TE AsylGH Erkenntnis 2008/07/25 A12 249949-0/2008

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 25.07.2008
beobachten
merken
Spruch

A12 249949-1/2008/10E

 

Erkenntnis

 

Der Asylgerichtshof hat durch den Richter Mag. Benda als Einzelrichter über die Beschwerde der T.M., geb. 00.00.1970, StA. von Kamerun, gegen den Bescheid des Bundesasylamtes vom 19.04.2004, Zahl:04 03.744-BAL, nach Durchführung zweier mündlichen Verhandlung am 30.05.2005 und 22.02.2006 zu Recht erkannt:

 

Der Beschwerde von T.M. wird stattgegeben und T.M. gemäß § 7 AsylG Asyl gewährt. Gemäß § 12 leg.cit. wird festgestellt, dass T.M. damit kraft Gesetzes die Flüchtlingseigenschaft zukommt.

Text

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :

 

Die am 00.00.1970 geborene Antragsstellerin, eine Staatsangehörige von Kamerum, beantragte am 04.03.2004 vor der Erstbehörde die Asylgewährung. Die Antragstellerin brachte im Wesentlichen vor, Kamerun aufgrund der regimekritischen Äußerungen ihres Ehemannes T.J., 00.00.1963 und der daraus ergebenden Gefährdungssituation für ihre eigene Person, verlassen zu haben.

 

2. Mit Bescheid des Bundesasylamtes vom 19.04.2004, Zl. 04 03.744-BAL, wurde der Antrag gemäß § 7 AsylG BGBl I 126/2002 abgewiesen (Spruchpunkt I.) und gleichzeitig festgestellt, dass gemäß § 8 AsylG die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung der Beschwerdeführerin nach Kamerun zulässig ist (Spruchpunkt II.).

 

3. Gegen diese Entscheidung erhob die Genannte fristgerecht und zulässig Beschwerde.

 

II. Am 30.05.2005 sowie 22.02.2006 fanden vor dem Unabhängigen Bundesasylsenat - als vormals zuständiger Rechtsmittelinstanz - öffentliche mündliche Verhandlungen statt, im Zuge welcher der Antragsstellerin Gelegenheit geboten war, neuerlich ihr Fluchtvorbringen im Einzelnen darzulegen bzw. auf die näheren politischen Hintergründe betreffend die regimekritische Artikulation ihres Ehegatten T.J. einzugehen. Hinsichtlich der von der Antragsstellerin vorgelegten Beweisunterlagen wurde seitens des Unabhängigen Bundesasylsenates ein ergänzendes Auslandserhebungsverfahren über die österreichische Berufsvertretungsbehörde eingeleitet.

 

Beweis wurde erhoben durch Einsichtnahme in das erstinstanzliche Aktenkonvolut unter zentraler Berücksichtigung der niederschriftlichen Angaben der Antragsstellerin vor dem Bundesasylamt, den bekämpften Bescheid sowie den Berufungsschriftsatz inklusive der von der Antragsstellerin beigebrachten Unterlagen sowie weiters durch Berücksichtigung der niederschriftlichen Angaben des Ehegatten der Antragsstellerin in Zuge dessen eigenen Asylverfahrens; weiters durch niederschriftliche Einvernahme der Antragsstellerin und deren Ehegatten im Rahmen zweier abgeführter öffentlicher mündlicher Berufungsverhandlungen vor dem Unabhängigen Bundesasylsenates sowie durch Berücksichtigung der Auskunft der Österreichischen Botschaft Abuja/Nigeria vom 14.07.2006.

 

Anlässlich der mündlichen Verhandlungen bestätigte die Asylwerberin ihre vor dem Bundesasylamt vorgebrachten Verfolgungsbehauptungen, indem sie auf einzelne Sachverhaltskreise konkret Bezug nahm sowie Einblick in die Tätigkeit ihres Ehegatten bot.

 

III. Zur Person des Berufungswerbers wird folgendes festgestellt:

 

Die Antragsstellerin, Staatsangehörige von Kamerun und hat sie ihren Herkunftsstaat aufgrund einer realiter bestehenden Verfolgungssituation betreffend ihren Ehemann T.J., welcher sich in politischer Weise regimekritisch öffentlich geäußert hat, verlassen. Der Ehegatte der Antragsstellerin war bzw. ist Mitglied der Oppositionsgruppierung SDF und wurde im Gefolge einer öffentlichen regimekritischen Äußerung von Sicherheitsbehörden festgenommen und inhaftiert. Die Antragsstellerin wurde in der Folge an ihrem Wohnort von Sicherheitskräften aufgesucht sowie auch an ihrem Aufenthaltsort bei ihrer Mutter Aufgrund weiterer Belästigungen und Gefährdungen verließ die Beschwerdeführerin letztlich im Jahre 2004 das Land und folgte ihrem Ehegatten nach Österreich. Im selben Zeitraum vor der Ausreise wurde die minderjährige Tochter der Beschwerdeführerin sexuell missbraucht, weshalb sie letztlich das Land verließ.

 

IV. Zur politischen und menschenrechtlichen Lage in Kamerun werden folgende

 

Feststellungen getroffen:

 

Seit 1966 wird Kamerun von der Partei "Rassemblement Démocratique du Peuple Camerounais" (RDCP bzw. CPDM, Cameroon People¿s Democratic Movement, bis 1985 Union Nationale Camerounaise - UDF), seit 1982 von Präsident Paul Biya, regiert. 1992 fanden in Kamerun zum ersten Mal freie Parlaments- und Präsidentenwahlen statt. Dies war das erste und bislang einzige Mal, dass unter Führung des Parteivorsitzenden der "Social Democratic Front" (SDF), John Fru Ndi, ein Wahlsieg der Oppositionskräfte in greifbarer Nähe schien. Seitdem finden regelmäßig Wahlen statt, zuletzt im Oktober 2004, die jedoch Manipulationen unterliegen. Die Opposition ist allein aufgrund ihrer Zerstrittenheit zu geschwächt, um Aussicht auf Erfolg haben zu können. Allerdings gewinnen Oppositionsparteien immer wieder in Kommunalwahlen.

 

In Kamerun gibt es nach dem französischen Modell Polizei und Gendarmerie. Für den Umgang mit Demonstranten gibt es eine relativ professionelle Spezialeinheit, die in Yaoundé stationiert ist. Systematisch organisierte Gewaltanwendung gegen eine bestimmte Gruppe, insbesondere gegen oppositionelle Politiker, ist nicht bekannt. Das Militär tritt im Innern Kameruns nicht in Erscheinung. Es gibt in Kamerun keine Bürgerkriegsgebiete.

 

Eine systematische politische Verfolgung findet in Kamerun nicht statt. Die Regierung sieht sich von der in sich zerstrittenen Opposition nicht bedroht. Große Teile der Opposition hoffen auf eine Beteiligung an der Macht nicht mehr durch Ablösung der Regierungspartei, sondern vielmehr durch Integration in die Machteliten. Der politische Streit wird in manchen Fällen quasi in privaten Fehdekriegen gewaltsam fortgesetzt, wobei die der Regierung nahe stehenden Personen am längeren Hebel sitzen. Die Entwicklung im Fall des einzigen im Jahre 2004 bekannt gewordenen Mordes an dem Oppositionspolitiker durch einen der Regierung nahe stehenden Politiker zeigt, dass für gewaltsame Rachefeldzüge nicht mehr automatisch mit Straffreiheit zu rechnen ist.

 

Dem Auswärtigen Amt sind keine Fälle bekannt, in denen allein wegen Mitgliedschaft in einer Oppositionspartei (auch im SCNC) eine gewaltsame staatliche Reaktion erfolgt wäre. In Einzelfällen wurde der Eintrag ins Wählerregister erschwert. Festnahmen oder Gewaltanwendung gegen öffentlich aktiv in Erscheinung tretende Oppositionelle kommen vereinzelt vor. So wurden im Zusammenhang mit Studentenprotesten im April 2005 einer der Anführer, Mouafo Djontu, drei Tage lang festgehalten.

 

Die gesetzlich geschützte Versammlungs- und Vereinigungsfreiheit wird in der Praxis durch nach Belieben interpretierbare Formvorschriften behindert. Versammlungen werden verboten und dann auch gewaltsam aufgelöst. Dem Auswärtigen Amt werden in diesem Zusammenhang regelmäßig Festnahmen bekannt. Im Jahr 2004 wurden insgesamt über ein Dutzend Personen vorübergehend nach Festnahmen bei Demonstrationen oder Versammlungen festgehalten. In vier Fällen wurden Demonstranten für länger als 24 Stunden festgehalten. Am 28.04.2005 tötete die überforderte Polizei in Buea bei einem Einsatz zwei oder drei Studenten, die aggressiv gegen schlechte Studienbedingungen demonstriert hatten.

 

40% der kamerunischen Bevölkerung sind Christen, 20% Moslems und 40% Anhänger von Naturreligionen. Die Religionsfreiheit wird in Kamerun respektiert. Systematische staatliche Repressionen aufgrund der Rasse, Nationalität, Religion oder Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe sind nicht bekannt.

 

Die Rolle der Geschlechter variiert von Ethnie zu Ethnie stark, ist jedoch meistens genau definiert und diskriminiert deutlich zwischen Mann und Frau. Die Menschenrechtslage von Frauen ist vor allem in den ländlichen Gebieten Besorgnis erregend. Bedingt durch das Abhängigkeitsverhältnis zu ihren Männern, ihre weithin fehlende Bildung und aus Respekt vor den Traditionen werden viele Missstände von den Frauen selbst und ebenso vom Staat geduldet. Den meisten Frauen in Kamerun sind ihre Möglichkeiten und Rechte nicht bekannt. Je nachdem, ob Frauen in der Stadt oder auf dem Land aufwachsen, sind ihre gesellschaftlichen und beruflichen Möglichkeiten unterschiedlich und ist die rechtliche Diskriminierung mehr oder weniger stark. Der überwiegend muslimisch geprägte Norden Kameruns gilt als besonders rückständig hinsichtlich der Frauenrechte. In der Gesellschaft, insbesondere in der Politik, treten Frauen nur selten unabhängig von ihren Männern auf.

 

Zur SCNC werden folgende Feststellungen getroffen:

 

Außerhalb der Verfassung steht die 1995 gegründete Unabhängigkeitsbewegung "Southern Cameroons National Council" (SCNC). Die SCNC ist keine politische Partei und nicht registriert. Die Mitglieder dieser Gruppierung eint das Ziel, den anglophonen Teil Kameruns vom frankophonen Teil abzuspalten. Über dieses hinaus ist die SCNC keine Organisation mit einheitlichen politischen Zielen. Es gibt eine unübersichtliche Vielzahl von Parteiführern, deren Verhältnis zueinander nicht im Einzelnen bekannt ist. Als Führer einer SCNC-Fraktion wird Henry Fossung erwähnt. Selbst die Frage nach dem Hauptsitz der Bewegung scheint nicht abschließend entschieden. Verbunden mit der SCNC ist die Jugendorganisation SCYL (South Cameroons Youth League). SCNC Mitgliedern und deren Familien werden gesellschaftliche Privilegien verweigert. In der Vergangenheit waren Mitglieder der SCNC mit Belästigungen und inhumanen Behandlungen durch die Polizei konfrontiert. Zwischen 1999 und 2002 kam es zu so manchen Zusammenstößen zwischen SCNC Mitgliedern und der Polizei. Die Tätigkeit der SCNC und SCYL ist weiterhin zuweilen genauerer Beobachtung staatlicher Behörden ausgesetzt, jedoch liegen keine Beweise vor, dass die bloße Mitgliedschaft oder sonstige Beteiligung in der SCNC oder SCYL bereits zu staatlicher Verfolgung führt. Personen die im Namen der SCNC in illegale oder kriminelle Aktionen involviert sind, haben vor allem strafrechtliche Verfolgung zu fürchten. Laut einer Aussendung der UNHCR-Vertretung in Kamerun vom Jänner 2004 sollen die Verfolgungsmaßnahmen gegen Anhänger des SCNC aufgehört haben.

 

Mitte September 2001 begann die SCNC für Demonstrationen in den anglophonen Teilen Kameruns anlässlich des Unabhängigkeitstages am 1. Oktober (Unabhängigkeit Südkameruns von Großbritannien) zu mobilisieren. Die Regierung stellte daraufhin zusätzliche Sicherheitskräfte in diesen Regionen bereit, verbot alle politischen Versammlung zwischen dem 26. September und 2. Oktober 2001, hielt vermutliche Aktivisten fest und verhängte Sperrstunden in den Hauptstädten der anglophonen Provinzen. SCNC Mitglieder demonstrierten wie vorgesehen am 1. Oktober 2001 in Kumbu und Bamenda. Nach vorliegenden Berichten schossen Gendarmen in der Stadt Kumbu (auch: Kumbo) in eine Gruppe von ca. 400 Demonstranten, dabei wurden 3 Personen getötet, 16 Personen verletzt und an die 50 Demonstranten festgenommen. Gemäß den Angaben der Regierung hätten die bewaffneten Führer der SCNC, das Feuer eröffnet. Nach anderen Berichten, habe die Gendarmerie zu schießen begonnen. Infolge der Demonstrationen am 1. Oktober 2001 verboten die lokalen Behörden von der SCNC gesponserte Tätigkeiten. Gegen derartige Versammlungen sollen in der Folge aber keine Maßnahmen ergriffen worden sein.

 

Die Schweizerische Flüchtlingshilfe (SFH) beobachtet die Entwicklungen in Kamerun seit Jahren. Im Dezember 2001 publizierte die SFH einen Lagebericht zu Kamerun. Darin nimmt die SFH Stellung zur politischen Lage sowie zu Menschenrechtsverletzungen in Kamerun. In diesem Bericht wird auch auf die SDF von Frau Ndi eingegangen. Aufgrund eigener Recherchen und Expertenauskünften nehmen wir zu der Anfrage wie folgt Stellung:

 

Die Ergebnisse der Recherchen und Experten-Anfragen der SFH können keine Verfolgung von Angehörigen eines Mitgliedes der SDF durch die Behörden Kameruns nachweisen. Gemäß Auskunft der Afrika-Referentin von Amnesty International Deutschland vom 25. Mai 2004, die zu diesem Thema auch schon Asyl-Gutachten erstellte, kann im Zusammenhang mit SDF-Mitgliedschaft keine Reflexverfolgung belegt werden. Der zuständige Experte des Institutes für Afrikakunde in Hamburg ergänzte auf Anfrage der SFH vom 26. Mai 2004 diesbezüglich wie folgt: Generell lässt sich eine Reflexverfolgung wegen Mitgliedschaft bei der SDF nicht nachweisen. Dies bedeutet aber nicht, dass es eine solche im Einzelfall nicht geben kann.

 

Zur Social Democratic Front (SDF), der Person John Frau Ndi und deren Auskunftsbereitschaft zur Begründetheit von Asylvorbringen möchten wir jedoch folgende Ausführungen festhalten.

 

Herr John Fru Ndi ist Gründer und Vorsitzender der SDF und in Kamerun sehr prominent. Fru Ndi führt einen gewaltfreien Kampf um eine größere Autonomie für die anglophonen Provinzen in Kamerun. Zu Beginn der 1990er Jahre war die Opposition der SDF maßgebend für die Einführung des Mehrparteiensystems. Heute ist die SDF eine legale Partei. Bei den Präsidentschaftswahlen 1992 trat Fru Ndi gegen den amtierenden Staatspräsidenten Biya an, wobei er dieses Amt beinahe gewann.

 

Zur wirtschaftlichen Situation und medizinischen Versorgung in Kamerun wird festgestellt:

 

Nach Kriterien des UNDP-Entwicklungsberichtes von 2004 gehört Kamerun zur Gruppe der Länder mit einem mittleren Entwicklungsstand. Dennoch herrscht weiterhin zum Teil Armut. 17% der Bevölkerung lebt von weniger als einem Dollar am Tag und 51% von weniger als 2 Dollar am Tag. Die Lebenserwartung ist mit 46,8 Jahren niedriger als in vielen Ländern, die als Länder mit niedrigem Entwicklungsstand eingestuft werden. Die Grundversorgung der Bevölkerung mit Nahrungsmitteln kann jedoch als gesichert angesehen werden. In sozialen Härtefällen ist in Kamerun kaum mit staatlicher Unterstützung zu rechnen. Dies gilt auch für Rückkehrer; spezielle staatliche Aufnahmeeinrichtungen gibt es nicht.

 

Kostenlose Heilfürsorge besteht in Kamerun nicht. Für bestimmte Berufsgruppen gibt es staatliche oder halbstaatliche Versorgungseinrichtungen mit geringem Kostenbeitrag, auch der Abschluss einer privaten Krankenversicherung ist möglich. Generell übernimmt der Familienverband die medizinischen Behandlungskosten. In den Städten gibt es Krankenhäuser und andere medizinische Einrichtungen, in denen überlebensnotwendige Maßnahmen durchgeführt werden können. Die Behandlung chronischer Krankheiten, insbesondere in den Bereichen Innere Medizin und Psychiatrie, werden in den öffentlichen Krankenhäuser der größeren Städte Kameruns vorgenommen. Die Versorgung mit Medikamenten erfolgt überwiegend aus Frankreich, Indien und Nigeria.

 

Bericht der Schweizerischen Flüchtlingshilfe vom 03. Juni 2004,

 

Bericht Asylfact vom 02.12.2003,

 

Bericht Accord vom 09.05.2003,

 

Bericht: Institut für Afrika-Kunde vom 13.01.2004,

 

Schweizerische Flüchtlingshilfe Dezember 2001,

 

IRIN-News, 14.09.2004,

 

Bericht Home Office, Report of fact finding mission to Cameroon, 17. -25. Jänner 2004,

 

Schweizerische Flüchtlingshilfe, Bericht zur Republik Kamerun, Mai 2004,

 

Bericht US-Department of State 25.02.2004,

 

FORO Division Brief,

 

Schweizerische Flüchtlingshilfe: Kamerun Update Oktober 2006,

 

Bericht: Home Office: Cameroon, 27.10.2006,

 

Bericht Auswärtiges Amt Berlin, 23.10.2006. Aus dem Bericht wird auszugsweise verlesen (S. 8f),

 

Country Reports on Human Rights Practices 2005, 08.03.2006,

 

Bericht Home Office zu Mitgliedern des SDF (unter Punkt 3.), 30.01.2006.

 

V. Beweiswürdigend wird ausgeführt:

 

Die Asylgewährung setzt grundsätzlich ein glaubhaftes Sachsubstrat zu den Fluchtgründen des Antragstellers bzw. die positive Bewertung der persönlichen Glaubwürdigkeit des Antragstellers überhaupt voraus. So muss das Vorbringen des Antragstellers um als glaubhaft zu gelten, gleich bleibend und schlüssig sein; so darf sich der Antragsteller insbesondere nicht in wesentlichen Angaben zu seiner Person, seinem Werdegang, seinem familiären Umfeld und letztlich auch zum Hergang jener Ereignisse, welche zur Ausreise geführt haben, widersprechen.

 

Hervorgehoben sei, dass im gegenständlichen Verfahren zweifelsfrei die persönliche Aussage des Antragstellers vor den Asylbehörden die zentrale Erkenntnisquelle - neben anderen Sachbeweisen - zur Sachverhaltsfeststellung darstellt.

 

Der Antragstellerin war es im durchgeführten Ermittlungsverfahren einerseits möglich, ein weitgehend homogenes bzw. gleich bleibendes Vorbringen zu erstatten bzw. sah sie sich andererseits auch in der Lage, die von ihr vorgetragenen Fluchtgründe bzw. -umstände in nachvollziehbarer und detaillierter Art und Weise vorzutragen.

 

Insbesondere im Rahmen des abgeführten Berufungsrechtsgespräches vom 22.02.2006 hinterließ die Antragstellerin im Zuge der Einvernahme hinsichtlich ihrer Angaben einen sicheren und glaubwürdigen Eindruck bzw. zeigte sie sich bemüht, an der Klärung des Sachverhaltes mitzuwirken und beantwortete sie die an sie gestellten Fragen spontan und klar ohne Zögern. Im Rahmen der niederschriftlichen Einvernahme war es verzichtbar, die Antragstellerin zu detaillierten Angaben zu verhalten; vielmehr sah sie sich aus eigenem gehalten, der erkennenden Behörde ein möglichst umfassendes Bild ihrer Probleme bzw. des Ganges der Ereignisse, welche sie höchstpersönlich betroffen haben, zu bieten.

 

Die Zusammenschau der Angaben der Beschwerdeführerin sowie jener ihres Ehegatten T.J. von beiden Instanzen des Verfahrens lieferten ein in wesentlichen Punkten übereinstimmendes Bild unter gleichzeitiger Anreicherung detaillierter Einzelsachverhaltsmomente weshalb das Vorbringen der Beschwerdeführerin als gesicherter Sachverhalt der Entscheidung zu Grunde zu legen war.

 

Exemplarisch wird festgehalten, dass die Beschwerdeführerin unter anderem betreffend den relevanten Verfolgungszeitraum auch eine angebliche Vergewaltigung ihrer minderjährigen Tochter ins Treffen führte und diesbezüglich medizinische, sowie behördliche Unterlagen beibrachte, welche im Wege eines eingeleiteten und abgeführten Auslandserhebungsverfahrens als echt und unbedenklich qualifiziert wurden, was das Vorbringen der Antragsstellerin letztlich bestärkte. Es war dem Vorbringen der Antragsstellerin, ihren Herkunftsstaat Kamerun zentral wegen der Probleme ihres Ehemannes, welcher Mitglied der Oppositionspartei SDF war und sich regimekritisch geäußert hat bzw. aufgrund der sich für ihre Person ergebenen Konsequenzen verlassen zu haben, die Glaubhaftigkeit zuzumessen.

 

Das Vorbringen der Antragstellerin war überdies inhaltlich in die seitens der Behörde erhobenen Fakten hinsichtlich der politischen Lage und der Menschenrechtssituation in Kamerun einzubetten und daher als glaubhaft und nachvollziehbar zu erkennen.

 

Die im Berufungsverfahren seitens der erkennenden Behörde beigeschafften Länderdokumentationsunterlagen bilden ein umfassendes und weitgehend widerspruchsfreies Bild der Menschenrechtssituation in Kamerun, weshalb wie obig festzustellen war.

 

VI . Rechtliche Beurteilung:

 

Der Asylgerichtshof hat erwogen:

 

Mit 1.7.2008 ist das Asylgerichtshofgesetz (AsylGHG) in Kraft getreten.

 

Mit 1.1.2006 ist das Asylgesetz 2005 (AsylG) in Kraft getreten.

 

§ 75 Abs. 7 AsylG 2005 lautet wie folgt:

 

Am 1. Juli 2008 beim unabhängigen Bundesasylsenat anhängige Verfahren sind vom Asylgerichtshof nach Maßgabe der folgenden Bestimmungen weiterzuführen:

 

1.

 

Mitglieder des unabhängigen Bundesasylsenates, die zu Richtern des Asylgerichtshofes ernannt worden sind, haben alle bei ihnen anhängigen Verfahren, in denen bereits eine mündliche Verhandlung stattgefunden hat, als Einzelrichter weiterzuführen.

 

2.

 

Verfahren gegen abweisende Bescheide, in denen eine mündliche Verhandlung noch nicht stattgefunden hat, sind von dem nach der ersten Geschäftsverteilung des Asylgerichtshofes zuständigen Senat weiterzuführen.

 

3.

 

Verfahren gegen abweisende Bescheide, die von nicht zu Richtern des Asylgerichtshofes ernannten Mitgliedern des unabhängigen Bundesasylsenates geführt wurden, sind nach Maßgabe der ersten Geschäftsverteilung des Asylgerichtshofes vom zuständigen Senat weiterzuführen.

 

Gem. § 75 Abs. 1 erster Satz, AsylG 2005 sind alle am 31. Dezember 2005 anhängigen Verfahren nach den Bestimmungen des Asylgesetzes 1997 zu Ende zu führen.

 

Gemäß § 44 Abs. 1 AsylG 1997, BGBl. I Nr. 101/2003 werden Asylanträge, die bis zum 30. April 2004 gestellt werden, nach den Bestimmungen des Asylgesetzes 1997, BGBl. I Nr. 76/1997 in der Fassung des Bundesgesetztes BGBl. I Nr. 126/2002 geführt. Nach § 44 Abs.3 AsylG sind die §§ 8, 15, 22, 23 Abs. 5 und 6,36,40 und 40a in der Fassung BGBl. I Nr. 101/2003 auch auf solche Verfahren anzuwenden.

 

Gem. § 124 Abs. 2 des ebenfalls mit 1.1.2006 in Kraft getretenen Fremdenpolizeigesetzes 2005 (FPG) treten, soweit in anderen Bundesgesetzen auf Bestimmungen des Fremdengesetzes 1997 verwiesen wird, an deren Stelle die Bestimmungen dieses Bundesgesetzes.

 

Gemäß § 7 AsylG hat die Behörde Asylwerbern auf Antrag mit Bescheid Asyl zu gewähren, wenn glaubhaft ist, dass ihnen im Herkunftsstaat Verfolgung (Art. 1 Abschnitt A Z 2 der Genfer Flüchtlingskonvention) droht und keiner der in Art. 1 Abschnitt C oder F der Genfer Flüchtlingskonvention genannten Endigungs- oder Ausschlussgründe vorliegt.

 

Gemäß Art. 1 Abschnitt A Z 2 der Konvention über die Rechtsstellung der Flüchtlinge, BGBl. Nr. 55/1955, in der Fassung des Protokolls über die Rechtsstellung der Flüchtlinge, BGBl. Nr. 78/1974, ist Flüchtling, wer sich aus wohlbegründeter Furcht, aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung verfolgt zu werden, außerhalb seines Heimatlandes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, sich des Schutzes dieses Landes zu bedienen.

 

Zentraler Aspekt des aus Art 1 Abschnitt A Z 2 Genfer Flüchtlingskonvention übernommenen Flüchtlingsbegriffes ist die wohlbegründete Furcht vor Verfolgung. Eine Furcht kann nur dann wohlbegründet sein, wenn sie im Licht der speziellen Situation des Asylwerbers unter Berücksichtigung der Verhältnisse im Verfolgerstaat objektiv nachvollziehbar ist. Zu fragen ist daher nicht danach, ob sich eine bestimmte Person in einer konkreten Situation tatsächlich fürchtet, sondern ob sich eine mit Vernunft begabte Person in dieser Situation aus Konventionsgründen fürchten würde. Unter Verfolgung ist ein ungerechtfertigter Eingriff von erheblicher Intensität in die zu schützende persönliche Sphäre des Einzelnen zu verstehen. Erhebliche Intensität liegt vor, wenn der Eingriff geeignet ist, die Unzumutbarkeit der Inanspruchnahme des Schutzes des Heimatstaates zu begründen. Die Verfolgungsgefahr steht mit der wohlbegründeten Furcht in engstem Zusammenhang und ist Bezugspunkt der wohlbegründeten Furcht. Eine Verfolgungsgefahr ist dann anzunehmen, wenn eine Verfolgung mit einer maßgeblichen Wahrscheinlichkeit droht, die entfernte Möglichkeit einer Verfolgung genügt nicht. Zurechnungssubjekt der Verfolgungsgefahr ist der Heimatstaat bzw. bei Staatenlosen der Staat des vorherigen gewöhnlichen Aufenthaltes. Daher muss die Verfolgungsgefahr (bzw. die wohlbegründete Furcht davor) im gesamten Gebiet des Heimatstaates des Asylwerbers bestanden haben (VwGH 9.3.1999, 98/01/0370; VwGH 14.10.1998, 98/01/262).

 

Aus dem festgestellten Sachverhalt ergibt sich für die anzustellende Prognose in casu, dass die Antragstellerin bei Rückkehr nach Kamerun jedenfalls mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit mit sich gegen sie richtenden Verfolgungsmaßnahmen von erheblicher Eingriffsintensität zu rechnen hat. Diese von der Antragstellerin pro futuro zu befürchtenden Verfolgungsmaßnahmen gründen sich in politischen Motiven, da seitens der herrschenden

 

Regierungspartei CPDM davon auszugehen ist, dass die Antragstellerin durch die regimekritische politische Artikulierung ihres Ehegatten ebenfalls als Regimegegner erkannt wurde.

 

Es besteht aufgrund der seit ihrer Flucht im Wesentlichen unveränderten Verhältnisse in Kamerun kein Anhaltspunkt dafür, dass sich die Verfolgungssituation für die Asylwerberin in der Zwischenzeit geändert hätte.

 

Der Antragstellerin ist sohin zusammenfassend aufgrund der Sachlage sowie insbesondere aufgrund bereits erlittener massiver Verfolgungshandlungen von Seiten des herrschenden Regimes jedenfalls wohlbegründete Furcht vor asylrechtlich relevanter Verfolgung im Sinne der Genfer Flüchtlingskonvention zuzubilligen.

 

Da keine Anhaltspunkte für das Vorliegen eines der in Artikel 1 Abschnitt C oder F der Genfer Flüchtlingskonvention genannten Endigungs- oder Ausschlussgründe vorliegen, war spruchgemäß zu entscheiden.

 

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Schlagworte
Demonstration, Familienverfahren, Korruption, Misshandlung, politische Aktivität, politische Gesinnung, Religion
Zuletzt aktualisiert am
21.10.2008
Quelle: Asylgerichtshof AsylGH, http://www.asylgh.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten