TE AsylGH Erkenntnis 2008/07/17 S5 400428-1/2008

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Veröffentlicht am 17.07.2008
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Spruch

S5 400.428-1/2008/3E

 

Erkenntnis

 

Der Asylgerichtshof hat durch den Richter Mag. Benda als Einzelrichter über die Beschwerde des O.S., geb. 00.00.1987, StA. der Türkei, gegen den Bescheid des Bundesasylamtes vom 30.6.2008, Zahl: 08 04.181-EAST West, gem. § 66 Abs. 4 AVG iVm § 61 Abs. 3 Z 1 lit b des Asylgesetzes 2005 idgF (AsylG) zu Recht erkannt:

 

Die Beschwerde wird gemäß §§ 5 Abs. 1, 10 Abs. 1 Z 1 und Abs. 4 AsylG abgewiesen.

Text

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :

 

I. Der Asylwerber ist Staatsangehöriger der Türkei und ist am 20.4.2008 mit einem von 12.4.2008 bis 28.4.2008 gültigen, von Rumänien ausgestellten Visum in Rumänien eingereist (vgl. Aktenseite 89). Er ist sodann illegal ins österreichische Bundesgebiet weitergereist, wo er schließlich am 13.5.2008 einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat.

 

Mit E-mail vom 4.6.2008 ersuchte Österreich Rumänien um Übernahme des Asylwerbers.

 

Rumänien hat sich mit Schreiben vom 11.6.2008 (Aktenseite 149) bereit erklärt, den Asylwerber gem. Art. 9 Abs. 4 der Verordnung (EG) Nr. 343/2003 des Rates (Dublin II) aufzunehmen und seinen Asylantrag zu prüfen.

 

Anlässlich seiner niederschriftlichen Einvernahmen vor dem Bundesasylamt erklärte der Antragsteller nach Vorhalt, dass Rumänien zur Prüfung seines Antrages auf internationalen Schutz zuständig sei, dass er in Österreich zwei Brüder hätte, weshalb er nicht nach Rumänien zurückwollte. In Österreich gebe es überdies bessere Menschenrechte (Aktenseite 181).

 

Dieser Asylantrag wurde mit Bescheid des Bundesasylamtes vom 30.6.2008, Zahl: 08 04.181-EAST West, gem. § 5 Abs. 1 AsylG als unzulässig zurückgewiesen und der Antragsteller gem. § 10 Abs. 1 Z 1 AsylG aus dem österreichischen Bundesgebiet nach Rumänien ausgewiesen.

 

Gegen diesen Bescheid hat der Asylwerber fristgerecht Beschwerde erhoben und hiebei im Wesentlichen geltend gemacht, dass auf Grund der Handhabung des rumänischen Asylgesetzes in der Praxis zu befürchten sei, dass ihm im Falle seiner Rückschiebung nach Rumänien nicht die Einreise erlaubt würde. Die Lebensbedingungen in der Transitzone seien schlecht, weiters würde ihm für den Fall der Verweigerung seiner Einreise kein faires Asylverfahren ermöglicht. Es liege weiters eine unrichtige rechtliche Beurteilung seiner Familienbindungen zu seinen in Österreich lebenden Brüdern vor. Da er aufgrund seines Fluchtgrundes nicht mehr im Familienverband in der Türkei leben könne, bestünde nun ein finanzielles Abhängigkeitsverhältnis zu seinen Brüdern. Die familiäre Verbundenheit zwischen ihm und seinen Brüdern sei sehr groß, was allein die Finanzierung seiner Flucht durch seinen Bruder bestätigen würde.

 

II. Der Asylgerichtshof hat erwogen:

 

Mit 1.7.2008 ist das Asylgerichtshofgesetz (AsylGHG) in Kraft getreten.

 

Mit 1.1.2006 ist das Asylgesetz 2005 (AsylG) in Kraft getreten.

 

§ 61 AsylG 2005 lautet wie folgt:

 

(1) Der Asylgerichtshof entscheidet in Senaten oder, soweit dies in Abs. 3 vorgesehen ist, durch Einzelrichter über

 

Beschwerden gegen Bescheide des Bundesasylamtes und

 

Beschwerden wegen Verletzung der Entscheidungspflicht des Bundesasylamtes.

 

(2) Beschwerden gemäß Abs. 1 Z 2 sind beim Asylgerichtshof einzubringen. Im Fall der Verletzung der Entscheidungspflicht geht die Entscheidung auf den Asylgerichtshof über. Die Beschwerde ist abzuweisen, wenn die Verzögerung nicht auf ein überwiegendes Verschulden des Bundesasylamtes zurückzuführen ist.

 

(3) Der Asylgerichtshof entscheidet durch Einzelrichter über Beschwerden gegen

 

1. zurückweisende Bescheide

 

a) wegen Drittstaatssicherheit gemäß § 4;

 

b) wegen Zuständigkeit eines anderen Staates gemäß § 5

 

c) wegen entschiedener Sache gemäß § 68 Abs. 1 AVG, und

 

2. die mit diesen Entscheidungen verbundene Ausweisung

 

(4) Über die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung einer Beschwerde entscheidet der für die Behandlung der Beschwerde zuständige Einzelrichter oder Senatsvorsitzende.

 

Gemäß § 5 Abs. 1 AsylG ist ein nicht gemäß § 4 erledigter Antrag auf internationalen Schutz als unzulässig zurückzuweisen, wenn ein anderer Staat vertraglich oder aufgrund der Dublin - Verordnung zur Prüfung des Asylantrages oder des Antrages auf internationalen Schutz zuständig ist. Mit der Zurückweisungsentscheidung ist auch festzustellen, welcher Staat zuständig ist.

 

Gemäß § 5 Abs. 1 AsylG ist ein nicht gemäß § 4 erledigter Antrag auf internationalen Schutz als unzulässig zurückzuweisen, wenn ein anderer Staat vertraglich oder aufgrund der Dublin - Verordnung zur Prüfung des Asylantrages oder des Antrages auf internationalen Schutz zuständig ist. Mit der Zurückweisungsentscheidung ist auch festzustellen, welcher Staat zuständig ist.

 

Gemäß § 5 Abs. 2 AsylG ist auch nach Abs. 1 vorzugehen, wenn ein anderer Staat vertraglich oder auf Grund der Dublin-Verordnung dafür zuständig ist zu prüfen, welcher Staat zur Prüfung des Asylantrages oder des Antrages auf internationalen Schutz zuständig ist.

 

Gemäß § 5 Abs. 3 AsylG ist, sofern nicht besondere Gründe, die in der Person des Asylwerbers gelegen sind, glaubhaft gemacht werden oder beim Bundesasylamt oder beim Asylgerichtshof offenkundig sind, die für die reale Gefahr des fehlenden Schutzes vor Verfolgung sprechen, davon auszugehen, dass der Asylwerber in einem Staat nach Abs. 1 Schutz vor Verfolgung findet.

 

Gemäß § 10 Abs. 1 Z 1 AsylG ist eine Entscheidung nach diesem Bundesgesetz mit einer Ausweisung zu verbinden, wenn der Antrag auf internationalen Schutz zurückgewiesen wird.

 

Gemäß § 10 Abs. 2 AsylG sind Ausweisungen nach Abs. 1 unzulässig, wenn 1. dem Fremden im Einzelfall ein nicht auf dieses Bundesgesetz gestütztes Aufenthaltsrecht zukommt oder 2. diese eine Verletzung von Art. 8 EMRK darstellen würden.

 

Gemäß § 10 Abs. 3 AsylG ist, wenn die Durchführung der Ausweisung aus Gründen, die in der Person des Asylwerbers liegen, eine Verletzung von Art. 3 EMRK darstellen würde und diese nicht von Dauer sind, gleichzeitig mit der Ausweisung auszusprechen, dass die Durchführung für die notwendige Zeit aufzuschieben ist.

 

Gemäß § 10 Abs. 4 AsylG gilt eine Ausweisung, die mit einer Entscheidung gemäß Abs. 1 Z 1 verbunden ist, stets auch als Feststellung der Zulässigkeit der Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung in den betreffenden Staat. Besteht eine durchsetzbare Ausweisung, hat der Fremde unverzüglich auszureisen.

 

Rumänien hat auf Grundlage des Art. Art. 9 Abs. 4 der Verordnung (EG) Nr. 343/2003 des Rates (Dublin II) akzeptiert, den Asylwerber aufzunehmen und seinen Asylantrag zu prüfen.

 

Bereits das Bundesasylamt hat in der Begründung des angefochtenen Bescheides die Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens, darunter auch Feststellungen zum rumänischen Asylverfahren und dessen Praxis sowie zur Versorgungslage von Asylwerbern in Rumänien sowie die bei der Beweiswürdigung maßgebenden Erwägungen und die darauf gestützte Beurteilung der Rechtsfrage rechtsrichtig ausgeführt. Der Asylgerichtshof schließt sich den Ausführungen des Bundesasylamtes im angefochtenen Bescheid hinsichtlich beider Spruchpunkte vollinhaltlich an und erhebt diese zum Inhalt des gegenständlichen Erkenntnisses.

 

Zum Vorbringen des Asylwerbers in der Beschwerde, wonach ihm im Falle seiner Rückschiebung nach Rumänien möglicherweise kein faires Asylverfahren offen stünde, ist auf die im erstinstanzlichen Bescheid sehr ausführlich dokumentierten Länderfeststellungen zu verweisen, an deren inhaltlicher Richtigkeit seitens der erkennenden Behörde kein Zweifel besteht (vgl. hierzu Aktenseite 8 ff.). Diesen Feststellungen ist zu entnehmen, dass jedem Fremden, der sich auf dem Territorium oder an der Grenze Rumäniens aufhält, der Zugang zum Asylverfahren ab dem Zeitpunkt, ab welchem der Fremde bei den rumänischen Behörden um Schutz ansucht, gewährt wird. Weiters ist gesetzlich fixiert, dass die Bestimmungen des Asylgesetzes ohne jegliche Formen der Diskriminierung angewandt werden. Soweit der Asylwerber im Beschwerdeschriftsatz die schlechten Lebensbedingungen für Asylwerber in der Transitzone rügt, ist wiederum auf die erstinstanzlichen Länderfeststellungen des angefochtenen Bescheides zu verweisen, wonach Asylwerber in Rumänien neben der unentgeltlichen Unterstützung seitens des UNHCR auch unentgeltliche Hilfe durch nationale und internationale NGO's und Rechtsvertreter genießen, darüber hinaus auch freien Zugang zu allen erforderlichen Versorgungseinrichtungen haben und weiters das Recht auf freie medizinische Grund- und Notfallversorgung ambulant oder stationär in Krankhäusern besteht. Der Vollständigkeit halber ist zu ergänzen, dass sich im Verfahren nicht die geringsten Anhaltspunkte dafür ergeben haben, dass der Beschwerdeführer an einer lebensbedrohlichen Krankheit (im Endstadium), die überdies in Rumänien nicht behandelbar wäre, leidet, sodass nach der strengen Judikatur des EGMR zu Art. 3 EMRK seine Überstellung nach Rumänien nicht einmal ansatzweise eine für eine Verletzung seiner Rechte gemäß Art. 3 EMRK relevante Gravität erreicht.

 

Soweit der Asylwerber in seiner Beschwerde geltend macht, im Falle seiner Rückschiebung nach Polen in seinem Recht auf Achtung des Privat- und Familienlebens gemäß Art. 8 EMRK verletzt zu werden, da zwischen ihm und seinen in Österreich wohnhaften Brüdern eine enge familiäre Verbundenheit bestünde, ist auszuführen, dass das Vorliegen einer intensiven Nahebeziehung zu seinen Brüdern schon angesichts der langen Zeitspanne, in welcher der Asylwerber von seinen seit 8 bzw. 15 Jahren (!) (vgl. Aktenseite 177) in Österreich lebenden Brüdern getrennt war bzw. der Kürze seines nunmehrigen Aufenthaltes im Bundesgebiet verneint werden muss. Auch der Umstand, dass der Asylwerber noch zur Zeit seines eigenen Aufenthaltes in der Türkei eigenen Angaben zufolge im Monat lediglich ein- bis zweimal telefonischen Kontakt mit seinen Brüdern gepflegt hat, belegt nur deutlich, dass keine besondere familiäre Verbundenheit seitens des Asylwerbers zu diesen besteht. Dass - wie der Asylwerber in seiner Beschwerde behauptet - ein finanzielles Abhängigkeitsverhältnis zu seinen in Österreich lebenden Brüdern vorliegt, kann allein schon anhand seiner erstinstanzlichen Angaben ausgeschlossen werden, worin dieser ausdrücklich erklärt hat, außer der Unterkunftsmöglichkeit bei seinem jüngeren Bruder keine weitere Unterstützung von beiden Geschwistern zu erhalten (Aktenseite 179). Vor diesem Hintergrund konnte das Vorliegen einer "Familieneinheit" zwischen dem Beschwerdeführer und seinen in Österreich befindlichen (volljährigen) Angehörigen nicht festgestellt werden, weshalb eine Subsumtion unter den Begriff des "Familienlebens" iSd Art. 8 EMRK nicht in Betracht zu ziehen war. Für die erkennende Behörde liegen sohin keine Anhaltspunkte dafür vor, dass dem Beschwerdeführer durch eine etwaige Rückschiebung nach Rumänien eine Verletzung seines Rechts gemäß Art. 8 EMRK drohen würde.

 

Es war somit spruchgemäß zu entscheiden.

Schlagworte
Ausweisung, familiäre Situation, soziale Verhältnisse
Zuletzt aktualisiert am
17.10.2008
Quelle: Asylgerichtshof AsylGH, http://www.asylgh.gv.at
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