TE AsylGH Beschluss 2008/07/14 S4 400130-1/2008

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Veröffentlicht am 14.07.2008
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Spruch

S4 400.130-1/2008/2E

 

BESCHLUSS

 

Der Asylgerichtshof hat durch den Richter Mag. Andreas Huber als Einzelrichter über die Beschwerde des N.S., 00.00.1991 alias 00.00.1983 geb., StA. von Somalia, gegen den "Bescheid" des Bundesasylamtes vom 18.6.2008, Zahl 08 00.188-EAST-Ost, gem. § 66 Abs. 4 AVG iVm § 61 Abs. 3 Z 1 lit b sowie § 22 Abs. 1 des Asylgesetzes 2005 idgF (AsylG) beschlossen:

 

Die Beschwerde wird gemäß § 63 Abs. 5 AVG als unzulässig zurückgewiesen.

Text

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :

 

I. Der Asylwerber ist Staatsangehöriger von Somalia und über Italien, wo er am 29.10.2007 unter dem Nationale M.A., 00.00.1983 geb., einen Asylantrag gestellt hatte (vgl. Eurodac-Treffer, AS 19), ins Bundesgebiet eingereist. Am 4.1.2008 stellte der Asylwerber schließlich in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz.

 

Mit E-mail vom 21.1.2008 ersuchte Österreich Italien um Aufnahme des Asylwerbers. Italien hat (durch Unterlassen einer fristgerechten Antwort) gem. Art. 20 Abs. 1 lit c der Verordnung (EG) Nr. 343/2003 des Rates (Dublin II) dem Aufnahmegesuch stattgegeben.

 

Der Asylwerber erklärte im Verfahren, dass er einen in Österreich als anerkannten Flüchtling aufhältigen Cousin namens G.M., 00.00.1977 geb., habe.

 

Diesem Cousin wurde mit rechtskräftigem Beschluss des Bezirksgerichtes Baden vom 00.00.2008, die Obsorge betreffend den Asylwerber übertragen (AS 173).

 

Der Antrag auf internationalen Schutz des Asylwerbers wurde mit "Bescheid" des Bundesasylamtes vom 18.6.2008, Zahl 08 00.188-EAST-Ost, gem. § 5 Abs. 1 AsylG als unzulässig zurückgewiesen und der Antragsteller gem. § 10 Abs. 1 Z 1 AsylG aus dem österreichischen Bundesgebiet nach Italien ausgewiesen, wobei dieser "Bescheid" zum einen dem Antragsteller persönlich im Amt ausgefolgt worden ist (AS 247), und zum anderen die Zustellung an die vermeintliche Vertreterin, Mag. L.P., p.A. Deserteursberatung, verfügt worden ist (AS 243).

 

Mit Schriftsatz vom 30.6.2008 erhob der Asylwerber durch einen seitens seines Obsorgeberechtigten bevollmächtigten Vertreter Beschwerde gegen den "Bescheid" des Bundesasylamtes vom 18.6.2008.

 

II. Der Asylgerichtshof hat erwogen:

 

Mit 1.7.2008 ist das Asylgerichtshofgesetz (AsylGHG) in Kraft getreten.

 

Mit 1.1.2006 ist das Asylgesetz 2005 (AsylG) in Kraft getreten.

 

§ 61 AsylG 2005 lautet wie folgt:

 

(1) Der Asylgerichtshof entscheidet in Senaten oder, soweit dies in Abs. 3 vorgesehen ist, durch Einzelrichter über

 

Beschwerden gegen Bescheide des Bundesasylamtes und

 

Beschwerden wegen Verletzung der Entscheidungspflicht des Bundesasylamtes.

 

(2) Beschwerden gemäß Abs. 1 Z 2 sind beim Asylgerichtshof einzubringen. Im Fall der Verletzung der Entscheidungspflicht geht die Entscheidung auf den Asylgerichtshof über. Die Beschwerde ist abzuweisen, wenn die Verzögerung nicht auf ein überwiegendes Verschulden des Bundesasylamtes zurückzuführen ist.

 

(3) Der Asylgerichtshof entscheidet durch Einzelrichter über Beschwerden gegen

 

1. zurückweisende Bescheide

 

a) wegen Drittstaatssicherheit gemäß § 4;

 

b) wegen Zuständigkeit eines anderen Staates gemäß § 5

 

c) wegen entschiedener Sache gemäß § 68 Abs. 1 AVG, und

 

2. die mit diesen Entscheidungen verbundene Ausweisung

 

(4) Über die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung einer Beschwerde entscheidet der für die Behandlung der Beschwerde zuständige Einzelrichter oder Senatsvorsitzende.

 

Festgestellt wird, dass aufgrund des rechtskräftigen Beschlusses des Bezirksgerichtes Baden vom 00.00.2008, mit dem die Obsorge betreffend den Asylwerber auf dessen Cousin G.M., 00.00.1977 geb., übertragen worden ist, der Asylwerber als minderjährig gilt.

 

Der Asylgerichtshof übersieht nicht, dass der Beschluss des BG Baden in casu zu den äußerst widersprüchlichen Angaben des Asylwerbers, dem im Akt befindlichen Altersgutachten und seinem Auftreten in Italien als erwachsene Person in einem Spannungsverhältnis steht, doch ist dieser Beschlusses des BG Baden, solange er dem Rechtsbestand angehört, verbindlich.

 

Demzufolge erweist sich die Bescheidausfolgung an den mj. Antragsteller persönlich als rechtsunwirksam, da rechtswirksam nur seinem gesetzlichen Vertreter (oder allenfalls von diesem zur Vertretung des Asylwerbers bevollmächtigten Personen) zugestellt hätte werden können.

 

Es liegt aber auch keine rechtswirksame Zustellung an einen bevollmächtigten Vertreter, konkret Mag. L.P. vor, da diese lediglich eine vom minderjährigen Antragsteller selbst unterfertigte Zustellvollmacht vorgelegt hat (AS 209), welche bis zur Genehmigung durch den Obsorgeberechtigten G.M. als gesetzlicher Vertreter schwebend unwirksam ist und eine solche Genehmigung der Behörde gegenüber nicht angezeigt wurde. Soweit Mag. L.P. - in einer Reihe weiterer Personen - auch noch auf einer anderen, vom Obsorgeberechtigten des Asylwerbers unterfertigten Vollmachtsanzeige aufscheint (AS 179), ist auszuführen, dass hiebei eine Zustellvollmacht ausdrücklich ausgeschlossen worden ist.

 

Letztlich liegen auch keine Hinweise dafür vor, dass der Zustellmangel bezüglich des erstinstanzlichen "Bescheides" durch tatsächliches Zukommen an den Zustellungsbevollmächtigten (in casu dem Obsorgeberechtigten G.M.) im Sinne des § 9 ZustellG geheilt worden wäre.

 

Der Antrag des N.S. auf internationalen Schutz ist daher noch immer in erster Instanz anhängig !

 

Gemäß § 63 Abs. 5 AVG ist die Berufung von der Partei binnen zwei Wochen bei der Behörde einzubringen, die den Bescheid in erster Instanz erlassen hat. Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu dieser Bestimmung kann sich eine Berufung nur gegen einen Bescheid richten. Ist der erstbehördliche Bescheid nicht rechtswirksam erlassen worden, so hat dies den Mangel der Zuständigkeit der Behörde zu einem meritorischen Abspruch über das Rechtsmittel des Berufungswerbers zur Folge. Die Zuständigkeit der Berufungsbehörde reicht in derartigen Fällen nur so weit, das Rechtsmittel wegen Unzulässigkeit zurückzuweisen (siehe die in E 18 zu § 63 AVG zitierte Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes in Walter/Thienel, Verwaltungsverfahrensgesetze I², 1998).

 

Es war somit spruchgemäß zu entscheiden.

Schlagworte
Minderjährigkeit, Vertretungsverhältnis, Zustellmangel
Zuletzt aktualisiert am
05.10.2008
Quelle: Asylgerichtshof AsylGH, http://www.asylgh.gv.at
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