S2 319.853-1/2008/3E
ERKENNTNIS
Der Asylgerichtshof hat durch die Richterin Dr. Schnizer- Blaschka als Einzelrichterin über die Beschwerde des A.M., geb. 00.00.1988, StA: Russische Föderation, gegen den Bescheid des Bundesasylamtes vom 03.06.2008, Zahl 08 00.125- EAST-WEST, zu Recht erkannt:
Die Beschwerde wird gemäß §§ 5 Abs. 1 iVm 10 Abs. 1 Z 1 und 10 Abs. 4 AsylG idF BGBl. I Nr. 4/2008 als unbegründet abgewiesen.
Entscheidungsgründe:
I. 1. Die Beschwerdeführerin, StA: Russische Föderation, gelangte mit ihrem Ehegatten und ihrem minderjährigen Sohn unter Umgehung der Grenzkontrollen in das österreichische Bundesgebiet und stellte am 03.01.2008 bei der Erstaufnahmestelle West einen Antrag auf internationalen Schutz.
Bei ihren Einvernahmen verschleierte die Beschwerdeführerin zunächst den Reiseweg, weswegen zunächst Konsultationen mit der Slowakei und Polen geführt wurden, was der Beschwerdeführerin am 7.1.2008 auch mitgeteilt wurde (AS 71). Diese Konsultationen verliefen zwar ergebnislos, doch wurden schließlich aufgrund eines Vermerkes im Inlandsreisepass der Beschwerdeführerin über die Ausstellung eines Reisepasses Konsultationen mit Frankreich geführt, was der Beschwerdeführerin am 7.2..2008 ebenfalls zur Kenntnis gebracht wurde (AS 159). Am 27.03.2008 wurde der Beschwerdeführerin gemäß § 29 Abs. 3 AsylG mitgeteilt, dass beabsichtigt sei, ihren Antrag auf internationalen Schutz zurückzuweisen und dass seit 27.03..2008 Konsultationen mit Frankreich geführt würden (AS 207f).
Frankreich hat sich mit Fax vom 25.4.2008, datiert 24.4.2008, (AS 221) bereit erklärt, die Asylwerberin gem. Art. 12 der Verordnung (EG) Nr. 343/2003 des Rates (Dublin II) wieder aufzunehmen.
Bei den weiteren Einvernahmen räumte die Beschwerdeführerin schließlich ein, von der Ukraine aus mit dem Flugzeug nach Frankreich gereist zu sein. Dort hat sie im internationalen Transitbereich einen Asylantrag gestellt, der am 28.12.2007 abgelehnt worden ist (vgl. Informationsschreiben des Service de L'Asile vom 25.3.2008, Aktenseite 201 sowie ihre Angaben, Aktenseite 233). Danach ist sie am 3.1.2008 illegal ins österreichische Bundesgebiet weitergereist, wo sie schließlich am selben Tag einen Antrag auf internationalen Schutz stellte.
Anlässlich ihrer niederschriftlichen Einvernahmen vor dem Bundesasylamt erklärte die Antragstellerin nach Vorhalt, dass Frankreich zur Prüfung ihres Antrages auf internationalen Schutz zuständig sei, dass sie mit ihrem Ehegatten und ihrem Kind in Österreich bleiben wolle, da hier ihre Verwandten, hierunter auch ihr eigener Halbbruder, seien. Da ihre Verwandten in Österreich leben würden, sei sie auch zusammen mit ihrer Familie überhaupt nach Österreich gereist. Von ihrem Halbbruder hätten sie und ihr Mann auch schon ein oder zwei Mal Geld erhalten.
2. Mit dem angefochtenem Bescheid wies das Bundesasylamt den Antrag auf internationalen Schutz der Beschwerdeführerin ohne in der Sache einzutreten gemäß § 5 Abs. 1 AsylG als unzulässig zurück und sprach aus, dass für die Prüfung des gegenständlichen Asylantrages gemäß Art. 12 der Verordnung Nr. 343/2003 (EG) des Rates vom 18. Februar 2003 zur Festlegung der Kriterien und Verfahren zur Bestimmung des Mitgliedstaats, der für die Prüfung eines von einem Drittstaatsangehörigen in einem Mitgliedstaat gestellten Asylantrags zuständig ist (im Folgenden: "Dublin II-VO"), Frankreich zuständig sei. Gleichzeitig wurde die Beschwerdeführerin gemäß § 10 Abs. 1 Z 1 AsylG aus dem österreichischen Bundesgebiet nach Frankreich ausgewiesen, und gemäß § 10 Abs. 4 AsylG festgestellt, dass die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung der Beschwerdeführerin nach Frankreich zulässig sei. Die Erstbehörde traf in diesem Bescheid ausführliche Feststellungen zum französischen Asylverfahren, zur Praxis des Non- Refoulement-Schutzes, der Ausweisung und zur Versorgung von Asylwerbern in Frankreich.
Begründend wurde hervorgehoben, dass die Antragstellerin keine stichhaltigen Gründe für die Annahme glaubhaft gemacht habe, dass sie tatsächlich Gefahr liefe, bei Überstellung nach Frankreich einer dem Art. 3 EMRK widersprechenden Behandlung ausgesetzt zu sein bzw. diese eine Verletzung des Art. 8 EMRK bedeuten würde.
3. Gegen diesen Bescheid erhob die Beschwerdeführerin fristgerecht Beschwerde und führte im Wesentlichen aus, dass das Bundesasylamt bei richtiger Beweiswürdigung und richtiger rechtlicher Beurteilung eine ausreichende Intensität des Familienlebens iSd Art. 8 EMRK feststellen und daher Österreich von seinem Selbsteintrittsrecht Gebrauch machen hätte müssen. In Österreich hielten sich die Tante, der Onkel und der Cousin ihres Ehegatten auf, die jeweils anerkannte Flüchtlinge seien. Seine Tante sei für ihren Mann wie eine Ersatzmutter und unterstütze ihn auch psychisch in den Belangen seines Asylverfahrens und seiner Integrationsbemühungen. Zwar habe ihr Mann seine Verwandten seit deren Flucht nach Österreich nicht mehr gesehen, jedoch hätte er mit diesen Kontakt aufgenommen, wenn er von ihrem Aufenthaltsort gewusst hätte. Bezüglich eines etwaigen finanziellen Abhängigkeitsverhältnisses zu den Verwandten ihres Mannes sei auf deren eigene finanzielle Situation hinzuweisen. Auch ihr eigener Halbbruder sei in Österreich anerkannter Flüchtling und hätte sie finanziell unterstützt, als er in Österreich gewesen sei. Im Falle ihrer Rückstellung nach Frankreich würde sie daher in ihrem Recht auf Achtung des Familienlebens gemäß Art. 8 EMRK verletzt, weiters drohe ihr eine erniedrigende Behandlung iSd Art. 3 EMRK.
II. Der Asylgerichtshof hat erwogen:
1. Die Beschwerdeführerin reiste - in Begleitung ihres Ehegatten und ihres mj. Sohnes - von der Ukraine aus mit dem Flugzeug nach Frankreich ein, wo sie im internationalen Transitbereich einen Asylantrag stellte, der am 28.12.2007 abgelehnt wurde. Danach reiste sie am 3.1.2008 illegal ins österreichische Bundesgebiet weiter, wo sie schließlich am selben Tag einen Antrag auf internationalen Schutz stellte.
Die Beschwerdeführerin hat einen volljährigen Halbbruder in Österreich, zu dem keine enge persönliche Bindung zu erkennen ist und mit dem sie nicht gemeinsam lebt.
2. Diese Feststellungen zum Reiseweg und der Antragstellung in Frankreich ergeben sich aus dem - zuletzt erstatteten - eigenen Vorbringen der Beschwerdeführerin iZm der damit im Einklang stehenden Aktenlage. Die Feststellung, dass eine enge persönliche Bindung zu Familienangehörigen (Halbbruder) der Beschwerdeführerin in Österreich tatsächlich nicht besteht, ergibt sich schon aus dem eigenen Vorbringen der Beschwerdeführerin, wonach sie weder vor ihrer Flucht im Herkunftsstaat noch seit ihrer Einreise in Österreich mit ihrem Halbbruder im gemeinsamen Haushalt lebt bzw. auch sonst keine Anhaltspunkte für eine enge Beziehung unter den beiden Volljährigen erkennbar ist, wobei zu betonen ist, dass der Umstand, "ein oder zwei Mal Geld erhalten" zu haben, allein kein Indiz für ein bestehendes Familienleben darstellt.
3. Rechtlich ergibt sich Folgendes:
3.1. Mit 01.01.2006 ist das AsylG 2005, BGBl. I Nr. 100/2005, in Kraft getreten und ist auf alle ab diesem Zeitpunkt gestellten Asylanträge idgF anzuwenden.
Im gegenständlichen Fall wurde der Antrag auf internationalen Schutz im Jänner 2008 gestellt, weshalb § 5 AsylG 2005 idF BGBl. I Nr. 4/2008 zur Anwendung gelangt.
3.2. Zur Frage der Zuständigkeit eines anderen Staates (Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides):
a) Gemäß § 5 Abs. 1 AsylG ist ein nicht gemäß § 4 erledigter Antrag auf internationalen Schutz als unzulässig zurückzuweisen, wenn ein anderer Staat vertraglich oder aufgrund der Dublin II-VO zur Prüfung des Asylantrages oder des Antrages auf internationalen Schutz zuständig ist. Mit dem Zurückweisungsbescheid hat die Behörde auch festzustellen, welcher Staat zuständig ist. Gemäß § 5 Abs. 2 AsylG ist auch nach Abs. 1 vorzugehen, wenn ein anderer Staat vertraglich oder auf Grund der Dublin II-VO dafür zuständig ist zu prüfen, welcher Staat zur Prüfung des Asylantrages oder des Antrages auf internationalen Schutz zuständig ist. Gemäß § 5 Abs. 3 AsylG ist, sofern nicht besondere Gründe, die in der Person des Asylwerbers gelegen sind, glaubhaft gemacht werden oder bei der Behörde offenkundig sind, die für die reale Gefahr des fehlenden Schutzes vor Verfolgung sprechen, davon auszugehen, dass der Asylwerber in einem Staat nach Abs. 1 Schutz vor Verfolgung findet.
Die Dublin II-VO sieht in den Art. 6 bis 14 des Kapitels III Zuständigkeitskriterien vor, die gemäß Art. 5 Abs. 1 Dublin II-VO in der im Kapitel III genannten Reihenfolge Anwendung finden. Gemäß Art. 5 Abs. 2 Dublin II-VO wird bei der Bestimmung des nach diesen Kriterien zuständigen Mitgliedstaats von der Situation ausgegangen, die zu dem Zeitpunkt gegeben ist, zu dem der Asylbewerber seinen Antrag zum ersten Mal in einem Mitgliedstaat stellt. Gemäß Art. 3 Abs. 2 Dublin II-VO kann jeder Mitgliedstaat einen von einem Drittstaatsangehörigen eingereichten Asylantrag prüfen, auch wenn er nach den in dieser Verordnung festgelegten Kriterien nicht für die Prüfung zuständig ist. Der betreffende Mitgliedstaat wird dadurch zum zuständigen Mitgliedstaat im Sinne dieser Verordnung und übernimmt die mit dieser Zuständigkeit einhergehenden Verpflichtungen.
Art. 12 Dublin II-VO regelt:
"Stellt ein Drittstaatsangehöriger einen Asylantrag im internationalen Transitbereich eines Flughafens eines Mitgliedstaats, so ist dieser Mitgliedstaat für die Prüfung des Asylantrags zuständig."
Unter Zugrundelegung des festgestellten Sachverhaltes, wonach die Beschwerdeführerin von der Ukraine aus mit dem Flugzeug nach Frankreich einreiste, wo sie im internationalen Transitbereich einen Asylantrag stellte, sich sogleich weiter nach Österreich begeben und er weiter auch keine "Familienangehörigen" (iSd Art 7 iVm Art 2 lit i Dublin II-VO) in Österreich hat, kommt nach der Rangfolge der Kriterien der Dublin II-VO der von der Erstbehörde zu Recht herangezogene Art. 12 Dublin II-VO als zuständigkeitsbegründende Norm in Betracht. Frankreich hat auch auf Grundlage dieser Bestimmung seine Zuständigkeit bejaht und sich zur Übernahme der Beschwerdeführerin bereit erklärt.
Die erste Voraussetzung für die Rechtmäßigkeit der getroffenen Unzuständigkeitsentscheidung ist somit gegeben und ist im übrigen im Verfahren nicht bestritten worden.
b) Das Bundesasylamt hat ferner von der Möglichkeit der Ausübung des Selbsteintrittsrechts nach Art. 3 Abs. 2 Dublin II-VO keinen Gebrauch gemacht. Es war daher noch zu prüfen, ob von diesem Selbsteintrittsrecht im gegenständlichen Verfahren ausnahmsweise zur Vermeidung einer Verletzung der EMRK zwingend Gebrauch zu machen gewesen wäre.
Der Verfassungsgerichtshof hat mit Erkenntnis vom 17.06.2005, Zl. B 336/05, festgehalten, die Mitgliedstaaten hätten kraft Gemeinschaftsrecht nicht nachzuprüfen, ob ein anderer Mitgliedstaat generell sicher sei, da eine entsprechende normative Vergewisserung durch die Verabschiedung der Dublin II-VO erfolgt sei, dabei aber gleichzeitig ebenso ausgeführt, dass eine Nachprüfung der grundrechtlichen Auswirkungen einer Überstellung im Einzelfall gemeinschaftsrechtlich zulässig und bejahendenfalls das Selbsteintrittsrecht nach Art. 3 Abs 2 Dublin II-VO zwingend geboten sei.
Die Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zu den Determinanten dieser Nachprüfung lehnt sich an die Rechtsprechung des EGMR an und lässt sich wie folgt zusammenfassen: Die bloße Möglichkeit einer dem Art. 3 EMRK widersprechenden Behandlung in jenem Staat, in den ein Fremder abgeschoben werden soll, genügt nicht, um die Abschiebung des Fremden in diesen Staat als unzulässig erscheinen zu lassen. Wenn keine Gruppenverfolgung oder sonstige amtswegig zu berücksichtigende notorische Umstände grober Menschenrechtsverletzungen in Mitgliedstaaten der EU in Bezug auf Art. 3 EMRK vorliegen (VwGH 27.09.2005, Zl. 2005/01/0313), bedarf es zur Glaubhaftmachung der genannten Bedrohung oder Gefährdung konkreter auf den betreffenden Fremden bezogener Umstände, die gerade in seinem Fall eine solche Bedrohung oder Gefährdung im Fall seiner Abschiebung als wahrscheinlich erscheinen lassen (VwGH 26.11.1999, Zl 96/21/0499, VwGH 09.05.2003, Zl. 98/18/0317; vgl auch VwGH 16.07.2003, Zl. 2003/01/0059): "Davon abgesehen liegt es aber beim Asylwerber, besondere Gründe, die für die reale Gefahr eines fehlenden Verfolgungsschutzes im zuständigen Mitgliedstaat sprechen, vorzubringen und glaubhaft zu machen. Dazu wird es erforderlich sein, dass der Asylwerber ein ausreichend konkretes Vorbringen erstattet, warum die Verbringung in den zuständigen Mitgliedstaat gerade für ihn die reale Gefahr eines fehlenden Verfolgungsschutzes, insbesondere einer Verletzung von Art. 3 EMRK, nach sich ziehen könnte, und er die Asylbehörden davon überzeugt, dass der behauptete Sachverhalt (zumindest) wahrscheinlich ist." (VwGH 23.01.2007, Zl. 2006/01/0949).
Des Weiteren hatte der Asylgerichtshof folgende Umstände zu berücksichtigen:
Bei entsprechender Häufung von Fällen, in denen in Folge Ausübung des Selbsteintrittsrechts die gemeinschaftsrechtliche Zuständigkeit nicht effektuiert werden kann, kann eine Gefährdung des "effet utile"- Grundsatzes des Gemeinschaftsrechts entstehen. Zur effektiven Umsetzung des Gemeinschaftsrechts sind alle staatlichen Organe kraft Gemeinschaftsrechts verpflichtet.
Der Verordnungsgeber der Dublin II-VO, offenbar im Glauben, dass sich alle Mitgliedstaaten untereinander als "sicher" ansehen können, wodurch auch eine Überstellung vom einen in den anderen Mitgliedstaat keine realen Risken von Menschenrechtsverletzungen bewirken könnte (vgl. insbesondere den 2. Erwägungsgrund der Präambel der Dublin II-VO), hat keine eindeutigen verfahrens- oder materiellrechtlichen Vorgaben für solche Fälle getroffen, diesbezüglich lässt sich aber aus dem Gebot der menschenrechtskonformen Auslegung des Gemeinschaftsrechts und aus Beachtung der gemeinschaftsrechtlichen Verfahrensgrundrechte ableiten, dass bei ausnahmsweiser Verletzung der EMRK bei Überstellung in einen anderen Mitgliedstaat eine Überstellung nicht stattfinden darf. Die Beachtung des Effizienzgebots (das etwa eine pauschale Anwendung des Selbsteintrittsrechts oder eine innerstaatliche Verfahrensgestaltung, die Verfahren nach der Dublin II-VO umfangreicher gestaltet als materielle Verfahren verbietet) und die Einhaltung der Gebote der EMRK stehen daher bei richtiger Anwendung nicht in Widerspruch (Filzwieser, migraLex, 1/2007, 18ff, Filzwieser/Liebminger, Dublin II VO², K8-K13. zu Art. 19).
Die allfällige Rechtswidrigkeit von Gemeinschaftsrecht kann nur von den zuständigen gemeinschaftsrechtlichen Organen, nicht aber von Organen der Mitgliedstaaten rechtsgültig festgestellt werden. Der EGMR hat jüngst festgestellt, dass die Rechtsschutz des Gemeinschaftsrechts regelmäßig den Anforderungen der EMRK entspricht (30.06.2005, Bosphorus Airlines v Irland, Rs 45036/98).
Es bedarf sohin europarechtlich eines im besonderen Maße substantiierten Vorbringens und des Vorliegens besonderer vom Antragsteller bescheinigter außergewöhnlicher Umstände, um die grundsätzliche europarechtlich gebotene Annahme der "Sicherheit" der Partnerstaaten der Europäischen Union als einer Gemeinschaft des Rechts im individuellen Fall erschüttern zu können. Diesem Grundsatz entspricht auch die durch das AsylG 2005 eingeführte gesetzliche Klarstellung des § 5 Abs. 3 AsylG, die Elemente einer Beweislastumkehr enthält. Es trifft zwar ohne Zweifel zu, dass Asylwerber in ihrer besonderen Situation häufig keine Möglichkeit haben, Beweismittel vorzulegen (wobei dem durch das Institut des Rechtsberaters begegnet werden kann), und dies mitzubeachten ist (VwGH 23.01.2007, Zl. 2006/01/0949), dies kann aber nicht pauschal dazu führen, die vom Gesetzgeber - im Einklang mit dem Gemeinschaftsrecht - vorgenommene Wertung des § 5 Abs. 3 AsylG überhaupt für unbeachtlich zu erklären. Eine Rechtsprechung, die in Bezug auf Mitgliedstaaten der EU faktisch höhere Anforderungen entwickelte, als jene des EGMR in Bezug auf Drittstaaten wäre jedenfalls gemeinschaftsrechtswidrig.
aa) Mögliche Verletzung des Art. 8 EMRK: Es leben (mit Ausnahme des mitgereisten Ehegatten und einem Sohn, deren Asylverfahren unter einem geführt werden) nur ein volljähriger Halbbruder der Beschwerdeführerin in Österreich, zu denen jedoch vor dem Hintergrund des oben dargelegten fehlenden Nahebezuges (siehe Punkt II. Punkt 1. iZm Punkt 2.) kein durch Art. 8 EMRK geschütztes Familienleben besteht. Es liegen auch sonst keine Hinweise auf eine bereits erfolgte außergewöhnliche Integration in Österreich, etwa aufgrund sehr langer Verfahrensdauer vor (vgl. VfGH 26.02.2007, Zl 1802, 1803/06-11). Dies wurde auch von Beschwerdeführerin nicht behauptet. Eine Verletzung des Art. 8 EMRK ist daher nicht ersichtlich.
bb) Mögliche Verletzung des Art. 3 EMRK: Die Beschwerdeführerin hat keine reale Gefahr einer Verletzung des Art. 3 EMRK in Frankreich für sich vorgebracht, eine solche ist auch sonst nicht erkennbar. Im Beschwerdefall greift daher die Regelvermutung des § 5 Abs. 3 AsylG 2005, wonach ein Asylwerber in einem "Dublinstaat" Schutz vor Verfolgung findet.
Zusammengefasst stellt daher eine strikte Wahrnehmung der Unzuständigkeit Österreichs und die damit verbundene Überstellung der Beschwerdeführerin nach Frankreich keinesfalls ein "real risk" einer Verletzung des Art. 3 EMRK oder des Art. 8 EMRK und somit auch keinen Anlass zur Ausübung des Selbsteintrittsrechtes Österreichs nach Art. 3 Abs. 2 Dublin II-VO dar.
Die Beschwerde gegen Spruchpunkt I. war daher abzuweisen.
3.3. Zur Ausweisung der Beschwerdeführerin nach Frankreich (Spruchpunkt II. des angefochtenen Bescheides):
Gemäß § 10 Abs. 1 Z 1 AsylG ist eine Entscheidung nach diesem Bundesgesetz mit einer Ausweisung zu verbinden, wenn der Antrag auf internationalen Schutz zurückgewiesen wird. Gemäß § 10 Abs. 2 AsylG sind Ausweisungen nach Abs. 1 unzulässig, wenn 1. dem Fremden im Einzelfall ein nicht auf dieses Bundesgesetz gestütztes Aufenthaltsrecht zukommt oder 2. diese eine Verletzung von Art. 8 EMRK darstellen würden. Gemäß § 10 Abs. 3 AsylG ist, wenn die Durchführung der Ausweisung aus Gründen, die in der Person des Asylwerbers liegen, eine Verletzung von Art. 3 EMRK darstellen würde und diese nicht von Dauer sind, die Durchführung für die notwendige Zeit aufzuschieben. Gemäß § 10 Abs. 4 AsylG gilt eine Ausweisung, die mit einer Entscheidung gemäß Abs. 1 Z 1 verbunden ist, stets auch als Feststellung der Zulässigkeit der Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung in den betreffenden Staat. Besteht eine durchsetzbare Ausweisung, hat der Fremde unverzüglich auszureisen.
Zu diesem Spruchpunkt sind im Beschwerdefall keine Hinweise für eine Unzulässigkeit der Ausweisung im Sinne des § 10 Abs. 2 AsylG ersichtlich, zumal weder ein nicht auf das AsylG gestütztes Aufenthaltsrecht aktenkundig ist noch die Beschwerdeführerin in Österreich über - die erwähnten Familienmitglieder hinausgehende - Verwandte verfügt. Zur Frage eines möglichen Verletzung von Art. 8 EMRK durch die Ausweisung wird auf die obigen Ausführungen des Asylgerichtshofes zur Frage des Selbsteintrittes Österreichs in diesem Zusammenhang verwiesen [Punkt II. 3.2. b) aa)]. Darüber hinaus sind auch keine Gründe für einen Durchführungsaufschub gemäß § 10 Abs. 3 AsylG zu sehen.
Es war somit spruchgemäß zu entscheiden.
3.4. Gemäß § 41 Abs. 4 AsylG konnte von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung abgesehen werden. Eine gesonderte Erwägung bezüglich einer allfälligen Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung konnte angesichts des Spruchinhaltes entfallen.