TE AsylGH Erkenntnis 2008/07/14 A5 250794-2/2008

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Veröffentlicht am 14.07.2008
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Spruch

A5 250.794-2/2008/2E

 

StA. von Liberia

 

ERKENNTNIS

 

Der Asylgerichtshof hat durch die Richterin Dr. SCHREFLER-KÖNIG als Einzelrichterin über die Beschwerde des D.P., geb. am 00.00.1986, StA. LIBERIA, gegen den Bescheid des Bundesasylamtes vom 19.06.2008, Zl. 08 04 811-EAST West, zu Recht erkannt:

 

Die Beschwerde von D.P. wird gemäß § 68 Abs. 1 AVG, BGBl. Nr. 51/1991, und § 10 Abs. 1 Z. 1 AsylG 2005, BGBl. I Nr. 100/2005 idF BGBl. I Nr. 4/2008, abgewiesen.

Text

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :

 

I. Dem erstinstanzlichen Verfahren liegt folgender Sachverhalt zu Grunde:

 

I.1. Der Asylwerber, seinen Angaben zufolge Staatsangehöriger von Liberia, reiste im November 2003 illegal mit dem Zug in das österreichische Bundesgebiet ein und stellte am 07.11.2003 einen Asylantrag. Im Rahmen seiner am 04.05.2004 stattgefundenen niederschriftlichen Einvernahme vor dem Bundesasylamt gab er befragt zu seinen Fluchtgründen an, er habe Liberia aus dem Grund verlassen, da er einen Radfahrer mit dem Auto überfahren habe. Danach habe sich der Beschwerdeführer sieben Tage lang im Busch versteckt, da er von den Angehörigen des Opfers beziehungsweise von den Dorfbewohnern verfolgt worden sei. Bei einer Rückkehr nach Liberia befürchte er seinen Tod, da es im Heimatdorf des Beschwerdeführers der Brauch sei, den Verursacher eines tödlichen Autounfalls sofort umzubringen.

 

I.2. Der Beschwerdeführer wurde mit Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Wien vom 13.01.2004, vom 05.04.2004, vom 25.02.2005 sowie vom 11.09.2006 wegen wiederholter Verstöße gegen das Suchtmittelgesetz zu mehreren - unbedingten - Freiheitsstrafen rechtskräftig verurteilt.

 

I.3. Gegen den Beschwerdeführer wurde mit Bescheid vom 11.05.2004 der BPD Wien ein bis 2014 gültiges Aufenthaltsverbot erlassen.

 

I.4. Mit Bescheid des Bundesasylamtes vom 28.05.2004, Zl. 03 34.475-BAW, wurde der Asylantrag gemäß § 7 AsylG 1997, BGBl I Nr. 76/1997 idF BGBl I Nr. 126/2002 abgewiesen. Die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung nach Liberia wurde gemäß § 8 Abs. 1 AsylG 1997, BGBl I Nr. 76/1997 idgF, für zulässig erklärt und der Antragsteller gemäß § 8 Abs. 2 AsylG aus dem österreichischen Bundesgebiet ausgewiesen. Der Asylwerber habe eine asylrelevante Bedrohungssituation nicht glaubhaft darzustellen vermocht. Eine pauschal behauptete Verfolgungsgefahr durch Privatpersonen begründe keine Flüchtlingseigenschaft. Des Weiteren wäre es dem Antragsteller offen gestanden, sich in einem anderen Landesteil Nigerias niederzulassen.

 

Der Bescheid wurde dem Antragsteller am 03.06.2004 zugestellt und dagegen fristgerecht Berufung erhoben.

 

I.5. Mit Bescheid des Unabhängigen Bundesasylsenates vom 02.05.2005, Zl. 250.794/0-III/09/04 wurde die angefochtene erstinstanzliche Entscheidung bestätigt und dem Antragsteller am 02.05.2005 gemäß § 8 Abs.2 iVm § 23 Abs. 1 ZustellG im Akt hinterlegt.

 

I.6. Die Behandlung der gegen diese Entscheidung erhobenen Verwaltungsgerichtshofbeschwerde wurde in weiterer Folge mit Beschluss vom 29.06.2006, Zl. 2006/01/0250-4, wegen Fristversäumnis zurückgewiesen.

 

I.7. Der Beschwerdeführer wurde abermals mit Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Wien vom 11.09.2006 wegen Verstoßes gegen das Suchtmittelgesetz, schwerer Körperverletzung und Widerstand gegen die Staatsgewalt zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von zwanzig Monaten rechtskräftig verurteilt. Gleichzeitig wurde die bedingt nachgesehene Strafe des Landesgerichtes Linz vom 24.01.2006 in der Höhe von zwei Monaten widerrufen.

 

I.8. Am 02.06.2008 stellte der Beschwerdeführer aus dem Stande der Strafhaft gegenständlichen zweiten Antrag auf internationalen Schutz im Sinne des § 2 Abs. 1 Z. 13 AsylG 2005.

 

Im Rahmen der daraufhin sowohl am 03.06.2008 und 05.06.2008 durchgeführten niederschriftlichen Einvernahmen verwies der Beschwerdeführer im Wesentlichen auf die anlässlich seines ersten Rechtsganges präsentierten Fluchtgründe. Zusätzlich legte er als Beweismittel einen im Februar 2008 in Liberia aufgegebenen, an ihn adressierten Brief vor, in welchem eine nach wie vor andauernde Gefährdung des Beschwerdeführers behauptet wird, da nun Rebellen, die von den Angehörigen des damaligen Opfers "engagiert" worden seien, nach ihm suchen würden Mit Verfahrensanordnung gemäß § 29 Abs. 3 AsylG wurde dem Berufungswerber am 05.06.2008 mitgeteilt, dass beabsichtigt sei, seinen Antrag auf internationalen Schutz zurückzuweisen, da entschiedene Sache gemäß § 68 AVG vorliege. Weder der Antragsteller noch sein Rechtsbeistand konkretisierten anlässlich der in weiterer Folge am 11.06.2008 stattgefundenen niederschriftlichen Einvernahme das gegenständliche Fluchtvorbringen.

 

I.9. Dieser neuerliche Antrag auf internationalen Schutz vom 02.06.2008 wurde mit Bescheid vom 19.06.2008, Zl. 08 04.811-EAST West, gemäß § 68 Abs. 1 AVG wegen entschiedener Sache zurückgewiesen sowie der Antragsteller gemäß § 10 Abs. 1 Z. 1 nach Liberia ausgewiesen.

 

Ein etwaiges asylrelevantes Fluchtvorbringen konnte seitens des Bundesasylamtes trotz des nunmehr vorgelegten Briefes nicht festgestellt werden, da einerseits die darin geschilderte Gefahr mit den bereits im Vorverfahren geschilderten, als unglaubwürdig eingestuften, Ereignissen in unmittelbarem Zusammenhang standen, und darin andererseits auch kein glaubhafter Kern enthalten war. In Hinblick dieses nunmehr erbrachten Vorbringens war seitens des Bundesasylamtes somit nicht von einem neuen Sachverhalt, sondern von einem neuen Bescheinigungsmittel zu einem bereits rechtskräftigen Sachverhalt auszugehen. Weiters stellte das Bundesasylamt fest, dass sich die allgemeine maßgebliche Lage im Herkunftsland ebenfalls nicht änderte. Bezüglich Spruchpunkt II der angefochtenen Entscheidung verwies die Erstbehörde auf das erste Verfahren, aus dem bereits hervor gekommen sei, dass kein Refoulementschutz vorliege. Mangels Familienbezug des Berufungswerbers zu einem dauernd aufenthaltsberechtigten Fremden in Österreich stelle seine Ausweisung überdies keinen Eingriff in die Rechte gemäß Art. 8 EMRK dar.

 

I.10. Gegen die letztgenannte Entscheidung hat der Antragsteller am 02.07.2008 über seinen rechtsfreundlichen Vertreter fristgerecht berufen und im Wesentlichen damit begründet, dass das Bundesasylamt bei richtiger rechtlicher Würdigung zu dem Schluss hätte kommen müssen, dass der gegenständliche Asylantrag sehr wohl einen glaubhaften Kern enthalte sowie eine wesentliche Änderung des maßgeblichen Sachverhalts darstelle. Überdies habe es die Erstbehörde unterlassen, weiterführende Ermittlungen bezüglich der Richtigkeit des vom Beschwerdeführer vorgelegten Briefes zu tätigen.

 

Sachverhalt:

 

Im gegenständlichen Rechtsgang beruft sich der im Betreff Genannte dem Kerne nach auf seine bereits im ersten Rechtsgang getätigten Fluchtgründe.

 

Beweis wurde erhoben durch Einsichtnahme in das Aktenkonvolut betreffend den ersten Rechtsgang im Asylverfahren, den Folgeantrag auf internationalen Schutz vom 02.06.2008, die niederschriftlichen Einvernahmeprotokolle vor dem Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes und dem Bundesasylamt, den bekämpften Bescheid sowie den Berufungsschriftsatz.

 

II. Der Asylgerichtshof hat erwogen:

 

II.1. Gemäß § 28 Abs. 1 Asylgerichtshof-Einrichtungsgesetz nimmt der Asylgerichtshof mit 01.07.2008 seine Tätigkeit auf. Das Bundesgesetz über den Unabhängigen Bundesasylsenat (UBASG), BGBl. I Nr. 77/1997, zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 100/2005, tritt mit 01.07.2008 außer Kraft.

 

II.2. Gemäß § 61 Abs. 1 AsylG entscheidet der Asylgerichtshof in Senaten oder, soweit dies in Abs. 3 vorgesehen ist, durch Einzelrichter über Beschwerden gegen Bescheide des Bundesasylamtes und Beschwerden wegen Verletzung der Entscheidungspflicht des Bundesasylamtes.

 

§ 61 Abs. 3 Z. 1 AsylG sieht eine Einzelrichterentscheidung im Fall einer zurückweisenden Entscheidung wegen 1. Drittstaatsicherheit gemäß § 4 AsylG, 2. Zuständigkeit eines anderen Staates gemäß § 5 AsylG, 3. entschiedener Sache gemäß § 68 Abs. 1 AVG, sowie gemäß Z. 2 bei einer mit diesen Entscheidungen verbundenen Ausweisung vor.

 

II.3. Gemäß § 23 Asylgerichtshof-Einrichtungsgesetz sind auf das Verfahren vor dem Asylgerichtshof, sofern sich aus dem Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG), BGBl. Nr. 1/1930, dem Asylgesetz 2005, BGBl. Nr. 100, und dem Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985 (VwGG), BGBl. Nr. 10, nicht anderes ergibt, die Bestimmungen des Allgemeinen Verwaltungs- verfahrensgesetzes 1991 (AVG) mit der Maßgabe sinngemäß anzuwenden, dass an die Stelle des Begriffs "Berufung" der Begriff "Beschwerde" tritt.

 

II.4. Zur Zurückweisung des Asylantrages wegen entschiedener Sache (Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides):

 

Gemäß 75 Abs. 4 AsylG begründen ab - oder zurückweisende Bescheide aufgrund des AsylG, BGBl. Nr. 126/1968, des Asylgesetzes 1991, BGBl. Nr. 8/1992, sowie des AsylG 1997 in derselben Sache in Verfahren nach diesem Bundesgesetz den Zurückweisungstatbestand der entschiedenen Sache (§ 68 AVG).

 

Gemäß § 68 Abs. 1 AVG sind Anbringen von Beteiligten, die außer den Fällen der §§ 69 und 71 AVG die Abänderung eines der Berufung nicht oder nicht mehr unterliegenden Bescheides begehren, wegen entschiedener Sache zurückzuweisen, wenn die Behörde nicht Anlass zu einer Verfügung gem. § 68 Abs. 2 bis 4 AVG findet. Diesem ausdrücklichen Begehren auf Abänderung steht ein Ansuchen gleich, das bezweckt, eine Sache erneut inhaltlich zu behandeln, die bereits rechtskräftig entschieden ist (VwGH v. 30.09.1994, Zl. 94/08/0183; VwGH v. 30.05.1995, Zl. 93/08/0207; VwGH v. 09.09.1999, Zl. 97/21/0913; VwGH v. 07.06.2000, Zl. 99/01/0321). "Entschiedene Sache" i.S.d. § 68 Abs. 1 AVG liegt vor, wenn sich gegenüber dem Vorbescheid weder die Rechtslage noch der wesentliche Sachverhalt geändert hat und sich das neue Parteibegehren im Wesentlichen mit dem früheren deckt (VwGH v. 09.09.1999, Zl. 97/21/0913; VwGH v. 27.09.2000, Zl. 98/12/0057; VwGH v. 25.04.2002, Zl. 2000/07/0235). Einem zweiten Asylantrag, der sich auf einen vor Beendigung des Verfahrens über den ersten Asylantrag verwirklichten Sachverhalt stützt, steht die Rechtskraft des Vorbescheides entgegen (VwGH v. 10.06.1998, Zl. 96/20/0266).

 

"Sache" des Rechtsmittelverfahrens ist nur die Frage der Rechtmäßigkeit der Zurückweisung, die Rechtsmittelbehörde darf demnach nur darüber entscheiden, ob die Vorinstanz den Antrag zu Recht zurückgewiesen hat oder nicht. Sie hat daher entweder - falls entschiedene Sache vorliegt - das Rechtsmittel abzuweisen oder - falls dies nicht zutrifft - den bekämpften Bescheid ersatzlos zu beheben, dies mit der Konsequenz, dass die erstinstanzliche Behörde, gebunden an die Auffassung der Rechtsmittelbehörde, den Antrag nicht neuerlich wegen entschiedener Sache zurückweisen darf. Die Rechtsmittelbehörde darf aber über den Antrag nicht selbst meritorisch entscheiden (VwGH v. 30.05.1995, Zl. 93/08/0207).

 

Sache des vorliegenden Beschwerdeverfahrens i.S.d. § 66 Abs. 4 AVG ist somit nur die Frage, ob das Bundesasylamt zu Recht den neuerlichen Asylantrag gem. § 68 Abs. 1 AVG zurückgewiesen hat.

 

Wird die seinerzeitige Verfolgungsbehauptung aufrechterhalten und bezieht sich der Antragsteller auf sie, so liegt nicht ein wesentlich geänderter Sachverhalt vor, sondern es wird der Sachverhalt bekräftigt (bzw. sein "Fortbestehen und Weiterwirken" behauptet; vgl. VwGH v. 20.03.2003, Zl. 99/20/0480), über den bereits rechtskräftig abgesprochen worden ist. Mit dem zweiten Asylantrag wird daher im Ergebnis die erneute sachliche Behandlung einer bereits rechtskräftig entschiedenen Sache bezweckt (vgl. VwGH v. 07.06.2000, Zl. 99/01/0321).

 

Ob ein neuerlicher Antrag wegen geänderten Sachverhaltes zulässig ist, darf nur anhand jener Gründe geprüft werden, welche die Partei in erster Instanz zur Begründung ihres Begehrens geltend gemacht hat (bzw. welche als allgemein bekannt anzusehen sind, vgl. z.B. VwGH v. 07.06.2000, Zl. 99/01/0321); in der Beschwerde gegen den Zurückweisungsbescheid dürfen derartige Gründe nicht neu vorgetragen werden (vgl. z.B. VwSlg. 5642 A/1961; 23.05.1995, Zl. 94/04/0081; 15.10.1999, Zl. 96/21/0097; 04.04.2001, Zl. 98/09/0041; 25.04.2002, Zl. 2000/07/0235), wobei für die Prüfung der Zulässigkeit des Zweitantrages von der Rechtsanschauung auszugehen ist, auf die sich die rechtskräftige Erledigung des Erstantrages gründete (VwGH v. 16.07.2003, Zl. 2000/01/0237, mwN).

 

Im Rahmen des ersten Rechtsganges wurde das Vorbringen des im Betreff Genannten zu seinen (behaupteten) Fluchtgründen in Hinblick auf deren Wahrheits- bzw. Glaubhaftigkeitsgehalt untersucht und letztlich abschließend beurteilt.

 

Der Beschwerdeführer behauptet im nunmehrigen Rechtsgang keine weiteren - allenfalls geänderten - Sachverhaltselemente, welche nach rechtskräftiger Beendigung des ersten Rechtsganges entstanden wären und durch den vom Beschwerdeführer vorgelegten Brief, welcher für den Beschwerdeführer eine nach wie vor akute Gefahr in Liberia behauptet, tatsächlich belegt werden könnten.

 

Die tatsächlich maßgeblichen Gründe, die den Beschwerdeführer zum vormaligen Zeitpunkt zum Verlassen seines Heimatlandes bewogen haben, haben sich daher seit seiner ersten Asylantragstellung vom 07.11.2003 nicht verändert und liegt seinem neuerlichen Asylantrag in Wahrheit derselbe Sachverhalt (derselbe Ausreisgrund) zugrunde wie zum Zeitpunkt des Erstantrages.

 

Der Antragsteller begehrt faktisch die Auseinandersetzung mit seinen bereits in seinen vorangegangenen - rechtskräftig beendeten - Asylverfahren vorgebrachten Fluchtgründen. Durch den Grundsatz "ne bis in idem" soll jedoch gerade eine solche nochmalige Auseinandersetzung mit einer bereits entschiedenen Sache, abgesehen von den Fällen der §§ 68 Abs. 2-4, 69 und 71 AVG, nicht erfolgen.

 

An dieser Stelle ist anzumerken, dass entgegen der Ansicht des Beschwerdeführers die erkennende Behörde - beziehungsweise das erkennende Gericht - nicht verpflichtet ist, eine Wiederaufnahme des Verfahrens von Amts wegen zu verfügen. Dies steht allein im Ermessen der Behörde, die Parteien haben keinen Rechtsanspruch darauf (vgl. Thienel, Verwaltungsverfahrensrecht, 3. Auflage von 2004, S. 303).

 

Es liegt somit keine Änderung des Sachverhalts vor, weshalb das Bundesasylamt zu Recht den Folgeasylantrag wegen entschiedener Sache i. S.d. § 68 Abs. 1 AVG als unzulässig zurückgewiesen hat. Dass sich im Herkunftsstaat Liberia maßgebliche Änderungen ergeben hätten, welche für sich alleine bereits einen neuen asylrelevanten Sachverhalt bewirken würden, wird nicht einmal vom Beschwerdeführer behauptet. Vielmehr erweist sich die Sicherheitslage in Liberia seit dem im Jänner 2006 abgeschlossenen Friedensprozess als durchaus stabil, weshalb es dem Beschwerdeführer auch bei Zutreffen etwaiger privater Probleme zumutbar erscheint, zum Einen polizeiliche Hilfe in Anspruch zu nehmen, und zum Anderen in einen anderen Landesteil Nigerias umzusiedeln.

 

Dass nun - behauptetermaßen - auch Rebellen nach ihm suchen würden, änderte nichts an der Tatsache, dass die im Rahmen des ersten Asylantrages angegebenen Fluchtgründe, nämlich der vom Beschwerdeführer verursachte Unfalltod eines Radfahrers, gleich blieben und daher kein neuer entscheidungsrelevanter Sachverhalt vorliegt. Dazu kommt, dass der Beschwerdeführer über die näheren Hintergründe des Briefes keine nachvollziehbaren Angaben zu tätigen vermochte. Vielmehr war es ihm eigenen Angaben zufolge selbst unerklärlich, dass sich der besagte Bekannte und Briefverfasser, mit dem er angeblich seit mehreren Jahren keinerlei Kontakt pflegte, mit Hilfe einer dritten, nicht näher bezeichneten und in Österreich aufhältigen Person, mit einem derartigen Brief an den Beschwerdeführer richtete.

 

Des Weiteren vermochte es der Beschwerdeführer nicht, im Rahmen seiner beiden Asylverfahren eine einheitliche und plausible Darstellung des fluchtursächlichen Ereignisses zu präsentieren. So behauptete er bei seinem ersten Asylverfahren einerseits von den Eltern des Unfallopfers, andererseits von der gesamten Dorfbevölkerung verfolgt zu werden (As 65 BAA Vorverfahren). Anlässlich seiner Einvernahme am 05.06.2008 gab er wiederum an, die Eltern des Opfers hätten jetzt, fünf Jahre nach dem Vorfall, Rebellen bezahlt, um den Beschwerdeführer ausfindig zu machen (As 145 BAA). Sein Leben sei in Gefahr, falls er nach Liberia zurückmüsse, da ihn die Rebellen überfall finden würden. Davon, dass in Liberia eine solcherart aussichtslose Sicherheitslage vorherrscht, ging allerdings nicht einmal der Beschwerdeführer aus, da er seiner eigenen Aussage nach vor Erhalt des Briefes - trotz des angeblich zelebrierten Dorfbrauchtums, wonach ein Unfallverursacher die generelle Verfolgung durch das Dorf zu erwarten habe - "gewusst habe", nach Liberia zurückkehren zu können, ohne weitere Probleme befürchten zu müssen (As 147 BAA).

 

Unabhängig davon gab der Beschwerdeführer im Rahmen des gegenständlichen zweiten Asylverfahrens einen zum Vorverfahren komplett unterschiedlichen Fluchtweg an, wonach er anstatt mit dem Flugzeug nunmehr mit einem Schiff nach Europa eingereist und anstatt mit dem Zug in einem LKW weiter nach Österreich gelangt sei (As 111/Beilage 4 BAA, bzw. As 59 BAA Vorverfahren). Dies allein indizierte bereits das Nichtvorliegen eines wahrheitsgemäßen Fluchtvorbringens und bekräftigte den schon im Vorverfahren gewonnenen Eindruck des nun erkennenden Gerichtes, dass es sich bei gegenständlichem Antrag offensichtlich um ein gänzlich konstruiertes Vorbringen ohne jegliche Asylrelevanz handelte.

 

Nach dem Gesagten erweist sich die Zurückweisung des neuerlichen Antrages im Grunde des § 68 Abs. 1 AVG als rechtmäßig, sodass die Beschwerde gegen Spruchteil I des angefochten Bescheides abzuweisen war.

 

II.5. Zur Entscheidung über die Ausweisung (Spruchpunkt II. des angefochtenen Bescheides):

 

Gemäß § 10 Abs. 1 Z 1 AsylG ist eine Entscheidung nach diesem Bundesgesetz mit einer Ausweisung zu verbinden, wenn der Antrag auf internationalen Schutz zurückgewiesen wird.

 

Nach Abs. 2 leg. cit. sind Ausweisungen nach Abs. 1 unzulässig, wenn

 

1. dem Fremden im Einzelfall ein nicht auf dieses Bundesgesetz gestütztes Aufenthaltsrecht zukommt, oder

 

2. diese eine Verletzung von Art. 8 EMRK darstellen würden.

 

Nach Abs. 3 leg. cit. ist dann, wenn die Durchführung der Ausweisung aus Gründen, die in der Person des Asylwerbers liegen, eine Verletzung von Art. 3 EMRK darstellen würde und diese nicht von Dauer sind, gleichzeitig mit der Ausweisung auszusprechen, dass die Durchführung für die notwendige Zeit aufzuschieben ist.

 

Nach Abs. 4 dieser Bestimmung gilt eine Ausweisung, die mit einer Entscheidung gem. Abs. 1 Z 1 verbunden ist, stets auch als Feststellung der Zulässigkeit der Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung in den betreffenden Staat. Besteht eine durchsetzbare Ausweisung, hat der Fremde unverzüglich auszureisen.

 

Hinsichtlich der Entscheidung über die Ausweisung gem. § 10 Abs. 1 Z 1 AsylG wird auf die Begründung im erstinstanzlichen Bescheid verwiesen und diese vollinhaltlich zum Bestandteil dieses Erkenntnisses erhoben.

 

Es ist darüber hinaus festzuhalten, dass in ganz Liberia keine derart extreme Gefahrenlage gegeben ist, dass praktisch jedem, der in diesen Staat abgeschoben wird, eine Gefahr für Leib und Leben in hohem Maße droht.

 

Dass der Beschwerdeführer darüber hinaus über relevante familiäre Bindungen im Sinne des Art. 8 EMRK im Bundesgebiet verfügen würde, ist nicht erkennbar. Solches wird von ihm selbst auch nicht behauptet.

 

In Summe überwiegen somit auch in Hinblick seiner zahlreichen strafrechtlichen Verurteilungen zweifelsfrei die öffentlichen Interessen an der vom Bundesasylamt ausgesprochenen Ausweisung, weshalb die Berufung letztlich vollinhaltlich abzuweisen und spruchgemäß zu entscheiden war.

 

Sohin war spruchgemäß zu entscheiden.

Schlagworte
Ausweisung, Bescheinigungsmittel, Glaubwürdigkeit, Identität der Sache, inländische Schutzalternative, Interessensabwägung, private Streitigkeiten, Prozesshindernis der entschiedenen Sache, Sicherheitslage, staatlicher Schutz, strafrechtliche Verurteilung, Zumutbarkeit
Zuletzt aktualisiert am
17.10.2008
Quelle: Asylgerichtshof AsylGH, http://www.asylgh.gv.at
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