S1 314.137-2/2008/2E
ERKENNTNIS
Der Asylgerichtshof hat durch den Richter Dr. FILZWIESER als Einzelrichter über die Beschwerde des T. S., geb. 1980, StA. Russland, gegen den Bescheid des Bundesasylamtes vom 23.06.2008, Zl. 08 04.622 EAST West, zu Recht erkannt:
Der Beschwerde wird gemäß § 41 Abs 3 AsylG 2005 stattgegeben und der bekämpfte Bescheid behoben.
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :
I. Verfahrensgang und Sachverhalt:
1. Der Verfahrensgang vor der erstinstanzlichen Bescheiderlassung ergibt sich aus dem erstinstanzlichen Verwaltungsakt. Das Erstverfahren des nunmehrigen Beschwerdeführers endete mit einer rechtskräftigen zweitinstanzlichen Unzuständigkeitsentscheidung gemäß §§ 5, 10 AsylG in Bezug auf Polen. In der Folge wurde der Beschwerdeführer am 10.09.2007 am Luftweg nach Warschau überstellt, wobei der VwGH am selben Tag aufschiebende Wirkung zuerkannte, um am 26.09.2007 die Behandlung der Beschwerde abzulehnen. In der polizeilichen Erstbefragung im Rahmen des verfahrensgegenständlichen Zweitverfahrens führte der nunmehrige Beschwerdeführer aus, im Dezember 2007 aus Polen nach Tschetschenien zurückgereist zu sein. Im Mai 2008 wäre er über die Slowakei wieder illegal in die Europäische Union eingereist. Im Wiederaufnahmeersuchen der Erstbehörde an Polen vom 29.05.2008 wurde darauf hingewiesen, dass der Beschwerdeführer behauptet hatte, wieder nach Tschetschenien gereist zu sein, diese Behauptung werde aber nicht geteilt. Nähere Erläuterungen finden sich nicht. Durch ein Schreiben seiner rechtsfreundlichen Vertreterin legte der Beschwerdeführer am 18.06.2008 in Kopie Dokumente vor (Busticket, Rechnungen), die seinen Aufenthalt in Tschetschenien belegen sollten (Originale könnten nachgereicht werden). In der Einvernahme vom 20.06.2008 legte der Beschwerdeführer ferner eine Versicherungspolizze und eine ärztliche Untersuchungsbestätigung aus Tschetschenien vor, die zum Akt genommen wurden, wobei eine Übersetzung aber nicht angefertigt worden ist. Fragen zu seiner behaupteten Rückkehr nach Tschetschenien beantwortete der Beschwerdeführer (etwa zum Grund des Versicherungsabschlusses) in dieser Einvernahme, eine nähere behördliche Befragung zu Umständen der Reisebewegung oder einer genauen Geschehnisabfolge beim behaupteten Aufenthalt in Tschetschenien erfolgte jedoch nicht.
2. Die Beschwerdevorlage beim nunmehrigen Asylgerichtshof erfolgte am 09.07.2008.
II. Der Asylgerichtshof hat erwogen:
1. Verfahrensgang und Sachverhalt ergeben sich aus dem dem Asylgerichtshof vorliegenden Verwaltungsakt.
2. Rechtlich ergibt sich Folgendes:
Mit Datum 01.01.2006 ist das neue Bundesgesetz über die Gewährung von Asyl in Kraft getreten (nunmehr AsylG idF BGBL. I Nr. 4/2008) und ist somit auf alle ab diesem Zeitpunkt gestellten Anträge auf internationalen Schutz, sohin auch auf den vorliegenden, anzuwenden.
2.1. Gemäß § 5 Abs. 1 AsylG ist ein nicht gemäß § 4 AsylG erledigter Asylantrag als unzulässig zurückzuweisen, wenn ein anderer Staat vertraglich oder aufgrund der Verordnung Nr. 343/2003 (EG) des Rates vom 18.02.2003 zur Prüfung des Asylantrages zuständig ist. Mit dem Zurückweisungsbescheid hat die Asylbehörde auch festzustellen, welcher Staat zuständig ist. Gemäß § 10 Abs 1 Z1 AsylG ist die Zurückweisung eines Antrages nach Maßgabe der § 10 Abs 3 und Abs 4 AsylG mit einer Ausweisung zu verbinden. Die Dublin II VO ist eine Verordnung des Gemeinschaftsrechts im Anwendungsbereich der 1. Säule der Europäischen Union (vgl Art. 63 EGV), die Regelungen über die Zuständigkeit zur Prüfung von Asylanträgen von Drittstaatsangehörigen trifft. Sie gilt also nicht für mögliche Asylanträge von EU-Bürgern, ebensowenig ist sie auf Personen anwendbar, denen bereits der Flüchtlingsstatus zuerkannt wurde. Das wesentliche Grundprinzip ist jenes, dass den Drittstaatsangehörigen in einem der Mitgliedstaaten das Recht auf ein faires, rechtsstaatliches Asylverfahren zukommt, jedoch nur ein Recht auf ein Verfahren in einem Mitgliedstaat, dessen Zuständigkeit sich primär nicht aufgrund des Wunsches des Asylwerbers, sondern aufgrund der in der Verordnung festgesetzten hierarchisch geordneten Zuständigkeitskriterien ergibt.
2.1.1. Es ist daher zunächst zu überprüfen, welcher Mitgliedstaat nach den hierarchisch aufgebauten (Art. 5 Abs 1 Dublin II VO) Kriterien der Art. 6-12 bzw 14 und Art. 15 Dublin II VO, beziehungsweise dem Auffangtatbestand des Art. 13 Dublin II VO zur inhaltlichen Prüfung zuständig ist.
2.1.2. Im vorliegenden Fall ist unstrittig, dass Polen für den ersten Asylantrag nach Art 13 VO 343/2003 (oder jedenfalls durch dessen materielle Bearbeitung) zuständig iSd Art 16 Abs 1 VO 343/2003 geworden ist. Eine solche Zuständigkeit, die unter anderem zur Wiederaufnahme des betreffenden Drittstaatsangehörigen verpflichtet, endet unter anderem, wenn der Betreffende gemäß Art 16 Abs 3 VO 343/2003 das Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten länger als drei Monate verlässt. Diesfalls wäre der verfahrensgegenständliche in Österreich gestellte (neuerliche) Asylantrag ein solcher im Sinne des Art 4 Abs 1 VO 343/2003 und daher keine geeignete Grundlage eines Wiederaufnahmeersuchens.
2.1.3. Ein derartiges Vorbringen hat der Beschwerdeführer jedoch schon in seiner Erstbefragung vom 28.05.2008 erstattet. Obgleich der Asylgerichtshof nicht verkennt, dass derartige Angaben zwecks Vereitelung des Zuständigkeitssystems der Dublin II VO auch missbräuchlich erstattet werden, kann nicht von vorneherein - und insbesondere auch bei Vorliegen von Beweismitteln - von deren Unglaubwürdigkeit ausgegangen werden; dies gilt auch in den zwischenstaatlichen Beziehungen im Vollzug der Dublin II VO:
Grundsätzlich erfordert eine Vollziehung des Art 16 Abs 3 ohne das Vorliegen von Beweisen im formellen Sinn eine gute Kooperation auf der Basis von Vertrauensbeziehungen zwischen den Mitgliedstaaten. Einerseits können nämlich Fragen des Beweisstandards letztlich nur schwer durch ein alle Eventualitäten abdeckendes rechtliches Regelwerk gelöst werden, andererseits lassen auch die Beweisregeln der Dublin II VO, wie schon jene des DÜ, Interpretationsspielraum offen (vgl Filzwieser, Ausgewählte Rechtsfragen im Zusammenhang mit der erweiterten Anwendung des Dublinverfahrens auf die neuen Mitgliedstaaten, AWR 1/2005, 59f). Es wäre aber jedenfalls unzulässig, Angaben des Asylwerbers nur deshalb abzulehnen, weil keine formellen Beweise vorhanden sind; auch wenn es zutreffen mag, dass Asylwerber in Zuständigkeitsverfahren oftmals unwahre Angaben machen (auch in der Absicht, eine Überstellung in den tatsächlich zuständigen Mitgliedstaat zu verhindern), so dürfen doch - auch unbelegte - Angaben von Asylwerbern schon nach allgemeinen Rechtsgrundsätzen nicht automatisch als unwahr, respektive ohne Beweiswert abgetan werden - siehe zur vergleichbaren Problematik der Anwendung des Art 10 VO 343/2003, Dublin II Kontaktausschuss, 01.03.2005 Minutes , P. 4.4.2.: "... In case additional (formal) evidence supporting the statement of the applicant for asylum is absent, the requesting MS should make all reasonable efforts to obtain detailed statements (concerning the travel route) from the applicant for asylum, for instance through asking detailed questions during an interview, so that the requested MS can decide on its responsibility. Experts agree, that, in return, the requested MS shall not refuse responsibility solely on the basis of the absence of (formal) additional evidence (supporting the alleged travel route) in case the statements from the applicant are detailed, coherent and in line with general knowledge (about travel routes) or common sense."; vgl ferner Dublin II Kontaktausschuss, 11.10.2005, Minutes, P. 4.6. Umso weniger gilt das im vorliegenden Fall. Abgesehen davon, dass der Beschwerdeführer angeboten hat, Originale vorzulegen (was von der Erstbehörde nicht weiter hinterfragt worden ist) und die Erstbehörde die Dokumente keiner Übersetzung oder sonstigen individuellen Beurteilung zugeführt hat, sind auch sonst diesbezüglich keine ernsten Widersprüche ersichtlich worden.
2.1.4. Im konkreten Fall einer möglichen Anwendung des Art 16 Abs 3 VO 343/2003 folgt daraus: Grundsätzlich ergibt sich aus einer Gesamtschau von Art 16 Abs 3 iVm Art 4 VO 1560/2003 (Durchführungsverordnung zur Dublin II VO), dass die Beweislast für das Vorliegen des gegenständlichen ausnahmsweisen Endigungstatbestandes dem ersuchten Mitgliedstaat zuzuweisen ist. Eine derartige rein formale Betrachtungsweise würde aber das Dilemma für den ersuchten Mitgliedstaat außer acht lassen, dass er einen Beweis zu erbringen hat, aber das Beweisverfahren nicht selbst führen kann, da der Betroffene sich nicht auf seinem Territorium aufhält, und es dem ersuchenden Mitgliedstaat ermöglichen, bei Vorliegen eines Eurodac-Treffers jede weiteren Ermittlungen sowie insbesondere Einvernahmen des Drittstaatsangehörigen zu unterlassen und ein reines Formalverfahren durchzuführen; eine solche Praxis nähme aber dem Drittstaatsangehörigen das Recht auf ein faires Verfahren (in dem er Gelegenheit haben muss zum möglichen Vorliegen von Endigungstatbeständen und zur Verletzung von Rechten aus der EMRK, auch im Falle von Wiederaufnahmeverfahren, gehört zu werden) und ist daher schon aus dieser Erwägung rechtswidrig. Hinzu kommt, dass Art 2 DVO allgemein davon spricht, dass bei einem Wiederaufnahmeersuchen "die Art und die Gründe" des Ersuchens anzuführen sind. Zu den Gründen zählen aber auch Angaben zum Nicht-Vorliegen von Endigungsgründen, wie sich zweifelsfrei aus Fragen 11-13 des bei Wiederaufnahmeverfahren zu verwendenden Formblattes (Anhang III der DVO) ergibt. Hätte der Verordnungsgeber die Auffassung vertreten, wann immer ein ersuchter Mitgliedstaat ein Wiederaufnahmeersuchen erhalte, müsse er implizit - und ohne nähere Angaben des ersuchten Mitgliedstaates zu erhalten - darauf vertrauen, dass der ersuchende Mitgliedstaat das Nicht-Vorliegen der Ausschlussgründe schon selbst geprüft hatte und dürfte daher vom ersuchenden Mitgliedstaat auch keine näheren Informationen mehr verlangen, hätte es keine Veranlassung gegeben, diese Fragen in das Formular aufzunehmen. Wenn Art 4 DVO letzter Satz schließlich statuiert, das Erlöschen der Zuständigkeit könne nur aufgrund von Tatsachenbeweisen oder umfassenden und nachprüfbaren Erklärungen des Asylbewerbers geltend gemacht werden, setzt er voraus, dass solche Beweise und Erklärungen möglich sind und einer fundierten Prüfung der Mitgliedstaaten bedürfen. Dies bedingt aber angesichts der eben beschriebenen speziellen Situation, in welcher sich der Asylwerber nicht in der Verfügungsgewalt des beweispflichtigen Staates befindet, dass der ersuchende Mitgliedstaat Bemühungen anstellt, solche Beweismitteln zu beschaffen und, sofern er sie nicht für plausibel hält und er daher dennoch ein Wiederaufnahmeersuchen stellt, dass er seine Einschätzung (etwa, warum die Angaben des Drittstaatsangehörigen über sein Verlassen der Mitgliedstaaten aus welchen individuellen Gründen für nicht glaubhaft erachtet werden) in nachprüfbarer transparenter Weise dem ersuchten Mitgliedstaat mitteilt, der dann - bei Vorliegen dieser Voraussetzungen - dieser Einschätzung in der Regel zu folgen haben wird. Wenn er ihr begründetermaßen nicht folgt, wird der ersuchende Mitgliedstaat im Remonstrationsverfahren ergänzende Erhebungen anzustellen haben, die seine Position stützen. Wenn Ersuchen aber diese Voraussetzungen nicht erfüllen, also insbesondere keine Angaben über das Nicht-Vorliegen der Erlöschenstatbestände (insbesondere wenn irgendwelche Hinweise in dieser Richtung bestehen, etwa langer Zeitraum zwischen der Antragstellung im ersuchten MS und dem nunmehrigen Ersuchen) enthalten, sind sie nicht ordnungsgemäß begründet und lösen auch nicht die Rechtsfolgen ordnungsgemäß begründeter Ersuchen um Wiederaufnahme aus.
2.1.5. Im vorliegenden Fall hat Österreich, vertreten durch das Bundesasylamt, nicht nur vor Stellung des Wiederaufnahmeersuchens keine nähere Befragung zu dem behaupteten Verlassen des Gebietes der Europäischen Union vorgenommen, sondern Polen auch darüber im Unklaren gelassen, dass der Beschwerdeführer später Beweismittel zur Stützung seiner behaupteten, mehr als dreimonatigen, Heimreise vorgelegt hat. Es war daher zu prüfen, ob und welche Rechtsfolgen diese Unterlassung im gegenständlichen Individualverfahren nach sich zieht.
2.1.6. Wenn es im Verfahren durch die Mitgliedstaaten zu einer Zuständigkeitserklärung eines Mitgliedstaates kommt, welche auf Umständen beruht, die zweifelhaft sein können (etwa: Vorliegen einer illegalen Einreise oder eines illegalen Aufenthaltes nach Art 10; Nicht-Vorliegen des Endigungstatbestandes nach Art 16 Abs 3), so kann dies im Rechtsmittelverfahren im allgemeinen nur erfolgreich geltend gemacht werden, wenn die Überstellung aus anderen Gründen zu einer Verletzung der EMRK führt; ansonsten ist es mit dem System der Verordnung unvereinbar, die Richtigkeit einer Zustimmungserklärung durch einen Mitgliedstaat im zwischenstaatlichen Verfahren durch nationale Rechtsmittelinstanzen neu aufzurollen: Angesichts des Umstandes, dass sich Beweisfragen oft einer klaren rechtlichen Determinierung entziehen, hätte dies zur Folge, dass die Gerichte des ersuchenden Mitgliedstaates über die Richtigkeit der von den Behörden des ersuchten Mitgliedstaates herangezogenen Maßstäbe urteilten, was nicht nur die Vorhersehbarkeit und somit Rechtssicherheit reduzieren und Verfahrensverzögerungen bewirken würde, sondern vor allem hieße, dass derartige Auslegungsfragen (die nur durch den EuGH final einheitlich zu entscheiden sind; allenfalls im Zuge eines Vertragsverletzungsverfahrens) durch diese nationalen Instanzen kompetenzwidrigerweise "vorentschieden" würden (im Zusammenhang mit Wiederaufnahmeverfahren käme es auch zu einer rechtswidrigen Vermischung der Konzepte von Aufnahme und Wiederaufnahme). Dies ist, solange ein möglicher Anwendungsfehler bei der Auslegung der Dublin II VO nicht in individuell durch die EMRK geschützte Rechtspositionen des Drittstaatsangehörigen eingreift, im Allgemeinen nicht zu rechtfertigen. Die Dublin II VO kennt ihrem System nach kein Recht des Einzelnen, wonach bei jeder fehlerhaften Anwendung der VO ein subjektives Recht des Einzelnen entstünde, dass sein Verfahren im Antragsstaat durchgeführt wird.
Dieser gerade herausgearbeitete Grundsatz, wonach das Konsultationsverfahren zwischen den Mitgliedstaaten und dessen Ergebnis der Rechtskontrolle des einzelnen entzogen ist, wenn die Umsetzung dieses Ergebnisses durch die Überstellung nicht zu einer Verletzung der EMRK führt, steht aber unter der allgemeinen Bedingung, dass das Konsultationsverfahren und die daraus resultierende Zustimmung des ersuchten Mitgliedstaates nicht grob fehlerhaft war. Grob fehlerhaftes Handeln wäre insbesondere dann denkbar, wenn der ersuchende Mitgliedstaat dem ersuchten Mitgliedstaat wichtige Informationen vorenthalten hat (zB im Zuge eines Verfahrens nach Art 10 Abs 1 VO 343/2003 über eine vorangegangene Ersteinreise in einen anderen Mitgliedstaat) und die Zustimmung sodann auf Basis dieser unzureichenden Information erfolgt ist (zur Abgrenzung der "groben Fehlerhaftigkeit" in diesem Zusammenhang siehe etwa rechtsvergleichend Dt. Sächsisches Oberverwaltungsgericht, Beschluss vom 14.10.2005, 3 BS 290). Solche manifesten Verletzungen der Grundsätze der guten Zusammenarbeit und des guten Glaubens (Vertrauensgrundsatz) müssen (sofern sie erst im Rechtsmittelverfahren bekannt werden) insofern releviert werden können, als sie zu einer - im Individualverfahren rügbaren - Unwirksamkeit der Zustimmungserklärung führen, hier auch ausnahmsweise wenn sonst keine Verletzung von Art 3 oder Art 8 EMRK vorliegt. Der oben beschriebene Grundsatz existiert somit unter der allgemeinen Schranke des Willkürverbotes der beteiligten Mitgliedstaaten: Wenn diese also ein Konsultationsverfahren in einer Weise führen, dass Bestimmungen bzw rechtliche Grundsätze der Dublin II VO manifest verletzt werden, kann eine darauf gestützte Entscheidung im Sinne des Art 19 Abs 1 VO 343/2003 keinen Bestand haben. Es handelt sich hier insgesamt um einen Ausfluss des Vertrauensgrundsatzes; die Rechtsunterworfenen müssen darauf vertrauen können, dass die Staatsorgane in Vollzug des primär an sie gerichteten Rechts nicht qualifiziert rechtswidrig handeln.
2.2. Verfahrensgegenständlich liegen die Voraussetzungen für die Annahme eines grob fehlerhaften Konsultationsverfahrens hier vor, da der Umstand, dass der Beschwerdeführer angegeben hatte, länger als drei Monate die EU verlassen zu haben, Polen zwar mitgeteilt worden war, die näheren Ausführungen des Beschwerdeführers und die Beweismittel hiezu aber nicht erwähnt/ergänzt wurden, sodass nicht ausgeschlossen werden kann, dass Polen in Kenntnis dieser Umstände (und in Ermangelung einer schlüssigen Erklärung für die angenommene Unglaubwürdigkeit) keine Zustimmung erteilt hätte. Aus diesem Grund kann die - auf Basis qualifiziert unvollständiger Informationen ergangene - Zustimmungserklärung Polens keinen Bestand haben und war die angefochtene - auf diese Erklärung gestützte - Entscheidung aus diesem Grund zwingend zu beheben.
2.3. Hinzu kommt, dass die bloße Ausführung im angefochtenen Bescheid, angesichts der im Erstverfahren angegebenen Fluchtgründe sei es anzuzweifeln, dass der Beschwerdeführer nach Tschetschenien zurückgekehrt sei, angesichts sonstiger fehlender Hinweise auf die diesbezügliche Unglaubwürdigkeit des Beschwerdeführers, nicht ausreichend sein kann - dies umso mehr, als es zwar zutrifft, dass der Beschwerdeführer keine Beweise im formellen Sinn vorgelegt hat, es sich aber zweifellos um Indizien handelt, die eine individuelle Würdigung und jedenfalls, wie ausgeführt, eine nähere Befragung erforderlich gemacht hätten, um diese Fragen schlüssig und haltbar zu klären und sich nicht bloß auf verallgemeinernde Annahmen über die mangelnde Authentizität von Dokumenten aus Russland, beziehungsweise Tschetscheniens, zurückzuziehen.
Es war daher gemäß § 41 Abs 3 3. Satz AsylG vorzugehen.
2.4. Gemäß § 41 Abs. 4 AsylG konnte von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung abgesehen werden. Eine gesonderte Erwägung bezüglich einer allfälligen Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung konnte nunmehr angesichts des Spruchinhaltes entfallen. Bei dieser Sachlage konnte auch auf eine Erörterung der weiteren Beschwerdeausführungen verzichtet werden.