TE AsylGH Erkenntnis 2008/07/23 E1 227161-0/2008

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Veröffentlicht am 23.07.2008
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Spruch

E1 227.161-0/2008-37E

 

ERKENNTNIS

 

Der Asylgerichtshof hat durch die Richterin Dr. FAHRNER als Einzelrichterin über die Beschwerde der P. I., geb. 1962, StA. Armenien, vertreten durch Hofbauer, Hofbauer & Wagner, Rechtsanwälte Partnerschaft, gegen den Bescheid des Bundesasylamtes vom 01.02.2002, FZ. 02 00.083-BAT, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 06.09.2006, 12.09.2007 und 05.10.2007 zu Recht erkannt:

 

Die Beschwerde wird gemäß §§ 7, 8 Abs. 1 AsylG 1997 idF BGBl I Nr. 126/2002 als unbegründet abgewiesen.

Text

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :

 

I. Verfahrensgang:

 

1. Die Beschwerdeführerin (vormals Berufungswerberin), eine Staatsangehörige von Armenien, stellte nach illegaler Einreise in das österreichische Bundesgebiet am 29.12.2001 einen Asylantrag.

 

2. Anlässlich einer niederschriftlichen Einvernahme am selben Tag gab sie an, zunächst mit dem Flugzeug von Erewan nach Moskau geflogen zu sein. Anschließend sei sie schlepperunterstützt von Moskau nach Österreich gereist. Zeitweise leide sie an Herzproblemen bzw. an Problemen mit dem Blutdruck, zurzeit gehe es ihr aber gut.

 

3. Am 07.01.2002 wurde die Beschwerdeführerin neuerlich einvernommen, wobei sie angab, armenische Staatsbürgerin der armenischen Volksgruppe und gregorianischer Religionszugehörigkeit zu sein.

 

Sie sei verheiratet und habe zwei - 1980 bzw. 1985 geborene - Söhne, welche sich bei ihrem Gatten befänden.

 

Seit Juli 1998 sei sie aktives Mitglied der armenischen Volkspartei, wo sie zuletzt in der Region A. fungiert habe. Dort habe sie die Mitglieder zu betreuen und zu informieren gehabt.

 

Als sie sich für die Stelle eines Kindergartens beworben habe, sei sie vom Landeshauptmann ihres Gebietes nach ihrer Parteizugehörigkeit gefragt worden und sei ihr dann mitgeteilt worden, dass sie entweder die Partei verlassen müsse oder ihren Job verlieren werde.

 

Weiters sei sie von Leuten, welche gegen ihre Partei seien und am 26.10.1999 auch deren Führer getötet hätten, verfolgt worden, wobei es zunächst Drohanrufe gegeben habe.

 

1999 habe es einen Verkehrsunfall mit Fahrerflucht gegeben, bei welchem ihr Fahrzeug frontal von einem anderen PKW gerammt worden sei. Dabei sei ihr Sohn G. verletzt worden und habe ihm seine Milz entfernt werden müssen. Sie vermute, dass dieser Unfall mit ihrer politischen Tätigkeit zusammenhänge, insbesondere deshalb, zumal sie einen Monat und zehn Tage nach dem ersten Unfall beim Überqueren einer Straße fast von einem anderen PKW, welcher gegen die Einbahn fuhr, überfahren worden wäre. Im Anschluss daran habe sie wiederum einen Drohanruf erhalten.

 

Weiters habe sie Probleme mit ihrer Familie gehabt, zumal ihr ihr Gatte wegen des Unfalles Vorwürfe gemacht habe. Weiters hätten ihr Gatte und ihr älterer Sohn aufgrund der Parteizugehörigkeit der Beschwerdeführerin keine Arbeitsplätze gefunden und ihr auch deswegen Vorwürfe gemacht.

 

4. Mit dem angefochtenen Bescheid des Bundesasylamtes vom 01.02.2002, FZ: 02 00.083-BAT, wurde der Asylantrag der Beschwerdeführerin gemäß § 7 AsylG 1997 abgewiesen (Spruchpunkt I.).

 

Weiters wurde die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung der Beschwerdeführerin nach Armenien gem. § 8 AsylG für zulässig erklärt (Spruchpunkt II.).

 

Begründend führt die Erstbehörde aus, dass das Fluchtvorbringen der Beschwerdeführerin aus den in der Beweiswürdigung des angefochtenen Bescheides genannten Gründen nicht glaubhaft sei, weshalb kein Asyl gewährt werden konnte.

 

Selbst wenn das Vorbringen den Tatsachen entsprechen sollte, handle es sich um eine nicht asylrelevante Verfolgung durch private Personen.

 

Spruchpunkt II. begründete die Erstbehörde zusammengefasst damit, dass mangels einer Glaubhaftmachung der Fluchtgründe auch nicht vom Vorliegen einer Gefahr im Sinne des § 57 FrG ausgegangen werden könne und sich aus der allgemeinen Lage im Heimatstaat eine solche Gefährdung nicht ergebe.

 

5. Gegen diesen Bescheid erhob die Beschwerdeführerin mit Schriftsatz vom 21.02.2002, vertreten durch Mag. Christoph Steinwendtner vom Evangelischen Flüchtlingsdienst, fristgerecht Berufung (nunmehr als Beschwerde bezeichnet).

 

6. Mit Schriftsatz vom 15.05.2006 wurde bekannt gegeben, dass die Beschwerdeführerin nunmehr durch die Hofbauer, Hofbauer & Wagner Rechtsanwälte Partnerschaft vertreten wird.

 

7. Mit Urkundenvorlage vom 28.08.2006 legte die Beschwerdeführerin ihre Heiratsurkunde 1978 sowie eine psychologische Stellungnahme der Mag. V. B. vor.

 

8. Der Unabhängige Bundesasylsenat führte im Verfahren der gegenständlichen Beschwerdeführerin, ihres in der Zwischenzeit nach Österreich eingereisten Sohnes H. G., welcher am 23.06.2002 einen Asylantrag gestellt hatte, sowie ihres in der Zwischenzeit ebenfalls eingereisten Gatten H. A., welcher einen Asylerstreckungsantrag hinsichtlich der gegenständlichen Beschwerdeführerin gestellt hatte, am 06.09.2006 eine mündliche Berufungsverhandlung durch, an welcher eben die gegenständliche Beschwerdeführerin, ihr Gatte sowie ihr Sohn samt dem Rechtsvertreter teilnahmen, sich das Bundesasylamt jedoch entschuldigen ließ.

 

In dieser Verhandlung wurden der Sohn der Beschwerdeführerin sowie deren Gatte einvernommen und die Verhandlung sohin zur Einholung eines psychiatrischen sowie eines länderkundlichen Gutachtens erstreckt.

 

9. Am 21.06.2007 erstattete der mit Bescheid vom 08.05.2007 zum neurologisch- psychiatrischen Sachverständigen bestellte Professor Dr. P. W. sein psychiatrisches Gutachten.

 

10. Am 27.06.2007 erstattete Frau Dr. T. S. ihr länderkundliches Gutachten.

 

11. Der Unabhängige Bundesasylsenat führte am 12.09.2007 eine weitere mündliche Berufungsverhandlung durch, an welcher jedoch lediglich der Sohn der Beschwerdeführerin, G., teilnahm, welcher auch einvernommen wurde.

 

12. Der Unabhängige Bundesasylsenat führte am 05.10.2007 eine weitere mündliche Berufungsverhandlung durch, an welcher die gegenständliche Beschwerdeführerin, Ihr Sohn G. sowie ihr Gatte samt ihrem Vertreter teilnahmen, sich das Bundesasylamt wiederum entschuldigen ließ.

 

Dabei wurde die gegenständliche Beschwerdeführerin einvernommen, welche auch einen Befundbericht der Fachärztin für Psychiatrie und Neurologie, Frau Dr. S. G., vom 24.09.2007 vorlegte.

 

Weiters wurde folgendes Berichtsmaterial zu Armenien dargetan:

 

Schweizerische Flüchtlingshilfe, Analysen und Hintergründe Dr. Tessa Hofmann, vom Oktober 2002, erörtert werden insbesondere die Punkte 9 und 10.

 

AA Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Republik Armenien vom 20.03.2007.

 

Gutachten Dr. T. S. vom 20.06.2007 zur Entwicklung von der derzeitigen Situation der armenischen Volkspartei.

 

Schließlich wurde über Antrag des Rechtsvertreters der Beschwerdeführerin beschlossen, ein weiteres medizinisches Gutachten einzuholen.

 

13. Mit Schriftsatz vom 16.01.2008, legte die Beschwerdeführerin einen weiteren Befundbericht der Frau Dr. S. G. vom 11.01.2008 sowie diverse Lichtbilder vor.

 

14. Am 03.06.2008 erstattete der mit Bescheid des Unabhängigen Bundesasylsenates vom 13.11.2007 zum neurologisch-psychiatrischen Sachverständigen bestellte Prim. Dr. W. S. sein psychiatrisches Sachverständigengutachten, welches an den Rechtsvertreter der gegenständlichen Beschwerdeführerin unter Einräumung der Möglichkeit einer Stellungnahme übermittelt wurde.

 

Diese Stellungnahme wurde am 26.06.2008 erstattet und darin auf das Ergebnis des Gutachtens verwiesen.

 

II. Der Asylgerichtshof hat erwogen:

 

1. Beweis wurde erhoben durch

 

Einsichtnahme in den gegenständlichen Verwaltungsakt der Beschwerdeführerin sowie in die Verwaltungsakte ihres Gatten H. A. (Zahl: 242.308) sowie ihrer Söhne H. G. sowie H. D., durch Einsichtnahme in die oben genannten, für das gegenständliche Verfahren relevanten Länderdokumentationen sowie in die von der Beschwerdeführerin vorgelegten Urkunden, durch Einholung von psychiatrischen Sachverständigengutachten des Prof. Dr. P. K. sowie des Prim. Dr. W. S. und eines länderkundlichen Sachverständigengutachtens der Dr. T. S. sowie durch Einvernahme der Beschwerdeführerin, ihres Gatten H. A. sowie ihres Sohnes H. G. in der mündlichen Verhandlung vor dem unabhängigen Bundesasylsenat.

 

2. Festgestellt wird nachstehender Sachverhalt:

 

2.1. Zur Person der Beschwerdeführerin und ihren Fluchtgründen:

 

Die Beschwerdeführerin trägt den im Spruch angeführten Namen, ist 1962 geboren und Staatsangehörige von Armenien.

 

Sie ist seit 1978 mit H. A., geboren 1956, verheiratet, mit welchem gemeinsam sie zwei Söhne, nämlich den 1980 geborenen H. D. sowie den 1985 geborenen H. G. hat.

 

Der Gatte der Beschwerdeführerin und die beiden Söhne haben nach illegaler Einreise in das österreichische Bundesgebiet am 23.06.2002 Asylanträge gestellt, wobei der Gatte der Beschwerdeführerin in der Folge seinen Asylantrag in einen Asylerstreckungsantrag in Bezug auf seine Gattin umwandelte.

 

Die Asylverfahren des Gatten und der Söhne der Beschwerdeführerin sind jeweils im Beschwerdestadium anhängig, wobei der Aufenthalt des Sohnes H. D. unbekannt ist. Laut seinen Familienangehörigen dürfte er jedoch in Österreich aufhältig sein.

 

Die Beschwerdeführerin ist seit 30.07.1998 Mitglied der Volkspartei von Armenien.

 

Nicht festgestellt werden kann, dass die Beschwerdeführerin wegen dieser Parteizugehörigkeit in Armenien Verfolgungshandlungen ausgesetzt gewesen wäre; insbesondere kann nicht festgestellt werden, dass am 23.08.1999 der PKW der Beschwerdeführerin absichtlich von einem anderen PKW gerammt worden wäre. Auch kann nicht festgestellt werden, dass die Beschwerdeführerin einige Wochen nach dem 00.00.1999 absichtlich fast von einem PKW überfahren worden wäre.

 

Die Beschwerdeführerin wurde mit Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien 2003, wegen § 104 Abs 1 und Abs 3 FrG sowie § 278a Abs 1 Z 1 StGB, zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von drei Jahren verurteilt, wobei die Vollziehung eines Strafteiles in der Dauer von zwei Jahren unter Setzung einer Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehen wurde.

 

Die Beschwerdeführerin leidet an einer belastungsabhängigen Störung mit diversen psychischen Störungen, insbesondere Organkonversion. Weiters sind bei der Beschwerdeführerin Symptome einer Depression gegeben, die gegenwärtig den Schweregrad einer leichten depressiven Episode erreichen. Eine posttraumatische Belastungsstörung liegt bei der Beschwerdeführerin hingegen nicht vor. Die Beschwerdeführerin hat bis zu ihrem Untersuchungstermin beim Sachverständigen Prim. Dr. Soukop 2008 in Österreich einmalig eine psychiatrische Konsultation in Anspruch genommen. Eine Behandlung der Leiden der Beschwerdeführerin ist auch im Heimatland möglich.

 

2.2. Zur Situation im Armenien:

 

2.2.1. Das Attentat vom 27. Oktober 1999 auf das armenische Parlament und seine Folgen

 

Der ehemalige Journalist Nairi Hunanjan erschoss gemeinsam mit fünf weiteren Mittätern während einer parlamentarischen Fragestunde den damaligen Regierungschef und vormaligen Verteidigungsminister Wasgen Sargsjan, den Parlamentspräsidenten Derenik Demirtschjan, die beiden Stellvertretenden Parlamentssprecher Ruben Mirojan und Juri Bachschjan, den Energieminister, vormaligen Regierungschef sowie Präsidenten Berg-Karabachs, Leonard Petrosjan, die Abgeordneten Armenak Armenakjan, Mikajel Kotanjan sowie den ehemaligen Herausgeber der Zeitung "Hajastan", Genrih Abrahamjan. Die Opfer wurden durch Maschinengewehrsalven getötet. Zumindest im Fall von Wasgen Sargsjan handelte es sich um eine vorsätzliche "Exekution", die Hunanjan in einer diffusen Erklärung als Signal für einen erhofften allgemeinen Volksaufstand verstanden wissen wollte.

 

Die Tat des offenkundig psychisch labilen, doch zurechnungsfähigen Hunanjan und seiner mit ihm blutsverwandten oder eng befreundeten Mittäter führte zum grössten politischen Strafverfahren in der Geschichte der zweiten souveränen Republik Armenien; es begann am 15. Februar 2001. Erstmals in der Prozessgeschichte des Landes wurde ein Psychologe als Gutachter hinzugezogen, der den Hauptangeklagten als "schlau" beschrieb.

 

Die Ermittlungen waren von Anfang an hochgradig politisiert, denn sie erfolgten vor dem Hintergrund bereits bestehender, nun offen ausgetragener Spannungen zwischen dem Sicherheitsministerium und Präsident Kotscharjan auf der einen Seite, andererseits dem Verteidigungsministerium und dem bei den Parlamentswahlen von 1999 erfolgreichen Wahlbündnis "Miasnutjun", dem die prominentsten unter Hunanjans Opfern, Demirtschjan und Sargsjan, vorgestanden hatten. Dabei war es die Absicht des Verteidigungsministeriums und der Miasnutjun-Führung, zu "beweisen", dass Hunanjan nicht als Einzeltäter handelte und ein Zusammenhang zwischen ihm und Präsident Kotscharjan sowie seiner Mannschaft bestehe.

 

Die Ermittlungen eskalierten zum offenen Machtkampf. Das Verteidigungsministerium erzwang zunächst den Rücktritt von Innenminister Suren Abrahamjan am 28.10.1999, kurz darauf des damaligen Sicherheitsministers Serge Sargsjan (am 1.11.1999) und setzte die Ernennung des Obersten Militärstaatsanwalts, Gagik Dschangirjan, als Leiter der Ermittlungsgruppe durch, der als enger Vertrauter des ermordeten Wasgen Sargsjan sowie als Gefolgsmann jener Wortführer des damals einflussreichen Veteranenverbandes Jerkkrapah gilt, die zu jener Zeit die Amtsenthebung Kotscharjans forderten. Die Einberufung einer unabhängigen parlamentarischen Untersuchungskommission lehnte Dschangirjan ab.

 

Schon bis zum 6. Dezember 1999 liess Dschangirjan über 250 Personen verhören. Es erfolgten Festnahmen von Verdächtigen, die von Nairi Hunanjan als angebliche Mittäter benannt worden sein sollen, darunter auch enge Vertraute und Gefolgsleute von Kotscharjan. Die hochrangigsten Häftlinge waren der Abgeordnete Muscher Mowsisjan, der Vizeintendant des armenischen Staatsfernsehens, Harutjun Harutjunjan, sowie Alexan Harutjunjan, der aussenpolitische Berater Kotscharjans.

 

Am 25. April 2000 erklärte Präsident Kotscharjan, dass er die Politisierung der Ermittlungen durch den Militärstaatsanwalt nicht mehr länger hinnehmen werde und unterband Dschangirjans Aussage bei einer parlamentarischen Befragung, lehnte jedoch den von Dschangirjan daraufhin angebotenen Rücktritt ab. Inzwischen gelang es Kotscharjan, die Machtverhältnisse zu seinen Gunsten zu ändern und nach mehr als sechsmonatigem Machtkampf die Jerkrapah-Generäle personalpolitisch zu befriedigen oder zumindest zu neutralisieren sowie Regierungschef Aram Sargsjan, den jüngeren Bruder des ermordeten Wasgen Sargsjan, abzusetzen. Mit Aram Sargsjan verlor Dschangirjan seine wichtigste Stütze. Zugleich befand er sich in einem Vakuum, da das Vertrauen Kotscharjans nie wirklich besessen und das seiner einstigen Patrone verloren hatte.

 

Am 11. Juli 2000 gab die Militärstaatsanwaltschaft bekannt, dass die Anschuldigungen gegen Alexan und Harutjun Harutjunjan sowie drei weitere mangels Beweisen fallengelassen wurden, einen Tag darauf erklärte es die Voruntersuchungen für beendet und übergab die Ergebnisse den zuständigen Gerichten. Zu diesem Zeitpunkt waren 14 Personen angeklagt, an den Tötungen in der Nationalversammlung beteiligt gewesen zu sein; ein Angeklagter wurde im September 2000 tot in seiner Zelle aufgefunden. Im Juni 2001 wurden sechs der 13 Angeklagten amnestiert, die wegen geringfügigerer Straftatbestände (ungesetzlicher Waffenbesitz, Verschweigen von Straftatbeständen) angeklagt waren.

 

2.2.2. Die Armenische Volkspartei (Hajastani Shorowrdakan Kussakzutjun):

 

Die armenische Volkspartei wurde 1998 von Karen Demirtschjan gegründet, welcher eben am 27.10.1999 ermordet wurde. Nunmehriger Vorsitzender der inzwischen fast bedeutungslosen Partei ist dessen Sohn Stepan.

 

Bei der Parlamentswahl im Mai 2003 errang die Volkspartei nur noch 1,1 Prozent der Stimmen und keinen Sitz in der Nationalversammlung. Bei den jüngsten Parlamentswahlen vom 12.05.2007 errang die Volkspartei nur mehr 37.034 Stimmen (von insgesamt 1.389.521 abgegebenen) und gelang es ihr somit nicht, die Fünf-Prozent-Hürde zu überwinden.

 

Während der Präsidentenwahl 2003 kam es zu behördlichen Maßnahmen gegen Mitglieder der Volkspartei. Zwischen 1999 (insbesondere dem oben erwähnten Anschlag auf das Parlament) und 2003 waren verstärkte Übergriffe auf Mitglieder der Volkspartei nicht zu verzeichnen. Zum heutigen Zeitpunkt finden keine Verfolgungen gegen Mitglieder der Volkspartei statt.

 

2.2.3. Rückkehrfragen

 

2.2.3.1. Grundversorgung der Bevölkerung

 

In Armenien ist ein breites Warenangebot in- und ausländischer Herkunft vorhanden. Auch umfangreiche ausländische Hilfsprogramme tragen zu Verbesserung der Lebenssituation bei.

 

Die Gas- und Stromversorgung ist gewährleistet. Immer mehr Haushalte werden an die Gasversorgung angeschlossen. Leitungswasser steht dagegen, insbesondere in den Sommermonaten in manchen Gegenden, auch in einigen Vierteln der Hauptstadt, nur stundenweise zur Verfügung. Die Wasserversorgung wird jedoch laufend verbessert.

 

Ein nicht geringer Teil der Bevölkerung ist nach wie vor finanziell nicht in der Lage, seine Versorgung mit den zum Leben notwendigen Gütern ohne Unterstützung durch humanitäre Organisationen sicherzustellen. Ansonsten überwinden viele auch durch die traditionellen Familienbande Versorgungsschwierigkeiten. Ein Großteil der Bevölkerung wird finanziell und durch Warensendungen durch Verwandte im Ausland unterstützt.

 

Das gesetzlich festgeschriebene Existenzminimum beträgt in Armenien (wie auch in Berg-Karabach) 24.000 Dram (derzeit ca. 50 Euro) im Monat. Das durchschnittliche Familieneinkommen ist dagegen mangels zuverlässiger Daten nur schwer einzuschätzen. Der Großteil der Armenier geht mehreren Erwerbstätigkeiten, dazu privaten Geschäften und Gelegenheitsjobs nach. Die sprichwörtliche Geschäftstüchtigkeit der Armenier ermöglicht es

 

vielen, sich ein Zubrot zu verdienen. Die dabei erzielten Einkünfte lassen sich schwer beziffern, da sowohl Arbeitgeber als auch Arbeitnehmer die Beträge niedriger angeben, als sie

 

tatsächlich sind, um Steuerzahlungen zu umgehen.

 

Die wirtschaftliche Lage führt nach wie vor dazu, dass viele Armenier das Land verlassen wollen. Der Migrationsdruck hält an, da ein Angleichen des Lebensstandards an westeuropäisches Niveau trotz hoher Wirtschaftswachstumsraten in Kürze nicht zu erwarten ist. Es sollen seit dem Zerfall der Sowjetunion bereits mindestens 600.000 Armenier ihr Land

 

verlassen haben. Es ist jedoch wahrscheinlich, dass die Zahl der Emigranten noch wesentlich

 

höher liegt; eine Schätzung geht von bis zu 1.9 Mio. Personen aus.

 

2.2.3.2. Medizinische Versorgung

 

Die medizinische Versorgung ist in Armenien flächendeckend gewährleistet. Ein Gesetz über

 

die kostenlose medizinische Behandlung im Gesundheitswesen besteht. Das Gesetz regelt den Umfang der kostenlosen ambulanten oder stationären Behandlung bei bestimmten Krankheiten und Medikamenten, sowie zusätzlich für bestimmte sozial bedürftige Gruppen (inkl. Kinder, Flüchtlinge, Invaliden u. a.) und gilt ausschließlich für armenische Staatsangehörige und Flüchtlinge. Die Einzelheiten werden jedes Jahr per Gesetz festgelegt.

 

Im Staatshaushalt sind für die medizinische Versorgung Mittel vorhanden, die auch kontinuierlich aufgestockt werden. Die Beträge, die den Kliniken zur Verfügung gestellt werden, reichen für deren Betrieb und die Ausgabe von Medikamenten gleichwohl nicht aus. Daher sind die Kliniken gezwungen, von den Patienten Geld zu nehmen. Da dies ungesetzlich ist, erhalten die Patienten jedoch keine Rechnungen.

 

Im Einzelfall kann deswegen Bereicherung seitens des Klinikpersonals nicht ausgeschlossen werden. Dies ist nach Erkenntnissen des Auswärtigen Amtes aber nicht die Regel. Es ist in der Bevölkerung bisher nicht allgemein bekannt, in welchen Fällen das Recht auf kostenlose Behandlung besteht. Die entsprechenden Vorschriften werden de facto unter Verschluss gehalten. Sie sind zwar im Prinzip öffentlich, aber schwierig zu erhalten. Auch die Kliniken erhalten jeweils nur Auszüge aus den Vorschriften. In letzter Zeit erschienen aber in der Presse Artikel mit Informationen über die kostenlose Behandlung, und immer mehr

 

Patienten bestehen erfolgreich auf diesem Recht.

 

In Einzelfällen können Auskünfte zur medizinischen Versorgung in Armenien durch die Deutsche Botschaft in Eriwan von ihrem Vertrauensarzt eingeholt werden. Es besteht zwar die Möglichkeit, private Krankenversicherungen abzuschließen, der Großteil der Bevölkerung macht hiervon jedoch keinen Gebrauch, weil das Vertrauen fehlt. Nur wenige, in der Regel ausländische Arbeitgeber, schließen für ihre Mitarbeiter Krankenversicherungen ab. Die Versicherungen arbeiten nur mit bestimmten Kliniken zusammen. Trotz Krankenversicherung sind noch inoffizielle Zuzahlungen seitens der Patienten erforderlich.

 

Der Ausbildungsstand des medizinischen Personals ist gut. Die Ausstattung der Krankenhäuser und das technische Gerät sind zwar zum Teil mangelhaft, eine medizinische Grundversorgung ist gleichwohl gewährleistet. Es stehen in einzelnen klinischen Einrichtungen auch moderne Untersuchungsmethoden wie Ultraschall, Mammographie und Computer- und Kernspintomographie zur Verfügung. Diese Geräte stammen in der Regel aus Spenden humanitärer Organisationen bzw. der Auslandsbevölkerung (Diaspora) oder befinden sich in Privatkliniken. In der Republik Armenien gibt es psychiatrische Abteilungen in den Krankenhäusern. Fachpersonal steht zur Verfügung.

 

Die Behandlung von posttraumatischem Belastungssyndrom (PTBS) und Depressionen ist in

 

Armenien auf gutem Standard gewährleistet und erfolgt kostenlos.

Problematisch ist die Verfügbarkeit der Medikamente: Es sind nicht immer dieselben Präparate vorhanden. Die gängigen Medikamente sind in privaten und staatliche Apotheken gegen entsprechende Bezahlung erhältlich. Für die Einfuhr von Medikamenten ist eine Genehmigung durch das Gesundheitsministerium erforderlich. Viele Medikamente werden in Armenien in guter Qualität hergestellt und zu einem Bruchteil der in Deutschland geforderten Preise verkauft. Importierte Medikamente, z. B. von Pharmafirmen wie Bayer (Deutschland), Gedeon Richter (Ungarn), Solvay (Belgien) sind überall erhältlich. Diese sind immer noch wesentlich billiger als identische Produkte derselben Hersteller in Deutschland.

 

2.2.3.3. Behandlung von Rückkehrern

 

Rückkehrer werden nach Ankunft in Armenien in die Gesellschaft integriert und nutzen häufig die erworbenen Deutschkenntnisse bzw. ihre in Deutschland geknüpften Kontakte. Sie haben Zugang zu allen Berufsgruppen (auch Staatsdienst). Sie haben überdurchschnittliche Chancen, Arbeit zu finden. Fälle, in denen Rückkehrer festgenommen oder misshandelt wurden, sind nicht bekannt.

 

3. Beweiswürdigung:

 

Die Feststellungen zur Identität der Beschwerdeführerin ergeben sich aus den von ihr im Original vorgelegten Dokumenten, insbesondere ihrer Heiratsurkunde sowie ihrem Parteibuch.

 

Die Daten der Familienangehörigen der Beschwerdeführerin ergeben sich aus deren Verwaltungsakten sowie den dort vorgelegten Urkunden.

 

Dass die Beschwerdeführerin seit 1998 Mitglied der armenischen Volkspartei ist, ergibt sich aus deren im Original vorgelegten Parteiausweis und wird auch durch das Gutachten der Dr. T. S. bestätigt.

 

Die Feststellung zur strafgerichtlichen Verurteilung der Beschwerdeführerin ergibt sich aus dem zitierten Urteil, die Feststellungen zu den psychischen Leidenszuständen der Beschwerdeführerin aus dem Gutachten des Prim. Dr. W. S., welcher auch auf die von der Beschwerdeführerin vorgelegten medizinischen Unterlagen sowie das Gutachten des Prof. Dr. K. eingeht und insbesondere eine posttraumatische Belastungsstörung verneint. Diesem Gutachten wurde seitens der Beschwerdeführerin bzw. ihrer Rechtsvertreter nicht entgegengetreten, sondern vielmehr auf die dort gestellten Diagnosen verwiesen. Insbesondere wurde auch nicht vorgebracht, dass eine Behandlung dieser Leiden der Beschwerdeführerin nicht auch in Armenien möglich wäre.

 

Die Negativfeststellung betreffend eine allfällige Verfolgung der Beschwerdeführerin aufgrund ihrer Parteizugehörigkeit war aus folgenden Gründen zu treffen:

 

Die Beschwerdeführerin hat in ihrem erstinstanzlichen Verfahren vorgebracht, dass sie aufgrund ihrer Zugehörigkeit zur armenischen Volkspartei ab 1998 zunächst telefonisch bedroht wurde und auch ihren Arbeitsplatz verloren habe bzw. aufgeben musste. In weiterer Folge sei ihr PKW 1999 von einem anderen PKW gerammt worden, einige Wochen später sei sie von einem PKW fast überfahren worden. Der konkrete Anlass für die Ausreise aus Armenien sei dann gewesen, dass der Gatte der Beschwerdeführerin und ihr Sohn versucht hätten, Arbeitsplätze zu finden, welche ihnen jedoch aufgrund der Parteizugehörigkeit der Beschwerdeführerin nicht gewährt worden seien. Dies sei ihr seitens ihrer Familie vorgeworfen worden und habe sie aufgrund dieser Probleme die Familie verlassen.

 

In der mündlichen Verhandlung vor dem Unabhängigen Bundesasylsenat vom 05.10.2007, bleibt die Beschwerdeführerin zwar grundsätzlich bei dieser Darstellung, bringt jedoch weiters vor, dass sie wegen einer Videokassette verfolgt, gefasst und so stark geschlagen worden sei, dass sie in Ohnmacht gefallen sei. Diese Videokassette enthalte die Vorfälle von 1999, nämlich den Anschlag auf das armenische Parlament, ohne jegliche Montage. Sollte ihr Gatte von diesem Vorfall erfahren, würde er Rache an der Beschwerdeführerin nehmen und sich scheiden lassen, zumal er ihr nicht glauben würde, dass sie vergewaltigt worden sei.

 

Dieses Vorbringen habe sie bislang nicht erstattet, weil sie dies nie dafür ausnutzen wollte, deswegen Asyl zu bekommen.

 

Diese Rechtfertigung der Beschwerdeführerin ist jedoch nach Ansicht des Asylgerichtshofes nicht nachvollziehbar. Zum ersten ist die Beschwerdeführerin Ende 2001 ohne ihren Gatten nach Österreich eingereist, hätte also darauf vertrauen können und dürfen, dass ihr Gatte von diesem Vorbringen nichts erfährt. Zum zweiten ist die Beschwerdeführerin laut ihren Angaben ja gerade aus dem Grund nach Österreich gekommen, um hier Asyl zu beantragen.

 

Daraus lässt sich schließen, dass es sich bereits nach ihrer anfänglichen Vorstellung bei Österreich um einen Staat handelte, der zur Schutzgewährung bereit und auch dazu in der Lage ist und in dem für sie gerade keine Bedrohung besteht. Es konnte also auch nach der subjektiven Vorstellung der Beschwerdeführerin keinen nachvollziehbaren Grund dafür geben, gerade bei der Asylantragstellung am Zufluchtsort etwas zu verschweigen. Überdies wurde die Beschwerdeführerin im erstinstanzlichen Verfahren auch ausdrücklich belehrt, dass ihre Angaben die Grundlage für die Entscheidung des Bundesasylamtes seien. Ebenso ist nach der allgemeinen Lebenserfahrung davon auszugehen, dass gravierende Ereignisse, so diese tatsächlich stattgefunden haben, bereits bei der ersten Einvernahme vorgebracht werden.

 

Die gegenständliche Beschwerdeführerin verschweigt dieses angebliche Ereignis mit der Videokassette hingegen bis zur mündlichen Verhandlung vom 05.10.2007 und bringt dies erst dort vor. Dieses Nachschieben bzw. Steigern von Fluchtgründen, stellt ebenfalls ein gewichtiges Indiz für die Unglaubwürdigkeit der Beschwerdeführerin dar.

 

Das Vorbringen der Beschwerdeführerin ist auch insofern widersprüchlich, zumal sie an keiner Stelle erwähnt, dass bei dem von ihr geschilderten Anschlag auf ihren PKW durch ein anderes Fahrzeug 1999, bei welchem ihr Sohn verletzt worden sei, auch ihr Gatte mit im Fahrzeug gewesen sei. Dies wird jedoch sowohl vom Gatten als auch vom Sohn in der mündlichen Verhandlung vor dem Unabhängigen Bundesasylsenat vom 06.09.2006 so angegeben, nach Angabe des Sohnes lenkte der Vater sogar das Fahrzeug. Auch der zweite Sohn gibt in seinem erstinstanzlichen Verfahren an, bei diesem Autounfall ebenso im Fahrzeug gewesen zu sein, was jedoch sonnst von keinem der Familienmitglieder ausgesagt wurde. Der Sohn D. datiert den Vorfall im Übrigen - anders als seine Familienmitglieder - auch mit 1998, was insofern auch auffällig ist, zumal der Sohn G. bei seiner Ersteinvernahme am 23.06.2002 angibt, dass sich der Autounfall "vor 4 Jahren" ereignet habe.

 

Nachdem also auch der Gatte der Beschwerdeführerin bei dem genannten Unfall Insasse (wenn nicht gar Lenker) des PKWs war und dieser überdies - laut dem vorgelegten Parteiausweis und dem Gutachten der Dr. T. S. - seit 02.02.1999 Mitglied der armenischen Volkspartei ist, ist es auch nicht plausibel, dass der Beschwerdeführerin aufgrund des Unfalles und aufgrund ihrer Parteizugehörigkeit Vorwürfe seitens ihrer Familie gemacht worden seien und sie deshalb ausgereist sei. Wäre dies tatsächlich der Fall gewesen, wären wohl auch der Gatte und die Söhne der Beschwerdeführerin dieser nicht nach Österreich gefolgt.

 

Gegen die Glaubwürdigkeit der Beschwerdeführerin spricht auch, dass sie in der mündlichen Verhandlung vor dem Unabhängigen Bundesasylsenat vom 05.10.2007 angibt, zwei Monate vor ihrer Ausreise aus Armenien bei einer Schlägerei einen Leberschaden erlitten zu haben, welcher auch in der Haft in Österreich behandelt worden sei. Ebenfalls in dieser Verhandlung und auch anlässlich ihrer Untersuchung beim Sachverständigen Prim. Dr. S. gibt sie an, dass sie anlässlich der Verfolgung wegen der Videokassette ohnmächtig geschlagen und ihr die Nase gebrochen worden sei. Demgegenüber gibt sie jedoch anlässlich der Befragung bei Asylantragstellung am 29.12.2001 - also nur kurze Zeit nach dem behaupteten Vorfall - an, zeitweise an Herzproblemen bzw. an Problemen mit dem Blutdruck zu leiden, wobei es ihr zurzeit aber gut gehe.

 

Weiters lässt auch die Straffälligkeit der Beschwerdeführerin in Österreich erheblich an ihrer Glaubwürdigkeit zweifeln. Die Beschwerdeführerin wurde - wie oben bereits festgestellt - mit Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien 2003, wegen § 104 Abs. 1 und Abs 3 FrG sowie § 278 a Abs 1 Z 1 StGB zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von drei Jahren verurteilt, wobei die Vollziehung eines Strafteiles in der Dauer von zwei Jahren unter Setzung einer Probezeit von drei Jahren vorläufig bedingt nachgesehen wurde.

 

Laut diesem Urteil hat die Beschwerdeführerin zumindest 25 Fakten an Schlepperei zu verantworten, in deren Rahmen zumindest 222 ausweislose Personen illegal aus Österreich in einen Mitgliedsstaat der europäischen Union geschleppt wurden, wobei die Beschwerdeführerin in der Tätergruppe insofern eine führende Rolle inne hatte, als sie Schleppungen organisierte, Schlepperfahrzeuge anwarb und auch dritte Personen, darunter ihren Gatten, als Mitarbeiter anwarb, ihnen konkrete Schlepperaufträge gab und sie in der Folge für ihre Schlepperdienste auch entlohnte.

 

Daraus ist ersichtlich, dass die Beschwerdeführerin bereits wenige Monate nach ihrer Einreise nach Österreich bzw. nach ihrer Asylantragstellung in erheblichem Ausmaß Straftaten begangen hat.

 

Nach der allgemeinen Lebenserfahrung kann davon ausgegangen werden, dass eine Person, die wegen drohender Verfolgung bzw. einer realen Gefährdung ihrer Rechtsgüter ihren Heimatsaat verlässt, sich bemüht, während ihres Aufenthaltes im ausgewählten Schutzstaat durch sozialadäquates Verhalten, gerade wenn sie lediglich ein vorläufiges Aufenthaltsrecht besitzt, sich in die Gesellschaft zu integrieren, und alles unterlässt, was für den Schutzstaat bzw. dessen Bevölkerung abträglich sein könnte.

 

Wenngleich es für einen Fremden grundsätzlich notwendig, zumutbar und möglich (z.B. über Flüchtlingsberater, Behörden, etc.) ist, sich betreffend der maßgeblichen grundlegenden Regeln, die für ein geordnetes Zusammenleben in der Gesellschaft wichtig sind, zu informieren (vgl. z.B. VwGH vom 09.03.1995, 1993/18/0350), kann wohl aufgrund der rechtskräftigen Verurteilung durch ein österreichischen Strafgericht, welche aufgrund § 4 StGB ("Strafbar ist nur, wer schuldhaft handelt.") nur bei schuldhaftem (vorwerfbarem) Verhalten möglich ist, vertretbar davon ausgegangen werden, dass es der Beschwerdeführerin auch ohne Einholung derartiger konkreter Informationen, auch unter Berücksichtigung ihrer Herkunft und Person, zumindest latent bewusst war bzw. gewesen sein musste, dass diese Handlungen, deretwegen sie von einem österreichischen Gericht rechtskräftig verurteilt worden ist, Unrecht darstellen und sie im Ergebnis damit aber jenen Staat bzw. dessen Gesellschaft "schadet", die ihr Schutz und Aufenthalt gewähren sollen. Eine solche Verhaltensweise ist daher nach der allgemeinen Lebenserfahrung für einen tatsächlich Schutzsuchenden nicht plausibel. Ein solcher würde tunlichst alles unterlassen, was dem, dessen Hilfe er angeblich braucht und die er in Anspruch nehmen will bzw. nimmt, schaden könnte.

 

Auch falls sich die Beschwerdeführerin nicht konkret über die möglichen Folgewirkungen von derartigen Straftaten auf das Asylverfahren (z.B. Asylausschluss- bzw. Endigungsgründe, Auswirkungen auf die generelle Glaubwürdigkeit und damit auf die Beweiswürdigung im Asylverfahren, Möglichkeit von aufenthaltsbeendenden Maßnahmen der Fremdenpolizeibehörde, etc.) bzw. auf ihren weiteren Aufenthalt in Österreich vorweg informiert haben sollte, so kann doch nach der allgemeinen Lebenserfahrung davon ausgegangen werden, dass sie sich zumindest latent bewusst sein musste, dass dieses Verhalten für einen weiteren Aufenthalt in Österreich nachteilig sein könnte und sie Gefahr läuft, wieder in ihren Herkunftsstaat zurück zu müssen.

 

Aufgrund der Straffälligkeit ist somit die generelle Glaubwürdigkeit der Person der Beschwerdeführerin in Zweifel zu ziehen und stellt dies ein weiteres Indiz dafür dar, dass die Beschwerdeführerin keine subjektive Furcht vor Verfolgung im Falle einer Rückkehr hat bzw. sie doch andere Ausreisemotive hatte als jene, die sie im Asylverfahren vorbrachte.

 

Im Übrigen ist es auch nach dem Gutachten der Dr. T. S. bzw. nach den getroffenen Länderfeststellungen nicht nachvollziehbar, dass es bereits 1998, mit der Gründung der Armenischen Volkspartei, verstärkt zu Übergriffen gegen Mitglieder dieser Partei gekommen sei, sondern kam es erst während der Präsidentenwahl 2003, also nach der Ausreise der Beschwerdeführerin und auch ihrer Familie, zu behördlichen Maßnahmen gegen Mitglieder dieser Partei. Zum derzeitigen Zeitpunkt finden zudem keine Verfolgungshandlungen gegen Mitglieder der armenischen Volkspartei statt und ist diese heute nahezu bedeutungslos.

 

Die getroffenen Länderfeststellungen gründen sich auf das auszugsweise zitierte Dokumentationsmaterial, welches in der mündlichen Verhandlung vom 05.10.2007 dargelegt wurde. Diesen Länderberichten wurde jedoch nicht entgegengetreten und waren sie daher, zumal sie auch aus zuverlässigen Quellen stammen, diesem Erkenntnis zu Grunde zu legen. In diesem Zusammenhang sei auch festgehalten, dass zwar mittlerweile ein aktuellerer Bericht des Auswärtigen Amtes vorliegt als der zitierte vom 20.03.2007, und zwar vom 18.06.2008 (Stand Mai 2008), sich aus diesem jedoch keine relevanten Änderungen ergeben.

 

Rechtliche Beurteilung:

 

4.1. Gemäß § 75 Abs 1 AsylG 2005 sind alle am 31.12.2005 anhängigen Verfahren nach den Bestimmungen des Asylgesetzes 1997 zu Ende zu führen. § 44 AsylG 1997 gilt. Die §§ 24, 26, 54 bis 57 und 60 dieses Bundesgesetzes (AsylG 2005) sind auf diese Verfahren anzuwenden. § 27 ist auf diese Verfahren mit der Maßgabe anzuwenden, dass das Bundesasylamt oder der Asylgerichtshof zur Erlassung einer Ausweisung zuständig ist und der Sachverhalt, der zur Einleitung des Ausweisungsverfahrens führen würde, nach dem 31.12.2005 verwirklicht wurde. § 57 Abs 5 und 6 ist auf diese Verfahren mit der Maßgabe anzuwenden, dass nur Sachverhalte, die nach dem 31.12.2005 verwirklicht wurden, zur Anwendung dieser Bestimmungen führen.

 

Gemäß § 44 Abs 1 AsylG 1997 werden Asylanträge, die bis zum 30.04.2004 gestellt wurden, nach den Bestimmungen des AsylG 1997 idF BGBl I Nr. 126/2002 geführt. Die §§ 8, 15, 22, 23 Abs 3, 5 und 6, 36, 40 und 40a sind gemäß § 44 Abs 3 leg cit idF BGBl I Nr. 101/2003 auch auf Verfahren gemäß Abs 1 anzuwenden.

 

Nachdem der gegenständliche Asylantrag vor dem 30.04.2004 gestellt wurde, ist zusammengefasst also das AsylG 1997 idF BGBl I Nr. 126/2002 mit den soeben genannten Maßgaben anzuwenden.

 

4.2. Gemäß § 38 Abs 1 AsylG 1997 entscheidet der unabhängige Bundesasylsenat über Rechtsmittel gegen Bescheide des Bundesasylamtes.

 

Gemäß § 75 Abs 7 AsylG 2005 idF BGBl I Nr 4/2008 sind am 1. Juli 2008 beim unabhängigen Bundesasylsenat anhängige Verfahren vom Asylgerichtshof nach Maßgabe der folgenden Bestimmungen weiterzuführen:

 

Mitglieder des unabhängigen Bundesasylsenats, die zu Richtern des Asylgerichtshofes ernannt worden sind, haben alle bei ihnen anhängigen Verfahren, in denen bereits eine mündliche Verhandlung stattgefunden hat, als Einzelrichter weiterzuführen.

 

Verfahren gegen abweisende Bescheide, in denen eine mündliche Verhandlung noch nicht stattgefunden hat, sind von dem nach der ersten Geschäftsverteilung des Asylgerichtshofes zuständigen Senat weiterzuführen.

 

Verfahren gegen abweisende Bescheide, die von nicht zu Richtern des Asylgerichtshofes ernannten Mitgliedern des unabhängigen Bundesasylsenates geführt wurden, sind nach Maßgabe der ersten Geschäftsverteilung des Asylgerichtshofes zuständigen Senat weiterzuführen.

 

Im Rahmen der Interpretation des § 75 (7) AsylG 2005 ist von einer Anhängigkeit der Verfahren beim Unabhängigen Bundesasylsenat mit 30.6.2008 auszugehen (vgl. Art. 151 Abs. 39 Z.1 B-VG). Der in der genannten Übergangsbestimmung genannte 1. Juli 2008 ist im Sinne der genannten Bestimmung des B-VG zu lesen.

 

4.3. Das gegenständliche Verfahren war am 30.06. bzw. 01.07.2008 beim unabhängigen Bundesasylsenat anhängig. Die erkennende Richterin des Asylgerichtshofes war Mitglied des unabhängigen Bundesasylsenats und haben am 06.09.2006, 12.09.2007 und am 05.10.2007 bereits mündliche Verhandlungen stattgefunden. Gemäß der zitierten Bestimmung des § 75 Abs 7 Z 1 ergibt sich daher die Zuständigkeit der erkennenden Richterin, das Verfahren als Einzelrichterin weiterzuführen.

 

4.4. Gemäß § 7 AsylG hat die Behörde Asylwerbern auf Antrag mit Bescheid Asyl zu gewähren, wenn glaubhaft ist, dass ihnen im Herkunftsstaat Verfolgung (Art. 1 Abschnitt A Z 2 der Genfer Flüchtlingskonvention [GFK]) droht und keiner der in Art. 1 Abschnitt C oder F GFK genannten Endigungs- oder Ausschlussgründe vorliegt.

 

Nach Art. 1 Abschnitt A Z 2 GFK ist Flüchtling, wer sich aus wohlbegründeter Furcht, aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung verfolgt zu werden, außerhalb seines Heimatlandes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, sich des Schutzes dieses Landes zu bedienen.

 

Zentraler Aspekt dieses Flüchtlingsbegriffs der GFK ist die wohlbegründete Furcht vor Verfolgung. Wohlbegründet kann eine Furcht nur dann sein, wenn sie im Lichte der speziellen Situation des Asylwerbers und unter Berücksichtigung der Verhältnisse im Verfolgerstaat objektiv nachvollziehbar ist (vgl. z.B. VwGH 25.01.2001, Zl. 2001/20/0011, VwGH 21.12.2000, Zl. 2000/01/0131, VwGH 22.12.1999, Zl. 99/01/0334).

 

Unter Verfolgung ist ein ungerechtfertigter Eingriff von erheblicher Intensität in die zu schützende persönliche Sphäre des Einzelnen zu verstehen. Erhebliche Intensität liegt vor, wenn der Eingriff geeignet ist, die Unzumutbarkeit der Inanspruchnahme des Schutzes des Heimatstaates zu begründen. Eine Verfolgungsgefahr ist dann anzunehmen, wenn eine Verfolgung mit einer maßgeblichen Wahrscheinlichkeit droht; die entfernte Möglichkeit einer Verfolgung genügt nicht (VwGH 25.01.2001, Zl. 2001/20/0011, VwGH 21.12.2000, Zl. 2000/01/0131).

 

4.4. Aus dem oben festgestellten Sachverhalt ergibt sich, dass die Beschwerdeführerin eine Verfolgung ihrer Person nicht glaubhaft machen und diese daher auch nicht festgestellt werden konnte.

 

Erachtet die Behörde im Rahmen der Beweiswürdigung die fluchtkausalen Angaben des Asylwerbers - wie vorliegend - als nicht glaubhaft, dann können die von ihm behaupteten Fluchtgründe gar nicht als Feststellung der rechtlichen Beurteilung zu Grunde gelegt werden und ist auch deren Eignung zur Glaubhaftmachung wohlbegründeter Furcht vor Verfolgung gar nicht näher zu beurteilen (VwGH, 09.05.1996, 95/20/0380).

 

Es waren daher die Voraussetzungen für die Gewährung von Asyl nicht gegeben und war daher Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides zu bestätigen.

 

4.5. Gemäß § 8 Abs. 1 AsylG hat die Behörde im Fall der Abweisung eines Asylantrages von Amtswegen bescheidmäßig festzustellen, ob die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in den Herkunftsstaat zulässig ist (§ 57 FrG); diese Entscheidung ist mit der Abweisung des Asylantrages zu verbinden.

 

Gemäß Artikel 5 § 1 des Fremdenrechtspaketes, BGBl I Nr. 100/2005, ist das Bundesgesetz über die Einreise, den Aufenthalt und die Niederlassung von Fremden (Fremdengesetz 1997), BGBl I Nr. 75/1997, zuletzt geändert durch das Bundesgesetz BGBl I Nr. 151/2004, mit Ablauf des 31.12.2005 außer Kraft getreten. Gemäß § 126 Abs. 1 und 2 Fremdenpolizeigesetz 2005, BGBl I Nr. 100/2005, ist dieses mit 01.01.2006 in Kraft getreten.

 

Gemäß 124 Abs. 2 FPG treten, soweit in anderen Bundesgesetzen auf Bestimmungen des FrG 1997 verwiesen wird, an deren Stelle die entsprechenden Bestimmungen des FPG. Demnach ist die Verweisung des § 8 Abs. 1 AsylG 1997 auf § 57 FrG nunmehr auf § 50 FPG zu beziehen.

 

Gemäß § 50 Abs. 1 FPG ist die Zurückweisung, Hinderung an der Einreise, Zurückschiebung oder Abschiebung Fremder in einen Staat unzulässig, wenn dadurch Art. 2 oder 3 EMRK oder das Protokoll Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention zum Schutze der Menschenrecht und Grundfreiheiten über die Abschaffung der Todesstrafe verletzt würde oder für sie als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit in Folge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes verbunden wäre.

 

Gemäß Abs. 2 leg. cit. ist die Zurückweisung oder Zurückschiebung Fremder in einen Staat oder die Hinderung an der Einreise aus einem Staat unzulässig, wenn stichhaltige Gründe für die Annahme bestehen, dass dort ihr Leben oder ihre Freiheit aus Gründen ihrer Rasse, ihrer Religion, ihrer Nationalität, ihrer Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder ihrer politischen Ansichten bedroht wäre (Art. 33 Z 1 der Konvention über die Rechtsstellung der Flüchtlinge, BGBl Nr. 55/1955, in der Fassung des Protokolls über die Rechtsstellung der Flüchtlinge, BGBl Nr. 78/1974), es sei denn, es bestehe eine innerstaatliche Fluchtalternative (§11 AsylG 2005).

 

Gemäß Abs. 4 leg. cit. ist die Abschiebung Fremder in einen Staat, in dem sie zwar im Sinne des Abs. 2, jedoch nicht im Sinne des Abs. 1 bedroht sind, nur zulässig, wenn sie aus gewichtigen Gründen eine Gefahr für die Sicherheit der Republik darstellen oder wenn sie von einem inländischen Gericht wegen eines besonders schweren Verbrechens rechtskräftig verurteilt worden sind und wegen dieses strafbaren Verhaltens eine Gefahr für die Gemeinschaft bedeuten (Art. 33 Z 2 der Konvention über die Rechtsstellung der Flüchtlinge).

 

Gemäß Abs. 6 leg. cit. ist die Abschiebung in einen Staat unzulässig, solange der Abschiebung die Empfehlung einer vorläufigen Maßnahme durch den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte entgegensteht.

 

Die Regelungsgehalte von § 57 FrG und § 50 FPG unterscheiden sich nicht in einer solchen Weise, dass es für den vorliegenden Fall von Bedeutung wäre. Die Rechtssprechung des Verwaltungsgerichtshofes, die sich - mittelbar oder unmittelbar - auf § 57 FrG bezieht, lässt sich daher auf § 50 FPG übertragen.

 

4.6. Wie bereits oben ausgeführt, ist eine an asylrechtlich relevante Merkmale im Sinne des Art 1 Abschnitt A Z 2 GFK anknüpfende Verfolgung nicht anzunehmen, so dass die Anwendbarkeit des § 57 Abs. 2 FrG ausscheidet.

 

Zu prüfen bleibt, ob es begründete Anhaltspunkte dafür gibt, dass durch die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung der Beschwerdeführerin in ihren Herkunftsstaat Artikel 2 oder 3 EMRK oder das Protokoll Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten über die Abschaffung der Todesstrafe verletzt würden oder für die Beschwerdeführerin als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes verbunden wäre.

 

Nach dem festgestellten Sachverhalt besteht aber auch kein Hinweis auf solch "außergewöhnliche Umstände", welche eine Rückkehr der Beschwerdeführerin nach Armenien unzulässig machen könnten. Die Grundversorgung ist nach den getroffenen Feststellungen gewährleistet, weiters besteht in Armenien keine extreme Gefährdungslage, dass gleichsam jeder, der dorthin zurückkehrt, einer Gefährdung im Sinne des Artikel 2 oder 3 EMRK ausgesetzt wäre.

 

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Die Beschwerdeführerin ist eine Frau von 46 Jahren, deren psychische Leiden, wegen welcher sie nur fallweise in Behandlung war, laut den getroffenen Feststellungen auch in Armenien behandelbar sind.

 

In diesem Zusammenhang ist auf die Judikatur des EGMR zu verweisen, wonach sich ein Anspruch auf Verbleib im Aufenthaltsstaat prinzipiell nicht mit dem Hinweis begründen lässt, ein solcher sei notwendig, um weiterhin medizinische, soziale oder andere Formen von Unterstützung zu erhalten. Von diesem Grundsatz ist ausnahmsweise, wie im Fall D. vs. The United Kingdom, abzuweichen, wenn es sich um eine lebensbedrohende, bereits ein tödliches Stadium erreichende Erkrankung handelt und die Aussicht auf medizinische Hilfe oder familiäre Unterstützung im Herkunftsstaat fehlt.

 

Schwere psychische Erkrankungen erreichen solange nicht die Erheblichkeitsschwelle, als es nicht zumindest einmal zu einer Zwangseinweisung in eine geschlossene Anstalt gekommen ist. Die lediglich fallweise oder aber auch regelmäßige Inanspruchnahme von psychiatrischen oder psychotherapeutischen Leistungen einschließlich freiwilliger Aufenthalte in offenen Bereichen psychiatrischer Kliniken indizieren eine fehlende Gravität der Erkrankung.

 

(vgl. zu dieser Thematik Premissl, Schutz vor Abschiebung von Traumatisierten in "Dublin-Verfahren", migralex 2008, 54; EGMR 31.05.2005,Appl.1383/04,Ovdienko vs. Finland; EGMR 10.11.2005,Appl.35989/03 Ramadan vs. Netherlands; EGMR 07.11.2006, Appl.24171/05, Ayegh vs Sweden)

 

Nach den getroffenen Feststellungen war die Beschwerdeführerin lediglich einmal in psychiatrischer Behandlung, sodass die Erheblichkeitsschwelle des Art 3 EMRK jedenfalls nicht erreicht wird. Weiters sind deren Leiden laut dem eingeholten Gutachten des Prim. Dr. S. und den Länderberichten zufolge auch in Armenien behandelbar, welchem Umstand auch seitens der Beschwerdeführerin nicht entgegengetreten wurde. Aus der Krankheit der Beschwerdeführerin lässt sich daher kein Abschiebeschutz ableiten.

 

Weiters war die Beschwerdeführerin bereits bisher in Armenien in der Lage, ihren Lebensunterhalt durch eigene Arbeit (als Kindergärtnerin) zu bestreiten und arbeitet sie laut ihren eigenen Angaben auch in Österreich stundenweise als Toilettenfrau. Es ist somit davon auszugehen, dass ihr auch in Hinkunft - allenfalls mit Unterstützung ihrer Familienmitglieder - möglich sein wird, ihren Lebensunterhalt ins Verdienen zu bringen.

 

Bei Berücksichtigung aller bekannten Fakten deutet auch nichts darauf hin, dass die Beschwerdeführerin im Falle einer Rückverbringung in seinen Herkunftsstaat als Zivilperson der realen Gefahr oder einer ernsthaften Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit in Folge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes ausgesetzt wäre.

 

Demnach war auch die Beschwerde gegen Spruchpunkt II. des angefochtenen Bescheides abzuweisen und insgesamt spruchgemäß zu entscheiden.

Schlagworte
Glaubwürdigkeit, non refoulement, Sicherheitslage, strafrechtliche Verurteilung
Zuletzt aktualisiert am
20.10.2008
Quelle: Asylgerichtshof AsylGH, http://www.asylgh.gv.at
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