TE Vwgh Erkenntnis 2001/3/28 95/13/0184

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Veröffentlicht am 28.03.2001
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Index

32/02 Steuern vom Einkommen und Ertrag;

Norm

EStG 1988 §67 Abs7;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Weiss und die Hofräte Dr. Hargassner, Mag. Heinzl, Dr. Fuchs und Dr. Büsser als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag.iur. Mag.(FH) Schärf, über die Beschwerde des Dr. H, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland vom 16. Juni 1995, Zl GA 8-1827/95, betreffend Haftung für Lohnsteuer für den Zeitraum 1. Jänner 1990 bis 31. Dezember 1993, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 12.920,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Anlässlich einer beim Beschwerdeführer, einem Rechtsanwalt, durchgeführten Lohnsteuerprüfung wurde festgestellt, dass an den im Jahr 1988 als Rechtsanwaltsanwärter in die Kanzlei des Beschwerdeführers eingetretenen Dr. S. ua im Jahr 1990 Prämien für Verbesserungsvorschläge ausgezahlt worden seien. Diesbezüglich sei vom Beschwerdeführer über Vorhalt vorgebracht worden, dass Dr. S. anlässlich seines Eintrittes in die Kanzlei mitgeteilt worden sei, es würden innerbetrieblich dem akademischen Personal für Verbesserungsvorschläge, die sich für den Dienstgeber als nützlich erweisen, Prämien gewährt. Dr. S. sei im Jahr 1990 an den Beschwerdeführer herangetreten und habe auf Grund seiner außerbetrieblichen Erfahrungen im EDV-Bereich den stufenweisen Aufbau eines Netzwerkes zur effizienteren Gestaltung des kanzleiorganisatorischen Ablaufes vorgeschlagen. Insbesondere sei in Form einer Analyse der bisherigen Kanzleiorganisation die Implementierung einer softwaremäßigen Aktendatenverwaltung angelegt worden. Ausgangspunkt sei die "händische Abrechnung der Akten", insbesondere durch das akademische Personal selbst, eine überalterte, nicht vernetzte Textverarbeitung, die aufwändige Sicherung derselben auf Disketten sowie eine aufwändige Stammdatenverwaltung und Fristenevidenz gewesen. Ziel der Umstellung sei insbesondere gewesen, das akademische Personal so weit möglich von diesen zeitaufwändigen Tätigkeiten zu entlasten, um damit eine Steigerung der in einer Rechtsanwaltskanzlei gewinnrelevanten juristischen Tätigkeit zu erzielen. "Schwerpunkte der vorgeschlagenen Lösung waren die EDV-mäßige vernetzte Erfassung und Verwaltung der Aktenstammdaten, die Anlage, Änderung und Abfrage der Mandanten-, Gegner- und Aktendaten, Listen und Auswertungen der kostenmäßig zu erfassenden Leistungen, Fristverwaltung und die dazugehörigen Hilfsprogramme; Umstellung der Textverarbeitung vom veralteten Softwareprogramm Euroscript auf das zeitgemäßere Softwareprogramm Word 5.5., einheitliche Definition der Aktenbezeichnungsparameter sowohl im Leistungserfassungs- als auch im Textverarbeitungsprogramm und letztlich die Durchführung der Sicherungen auf streamer tape". Besonderes Augenmerk sei darauf gelegt worden, dass die Umstellung schrittweise verwirklicht worden sei, um die damit zusammenhängenden technischen und organisatorischen Probleme, die maßgeblich die Akzeptanz der neuen Situation bei den übrigen Mitarbeitern zu beeinflussen in der Lage gewesen seien, möglichst gering zu halten und einen reibungslosen Betrieb in der Zeit der Umstellung sicherzustellen. Im August 1990 sei das Netzwerk, sowohl Hardware als auch Software, im Dezember 1990 das Anwaltssoftwarepaket Law 90 installiert und im Herbst 1991 die Textverarbeitung umgestellt worden.

Der Prüfer vertrat in der Folge die Ansicht, dass der letztlich im schrittweisen Einsatz von EDV bestehende Vorschlag nicht prämierungswürdig sei. Der begünstigten Besteuerung gemäß § 67 Abs 7 EStG 1988 könne daher nicht zugestimmt werden.

Das Finanzamt folgte der Ansicht des Prüfers und forderte u. a. für die im Jahr 1990 steuerbegünstigt ausbezahlte Prämie in Höhe von S 61.000,-- entsprechende Lohnsteuer nach.

In einer dagegen erhobenen Berufung wandte der Beschwerdeführer ein, dass das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 17. November 1992, 92/14/0169, auf welches sich das Finanzamt offenbar stütze, auf den vorliegenden Sachverhalt nicht anwendbar sei, weil in dem zitierten Erkenntnis lediglich ausgesprochen worden sei, dass in einem Unternehmen, dessen Betriebsgegenstand der Handel mit Bürocomputern, Software und Zubehör sei, Verbesserungsvorschläge von Arbeitnehmern betreffend eine entsprechende EDV-Ausstattung nicht prämienwürdig seien. Gegenständlich handle es sich um kein "EDV-Unternehmen", sondern eine Rechtsanwaltskanzlei, und die prämierten Verbesserungsvorschläge fielen nicht in den eigentlichen Tätigkeitsbereich eines Rechtsanwaltes bzw Rechtsanwaltsanwärters. Die von Dr. S. eingebrachten Vorschläge - insbesondere die stufenweise Einführung der EDV-Ausstattung und die Umstellung auf eine zeitgemäße Textverarbeitung als letzten Schritt, wodurch es möglich geworden sei, Netzwerk und Anwaltssoftware ohne die sonst damit verbundenen und üblichen Schwierigkeiten wie Netzabstürze und Bedienungsfehler zu installieren - müssten bei der Dr. S. eigentlich übertragenen Tätigkeit als Rechtsanwaltsanwärter alles andere als vorausgesetzt werden. Es handle sich vielmehr gerade um einen Fall, in welchem der Gesetzgeber einen prämienwürdigen Vorschlag der begünstigten Besteuerung hätte unterwerfen wollen.

Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung u.a. hinsichtlich der im Jahr 1990 bezahlten Prämie ab. Die Umstellung auf ein dem neuesten Stand der Technik entsprechendes EDV-System könne nicht als eine derart gravierende Änderung angesehen werden, dass objektiv von einer belohnungswürdigen Verbesserung gesprochen werden könne. Das Bemühen eines Bediensteten um einen rationelleren Ablauf der zu verrichtenden Tätigkeiten bewirke eine belohnungswürdige Verbesserung noch nicht.

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die dagegen erhobene Beschwerde erwogen:

Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes müssen Verbesserungsvorschläge im Sinn des § 67 Abs 7 EStG 1988 Sonderleistungen sein, die über die Dienstpflichten des Vorschlagenden hinausgehen und - auch unter Berücksichtigung des jeweiligen Aufgabengebietes des Vorschlagenden - keine Selbstverständlichkeiten darstellen (vgl das hg Erkenntnis vom 17. September 1996, 92/14/0170). Nun ist der belangten Behörde zwar einzuräumen, dass der Vorschlag, in einem Betrieb ein dem neuesten Stand der Technik entsprechendes EDV-System zu verwenden, ebenso wenig als ein der begünstigten Versteuerung des § 67 Abs 7 EStG 1988 zugänglicher Verbesserungsvorschlag anzusehen ist wie dessen schrittweise Einführung. Der Beschwerdeführer hat aber im Rahmen der Darstellung der Verbesserungsvorschläge durch Dr. S. auch darauf hingewiesen, dass Schwerpunkte der vorgeschlagenen Lösung die EDV-mäßig vernetzte Erfassung und Verwaltung bestimmter Daten und Leistungen und die dazu gehörigen Hilfsprogramme gewesen seien. Wenn dieses Vorbringen dahin zu verstehen wäre, dass es sich dabei um die Einbindung von Programmen handelte, die über die Verwendung der für Anwaltskanzleien entwickelten handelsüblichen Software (der Beschwerdeführer erwähnt in diesem Zusammenhang das Softwarepaket Law 90) hinausgingen, so wären damit Sonderleistungen des Dr. S. angesprochen worden, die über die Empfehlung zur Verwendung von dem Stand der Technik entsprechender Computertechnologie und damit über die Dienstpflichten des Vorschlagenden hinausgingen. Die geltend gemachte, gemäß § 67 Abs 7 EStG 1988 begünstigte Versteuerung der diesbezüglich ausbezahlten Prämien an einen nicht im EDV-Bereich tätigen Bediensteten, erschiene diesfalls nicht unberechtigt. Mit der Frage, wie das angesprochene Vorbringen - allenfalls nach ergänzenden Ermittlungen zu den konkreten Leistungen des Dr. S. - zu verstehen ist, hat sich die belangte Behörde aber dadurch, dass sie auf das anlässlich der Lohnsteuerprüfung erstattete und in der Berufung wiederholte Vorbringen in keiner Weise eingegangen ist, nicht auseinander gesetzt. Zutreffend hat der Beschwerdeführer schon in seiner Berufung darauf hingewiesen, dass das hg Erkenntnis vom 17. November 1992, 92/14/0169, infolge eines anders gelagerten Sachverhaltes für den gegenständlichen Fall nicht "einschlägig" ist. Gleiches gilt mangels Eigenschaft des Dr. S. als Gesellschafter-Geschäftsführers einer GmbH für die vom Verwaltungsgerichtshof entschiedenen Fälle, in welchen solchen Personen Prämien für "Verbesserungsvorschläge" ausgezahlt wurden (vgl diesbezüglich etwa das hg Erkenntnis vom 22. Oktober 1997, 95/13/0212).

Der angefochtene Bescheid erweist sich daher als rechtswidrig infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften und war daher gemäß § 42 Abs 2 Z 3 VwGG aufzuheben.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl Nr 416/1994.

Wien, am 28. März 2001

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2001:1995130184.X00

Im RIS seit

19.07.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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