TE Vwgh Erkenntnis 2001/3/28 2000/04/0079

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Veröffentlicht am 28.03.2001
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Index

50/01 Gewerbeordnung;

Norm

GewO 1994 §28 Abs1 Z1;
GewO 1994 §28 Abs1 Z2 lita;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. W. Pesendorfer und die Hofräte Dr. Gruber, Dr. Stöberl, Dr. Blaschek und Dr. Rigler als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Brandtner, über die Beschwerde des C in W, vertreten durch A Rechtsanwalts KEG in W, gegen den Bescheid des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten (nunmehr: Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit) vom 17. Februar 2000, Zl. 321.869/1-III/4/00, betreffend Nachsicht vom Befähigungsnachweis, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen, vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid wurde dem Beschwerdeführer die Nachsicht vom Befähigungsnachweis für das Gewerbe der Dachdecker gemäß § 28 Abs. 1 GewO 1994 verweigert.

Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, der Beschwerdeführer habe anlässlich seines neuerlichen Antritts zur Meisterprüfung im Juni 1987 diese in sämtlichen Prüfungsgegenständen nicht bestanden und er habe weder im erstinstanzlichen Verfahren noch mit seiner Berufung Unterlagen vorgelegt, die darauf schließen lassen könnten, dass er sich mittlerweile im Zuge seiner bisherigen Tätigkeit im gegenständlichen Gewerbe in allen von der Dachdecker-Meisterprüfungsverordnung umfassten fachlichen Bereichen einen meisterlichen Qualifikationsgrad angeeignet habe. Dass der Beschwerdeführer über eine volle Befähigung im Sinne des § 28 GewO 1994 verfüge, werde im Übrigen auch nicht behauptet, wenn er in seiner Berufung lediglich meine, die hinreichende tatsächliche Befähigung nunmehr nachzuweisen. Hinsichtlich des so allgemein gehaltenen Vorbringens betreffend seine finanzielle Situation sei zu bemerken, dass darin schon in Ansehung der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes kein zielführender Nachsichtsgrund im Sinne des § 28 Abs. 1 Z. 2 lit. a GewO 1994 erblickt werden könne. Wenn er aber behaupte, dass für ihn die Einstellung eines gewerberechtlichen Geschäftsführers finanziell nicht tragbar sei - ohne dies im Übrigen durch entsprechende Unterlagen zu untermauern -, so sei damit nicht bereits die Unzumutbarkeit des mit einer neuerlichen Wiederholung der Meisterprüfung verbundenen finanziellen Aufwandes belegt.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag auf kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 28 Abs. 1 GewO 1994 ist die Nachsicht vom vorgeschriebenen Befähigungsnachweis, sofern dieses Bundesgesetz oder eine Verordnung gemäß § 20 Abs. 4 oder § 22 Abs. 4 nichts Gegenteiliges bestimmt, zu erteilen, wenn

1. nach dem Bildungsgang und der bisherigen Tätigkeit des Nachsichtswerbers angenommen werden kann, dass er die für die Gewerbeausübung erforderlichen Kenntnisse, Fähigkeiten und Erfahrungen (volle Befähigung) besitzt und keine Ausschlussgründe gemäß § 13 vorliegen oder

2. eine hinreichende tatsächliche Befähigung des Nachsichtswerbers angenommen werden kann, keine Ausschlussgründe gemäß § 13 vorliegen und

a) dem Nachsichtswerber die Erbringung des vorgeschriebenen Befähigungsnachweises wegen seines Alters, seiner mangelnden Gesundheit oder aus sonstigen, in seiner Person gelegenen wichtigen Gründen nicht zuzumuten ist,

oder

b) wenn besondere örtliche Verhältnisse für die Erteilung der Nachsicht sprechen.

Voraussetzung für die Erteilung der Nachsicht vom vorgeschriebenen Befähigungsnachweis gemäß § 28 Abs. 1 Z. 1 GewO 1994 ist das Vorliegen der vollen Befähigung. In diesem Sinne umfasst die Nachsicht nicht die Befähigung (die für die Gewerbeausübung erforderlichen Kenntnisse, Fähigkeiten und Erfahrungen), sondern allein den - normativ - geforderten Nachweis dieser Befähigung. Hiebei bilden die den Befähigungsnachweis festlegenden Vorschriften den Maßstab dafür, ob die Nachsichtsvoraussetzungen des § 28 Abs. 1 Z. 1 GewO 1994 vorliegen. Die Nachsicht nach § 28 Abs. 1 Z. 1 GewO 1994 darf sohin von vornherein nur erteilt werden, wenn die vom Nachsichtswerber absolvierte Ausbildung mindestens in gleicher Weise wie die in den den Befähigungsnachweis festlegenden Vorschriften geforderte Ausbildung das Ausbildungsziel verwirklichen lässt (vgl. zum Ganzen etwa das hg. Erkenntnis vom 30. Jänner 1996, Zl. 95/04/0124, und die dort zitierte Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes und des Verfassungsgerichtshofes).

Der Beschwerdeführer bringt hinsichtlich des (behaupteten) Vorliegens der "vollen Befähigung" lediglich vor, ausgehend von den Ergebnissen des Beweisverfahrens hätte die belangte Behörde sehr wohl die Voraussetzungen für die Anwendung des "§ 28 Abs. 1 GewO 1994" anzunehmen gehabt. Vor allem die langjährige einschlägige Tätigkeit von 20 Jahren ausschließlich im Gewerbe der Dachdecker hätte zweifelsohne zu dem Schluss führen müssen, dass dem Beschwerdeführer die volle Befähigung zukomme.

Mit diesem Vorbringen vermag der Beschwerdeführer eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides nicht aufzuzeigen. Dass der Beschwerdeführer - auf welche Art immer - das (insbesondere fachlich-theoretische) Ausbildungsziel erreicht habe, wurde vom Beschwerdeführer weder im Verwaltungsverfahren noch in der Beschwerde entsprechend konkretisiert behauptet. Dazu kommt, dass es nicht Aufgabe der Behörde ist, von Amts wegen alle Fakten zu erheben, die möglicherweise für eine Nachsichtserteilung sprechen (vgl. nochmals das vorzitierte hg. Erkenntnis vom 30. Jänner 1996).

Die Verneinung des Vorliegens der Tatbestandsvoraussetzungen des § 28 Abs. 1 Z. 2 GewO 1994 (hinreichende Befähigung) durch die belangte Behörde - wegen des Nichtvorliegens von Ausnahmegründen - wird vom Beschwerdeführer damit bekämpft, er habe auch im bisherigen Verfahren zur Genüge darauf hingewiesen, dass eine existenzielle Gefährdung im gegenständlichen Fall vorliege. Er habe dargelegt, dass Kredite in Millionenhöhe unberichtigt aushafteten, die jedenfalls nur dadurch Abdeckung finden könnten, dass er seiner Tätigkeit im Rahmen des Gewerbes voll nachkommen könne. Die finanzielle Belastung eines gewerberechtlichen Geschäftsführers sei für den Einschreiter nicht tragbar.

Auch damit vermag die Beschwerde nicht durchzudringen. Der Verwaltungsgerichtshof hat zwar im Erkenntnis vom 24. Juni 1983, Zl. 82/04/0100, ausgesprochen, dass sich die Personenbezogenheit im Sinne des letzten Tatbestandes des § 28 Abs. 1 Z. 1 lit. a GewO 1973 - nunmehr § 28 Abs. 1 Z. 2 lit. a GewO 1994 - nicht auf physische oder psychische Merkmale einer Person beschränkt, sondern etwa auch ihre finanzielle Situation erfasst. Die persönliche finanzielle und familiäre Situation kann somit unter Berücksichtigung der jeweiligen Rahmenbedingungen (wie Notwendigkeit einer längeren Reise zur Ablegung einer Prüfung) einen "sonstigen", in der Person gelegenen wichtigen Grund darstellen, der die Erbringung des vorgeschriebenen Befähigungsnachweises unzumutbar erscheinen lassen. Der Beschwerdeführer beschränkt sich jedoch bloß darauf, dass "eine existenzielle Gefährdung" vorliege und bezieht sich offenkundig lediglich darauf, dass er selbst das Gewerbe ausüben müsse bzw. die Bestellung eines gewerberechtlichen Geschäftsführers finanziell nicht tragbar sei; damit wird aber nicht dargetan, dass seine persönlichen finanziellen Verhältnisse unter Berücksichtigung der jeweiligen Rahmenbedingungen die Erbringung des vorgeschriebenen Befähigungsnachweises unzumutbar erscheinen ließen. Es wird also nicht dargetan, dass im Hinblick auf die finanzielle Situation des Beschwerdeführers eine (neuerliche) Ablegung der Meisterprüfung unzumutbar wäre.

Aus den dargelegten Erwägungen ergibt sich, dass der Beschwerdeführer durch den angefochtenen Bescheid in seinen Rechten weder wegen der geltend gemachten noch wegen einer vom Verwaltungsgerichtshof aus eigenem aufzugreifenden Rechtswidrigkeit verletzt worden ist.

Die Beschwerde war infolge dessen gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Wien, am 28. März 2001

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2001:2000040079.X00

Im RIS seit

08.06.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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