TE AsylGH Erkenntnis 2008/07/15 S2 400140-1/2008

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Veröffentlicht am 15.07.2008
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Spruch

S2 400.140-1/2008/2E

 

S.E.

 

geb. 00.00.2008

 

StA. Armenien

 

ERKENNTNIS

 

SPRUCH

 

Der Asylgerichtshof hat durch die Richterin Dr. Schnizer-Blaschka als Einzelrichterin über die Beschwerde des S.E., geb. 00.00.2008, StA. Armenien, gegen den Bescheid des Bundesasylamtes vom 10.06.2008, Zahl: 08 04.471-BAG, zu Recht erkannt:

 

Der Beschwerde wird gemäß § 41 Abs. 3 AsylG idF BGBl. I Nr. 100/2005 stattgegeben und der bekämpfte Bescheid behoben.

Text

Entscheidungsgründe:

 

I. 1. Der Verfahrensgang vor der erstinstanzlichen Bescheiderlassung ergibt sich aus dem erstinstanzlichen Verwaltungsakt des Beschwerdeführers sowie dem Berufungsbescheid des Unabhängigen Bundesasylsenates vom 13.06.2008, Zl.316.710-2/3E-XIX/63/08, betreffend das Asylverfahren der Mutter des Beschwerdeführers, Frau T.S.. Der Beschwerdeführer wurde nach Einreise und Asylantragstellung seiner (in Begleitung weiterer Familienmitglieder eingereisten) Mutter am 07.05.2008 in Österreich geboren.

 

Die Mutter des Beschwerdeführers, ihren Angaben zufolge eine Staatsangehörige Armeniens, gelangte am 03.08.2007 - gemeinsam mit ihrem Ehemann und ihren (damals) drei minderjährigen Kindern sowie weiters ihrem volljährigen Sohn, dessen Ehegattin und dessen mj. Kind - in das Bundesgebiet. Sie stellte - ebenso wie die genannten Angehörigen - einen Antrag auf Gewährung internationalen Schutzes.

 

Im zweiten Rechtsgang (nach Behebung des ersten zurückweisenden Bescheides durch den Unabhängigen Bundesasylsenat) wurde dieser Asylantrag der Mutter mit Bescheid des Bundesasylamtes vom 21.4.2008, 07 07.045-BAG, ohne in die Sache einzutreten gemäß § 5 Absatz 1 Asylgesetz als unzulässig zurückgewiesen. Weiters wurde festgestellt, dass für die Prüfung des Antrages auf internationalen Schutz gemäß Art. 10 iVm. Art. 16 Abs 1 lit c der Verordnung (EG) Nr. 343/2003 des Rates die Slowakei zuständig sei (Spruchpunkt I.). Gleichzeitig wurde gemäß § 10 Absatz 1 Ziffer 1 Asylgesetz die Ausweisung der Mutter des Beschwerdeführers in die Slowakei verfügt und gemäß § 10 Absatz 4 Asylgesetz die Zurückweisung, Zurückschiebung und Abschiebung in die Slowakei für zulässig erklärt (Spruchpunkt II.).

 

2. Mit dem oben zitierten Berufungsbescheid des Unabhängigen Bundesasylsenates vom 13.06.2008 wurde der gegen diesen Bescheid gerichteten Berufung von T.S. vom 28.4.2008 gegen den Bescheid des Bundesasylamtes vom 21.4.2008, Zahl: 07 07.045-BAG, gemäß § 66 Abs. 4 AVG stattgegeben und der bekämpfte Bescheid behoben.

 

3. Mit dem hier angefochtenen Bescheid wurde der Antrag des (nachgeborenen) Beschwerdeführers auf internationalen Schutz vom 21.05.2008 ohne in die Sache einzutreten gemäß § 5 Absatz 1 Asylgesetz als unzulässig zurückgewiesen. Weiters wurde festgestellt, dass für die Prüfung des Antrages auf internationalen Schutz gemäß Art. 4.3 der Verordnung (EG) Nr. 343/2003 des Rates die Slowakei zuständig sei (Spruchpunkt I.). Gleichzeitig wurde gemäß § 10 Absatz 1 Ziffer 1 Asylgesetz die Ausweisung des Beschwerdeführers in die Slowakei verfügt und gemäß § 10 Absatz 4 Asylgesetz die Zurückweisung, Zurückschiebung und Abschiebung in die Slowakei für zulässig erklärt (Spruchpunkt II.)

 

Im Hinblick darauf, dass der die Mutter des Beschwerdeführers betreffende Berufungsbescheid (im Familienverfahren) erst nach Erlassung des hier angefochtenen Bescheides erlassen wurde, ist der hier verfahrensgegenständliche Zurückweisungsbescheid als mitangefochten anzusehen.

 

II. Der Asylgerichtshof hat erwogen:

 

1. Mit 01.01.2006 ist das neue Bundesgesetz über die Gewährung von Asyl in Kraft getreten (AsylG idF BGBl. I Nr. 100/2005) und ist somit auf alle ab diesem Zeitpunkt gestellten Asylanträge anzuwenden.

 

Im gegenständlichen Fall wurde der Antrag im Mai 2008 gestellt, weshalb § 5 AsylG idF BGBI. I Nr. 100/2005 zur Anwendung gelangt.

 

2. Der Beschwerdeführer ist im Zeitpunkt seiner Asylantragstellung das unverheiratete minderjährige Kind (ua) von Frau T.S., deren Asylverfahren mit dem oben zitierten Berufungsbescheid des Unabhängigen Bundesasylsenates vom 13.06.2008 zugelassen wurde.

 

3. Gemäß § 5 Abs. 1 AsylG ist ein nicht gemäß § 4 AsylG erledigter Asylantrag als unzulässig zurückzuweisen, wenn ein anderer Staat vertraglich oder aufgrund der Verordnung Nr. 343/2003 (EG) des Rates vom 18.2.2003 zur Prüfung des Asylantrages zuständig ist. Mit dem Zurückweisungsbescheid hat die Asylbehörde auch festzustellen, welcher Staat zuständig ist. Gemäß § 10 Abs. 1 Z 1 AsylG ist die Zurückweisung eines Antrages nach Maßgabe der § 10 Abs. 3 und Abs. 4 AsylG mit einer Ausweisung zu verbinden.

 

Gemäß § 41 Abs. 3 erster Satz AsylG ist in einem Verfahren über eine Beschwerde gegen eine zurückweisende Entscheidung und die damit verbundene Ausweisung § 66 Abs. 2 AVG nicht anzuwenden. Ist der Beschwerde gegen die Entscheidung des Bundesasylamts im Zulassungsverfahren stattzugeben, ist das Verfahren gemäß § 41 Abs. 3 zweiter Satz AsylG zugelassen. Der Beschwerde gegen die Entscheidung im Zulassungsverfahren ist gemäß § 41 Abs. 3 letzter Satz AsylG auch stattzugeben, wenn der vorliegende Sachverhalt so mangelhaft ist, dass die Durchführung oder Wiederholung einer mündlichen Verhandlung unvermeidlich erscheint.

 

Gemäß § 2 Abs. 1 Z 22 AsylG ist "Familienangehöriger", wer Elternteil eines minderjährigen Kindes, Ehegatte oder zum Zeitpunkt der Antragstellung unverheiratetes minderjähriges Kind eines Asylwerbers oder eines Fremden ist, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten oder des Asylberechtigten zuerkannt wurde, sofern die Familieneigenschaft bei Ehegatten bereits im Herkunftsstaat bestanden hat.

 

Gemäß § 34 Abs. 1 Z 3 AsylG gilt der Antrag des Familienangehörigen eines Asylwerbers auf internationalen Schutz als "Antrag auf Gewährung desselben Schutzes". Die Behörde hat gemäß § 34 Abs. 4 AsylG Anträge von Familienangehörigen eines Asylwerbers gesondert zu prüfen; die Verfahren sind "unter einem" zu führen, und es erhalten alle Familienangehörigen den gleichen Schutzumfang. Entweder ist der Status des Asylberechtigten oder des subsidiär Schutzberechtigten zuzuerkennen, wobei die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten vorgeht, es sei denn, alle Anträge wären als unzulässig zurückzuweisen oder abzuweisen. Jeder Asylwerber erhält einen gesonderten Bescheid.

 

Der Beschwerdeführer ist als minderjähriges unverheiratetes Kind Familienangehöriger im Sinne des § 2 Abs. 1 Z 22 AsylG (ua) seiner Mutter, Frau T.S.; die betreffenden Verfahren stellen sich daher als Familienverfahren (im Inland) gemäß § 34 AsylG dar. Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur - insoweit vergleichbaren - Vorgängerbestimmung (§ 10 Abs. 5 AsylG 1997) bedeutet dies jedoch, dass dann, wenn das Verfahren auch nur eines Familienangehörigen zuzulassen ist, dies auch für die Verfahren aller anderen gilt (VwGH 18.10.2005, Zl. 2005/01/0402).

 

Aufgrund der Zulassung des Verfahrens der Mutter ist nach dem oben Gesagten auch jenes des Beschwerdeführers zuzulassen, der Beschwerde daher Folge zu geben und der angefochtene Bescheid zu beheben.

Schlagworte
Familienverfahren
Zuletzt aktualisiert am
17.10.2008
Quelle: Asylgerichtshof AsylGH, http://www.asylgh.gv.at
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