedenfalls im Rahmen seiner Mitwirkungspflicht Höhe und Zusammensetzung dieser Kosten ebenso darzulegen wie seine detaillierte Vermögens- und Einkommenssituation. Weiters ergibt sich aber - worauf in der Gegenschrift zutreffend hingewiesen wird - aus einem Vermerk der erstinstanzlichen Behörde, dass dem Beschwerdeführer in diesem Zusammenhang seitens des Arbeitsmarktservice ein Vorschuss auf die Reisekosten angeboten wurde. Sollte der Inhalt dieses Vermerkes zutreffen, wäre der Beschwerdeführer hinsichtlich seiner Anreisekosten nicht auf einen Vorschuss seitens des Arbeitgebers angewiesen gewesen. Auch diesbezüglich traf der angefochtene Bescheid aber keine Feststellungen. Diese können nach ständiger Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes nicht etwa in der Gegenschrift nachgeholt werden.

Weiters hat der Beschwerdeführer vorgebracht, ein Mitarbeiter des Arbeitgebers habe erklärt, er verfüge zwar über die Information, dass der Beschwerdeführer die Arbeit antreten solle, ein Arbeitsvertrag oder Dienstzettel für den Beschwerdeführer liege jedoch nicht vor. Es trifft zu, dass dem Arbeitgeber gemäß § 2 des Arbeitsvertragsrechts-Anpassungsgesetzes, BGBl. Nr. 459/1993, die vertragliche Nebenpflicht trifft, dem Arbeitnehmer unverzüglich nach Beginn des Arbeitsverhältnisses eine schriftliche Aufzeichnung über die wesentlichen Rechte und Pflichten aus dem Arbeitsvertrag (Dienstzettel) auszuhändigen. Die Bereitschaft des künftigen Arbeitgebers zur Erfüllung aller Nebenpflichten aus dem Arbeitsvertrag wird in den Zumutbarkeitskriterien des § 9 Abs. 2 AlVG freilich nicht genannt. Ob die dort angeführten Voraussetzungen für die Zumutbarkeit einer Beschäftigung insoweit planwidrig unvollständig sind, als auch eine ausdrückliche Erklärung des Dienstgebers, er werde bestimmte (die sonstigen Zumutbarkeitskriterien dieser Bestimmung jedoch nicht berührende) vertragliche Nebenpflichten keinesfalls erfüllen, der Zumutbarkeit der Beschäftigungsaufnahme entgegenstehen könnte, kann auf Basis des bisherigen Vorbringens des Beschwerdeführers im Verwaltungsverfahren jedoch dahinstehen. Es wurde nämlich nicht einmal behauptet, dass der Dienstgeber sich geweigert habe, einen Dienstzettel oder -vertrag überhaupt auszufolgen, sondern lediglich, dass seitens eines Mitarbeiters desselben erklärt worden sei, der Beschwerdeführer möge mit der Arbeit beginnen, ohne dass ein solches Dokument bereits ausgestellt worden wäre. Selbst wenn man die Auffassung vertreten würde, dass damit dem Kriterium der Unverzüglichkeit gemäß § 2 Abs. 1 Arbeitsvertragsrechts-Anpassungsgesetz nicht Genüge getan wäre, könnte die bloß drohende Verzögerung der Ausstellung eines solchen Dokumentes der Zumutbarkeit der Beschäftigungsaufnahme jedenfalls nicht entgegenstehen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Wien, am 23. März 2001

Schlagworte

Sachverhalt Sachverhaltsfeststellung Mitwirkungspflicht

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2001:2000190106.X00

Im RIS seit

18.10.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten