A4 400.390-1/2008/5E
I. M. T. M.,
geb. 1983
StA. von Ägypten
ERKENNTNIS
Der Asylgerichtshof hat durch den Richter Mag. Lammer als Vorsitzenden und die Richterin Dr. Holzschuster als Beisitzer im Beisein der Schriftführerin VB Biondo über die Beschwerde des I. M. T. M., geb. 05.10.1983, StA. von Ägypten, gegen den Bescheid des Bundesasylamtes vom 01.07.2008, FZ. 08 05.285-EAST Flughafen, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :
I.1. Der Beschwerdeführer, ein ägyptischer Staatsangehöriger, stellte am 19.06.2008 am Flughafen Wien-Schwechat einen Antrag auf internationalen Schutz i.S.d. § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG. Er wurde zu seinen Fluchtgründen am 18.06.2008 durch ein Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes niederschriftlich einvernommen. Hiebei gab der Beschwerdeführer im Wesentlichen an, dass er vor ca. 16 Monaten am Herz operiert worden sei. Nach der Operation wäre eine kontinuierliche Beobachtung und Behandlung erforderlich gewesen. Durch die Operation sei er beeinträchtigt und könne keine Treppe hinaufgehen. Die Ärzte hätten ihm mitgeteilt, dass seine Krankheit nicht richtig behandelt worden wäre und er neuerlich operiert werden müsste. Er hätte alle 24 Stunden eine Tablette zu nehmen. Da durch die Krankheit sein Leben in Gefahr wäre und eine Behandlung nicht in Aussicht sei, hätte er sich entschlossen, sein Land zu verlassen. Aus diesen gründen habe er um Asyl angesucht.
2. Am 19.06.2008 wurde der Beschwerdeführer durch einen Facharzt für Innere Medizin untersucht. Dem internen Befund (siehe AS 77) ist als Ergebnis Folgendes zu entnehmen:
"Ergebnis:
Eine Erkrankung liegt vor.
Der Pat. bedarf in jedem Fall einer lebenslangen gerinnungshemmenden Therapie mit regelmäßiger (im Normalfall monatlicher) Kontrolle.
Die Medikation, die der Pat. derzeit einnimmt, ist ausreichend, die Substanz Warfarin aber in Österreich nicht erhältlich. Bei einem längeren Aufenthalt in diesem Lande müsste er rechtzeitig auf ein anderes Medikament gleicher Wirkung (Marcoumar oder Sintrom) umgestellt werden. Eine zusätzliche Medikation z.B. eine Entwässerung, etwa mit Lasix oder Aldactone wie oben erwähnt, ist dzt. nicht erforderlich, könnte später aber einmal notwendig werden.
Unter gleichbleibender Medikation sollte der Zustand des Pat. in absehbarer Zeit stabil bleiben.
Ein Unterbleiben der gerinnungshemmenden Medikation würde zu einem dramatischen Anstieg des Schlaganfallrisikos führen.
Eine weitere Medikation wäre in absehbarer Zeit etwa bei Auftreten von Dekompensationszeichen in Form der o.a. Entwässerung notwendig, hätte aber keinen Einfluss auf die Notwendigkeit einer weiteren Operation. Letztere wäre nur im Falle einer Störung der Funktion der mechanischen Klappenprothese notwendig und könnte dann nicht durch Medikamente ersetzt werden. Darauf besteht aber dzt. kein Hinweis."
3. Am 25.06.2008 wurde der Beschwerdeführer vor dem Bundesasylamt niederschriftlich einvernommen. Hiebei gab er u.a. an, dass er außer den geschilderten Herzproblemen keine anderen Fluchtgründe hätte (siehe erstinstanzlichen Akt, AS 91). Trotz Hinweis der Erstbehörde, dass seine gesundheitlichen Probleme in Ägypten behandelt worden wären, führte er weiters aus, dass sein Leben in Gefahr sei "da die ärztliche Versorgung in Ägypten nicht gut ist."
4. Mit Schreiben vom 25.06.2008 ersuchte das Bundesasylamt den Hochkommissar der Vereinten Nationen für Flüchtlinge um Zustimmung i. S.d. § 33 Abs. 3 AsylG zur beabsichtigten Abweisung des Antrages gemäß § 33 Abs. 1 Z 3 AsylG. Mit Schreiben vom 01.07.2008 erteilte der Hochkommissar die diesbezügliche Zustimmung gemäß § 33 Abs. 2 AsylG mit der Begründung, dass "das Vorbringen in Einklang mit Beschluss Nr. 30 des UNHCR-Exekutivkomitees als offensichtlich unbegründet eingestuft werden kann."
5. Mit Bescheid des Bundesasylamtes vom 01.07.2008, FZ. 08 05.285-EAST Flughafen, wurde der Antrag auf internationalen Schutz vom 19.06.2008 bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten unter Berufung auf § 33 Abs. 1 Z 13 i.V.m. § 3 Abs. 1 i.V.m § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG abgewiesen (Spruchteil I.).
Gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 3 Abs. 1 Z 13 AsylG wurde der Antrag auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf seinen Heimatstaat Ägypten abgewiesen (Spruchteil II.).
6. Gegen diesen am 01.07.2008 dem nunmehrigen Beschwerdeführer zugestellten Bescheid wurde mit Fax vom 07.07.2008 teils mit maschinschriftlich in deutscher Sprache, teils handschriftlich in arabischer Sprache Berufung (richtig Beschwerde) erhoben. Am 10.07.2008 langte überdies eine Übersetzung, datiert mit 08.07.2008 ein (siehe AS 217-219 im erstinstanzlichen Akt).
II. Der Asylgerichtshof hat wie folgt erwogen:
1. Gemäß § 33 Abs. 1 AsylG ist in der Erstaufnahmestelle am Flughafen die Abweisung eines Antrages nur zulässig, wenn sich kein begründeter Hinweis findet, dass dem Asylwerber der Status des Asylberechtigten oder des subsidiär Schutzberechtigten zuzuerkennen wäre und 1. der Asylwerber die Asylbehörde über seine wahre Identität, seine Staatsangehörigkeit oder die Echtheit seiner Dokumente trotz Belehrung über die Folgen zu täuschen versucht hat;
2. das Vorbringen des Asylwerbers zu seiner Bedrohungssituation offensichtlich nicht den Tatsachen entspricht; 3. der Asylwerber keine Verfolgung im Herkunftsstaat geltend gemacht hat oder 4. der Asylwerber aus einem sicheren Herkunftsstaat (§ 39) stammt. Gemäß § 33 Abs. 2 erster Satz AsylG darf die Abweisung eines Antrags auf internationalen Schutz nach Abs. 1 und eine Zurückweisung des Antrags wegen bestehenden Schutzes in einem sicheren Drittstaat (§ 4) durch das Bundesasylamt nur mit Zustimmung des Hochkommissärs der Vereinten Nationen für Flüchtlinge erfolgen. Gemäß § 33 Abs. 5 erster Satz AsylG ist im Flughafenverfahren über die Ausweisung nicht abzusprechen.
2. Gemäß § 3 Abs. 1 AsylG ist einem Fremden, der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, soweit dieser Antrag nicht wegen Drittstaatsicherheit oder Zuständigkeit eines anderen Staates zurückzuweisen ist, der Status des Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn glaubhaft ist, dass ihm im Herkunftsstaat Verfolgung im Sinne des Art. 1 Abschnitt A Z 2 GFK droht. Gemäß § 8 Abs. 1 AsylG ist der Status des subsidiär Schutzberechtigten einem Fremden zuzuerkennen, 1. der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, wenn dieser in Bezug auf die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten abgewiesen wird oder 2. dem der Status des Asylberechtigten aberkannt worden ist, wenn eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde. Der Antrag auf internationalen Schutz bezüglich des Status des subsidiär Schutzberechtigten ist gemäß § 8 Abs. 6 erster Satz AsylG abzuweisen, wenn der Herkunftsstaat des Asylwerbers nicht festgestellt werden kann.
3. Im vorliegenden Fall kann dem Bundesasylamt nicht entgegen getreten werden, wenn es den Tatbestand des § 33 Abs. 1 Z 3 AsylG als erfüllt angesehen hat. Der Asylgerichtshof schließt sich diesbezüglich den getroffenen Feststellungen und der schlüssigen Beweiswürdigung des Bundesasylamtes im angefochtenen Bescheid, der der Beschwerdeführer nicht substantiiert entgegengetreten ist, an (zur Zulässigkeit des Verweises auf die Begründung des erstinstanzlichen Bescheides vgl. VwGH 21.06.2001, Zl. 99/20/0460, VwGH 22.02.2001, Zl. 2000/20/0557, VwGH 30.11.2000, Zl. 2000/20/0356, VwGH 08.06.2000, Zl. 99/20/0366, VwGH 25.03.1999, Zl. 98/20/0559, VwGH 10.10.1996, Zl. 95/20/0501).
4. Im vorliegenden Fall ist weiters darauf hinzuweisen, dass auch der befasste Hochkommissär der Vereinten Nationen für Flüchtlinge das Vorbringen des Berufungswerbers "in Einklang mit Beschluss Nr. 30 des UNHCR-Exekutivkomitees" als "offensichtlich unbegründet" eingestuft hat. Der zuletzt genannten Exekutivkomiteebeschluss stellt dabei auf Anträge ab, die als "klar missbräuchlich" oder als "offensichtlich unbegründet" bezeichnet werden und die als eindeutig betrügerisch betrachtet werden sollen oder als nicht relevant im Sinne der Kriterien für die Anerkennung der Flüchtlingseigenschaft (niedergelegt in der GFK) bzw. im Sinne irgendwelcher anderer Kriterien, die eine Asylgewährung rechfertigen (vgl. UNHCR, Internationaler Rechtschutz für Flüchtlinge, Beschlüsse des Exekutiv-Komitees, Loseblattausgabe, 1988). Anzumerken ist weiters, dass sich die erwähnte Zustimmung des UNHCR gemäß § 33 Abs. 2 erster Fall AsylG nach Auffassung des Asylgerichtshofes auf eine beabsichtige "Abweisung eines Antrages auf internationalen Schutz nach Abs. 1" des § 33 AsylG bezieht, ohne dass es in dieser Hinsicht darauf ankommen würde, ob das Bundesasylamt die beabsichtigte Entscheidung - im Hinblick auf die in Z 1 bis 4 des § 33 Abs. 1 AsylG normierten Tatbestände - konkretisiert hat; dafür spricht schon der Umstand, dass schon der unabhängigen Bundesasylsenat nach § 41 Abs. 5 AsylG in Verfahren gegen eine Entscheidung im Flughafenverfahren, wenn der Sachverhalt hinreichend festgestellt wurde, eine inhaltliche Entscheidung zu treffen hatte, was darauf abzuzielen scheint, dass im "Berufungsverfahren" eine Abweisung auch aus einem anderen als dem vom Bundesasylamt herangezogenen Abweisungstatbestand möglich ist (vgl. dazu Putzer/Rohrböck, Leitfaden Asylrecht, 2007, Rz 601). Hinzu kommt, dass die Zustimmung des UNHCR - wie auch in der vorliegenden Erklärung ersichtlich - nicht auf die Tatbestände des österreichischen Asylgesetzes Bezug nimmt bzw. abstellt, sondern auf Beschlüsse des (Exekutivkomitees des) UNHCR selbst; weiters ist darauf hinzuweisen, dass weder das AsylG noch das (auf Grundlage der Vorgängerbestimmung des § 39 Abs. 3 AsylG 1997 abgeschlossene) Abkommen betreffend die Mitwirkung von UNHCR in Asylverfahren, in denen der Antrag anlässlich der Grenzkontrolle nach Einreise über einen Flugplatz gestellt wurde (BGBl. III Nr. 32/2003), erkennen lässt, dass die diesbezüglichen "Mitteilungen" des Bundesasylamtes im Sinne des § 32 Abs. 2 AsylG bzw. die vom Bundesasylamt "vorgelegten" bzw. "unterbreiteten" Fälle im Sinne des Art. III Abs. 2 und 5 des genannten Abkommens einer Konkretisierung im Hinblick auf den in Aussicht genommene Tatbestand bedürfen.
5. Da nach dem Gesagten des Beschwerdeführers keine Verfolgung im Herkunftsstaat geltend gemacht wurde und sich weiters auch kein sonstiger (vom Vorbringen des Beschwerdeführers zu seiner Bedrohungssituation unabhängiger) begründeter Hinweis darauf findet, dass dem Beschwerdeführer der Status des Asylberechtigten oder des subsidiär Schutzberechtigten zuzuerkennen wäre, ist dem Bundesasylamt darin zu folgen, dass § 33 Abs. 1 Z 3 AsylG einschlägt, zumal auch die hiefür erforderliche Zustimmung des Hochkommissärs der Vereinten Nationen für Flüchtlinge gemäß § 33 Abs. 2 AsylG vorliegt.
6. Was schließlich Spruchpunkt II des angefochtenen Bescheides anbelangt, so war dieser ebenfalls zu bestätigen, zumal davon auszugehen ist, dass auch im Verfahren hinsichtlich einer Abweisung nach § 33 Abs. 1 AsylG ein Ausspruch nach § 8 Abs. 1 AsylG zu treffen ist, der in diesen Fällen - angesichts der in § 33 Abs. 1 AsylG enthaltenen Voraussetzung des Fehlens eines begründeten Hinweises (auch) darauf, dass der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuzuerkennen wäre - stets auf Nicht-Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten zu lauten haben wird (siehe zur insoweit vergleichbaren Vorgängerbestimmung des § 6 Abs. 1 und 3 AsylG 1997 i.d.F. der AsylG-Novelle 2003 VwGH 30.06.2005, Zl. 2005/20/0108). Es war daher spruchgemäß die Beschwerde zur Gänze als unbegründet abzuweisen.
7. Gemäß § 41 Abs. 7 AsylG 2005 konnte eine mündliche Verhandlung unterbleiben, zumal der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde als geklärt anzusehen war. Der Beschwerdeführer ist in der Beschwerde der schlüssigen Beweiswürdigung des Bundesasylamtes überhaupt nicht entgegen getreten, sondern hat sein bisheriges Vorbringen teils wiederholt, teils näher ausgeführt; eine derartige Vorgangsweise löst keine Verhandlungspflicht aus. Darauf hinzuweisen ist, dass eine bloße - nicht substantiierte - Bestreitung des Sachverhaltes noch nicht genügt, um die Pflicht des Asylgerichtshofes zur Durchführung einer mündlichen Verhandlung zu begründen. § 41 Abs. 7 AsylG 2005 normiert die Ausnahme von der grundsätzlichen Pflicht zur Abhaltung einer mündlichen Verhandlung gerade auch für den Fall, dass sich im Falle einer schlüssigen Beweiswürdigung der Behörde erster Instanz in der Berufung (richtig: Beschwerde) kein zusätzlicher Hinweis auf eine mit dem Asylwerber zu erörternde Auseinandersetzung über den maßgeblichen (positiv oder negativ festgestellten) Sachverhalt ergibt (vgl. VwGH 25.01.2001, Zl. 98/20/0593).
8. Der Vollständigkeit halber ist darauf hinzuweisen, dass der in der Berufung (Beschwerde) gestellte Antrag, dieser aufschiebende Wirkung zuzuerkennen schon deshalb verfehlt ist, weil der gegenständlichen Berufung (richtig: Beschwerde) ohnehin aufschiebende Wirkung zukommt; § 37 Abs. 1 AsylG setzt voraus, dass "gegen eine mit einer zurückweisenden Entscheidung über einen Antrag auf internationalen Schutz verbundene Ausweisung Berufung ergriffen" wird. Im vorliegenden Fall wurde der Antrag des Beschwerdeführers nicht zurück-, sondern abgewiesen; es wurde - wie dies § 33 Abs. 5 erster Satz AsylG vorsieht - auch nicht über die Ausweisung abgesprochen. Eine Zurückweisung im Flughafenverfahren darf im Übrigen gemäß § 33 Abs. 5 zweiter Satz AsylG erst nach Rechtskraft der gänzlich ab- oder zurückweisenden Entscheidung durchgesetzt werden.